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RADIOLOGIE/319: Neues Strahlenschutzrecht (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 12/2018

KURZ NOTIERT
Neues Strahlenschutzrecht


Bereits am 27.06.2017 wurde ein neues Strahlenschutzgesetz veröffentlicht, das jedoch in den für die Medizin relevanten Teilen erst am 31.12.2018 in Kraft treten wird. Zugleich wird eine ebenfalls neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) in Kraft treten, die am 19.10.2018 im Bundesrat angenommen wurde und die u.a. die Röntgenverordnung und die bisherige Strahlenschutzverordnung ersetzen wird. Ebenfalls abgelöst wird das Strahlenschutzvorsorgegesetz (Überwachung der Umweltradioaktivität).

Für die medizinische Anwendung von Röntgenstrahlung, radioaktiver Stoffe und Strahlung in der Strahlentherapie ergeben sich einige Änderungen, die jedoch größtenteils mit längeren Übergangszeiten versehen wurden. Als wichtige Punkte ohne Anspruch auf Vollständigkeit - sind zu nennen:

Ein Fehlermanagementsystem ist einzurichten, um Behandlungsfehler zu erkennen, aufzuzeichnen, zu bewerten, zu bearbeiten und ggf. zu melden. Bedeutsame Ereignisse sollen später anonym auf einem beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betriebenen Portal einsehbar sein, um aus aufgetretenen Fehlern ggf. Konsequenzen für die eigene Arbeit ableiten zu können. Kriterien für die Bedeutsamkeit von Ereignissen sind in der StrlSchV definiert, in der Radiologie sind das Bezugssystem die Diagnostischen Referenzwerte (DRW) des BfS, für andere Strahlenanwendungen sind z.B. Organdosiswerte oder eine effektive Dosis als Maßstab anzulegen. Auch andere Ereignisse wie Patientenverwechslungen oder bestimmte Abweichungen von der Zieldosis bei der Strahlentherapie sind meldepflichtig. Bei CT und dosisintensiven Interventionen wird die Einbindung eines Medizinphysik-Experten erforderlich. Weiterhin wird für bestimmte Röntgenanlagen ein technisches System zur Erfassung und Aufzeichnung der Patientendosis gefordert. Während bisher schriftliche Arbeitsanweisungen nur für häufige Verfahren zu erstellen waren, sind diese künftig für alle medizinischen Anwendungen auszuarbeiten.

Künftig entfällt der Röntgenpass, der nicht die in ihn gesetzten Erwartungen als Mittel zur Reduzierung von Röntgenaufnahmen erfüllt hat. Für Personen, die der amtlichen Dosimetrie unterliegen, muss eine persönliche Kennziffer (unter Verwendung der Sozialversicherungsnummer) auf einem Internetportal des BfS erzeugt werden, die eine eindeutige Zuordnung der überwachten Person im Strahlenschutzregister des BfS ermöglicht (diese Seite ist zurzeit noch nicht verfügbar). Für beruflich exponierte Personen mit der Möglichkeit einer hohen Exposition der Augenlinse (vor Allem an Herzkatheter- oder vergleichbaren Arbeitsplätzen) ist zu beachten, dass der Dosisgrenzwert der Augenlinse von 150 auf 20 mSv/a abgesenkt wurde. An vielen Arbeitsplätzen dürfte eine Optimierung des technischen Strahlenschutzes erforderlich werden. Das Strahlenschutzgesetz ist im Internet verfügbar über die Suchbegriffe "Strahlenschutzgesetz 2017" und "BfS", die neue Strahlenschutzverordnung war bei Redaktionsschluss noch nicht verfügbar, wird aber mit der Veröffentlichung ebenfalls über die BfS-Seite erreichbar sein.

Eine weitere Änderung betrifft die DRW der Fassung vom 22.06.2016. Am 16.8.2018 wurde eine Korrektur der Tabelle 6 "Diagnostische Referenzwerte für interventionell-radiologische Eingriffe am Erwachsenen" veröffentlicht mit neuen Werten für zehn Verfahren. Diese ist über die Suchbegriffe "Diagnostische Referenzwerte 2018" und "BfS" auf den Seiten des BfS abrufbar.

Andreas Ernst-Elz; Ministerium für Energiewende,

Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung

des Landes Schleswig-Holstein - Referat Strahlenschutz

des Patienten nach dem Eingriff (z.B. Schonung, Nachsorge).

