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GESUNDHEIT/1087: Deutsche Gesundheits-Korrespondenz Nr. 10/11 - Oktober/November 2012 (DGK)


DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e.V. - informationsdienst

dgk - Deutsche Gesundheits-Korrespondenz Nr. 10/11 - Oktober/November 2012



- Phantomschmerz: optische Täuschung hilft
- Endlich besser schlafen
   KIND UND GESUNDHEIT
- Paracetamol: doch kein Zusammenhang mit Asthma bei Kindern?
- Dick durch Dosen
   AUS WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
- Fumarsäure gegen Multiple Sklerose - Endlich Tablette in Aussicht
- Forscher entdecken mögliche Vorzeichen von Multiple Sklerose
   MELDUNGEN
- Studentenfutter: Neues Handbuch bringt
- Studierenden Public Health nahe
   SERVICE

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Phantomschmerz: optische Täuschung hilft

(dgk) Ein Unterschenkel musste amputiert werden. Der Unterschenkel ist weg - aber der Schmerz ist da. Solche Phantomschmerzen können Patienten extrem belasten. Auf der Suche nach einer Therapie gegen diesen Schmerz gibt es erstaunliche Ansätze.

In Deutschland verlieren jedes Jahr etwa 100.000 Menschen Gliedmaßen durch Amputation. Ursachen sind Unfälle, Krebs oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Nahezu jeder Patient berichtet nach einer Amputation von sogenannten Phantomsensationen. Diese Empfindungen können von leichter Intensität sein, etwa in Form von Wetterfühligkeit, aber auch in Form von Schmerzen auftreten, die so stark sein können, dass sie Betroffenen das Leben zur Hölle machen. Schätzungsweise 60 Prozent der Amputierten leiden unter Phantomschmerzen.

Verantwortlich für diese Schmerzen sind Umbauprozesse im Gehirn, die einer Amputation folgen. Forscher um Prof. Dr. Thomas Weiß von der Universität Jena haben diese Veränderungen daher unter die Lupe genommen. Sie konnten zeigen, dass nach einer Amputation das Volumen in bestimmten Gehirnarealen zunimmt. Durch den Verlust einer Hand oder eines Armes frei gewordene Hirnareale werden von ihren Nachbarstrukturen "erobert", vergleichbar mit einer Wiese, die nicht mehr gepflegt und nun von den umgebenden Gebüschen zurückerobert wird. Dadurch kommt es zu einer Art Verwirrung und eben auch zum Phantomschmerz. Wenn es gelingt, diese Reorganisation des Gehirns zu verhindern, kann damit der Schmerz beeinflusst werden.

Möglich ist das beispielsweise mit der sogenannten Spiegel-Therapie, bei der dem Gehirn mit Hilfe eines Spiegels weisgemacht wird, die amputierte Gliedmaße sei noch da. Das funktioniert deshalb, weil das Gehirn Sinneswahrnehmungen eher glaubt als Verstandesinhalten. Folge: Die Umbauprozesse und damit die Schmerzen bleiben aus.

Eine weitere Methode besteht darin, eine fehlende Hand durch eine realistische Prothese zu ersetzen und die echte wie die nachgebaute Hand gleichzeitig zu streicheln, während der Patient den Blick auf die Prothese richtet. Dadurch können die Patienten ihr ursprüngliches Körperbild wiederherstellen, das Gehirn erkennt die Prothese als eigenes Körperteil an. Auch dadurch werden die zum Schmerz führenden Umbauprozesse im Gehirn verhindert.

Noch neuer ist die Erzeugung einer dreidimensionalen virtuellen Realität, die Forscher um Professor Dr. Herta Flor vom Institut für Neuropsychologie und Klinische Psychologie der Universität Heidelberg bei Gesunden getestet haben. "Ein Arm wurde dabei durch eine spiegelartige Anordnung versteckt, während die Probanden durch eine Datenbrille zusätzlich zum noch sichtbaren Arm eine naturgetreue 3D-Rekonstruktion sahen, die sie beliebig 'bewegen' konnten", erklärt Flor. Es zeigte sich, dass der bloße optische Eindruck einer Bewegung im Gehirn die gleichen Aktivitäten auslöste wie eine echte Bewegung. Die Wirksamkeit einer Illusion hängt demnach nur davon ab, wie naturgetreu sie ist.

