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INNERE/1271: Knoten in der Schilddrüse - Wie unnötige Operationen vermieden werden können (Thieme)


Thieme Verlag - FZMedNews - Freitag, 4. Dezember 2009

Knoten in der Schilddrüse: Wie unnötige Operationen vermieden werden können


fzm - Hinter einem Knoten in der Schilddrüse verbirgt sich nur sehr selten eine Krebserkrankung. Damit keine Patienten unnötig operiert werden, aber auch möglichst keine tödlichen Tumoren übersehen werden, haben Ärzte ein Untersuchungsschema entwickelt, das bei allen Patienten neben einer Blutanalyse auch eine Ultraschalluntersuchung und eine Feinnadelbiopsie vorsieht. Der Erfolg dieser Strategie hängt jedoch in hohem Maße von der Erfahrung der Ärzte ab, berichtet ein Experte in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009).

Bei jedem fünften Erwachsenen entwickelt sich im Verlauf seines Lebens einen Knoten in der Schilddrüse. An einem Schilddrüsenkarzinom erkranken aber die wenigsten: Auf 100 000 Einwohner kommen in Deutschland bei Frauen gerade einmal 6,7 Erkrankungen, bei Männern sind es sogar nur 3,2. Ärzte müssen deshalb bei der Untersuchung von Knoten in der Schilddrüse gezielt vorgehen, fordert Professor Ralf Paschke, ein Schilddrüsenexperte von der Universität Leipzig. Manchmal liefere bereits die Vorgeschichte der Patienten Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko. Dies könne eine frühere Strahlentherapie sein oder Schilddrüsenkrebserkrankungen in der Familie. Immer verdächtig ist für Professor Paschke ein einzelner schnell wachsender Knoten, der sich bei der Untersuchung nicht verschieben lässt und hart anfühlt. Ebenso sind tastbare Lymphknoten am Hals bei Schilddrüsenleiden ein Alarmzeichen.

Bei allen Patienten mit einem Knoten in der Schilddrüse wird eine Blutuntersuchung durchgeführt. Bestimmt wird zum einen das Hormon Calcitonin, das vom sogenannten medullären Karzinom, einer allerdings seltenen Form des Schilddrüsenkrebses, gebildet wird. Wichtig ist auch die Bestimmung von "TSH", dem Steuerhormon der Schilddrüse. Ein niedriger Wert zeigt an, dass die Schilddrüse sich der Kontrolle durch die Hirnanhangdrüse entzogen hat und von sich aus - "autonom" - zu viel Schilddrüsenhormon bildet. Die Ursache ist meistens ein "heißer" Knoten, der in der Regel gutartig ist.

Bei allen Patienten mit tastbaren Knoten in der Schilddrüse wird heute auch eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, ergänzt der Schilddrüsenexperte. Die Sichtbarkeit des Knotens, seine Größe und Form, die Begrenzung, der Nachweis von Verkalkungen geben dem erfahrenen Untersucher Hinweise auf eine mögliche Krebserkrankung. Ein einzelnes Kriterium, an dem ein Schilddrüsenkrebs sicher erkannt werden kann, gebe es allerdings nicht. Forscher haben kürzlich einen Kriterienkatalog entwickelt, der es dem Arzt erlaubt, das Risiko einzuschätzen: Das "Thyroid Imaging Reporting and Data System" (TIRADS) unterscheidet fünf Kategorien von einer normalen Schilddrüse (TIRADS 1) bis zu einer mehr als 80-prozentigen Krebswahrscheinlichkeit (TIRADS 5). Professor Paschke: Die Kriterien wurden in einer Studie geprüft und gelten als zuverlässig. Ab einen TIRADS 4, der eine Krebswahrscheinlichkeit von über zehn Prozent angibt, raten die Ärzte zu einer Feinnadelbiopsie.

Bei der Feinnadelbiopsie sticht der Arzt in den verdächtigen Knoten und saugt dann mit einer speziellen Spritze Zellen an. Die Untersuchung ist für den Patienten nicht schmerzhafter als eine Injektion. Sie muss sehr sorgfältig durchgeführt werden, damit tatsächlich eventuell vorhandene Tumorzellen für die Untersuchung unter dem Mikroskop gewonnen werden. Der Erfolg hängt wesentlich von den Erfahrungen des Arztes ab, der die Punktion durchführt, und dem Pathologen ab, der die Zellen untersucht, erläutert Professor Paschke. Nicht selten müsse die Untersuchung wiederholt werden, weil zu wenige Zellen angesaugt wurden. Klar ist aber: Die Feinnadelpunktion entdeckt nicht alle Tumoren. Bei ungenauer Durchführung könnten viele Schilddrüsenkrebse übersehen werden - laut Studien bis zu einem Drittel. "Es müssen deshalb maximale Anstrengungen unternommen werden, Ärzte in der korrekten Durchführung der Feinnadelpunktion auszubilden", fordert Professor Paschke.


R. Paschke: Abklärung des euthyreoten Schilddrüsenknotens:
Wann punktieren? Stellenwert der Sonographie.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (49): S. 2498-2503


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Quelle:
FZMedNews - Freitag, 4. Dezember 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2009