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ERNÄHRUNG/1066: Süßstoffe - intensiv & ungefährlich & künstlich (Diabetes Journal)


Diabetes-Journal 8/2010 - aktiv gesund leben

Süßstoffe

intensiv & ungefährlich & künstlich


Ganz gleich, ob flüssig, in Tablettenform oder zum Streuen: Die nahezu energiefreien, künstlichen Stoffe helfen beim Kaloriensparen und beim Management der Kohlenhydrate.


Können Sie sich noch an Zeiten erinnern, zu denen es nur ganz wenige künstlich gesüßte Produkte gab? Das fällt gar nicht so leicht, denn sie sind aus der modernen und kalorienreduzierten Küche nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder, denn Saccharin, Cyclamat und Co. sind vielseitig einsetzbar und dabei gesundheitlich unbedenklich. Sie werden verwendet in kalorien- und kohlenhydratreduzierten Lebensmitteln, ebenso in alkoholfreien Getränken, Konfitüren, Marmeladen, Gelees, Desserts, Süßigkeiten, Obstkonserven, süßsauren Konserven, Senf, Saucen und Nahrungsergänzungsmitteln.


Neun Stoffe zugelassen

Ihr Vorteil: Sie sind praktisch kalorienfrei und haben eine vielfach höhere Süßkraft als Haushaltszucker. Deshalb werden auch nur Mengen im Milligrammbereich gebraucht, um einen süßen Geschmack wie bei herkömmlich gezuckerten Produkten zu erreichen. Süßstoffe werden entweder synthetisch hergestellt oder sind natürliche Verbindungen und zählen zu den Lebensmittelzusatzstoffen. Zur Zeit sind neun Süßstoffe in der Europäischen Union zugelassen: Acesulfam-K, Aspartam, Aspartam-Acesulfam-Salz, Cyclamat, Neohesperidin DC, Neotam, Saccharin, Sucralose und Thaumatin.


Unnötig und ungesund? Keine Hinweise!

Wie heißt es so oft: "Süßstoffe werden immer wieder als ungesund und unnötig dargestellt und tragen deshalb E-Nummern!" (www.zusatzstoffe-online.de) Das ist falsch! E-Nummern sind lediglich eine Auflistung aller Stoffe, die innerhalb der Europäischen Union als Zusatz in Lebensmitteln vorkommen können, so also auch künstliche Süßstoffe. Bevor sie als Süßstoffe im Handel oder in Produkten auftauchen, werden sie ausführlich auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit hin geprüft. Die gesundheitliche Bewertung der in Deutschland und in den EU-Mitgliedsstaaten zulässigen Zusatzstoffe erfolgt durch internationale Expertengremien. Auch wenn ein Süßstoff zugelassen ist, wird er bei Bedarf erneut überprüft. So wurde beispielsweise mutmaßlichen Zusammenhängen nachgegangen zwischen Aspartam und potentiell unerwünschten Wirkungen wie Kopfschmerzen, Allergien, Epilepsie oder Krebsentstehung.

Im April veröffentlichte die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA dazu einen Bericht, in dem noch einmal von Experten bestätigt wurde, dass Aspartam sicher ist. Es ist nicht notwendig, die jeweils akzeptable tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI) zu ändern.


Höchstmengen - zum Schutz der Gesundheit

Ganz gleich, ob eine Zeitlang mehr oder weniger Süßstoff und daraus hergestellte Produkte wie Light- oder Zero-Getränke, Kaugummi und Bonbons konsumiert wurden: Gesundheitlich bedenklich wird das meist nicht sein. Es sei denn, mit Süßstoff und Co. wird Missbrauch betrieben. Das kann bei Essstörungen wie Bulimie oder bei demenzkranken Menschen passieren. Zur Bewertung der EU-weit zugelassenen Süßstoffe werden die schon genannten ADIs angegeben. Sie basieren auf Ergebnissen aus Tierexperimenten, in denen über längere Zeit hohe Dosen des betreffenden Stoffes verabreicht wurden. Die Dosis, bis zu der keine unerwünschten Wirkungen auftraten, wird durch einen Sicherheitsfaktor, meist 100, geteilt. So ergibt sich der ADI-Wert als die Menge (in mg/kg Körpergewicht), die täglich lebenslang aufgenommen werden kann, ohne dass unerwünschte Wirkungen zu erwarten sind. Gelegentliche Überschreitungen des Richtwertes sind dabei unbedenklich und tolerabel. Bei Verwendung der Süßstoffe in den üblichen Verzehrmengen werden die ADI-Werte also nicht oder kaum erreicht, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).