Quellen:
(1) Das Gehirn erinnert sich fehlender Gliedmaßen - Schmerzforscher der Uni Jena finden anatomische Veränderungen im Gehirn von Amputierten: Pressemitteilung der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 13.09.2012
(2) Illusionen gegen Phantomschmerz: Ärzte Zeitung vom 08.12.2011

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Endlich besser schlafen

(RaIA/dgk) Etwa 40 Prozent aller Deutschen leiden unter Schlafstörungen. Bei vielen sind Stressphasen im Job oder im Privatleben der Grund dafür. "Wir leben in einer hektischen Zeit mit sehr vielen Reizen und Informationen, die unser Gehirn alle verarbeiten muss", sagt der Kölner Schlafmediziner Dr. Michael Feld. "Oft schalten wir abends nicht mehr früh genug einen Gang runter, um unseren Organismus auf den Schlaf vorzubereiten. Wir gehen noch viel zu angespannt ins Bett und wundern uns dann, dass wir nicht gut ein- und durchschlafen können." Ganz klar: Wer im Bett noch den spannenden Krimi zu Ende schaut, bis zur letzten Minute im Fitnessstudio Gewichte stemmt oder am späten Abend eine schwierige Diskussion mit dem Partner beginnt, darf sich nicht wundern, wenn sich der Schlaf einfach nicht einstellen will. Zusätzlicher Druck entsteht durch das Gefühl, unbedingt schlafen zu müssen - und zwar sofort! Dieser Druck bewirkt leider genau das Gegenteil...

Rechtzeitig runterfahren
Um gegenzusteuern und künftig besser einschlafen zu können, empfiehlt Schlafmediziner Feld, etwa zwei Stunden von dem Zubettgehen zur Ruhe zu kommen. "Keine anstrengenden abendlichen Tätigkeiten sowie wenig Alkohol und Nikotin", so der Experte. Auch auf schwere, fettreiche Mahlzeiten, die wie ein Stein im Magen liegen, sollte man abends verzichten.

"Konstante Zubettgeh- und Aufstehzeiten unter der Woche und möglichst auch am Wochenende sind günstig", betont Feld. Außerdem ist es ratsam, nur dann schlafen zu gehen, wenn man wirklich müde ist und nicht länger als sieben Stunden im Bett zu liegen. Das heißt auch: Das Bett sollte nur zum Schlafen da sein. Der Film mit Überlänge sollte im Wohnzimmer geschaut werden.

Den gesunden und erholsamen Schlaf fördert auch das richtige Schlafumfeld. A und O ist dabei eine hochwertige Matratze, gerade für Menschen, die ohnehin schon unter Rücken- oder Gelenkproblemen leiden. Für süße Träume sorgt auch ein ausreichend dunkles, möglichst ruhiges und kühles Schlafzimmer.

Natürliche Helfer nutzen
Unterstützend können pflanzliche Mittel aus der Apotheke das Ein- und Durchschlafen erleichtern. Sie enthalten Heilpflanzenextrakte wie Baldrianwurzel, Passionsblumenkraut, Hopfenzapfen und Melissenblätter, die für ihre beruhigende und schlafanstoßende Wirkung bekannt sind. Es gibt sowohl pflanzliche Einschlafhelfer, die nur einen Wirkstoff enthalten, als auch Kombinationsmittel. "Pflanzliche Präparate wie zum Beispiel der Extrakt der Baldrianwurzel haben einen festen Stellenwert in der Behandlung von leichten bis mittelschweren Schlafstörungen und können in vielen Fällen zunächst selber ausprobiert werden", weiß Dr. Michael Feld. Natürlich wirksam sind auch homöopathische Präparate, die Komponenten wie beispielsweise Avena sativa, Passiflora incarnata und Coffea arabica enthalten.

