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MELDUNG/027: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 22.12.09 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Neue Genorte für Lippen-Kiefer-Gaumenspalte entdeckt
→  Innovative Antibiotika-Forschung wird mit Millionensumme gefördert
→  Trennung der erwünschten Transplantat-gegen-Leukämie von der schädlichen
      Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion durch Medikamente
→  Wie viele Mütter stillen ihre Kinder und wie lange?

Raute

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 20.12.2009

Neue Genorte für Lippen-Kiefer-Gaumenspalte entdeckt

Der Vergleich von über 500.000 "Schnipseln" des menschlichen Erbguts brachte Wissenschaftler der Universität Bonn auf die richtige Spur: Bestimmte Genvarianten auf Chromosom 10 und 17 kommen bei Menschen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten deutlich häufiger vor als bei Kontrollpersonen. Die Ergebnisse werden in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift "Nature Genetics" veröffentlicht (10.1038/ng.506).

Die Forscher der Universität Bonn hatten das Erbgut von über 1.000 Personen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten untersucht. Bei 400 der Probanden gingen die Humangenetiker noch weiter ins Detail. Sie analysierten mehr als 500.000 Informationsschnipsel aus deren Erbgut und verglichen diese dann mit den Genschnipseln einer Kontrollgruppe. Zwei Stellen im menschlichen Genom fielen ihnen dadurch besonders auf: "Sowohl auf Chromosom 10 als auch auf Chromosom 17 trugen die Betroffenen auffällig häufig eine Genvariante, wesentlich häufiger als nicht betroffene Personen", erläutert Dr. Stefanie Birnbaum vom Institut für Humangenetik der Universität Bonn. Dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass in diesen Regionen liegende Gene etwas mit der Entstehung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten zu tun haben.

Vor einigen Monaten hatte dieselbe Arbeitsgruppe bereits einen Risikofaktor auf Chromosom 8 identifizieren können. Schon seit längerem ist zudem bekannt, dass auf Chromosom 1 ebenfall eine Erbanlage sitzt, deren Veränderung zu einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte führen kann. Zusammen genommen erklären die bislang identifizierten Regionen mehr als die Hälfte des genetischen Beitrags zur Spaltbildung.

Weitere Studien sollen nun zeigen, welche Gene auf Chromosom 10 und 17 genau verantwortlich sind und wie sie wirken. "Es dürfte sich um so genannte regulatorische Elemente handeln, die andere Gene steuern", erklärt die Leiterin der Studie Dr. Elisabeth Mangold. Wenn die Funktionsweise aller beteiligten Gene und auch das Zusammenspiel mit Umweltfaktoren verstanden sind, können die Forscher auch sagen, in welchen Fällen eine medikamentöse Prophylaxe in der Schwangerschaft sinnvoll ist. Derzeit deutet einiges darauf hin, dass die Einnahme bestimmter Vitamine während der Schwangerschaft Fehlbildungen des Embryos entgegenwirken kann.

Teilnehmer für weitere Studien gesucht

Für die Fortsetzung der Studien suchen die Wissenschaftler dringend weitere Probanden. Teilnehmen können alle Kinder und Erwachsenen mit so genannten isolierten Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, also Personen, bei denen die Fehlbildung nicht Folge einer anderen Grunderkrankung ist.

Lippen-Kiefer-Gaumenspalten zählen zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Eines von 700 Neugeborenen in Mitteleuropa ist betroffen. Dabei verwachsen verschiedene Gewebefortsätze des Gesichts und des Mundraumes während der Embryonalentwicklung nicht oder nur unzureichend - zwischen Lippe, Kiefer und mitunter auch dem Gaumen bleibt eine Lücke. Mehrere Faktoren müssen wohl zusammenkommen, damit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten entstehen. Sowohl Umwelteinflüsse, die von außen auf das Kind im Mutterleib wirken, als auch genetische Faktoren tragen zur Fehlbildung bei.

Kontakt:
Dr. Elisabeth Mangold
Institut für Humangenetik
Universität Bonn
E-mail: e.mangold@uni-bonn.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution123

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Frank Luerweg, 20.12.2009

Raute

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel - 21.12.2009

Innovative Antibiotika-Forschung wird mit Millionensumme gefördert

Kieler Wissenschaftler erhält Förderung für Kampf gegen Krankheitserreger

Der Kieler Biochemiker Professor Jens-Michael Schröder ist auf der Suche nach neuartigen Antibiotika, gegen die Krankheitserreger keine Resistenz entwickeln. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligte ihm dafür nun ein Reinhart Koselleck-Projekt und unterstützt seine Arbeit in den kommenden fünf Jahren mit 1,25 Millionen Euro.