EU-weit zugelassene künstliche Süßstoffe
E-Nummer

Süßstoff

kcal/g

Süßkraft
(verglichen mit Haushaltszucker)
E 950
E 951
E 952
E 954
E 955
E 975
E 959
E 962
E 961
Acesulfam K
Aspartam
Cyclamat
Saccharin
Sucralose
Thaumatin
Neohesperidin DC
Aspartam-Acesulfam-Salz
Neotam
 0
 4
 0
 0
 0
 4
~0
~0
~0
ca. 200 x süßer
ca. 200 x süßer
ca. 40 x süßer
ca. 400 x süßer
ca. 500 bis 600 x süßer
ca. 2500 x süßer
ca. 600 x süßer
ca. 350 x süßer
ca. 8000 x süßer

Quelle: DGE aktuell, 08.07, und Datenblätter Süßstoffverband 01.10


Geregelt: Was auf der Packung stehen muss

Neben dem Genannten ist in Europa auch die Deklaration auf den Produkten geregelt. Auf dem Etikett steht zum Beispiel mit Süßungsmittel oder beim Einsatz einer Süßstoffkombination mit Süßungsmitteln. Enthält ein Produkt sowohl Süßstoff als auch Zucker, lautet die Aufschrift: mit einer Zuckerart und Süßungsmittel oder mit Zuckerarten und Süßungsmitteln. Die verwendeten Süßstoffe finden sich dann in der Zutatenliste. Bei Tafelsüßen gibt bereits die Verkehrsbezeichnung den enthaltenen Süßstoff an wie Flüssigsüße auf der Basis von Saccharin.


Wer darf Aspartam nicht zu sich nehmen?

Eine kleine Bevölkerungsgruppe mit der Erkrankung Phenylketonurie darf Aspartam nicht aufnehmen. Denn Aspartam enthält die Aminosäure Phenylalanin. Diese Aminosäure gilt es hier konsequent zu meiden. Deshalb tragen Produkte und Tafelsüßen mit Aspartam zusätzlich den Hinweis enthält eine Phenylalaninquelle oder mit Phenylalanin.

Auch wenn in Streusüßen häufig Maltodextrin enthalten ist, sind sie für Menschen mit Diabetes geeignet: Die enthaltene Menge ist so gering, ebenso die Dosierungsmenge der Streusüßen zum Kochen und Backen, dass keine Beeinflussung des Blutzuckerspiegels auftritt.


Die Süßstoff-Mythen

Süßstoffe wirken appetitanregend!
Immer wieder tritt die Frage auf, ob Süßstoffe eine appetitsteigernde Wirkung zur Folge haben. Ein Team von Wissenschaftlern führte in den 80er Jahren diesbezüglich Untersuchungen durch. Testpersonen bekamen mit Süßstoff gesüßtes Wasser oder gesüßten Joghurt. Einbezogen wurde eine Zuckerkontrollgruppe, die nur pures Wasser oder reinen Traubenzucker bekam. Das Resultat: Die Süßstoffgruppe berichtete über vermehrtes Hungergefühl.

Süßstoff macht Hunger!
Vermutet wurde, dass der Organismus - angeregt durch den süßen Geschmack - automatisch Insulin ausschüttet. Doch künstliche Süßstoffe enthalten überhaupt keinen Zucker. Es kommt also nicht zum Abfall des Blutzuckerspiegels und damit zu einem verstärkten Hungergefühl; dieser Mechanismus des angeblichen zephalischen Insulinreflexes ist und bleibt eine reine Vermutung, es fehlt die biochemische Erklärung. Genau aus diesem Grund bezweifelt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung diese Theorie. Mittlerweile ist mehrfach von führenden Wissenschaftlern nachgewiesen worden, dass Süßstoffe keinerlei Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, die Insulinsekretion sowie Hunger und Sättigung haben.