Gut zu wissen: Im Gegensatz zu klassischen chemisch-synthetischen Schlafmitteln, die der Arzt bei schweren und anhaltenden Schlafstörungen verschreiben kann, beeinträchtigen pflanzliche Arzneimittel den natürlichen Schlafrhythmus in aller Regel nicht. So kommt es auch nicht zu den unerwünschten Nebenwirkungen wie Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass pflanzliche Mittel zunächst über einen gewissen Zeitraum eingenommen werden müssen, ehe sie ihre volle Wirkung entfalten. Was genau zu berücksichtigen ist, weiß der Apotheker.

Erholsam zu schlafen kann man meist wieder lernen, wenn man sich vernünftig verhält. "Genauso wie man sich durch falsche Verhaltensweisen schlechten Schlaf antrainieren kann, kann man sich auch wieder richtigen, guten Schlaf antrainieren", sagt Schlafexperte Feld.

3 x 3 = Besser zum Arzt
"Wenn eine Schlafstörung länger als drei Wochen anhält, öfter als dreimal pro Woche auftritt und pro Nacht länger als drei Stunden dauert, sollte man einen Arzt aufsuchen, um die Ursachen abklären zu lassen."

Dr. Michael Feld, Schlafmediziner aus Köln

Mehr zu dem Thema erfahren Interessierte im "Ratgeber aus Ihrer Apotheke", Ausgabe 11A/2012, der ab Anfang November in der Apotheke erhältlich ist.

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KIND UND GESUNDHEIT
Paracetamol: doch kein Zusammenhang mit Asthma bei Kindern?

(dgk) Mehrere epidemiologische Studien haben einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Asthma und Allergien bei Kindern und der Exposition mit Paracetamol während der Schwangerschaft oder der Einnahme in der frühen Kindheit beschrieben.(*) Nun hat sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu geäußert und den aktuellen Kenntnisstand zusammengefasst: Laut BfArM gibt es demnach bislang keinen Beleg für den oben genannten Zusammenhang. Epidemiologische Studien seien anfällig für Verzerrungen. Beispielsweise würde Paracetamol zur Behandlung von Symptomen fieberhafter Atemwegsinfektionen angewendet. Atemwegsinfektionen sind jedoch ihrerseits ein Risikofaktor für das Entstehen von Asthma oder können Ausdruck einer erhöhten Infektanfälligkeit bei bestehendem, aber noch nicht diagnostiziertem Asthma sein. Für eine abschließende Klärung der Auswirkung von Paracetamol auf die Entwicklung von Asthma müssten randomisierte kontrollierte Studien durchgeführt werden, wie schon seit einiger Zeit von Experten gefordert.

Derzeit gilt Paracetamol in der Schwangerschaft weiterhin als Mittel der Wahl bei leichten bis mäßig starken Schmerzen sowie bei Fieber. Wie alle Arzneimittel sollte jedoch auch Paracetamol in der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit nur bei dringender Notwendigkeit angewendet werden.

(*) siehe auch Deutsche Gesundheitskorrespondenz Ausgabe 7/8 2011

Quelle:
Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 3/2012, erschienen am 13.9.2012, herausgegeben vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

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Dick durch Dosen

Bisphenol fördert laut Studie Fettleibigkeit bei Kindern und
Jugendlichen

(dgk) Bisphenol A (BPA), eine Substanz, die wegen ihrer möglichen gesundheitsschädlichen Wirkung im vergangenen Jahr in Babyflaschen verboten wurde, könnte bei Kindern und Jugendlichen Übergewicht begünstigen. Dies legt jedenfalls eine amerikanische Studie nahe, an der fast 3.000 Kinder und Jugendliche teilnahmen. Die Forscher fanden einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von BPA im Urin und dem Körpergewicht der Studienteilnehmer.

Demnach waren Kinder und Jugendliche mit den niedrigsten BPA-Werten weniger als halb so häufig adipös wie Kinder und Jugendliche mit der höchsten Belastung. Dieser Zusammenhang zeigte sich allerdings nur bei Kindern europäischer Herkunft.

