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FORSCHUNG/3858: Ohne Fettzelle, mehr Fettzellen (idw)


Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) - 21.06.2018

Ohne Fettzelle, mehr Fettzellen


Forschende der ETH Zürich und der EPFL haben einen neuen Fettzelltyp entdeckt, der das Wachstum neuer Fettzellen unterdrückt. Das eröffnet neue Ansatzpunkte, um Folgeerkrankungen von Fettleibigkeit zu verhindern.

Fettleibigkeit ist die Geissel des modernen Menschen. Wer übergewichtig ist, hat ein sehr viel höheres Risiko an Diabetes oder Krebs zu erkranken oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Was die Wissenschaft schon lange weiss: Übergewicht ist nicht per se schädlich. So sind viele kleine Fettzellen für einen gesunden Stoffwechsel günstiger als wenige grosse. Weltweit wird daher nach Wegen gesucht, die Bildung neuer Fettzellen anzuregen - bislang aber mit wenig Erfolg.

Forschenden der ETH Zürich ist nun zusammen mit Kollegen der EPFL ein Durchbruch gelungen: Sie haben einen neuen Zellyp im Fettgewebe von Säugern entdeckt, der die Bildung neuer Fettzellen unterbindet und so vorteilhaftes Fettgewebe verhindert. Über ihren Fund berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von Nature.

Fettzellen regulieren Fettzellwachstum

Wie Fettzellen entstehen, konnte die Forschung bisher noch nicht restlos klären. Man weiss, dass Fettzellen aus Vorläuferzellen entstehen und sich im ausdifferenzierten Zustand wahrscheinlich nicht mehr teilen. «Nach solchen Vorläuferzellen suchten wir im Fettgewebe von Mäusen, als wir auf einen bislang unbekannten Fettzelltyp mit interessanten Eigenschaften stiessen», berichtet Christian Wolfrum, ETH-Professor für translationale Ernährungsbiologie.

Experimente im Mausmodell und mit menschlichem Fettgewebe zeigten, dass es sich um eine Art «regulatorische Fettzelle» handelt, die scheinbar permanent Botenstoffe ins umliegende Gewebe abgibt. «Wir fanden vorerst vier Proteine, die zusammen verhindern, dass sich Vorläuferzellen zu neuen Fettzellen ausbilden», sagt Hua Dong, Doktorandin in Wolfrums Gruppe und eine der Erstautorinnen der Studie.

Fett ist nicht gleich Fett

Der neue Zelltyp, Areg genannt, ist therapeutisch interessant. Legt unser Körper an Gewicht zu, kann das energiespeichernde weisse Fettgewebe auf zwei Arten wachsen: Bei den meisten Fettleibigen vergrössern sich die bestehenden Fettzellen. Irgendwann können sie das viele Fett nicht mehr speichern und geben es in den Blutkreislauf ab. Leber und Muskeln verfetten - das Risiko für Diabetes und andere Folgeerkrankungen steigt. Bei rund 20 Prozent der Übergewichtigen bildet das Fettgewebe jedoch neue Zellen aus. Dank den zusätzlichen «Gefässen» können diese Menschen das überschüssige Fett besser speichern und erkranken deshalb weniger.

Bislang haben sich Fettleibigkeitsforschung und Pharmafirmen vor allem darauf fokussiert, wie man die Vorläuferzellen aktivieren kann, um Fettzellen zu vermehren. «Doch niemand verstand so recht, warum sich selbst in Fettgewebe mit vielen Vorläuferzellen nur selten neue Zellen bilden», so Wolfrum. Die unterdrückenden Aregs liefern nun eine Erklärung dafür.

Die Entdeckung eröffnet vielversprechende Ansatzpunkte für künftige Therapien. So konnten die Forschenden zeigen, dass tatsächlich neue Fettzellen entstehen, wenn man die Aregs aus dem Fettgewebe entfernt. Zudem fanden sie Hinweise darauf, dass diese Fettregulatoren gerade bei übergewichtigen Mäusen mit grossen Fettzellen gehäuft vorkommen.

Mit den jüngsten Resultaten rückt das Fernziel, dicke Menschen mit einer Therapie vor Diabetes und Co. zu schützen, ein kleines Stück näher. Dabei geht es stets um die physiologische Gesundheit - und nicht ums Gewicht. Wer abnehmen wolle, dem helfe nach wie vor nur eins: Weniger Kalorien aufzunehmen als zu verbrauchen.


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution104

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) - 21.06.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2018

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