Die Gutachter sahen Schröders Vorhaben als so spannend an, dass schon die Überprüfung der Idee an sich als lohnenswert eingestuft wurde - ganz zu schweigen vom Erfolgsfall, in dem die gewonnenen Erkenntnisse medizinisch sehr bedeutsam wären. "Der Antrag enthält drei originelle Hypothesen", erläutert Schröder, "die 'Nano-Nadeln', 'Trojanische Pferde' und neue Antibiotika."

Um diese Ansätze zu verstehen, sind die Strategien wichtig, mit denen Bakterien Resistenzen gegen herkömmliche Antibiotika ausbilden. Einige Krankheitserreger deaktivieren die Antibiotika durch Stoffwechselprozesse, andere entledigen sich ihrer schnellstmöglich durch 'Herauspumpen' oder nehmen sie gleich gar nicht mehr auf. Um diese Methoden zu unterlaufen, hat sich Schröder verschiedene Ansätze überlegt. So könnten sich Haut-Eiweiße durch Kontakt mit gefährlichen Bakterien in neuen, größeren Einheiten zusammenlagern, die mikroskopisch kleinen Nadeln gleichen. Diese 'Nano-Nadeln' würden die Krankheitserreger dann im Prinzip erstechen. Neben diesem mechanischen Ansatz verfolgt der Biochemiker auch eine an das Modell 'Trojanisches Pferd' angelehnte Methode. Bei dieser Art der Bekämpfung von Krankheitserregern würden die Bakterien von der Haut abgesonderte Stoffe nichts ahnend aufnehmen, die sich erst dann in Antibiotika umwandeln und sie so von innen töten. Als Drittes folgt Schröder der Spur, dass die (Schleim-)Haut auf ihrer Oberfläche in Sekreten, Schleim und Schweiß besondere Antibiotika bereitzustellen scheint, die in den Bakterien eine Schwachstelle treffen und damit eine Resistenzbildung unmöglich machen.

Die DFG fördert seit 2008 Reinhart Koselleck-Projekte mit Summen zwischen 0,5 und 1,25 Millionen Euro. Um diese Mittel zu erhalten, müssen die geförderten Forschungsvorhaben besonders innovativ oder - im positiven Sinne - risikoreich sein, indem sie gewagte Ideen verfolgen oder neue bzw. neu angewendete Methoden einsetzen. Gefördert werden nur Wissenschaftler, die über einen herausragenden wissenschaftlichen Lebenslauf und großes Potenzial verfügen. Ein weiteres Kriterium ist, dass die Projekte weder im Rahmen der eigentlichen Forschungsarbeit noch in anderen Förderverfahren der DFG realisiert werden können.

Der 2006 verstorbene Reinhart Koselleck, Namensgeber dieses DFG-Fördermoduls, war einer der bedeutendsten deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts. Er gehört zu den Begründern der modernen Sozialgeschichte in Deutschland.

Kontakt:
Prof. Dr. Jens-Michael Schröder
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
E-Mail: jschroeder@dermatology.uni-kiel.de

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Presse und Kommunikation, Leiterin: Susanne Schuck
Text: Jirka Niklas Menke
Postanschrift: D-24098 Kiel
e-mail: presse@uv.uni-kiel.de
Internet: www.uni-kiel.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution235

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Susanne Schuck, 21.12.2009

Raute

Wilhelm Sander-Stiftung - 21.12.2009

Trennung der erwünschten Transplantat-gegen-Leukämie von der schädlichen Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion durch Medikamente

Stammzelltransplantationen werden bei Krebserkrankungen wie Leukämien durchgeführt, damit sich das neue Immunsystem des Spenders gegen die Leukämie oder den Tumor des Empfängers wendet. Ziel ist die Heilung der Krebserkrankung. Leider tritt häufig eine unerwünschte Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion auf. Diese ist eine schwerwiegende Komplikation nach Fremdspender-Stammzelltransplantation, da sie zur Immunschwäche und damit zu unter Umständen tödlichen Infektionen führt. Diese Immunschwäche wird durch die bisherige immunsuppressive Therapie verschlimmert.