Ob der Effekt tatsächlich auf eine Schadwirkung von BPA hinweist, kann die Querschnittsstudie nicht klären. Der höhere BPA-Wert im Urin übergewichtiger Kinder könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass fettleibige Kinder und Jugendliche mehr Nahrung zu sich nehmen als Normalgewichtige und sich vermutlich häufiger von Gerichten aus Konserven oder Plastikverpackungen ernähren.

Bisphenol A ist ein Grundstoff zur Herstellung von Polycarbonat-Kunststoffen. Er ist in vielen Alltagsgegenständen enthalten, wie beispielsweise in Plastikgeschirr, Plastikflaschen und Konservendosen. BPA kann sich bei Kontakt mit Lebensmitteln aus dem Produkt lösen und in diese übergehen. Im menschlichen Körper entfaltet es eine hormonähnliche Wirkung.

Tipp: Vermeiden Sie den häufigen Konsum von Lebensmitteln aus der Dose oder aus Plastikverpackungen. Bewahren Sie Lebensmittel besser nicht in Kunststoffbehältern aus Polycarbonat auf, sondern in solchen aus Glas, Keramik oder Edelstahl. Erhitzen Sie keine Lebensmittel in Kunststoffbehältern und füllen Sie auch keine heißen Speisen ein. Laut Umweltbundesamt wird durch Einwirkung vom Wärme verstärkt BPA freigesetzt. Auch Reste von Reinigungsmitteln können den Übertritt von BPA aus Polycarbonatgefäßen in die Speisen verstärken.

Quellen:
(1) Trasande, L. et al.: Association Between Urinary Bisphenol A Concentration and Obesity Prevalence in Children and Adolescents; JAMA, 2012 / 308(11):1113-1121; doi:10.1001/2012.jama.11461
(2) Ärzteblatt online vom 19.9.2012
(3) Umweltbundesamt: Bisphenol A - Massenchemikalie mit unerwünschten Nebenwirkungen; Broschüre Juli 2010

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AUS WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
Thema Multiple Sklerose: Neues aus der Forschung

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems. Was genau die "Krankheit mit den 1.000 Gesichtern" auslöst, ist noch nicht abschließend geklärt. Autoantikörper und die Entschlüsselung einzelner genetischer Varianten, die für MS spezifisch sein könnten, stehen derzeit im Fokus der Ursachenforschung - aber letztendlich bleibt diese Erkrankung rätselhaft. Um Licht in das Dunkel zu bekommen, wird weltweit intensiv geforscht. Zwei Aspekte aus der aktuellen MS-Forschung werden im Folgenden vorgestellt.

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Fumarsäure gegen Multiple Sklerose - Endlich Tablette in Aussicht

(dgk) Neben der Therapie eines akuten Schubes werden in der MS-Behandlung langfristige Immuntherapien durchgeführt, die zum Ziel haben, die Schwere und Häufigkeit von Schüben zu verringern. Zur Immuntherapie der MS stehen in Deutschland zurzeit sechs Wirkstoffe zur Verfügung. Bis Mitte nächsten Jahres werden voraussichtlich weitere Mittel zur Behandlung der MS durch die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) zugelassen werden, darunter auch Fumarsäure.

Fumarsäure ist eine natürliche Substanz, die auf verschiedenen Stoffwechselwegen in allen Organismen entsteht. In größeren Mengen kommt sie in verschiedenen Pflanzen, Pilzen und Flechten vor, wie beispielsweise im Gewöhnlichen Erdrauch (Fumaria officinalis), dem sie ihren Namen verdankt. Gegen Schuppenflechte wird sie schon länger eingesetzt. Schon in den 90-er Jahren fiel auf, dass sie auch gegen MS hilft, was in vielen Studien bestätigt werden konnte. Nun liegen die Ergebnisse der abschließenden und zulassungsentscheidenden Phase-III-Studie vor. Es konnte gezeigt werden, dass Fumarsäure die jährliche Schubrate, das Fortschreiten der Behinderungsrate und auch die Anzahl der Schädigungen des Nervensystems deutlich reduzierte. Das Mittel zeigte nicht nur eine hohe Wirksamkeit, sondern erwies sich auch als sehr sicher. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Magen-Darm-Beschwerden und Hautrötungen, die in der Regel innerhalb weniger Wochen nach Ersteinnahme abklangen.

