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ETHIK/1217: Stellungnahme - Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung (Infobrief - Deutscher Ethikrat)


Infobrief des Deutschen Ethikrates Nr. 19 - Juli 2016 - 02/16

Stellungnahme
Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung


In seiner am 22. März 2016 veröffentlichten Stellungnahme empfiehlt der Deutsche Ethikrat eine gesetzliche Regelung zur Spende und Adoption überzähliger Embryonen.


Die Weitergabe sogenannter überzähliger Embryonen zur Austragung und dauerhaften Übernahme elterlicher Verantwortung durch Dritte wird mittlerweile in einer Reihe von Staaten praktiziert, spätestens seit 2013 auch in Deutschland. Embryonen können überzählig werden, wenn sie für die fortpflanzungsmedizinische Behandlung des Paares, für das sie erzeugt wurden, endgültig nicht mehr verwendet werden.

Die Spende ungeplant überzähliger Embryonen ist in Deutschland in bestimmten Konstellationen nicht verboten, aber bislang auch nicht geregelt. Eines der Ziele des Embryonenschutzgesetzes von 1990 war es, überzählige Embryonen von vornherein zu vermeiden. Aus dem Wortlaut des Gesetzes wurde ursprünglich eine strikte Dreierregel abgeleitet, nach der innerhalb eines Zyklus nur maximal drei Eizellen mit Sperma imprägniert und bis zum Abschluss des Befruchtungsprozesses weiterentwickelt werden.

Allerdings wird die Dreierregel seit einigen Jahren in der Praxis erweitert ausgelegt. Es werden über die Zahl drei hinaus so viele imprägnierte Eizellen weiterkultiviert, wie der Arzt meint, aufgrund seiner Prognose einer möglichen Verlustquote zu benötigen, um letztlich einen, zwei oder drei zur Übertragung geeignete Embryonen zur Verfügung zu haben. Damit steigt das Risiko der Entstehung überzähliger Embryonen.

Die Spende solcher Embryonen kann Personen, die keine genetisch eigenen Kinder zeugen können oder wollen, zu einem Kind verhelfen und zumindest einigen überzähligen Embryonen Lebenschancen eröffnen. Mit einer Embryospende/Embryoadoption können aber auch vielfältige Konflikte verbunden sein: etwa durch die Vervielfältigung von Elternrollen, durch unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie das Kind aufwachsen soll, oder durch das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung, das von großer Bedeutung für die Identitätsentwicklung des Kindes sein kann. Vor diesem Hintergrund sieht der Deutsche Ethikrat es als erforderlich an, die Rahmenbedingungen für die Embryospende/Embryoadoption gesetzlich festzulegen, da es um grundlegende Fragen der familiären Struktur geht, um die Zuteilung von Lebens- und Entwicklungschancen von Kindern sowie die Möglichkeit, elterliche Verantwortung zu übernehmen. (Sc)

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Quelle:
Infobrief Nr. 19 - Juli 2016 - 02/16, Seite 2 - 3
Informationen und Nachrichten aus dem Deutschen Ethikrat
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2016

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