Vor vier Jahren überprüfte eine Forschergruppe in einer zusammenfassenden Auswertung mehrere Studien über die Wirkung von Aspartam auf das Körpergewicht und die Energieaufnahme. Den Studienergebnissen zufolge wurden sowohl Körpergewicht als auch die Energieaufnahme signifikant reduziert. Als Regelmaß für Hunger und Sättigung wird der Blutglukosespiegel angesehen. Es gab keinen Hinweis, dass durch Süßstoffe ein physiologisch bedingtes Hungergefühl ausgelöst wird.

Süßstoffe werden zur Schweinemast eingesetzt!
Auch das ist eine gern verbreitete These. Künstliche Süßstoffe können und müssen nicht zwingend in der Ferkelmast zum Einsatz kommen. Den Ferkeln wird damit der Übergang von der Milch zur festen Nahrung praktisch erleichtert. Denn süßer Geschmack ist nun einmal angenehmer als bitter oder sauer.


Ideal bei Diabetes und fürs Kalorienmanagement

Das Verlangen nach Süßem ist praktisch ein angeborenes Bedürfnis. Deshalb haben wir mal mehr oder weniger Lust auf etwas Süßes, unabhängig, ob mit oder ohne Diabetes. Dazu bieten sich Süßstoffe als willkommene Alternative für die schlanke Linie und zur Zahngesundheit geradezu an. Sie verhalten sich stoffwechselneutral, haben also keine Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel und liefern kaum oder keine Kalorien. Sie eignen sich besonders zum Backen in Kombination mit Zucker als auch für kalorienarme-, light- und zero-Getränke. Milchprodukte und Co. müssen nicht unbedingt mit Süßstoff ausgewählt werden. Wichtig ist, den jeweiligen Kohlenhydrat-(Zucker)gehalt dabei zu berücksichtigen.   KM


Dosierung künstlicher Süßstoffe
Konsistenz Süßstoff

Dosierung

kcal Süßstoff

kcal Zucker
(vergleichbare Süßkraft)
 1. Flüssigsüße Saccharin & Cyclamat
 2. Tabletten Saccharin & Cyclamat
 3. Streusüße Sucralose
 4. Streusüße Aspartam & Acesulfam
 5. Streusüße Saccharin & Cyclamat
 7,5 ml entsprechen 100g Zucker
 1 Tablette = ca. 4 g Zucker
 1 g süßt wie 10 g Zucker
 0,5 g süßen wie 5 g Zucker
 1 TL entspricht 1 TL Zucker
0 kcal
0 kcal
2 kcal
2 kcal
1,8 kcal
­400 kcal
ca. 16 kcal
­40 kcal
­20 kcal
­20 kcal

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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Können Sie sich noch an Zeiten erinnern, in denen es ganz wenige Süßstoff-Produkte gab? Zunächst ging es um das Süßen von Tee und Kaffee.

Aus der modernen Küche ist Süßstoff heute kaum mehr wegzudenken. Vor allem nicht bei Menschen, die Kalorien sparen wollen oder müssen.


*


Quelle:
Diabetes-Journal 8/2010, Seite 69 - 71
Herausgeber: Verlag Kirchheim + Co GmbH
Kaiserstr. 41, 55116 Mainz
Tel.: 06131/960 70 30, Fax: 06131/960 70 90
E-Mail: info@kirchheim-verlag.de
Internet: www.diabetes-journal.de

Das Diabetes-Journal erscheint monatlich.
Einzelheft: 3,80 Euro
Jahres-Abonnement: 39,00 Euro

Diabetes-Journal gibt es auch auf CD als
Daisy/MP3-Hörzeitschrift für Blinde und Sehbehinderte:
Westdeutsche Blindenhörbücherei
Harkortstr. 9, 48163 Münster, Tel.: 0251/71 99 01


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2010