Die Studie wurde durchgeführt von Forschern um Prof. Dr. med. Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Klinik der Ruhr Universität Bochum. 1.234 MS-Patienten zwischen 18 und 55 Jahren haben daran teilgenommen. Sie erhielten entweder täglich zwei bzw. drei Dosierungen eines Fumarsäure-Präparats oder ein Scheinmedikament. Während des zweijährigen Studienzeitraumes erlitten 46 Prozent der Patienten mit dem Scheinmedikament einen Krankheitsschub, jedoch nur 27 bzw. 26 Prozent derjenigen, die täglich zwei- oder dreimal Fumarat-Kapseln erhalten hatten. Die jährliche Schubrate wurde laut Berechnungen der Forscher halbiert.

Auch der Wirkmechanismus ist mittlerweile bekannt. Fumarate modulieren die Aktivität bestimmter Zellen des Immunsystems, sogenannter Dendritscher Zellen: Statt entzündlicher T-Helferzellen aktivieren diese entzündungshemmende Lymphozyten.

Bisher werden bei der Immuntherapie gegen MS vor allem Substanzen eingesetzt, die gespritzt werden müssen. Angenehmer für die Patienten wären Tabletten. Die Mediziner hoffen nun auf eine Zulassung des Fumarsäure-Präparates durch die europäischen und amerikanischen Behörden im Frühjahr des kommenden Jahres.

Weitere Informationen zum Thema Multiple Sklerose finden Sie unter www.dgk.de

Quellen:
(1)Gold, R. et al. Placebo-Controlled Phase 3 Study of Oral BG-12 for Relapsing Multiple Sclerosis. N Engl J Med 2012;367:12
(2)Ghoreschi et al.: Fumarates improve psoriasis and multiple sclerosis by inducing type II dendritic cells; J Exp Med, Oktober 2011, Vol. 208 Nr. 11 / 2291-2303, doi: 10.1084/jem.20100977

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Forscher entdecken mögliche Vorzeichen von Multipler Sklerose

(dgk) Die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus und niedrige Vitamin-D-Werte werden zurzeit als wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose diskutiert. Um diesen Verdacht zu überprüfen, untersuchten Forscher um PD Dr. Andrew Chan von der Neurologischen Klinik der Ruhr-Universität in Bochum Blutproben von 25 MS-Patienten, die diese vor ihrer Diagnose gespendet hatten. Die Blutproben stammten aus einem Zeitraum zwischen über sieben Jahre bis zwei Monate vor dem ersten Auftreten klinischer Symptome der MS. Zum Vergleich analysierten die Forscher Blutproben gesunder Kontrollpersonen im gleichen Alter.

Sie konnten zeigen, dass die Vitamin-D-Werte der späteren MS-Patienten schon zwei Jahre vor der Diagnose MS geringer waren als die der gesunden Personen. Nach der Diagnosestellung lagen die Werte noch einmal um fast die Hälfte niedriger als zuvor. Dafür steigt, so die Forscher, die Stärke der Antikörper-Immunantwort gegen das Epstein-Barr-Virus (EBV). Das Virus ist Auslöser für das Pfeiffersche Drüsenfieber und ist weit verbreitet. Alter von 40 Jahren sind bei 98% Prozent aller Menschen Antikörper nachweisbar.

"Einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Faktoren Vitamin D und Immunantwort auf EBV konnten wir bisher nicht nachweisen", sagt Chan. "Wir können ihn aber auch nicht ausschließen. Denn Vitamin D ist vermutlich ein wichtiger Einflussfaktor auf das Immunsystem." Zu einer "Früherkennung" der MS oder einer Abschätzung des Risikos können Werte zu Vitamin D-Status und Antikörper gegen EBV allerdings nicht herangezogen werden.