- Eingriffs- und Risikoaufklärung (§§ 630d Abs. 1 und 2,
630e Abs. 1 BGB)

Der Patient ist über Art, Umfang, Durchführung, Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten der ärztlichen Behandlung zu informieren und insbesondere darüber, mit welchen spezifischen Risiken die ärztliche Behandlung verbunden ist (z.B. über das Risiko der dauerhaften Nervenschädigung bei einer Hüftoperation). Bei nicht dringlichen Eingriffen und erst recht bei medizinisch nicht indizierten Behandlungen (z.B. kosmetische Operation) ist die Aufklärungspflicht gesteigert.

Beispiele für Risikoaufklärungspflichten aus der Rechtsprechung (jedoch Einzelfall abhängig!) sind: Risiko der (Teil-)Versteifung des Gelenks bei Hallux valgus-Operation, gewisse Nebenwirkungen eines verabreichten Medikaments, Risiko der Darmverletzung bei Koloskopie, Gefahr der Unfruchtbarkeit nach Ausschabung der Gebärmutterhöhle, Risiko der Stimmbandlähmung bei endoskopischer Untersuchung des Mittelfellraumes, Gefahr der Lymphknotenentzündung nach Zungenpiercing, Risiko der Arterienverletzung bei chiropraktischer Manipulation der HWS, Gefahr erhöhter Blendungserscheinungen nach Laseroperation am Auge.

Des Weiteren muss der Patient erfahren, ob es echte, also gleichermaßen indizierte und übliche, mithin ernsthaft in Betracht kommende Behandlungsalternativen zu der Maßnahme oder innerhalb der Maßnahme gibt, die dem medizinischen Standard entsprechen und zu wesentlich unterschiedlichen Risiken oder Erfolgsaussichten führen können (z.B.: verschiedene Möglichkeiten der Frakturversorgung; Laparotomie oder Laparoskopie, gleich- oder zweizeitige beidseitige Schilddrüsenresektion, Einleitung der Geburt oder Abwarten, radikale Tumorentfernung oder weitere operative Abklärung).

Die Aufklärung muss mündlich erfolgen; eine rein schriftliche Aufklärung reicht nicht aus. Wird die mündliche Aufklärung schriftlich unterstützt, muss der Patient eine Kopie/Durchschrift erhalten, §§ 630e Abs. 2 BGB. Die Aufklärung darf grundsätzlich nicht durch nichtärztliches Personal vorgenommen werden.

Ausnahmen von der Aufklärungspflicht bestehen bei:

  • Unaufschiebbarkeit der Behandlung (§ 630c Abs. 4, 630e Abs. 3 BGB),
  • Verzicht des Patienten auf die Aufklärung (§§ 630c Abs. 4, 630e Abs. 3 BGB) oder
  • ausreichendem Vorwissen des Patienten.

Auch der der deutschen Sprache nicht mächtige Ausländer bedarf der verständlichen Aufklärung. Der Arzt muss aber nicht einen Dolmetscher vorhalten; er kann regelmäßig die (nicht dringliche) Behandlung ablehnen, solange der Patient nicht für eine hinreichende Übersetzung sorgt, z.B. indem er einen Deutsch sprechenden Angehörigen mitbringt.

Die Aufklärung muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient die Entscheidung zum Eingriff wohlüberlegt treffen kann. Bei ambulanter Behandlung ist regelmäßig die Aufklärung am Tag des Eingriffs noch rechtzeitig.

Bei Minderjährigen bedarf es - solange noch Zeit ist - im Zweifel der Einwilligung und Aufklärung (auch) der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils.

Die Besonderheit bei dieser Eingriffs- und Risikoaufklärungspflicht besteht darin, dass nicht der Patient, sondern der Arzt die Beweislast trägt: Der Arzt muss beweisen, dass er den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt hat, also dass kein Aufklärungsfehler vorliegt. Als Beweismittel kommt in erster Linie ein vom Patienten unterzeichnetes Aufklärungsformular in Betracht, das am besten während des Aufklärungsgesprächs mit handschriftlichen Zusätzen und Zeichnungen angereichert worden ist. In jedem Fall sollte die erfolgte Aufklärung dokumentiert werden.

Kann der Arzt diesen Beweis nicht erbringen, steht ihm aber noch der Einwand der hypothetischen Einwilligung (§ 630h Abs. 2 Satz 1 BGB) zu: Geht das Gericht nach Anhörung des Patienten davon aus, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte, haftet der Arzt nicht wegen des Aufklärungsversäumnisses.

Er haftet auch dann nicht, wenn der Patient den Kausalzusammenhang zwischen dem Eingriff und seinem geklagten Gesundheitszustand nicht beweisen kann. Insoweit bleibt der Patient nämlich beweisbelastet.


In der nächsten Ausgabe: Grundlagen zum
Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 12/2018 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2018/201812/h18124a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
71. Jahrgang, Dezember 2018, Seite 40
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-272, -273, -274,
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2019

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