Weitere Informationen zum Thema Multiple Sklerose finden Sie unter www.dgk.de


MS in Deutschland

In Deutschland leben nach derzeitigen Hochrechnungen ca. 130.000 MS-Erkrankte, jährlich werden ca. 2.500 Menschen neu mit MS diagnostiziert. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung wird in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt, mit geringerer Häufigkeit tritt sie aber auch schon im Kindes- und Jugendalter auf. Erstdiagnosen nach dem 60. Lebensjahr sind selten.

Bei einer Vielzahl von Erkrankten verläuft die MS gutartig. Die anfänglich auftretenden Krankheitszeichen bilden sich in der Regel fast alle vollständig wieder zurück und die entzündlichen Herde heilen ab. Auch bei unvollständiger Rückbildung bleiben oft nur geringe Störungen zurück, die kaum beeinträchtigen.

Je nach Krankheitsverlauf können aber auch zunehmende Beeinträchtigungen auftreten, die dann bestehen bleiben. Jedoch nur in einzelnen Fällen (unter 5 Prozent) führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu schwerer Behinderung.

Quellen:
(1) Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e. V. (www.dmsg.de)
(2) Bernhard F Décard et al.: Low vitamin D andelevated immunoreactivity against Epstein-Barr virus before first clinical manifestation of multiple sclerosis. In: Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry. Doi:10.1136/jnnp-2012-303068
(3) Pressemeldung der Ruhr-Universität Bochum vom 28.9.2012: Bochumer Forscher machen mögliche Vorzeichen von MS aus.

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MELDUNGEN
Studentenfutter: Neues Handbuch bringt Studierenden Public Health nahe

(dgk) Public Health spielt im modernen Gesundheitswesen auch hierzulande eine immer größere Rolle. In den vergangenen Jahren hat die deutschsprachige Public-Health-Literatur eine erfreuliche Belebung erfahren. Was aber noch fehlte, war eine kompakte, aktuelle und mit Beispielen aus dem deutschsprachigen Raum versehene Einführung für Studierende verschiedener Gesundheitsberufe. Diese Lücke ist mit dem neu erschienenen Handbuch Public Health - Sozial- und Präventivmedizin kompakt nun geschlossen.

Das Handbuch bietet einen leicht verständlichen, praxisorientierten Einstieg in die verschiedenen Aspekte von Public Health. Neben den grundlegenden Begriffen wird das relevante Basiswissen aus den Bereichen Epidemiologie, Biostatistik, Prävention und Gesundheitsförderung sowie Gesundheitswesen vermittelt. Weitere wichtige Themen sind der Aufbau von Gesundheitssystemen, die Gesundheitsökonomie und die Gesundheitspolitik. Eine große Rolle spielen auch die Themen Umwelt und Gesundheit, Arbeit und Gesundheit, chronische Krankheiten und Unfälle, Infektionskrankheiten sowie der internationale Aspekt von Public Health.

Public Health - Sozial- und Präventivmedizin kompakt ist ein Buch, das Studierenden ihr Fach nahe bringt: In verständlicher Sprache werden Sachverhalte und Hintergründe erläutert und prüfungsrelevantes Wissen vermittelt. Besonders schön sind die kurzen Einführungen zu Beginn eines jeden Kapitels: Sie geben so anschaulich die Bedeutung des folgenden Stoffes auch im großen Zusammenhang wieder, dass man unbedingt "weiterfuttern" möchte. Das Buch lohnt sich auch für Mitarbeiter im Öffentlichen Gesundheitswesen, zum Beispiel, um ihr Wissen aufzufrischen.

Public Health: Sozial- und Präventivmedizin kompakt
Matthias Egger und Oliver Razum (Herausgeber)
Taschenbuch, 346 Seiten
Verlag: De Gruyter
ISBN-10: 3110254522
39,95 Euro

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dgk - Deutsche Gesundheits-Korrespondenz - informationsdienst
53. Jahrgang, Nr. 10/11 - Oktober/November 2012
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Redaktion dgk: Dr. med. Sigrid Ley-Köllstadt
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2012