Die Trennung der Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion von erwünschten Transplantat-gegen-Leukämie Effekten ist bisher unzureichend. Tyrosinkinase-Inhibitoren werden bei der allogenen Stammzelltransplantation eingesetzt ohne Anhalt für eine erhöhte transplantationsassoziierte Mortalität. Erste klinische Daten deuten auf eine Hemmung der Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion hin. Anti-leukämische Effekte scheinen zumindestens bei Auftreten einer Lymphozyten-Expansion unter Monotherapie mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Dasatinib verstärkt zu werden. Sie sind mit verbesserten und verlängerten Remissionen assoziiert. Bisher ist nicht systematisch untersucht, wie diese Effekte induziert werden können. Ziel dieses Projektes ist es, die diesen Beobachtungen zugrunde liegenden Wirkmechanismen aufzuklären, um gezielt Transplantat-gegen-Wirt Reaktionen zu hemmen und Transplantat-gegen-Leukämie Effekte zu verstärken. Eine erfolgreiche Trennung sollte zu einer Reduktion von Morbidität und Mortalität führen und damit die Ergebnisse der Fremdspender-Stammzelltransplantation verbessern helfen. Dazu werden wir in diesem Projekt die Effekte von Tyrosinkinase-Inhibitoren auf die Interaktion von unterschiedlichen T Lymphozyten mit dendritischen Zellen relevant für Transplantat-gegen-Wirt- und Transplantat-gegen-Leukämie-Reaktionen, als auch eine differentielle Modulation von Wirt- und Leukämie-spezifischen T-Zellklonen durch Tyrosinkinase-Inhibitoren untersuchen. Funktionelle Untersuchungen der T-Zellen und dendritischen Zellen, Western Blot, RT-PCR, siRNA Technologie und Genexpressionsanalysen werden dafür eingesetzt.

Die Projektleiterin ist Internistin und leitet seit 2006 eine die Laborarbeitsgruppe "Immune Recovery" an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II der Universität Würzburg. Die Medizinische Klinik und Poliklinik II verfügt über eine allogene Blutstammzelltransplantationseinheit mit stetig steigenden Transplantationszahlen. Darüber hinaus ist eine sehr aktive klinische Phase I/II Studien-Einheit vorhanden, so dass sich erfolgversprechende neue Therapiemodelle rasch in die Klinik bringen lassen.

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 100.000 €.
Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Bernhard Knappe, 21.12.2009

Raute

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) - 21. Dezember 2009

Wie viele Mütter stillen ihre Kinder und wie lange?

Konzept der Nationalen Stillkommission am BfR für ein Monitoring über das Stillverhalten

In Deutschland gibt es nur wenige systematische Untersuchungen über das Stillen. Somit lässt sich nicht zuverlässig beurteilen, ob bislang durchgeführte Maßnahmen zur Stillförderung wirksam waren. Die Nationale Stillkommission am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält deswegen ein nationales Monitoring über das Stillverhalten für dringend notwendig und hat ein Konzept dafür vorgelegt. Vor dessen Umsetzung bittet sie die Akteure im Gesundheitswesen um Anregungen und Unterstützung.

Die Förderung des Stillens und der Säuglingsernährung wird von Expertengremien weltweit unterstützt und ist als eine wichtige gesundheitspolitische Maßnahme anerkannt. Muttermilch liefert nicht nur die notwendigen Makro- und Mikronährstoffe, die Säuglinge zum Wachsen und Gedeihen brauchen, sondern schützt sie aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung auch vor akuten und chronischen Erkrankungen. Zudem hat das Stillen positive Wirkungen auf die emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind.

Da es in Deutschland bislang nur wenige systematische Untersuchungen über das Stillverhalten gibt, ist der Erfolg bestehender Maßnahmen zur Stillförderung schwer zu beurteilen. Angesichts dessen hält die Nationale Stillkommission die Einrichtung eines nationalen Monitorings über das Stillverhalten für dringend notwendig. Ein dazu von der Kommission erarbeiteter Konzeptentwurf wurde erstmals Ende September 2009 vorgestellt. In dem multimodalen Konzept werden Strukturen der prä- und postnatalen Vorsorge, zum Beispiel geburtshilfliche Vorsorge, kinderärztliche Früherkennungsuntersuchungen und Schuleingangsuntersuchungen ebenso eingebunden, wie Erfahrungen aus epidemiologischen Studien und neue Ansätze für Interventionen bei Risikogruppen wie sozial Benachteiligten und Müttern mit Migrationshintergrund. Ein Stillmonitoring würde erstmals in Deutschland die systematische und kontinuierliche Erhebung von vergleichbaren Daten über das Stillen ermöglichen. Die Ergebnisse würden zeitliche und regionale Vergleiche gestatten und langfristig Trends im Stillverhalten und Einflussfaktoren darauf erkennen lassen, so dass durch das Monitoring zugleich eine wesentliche Basis für die zielgerichtete und problemorientierte Stillförderung geschaffen würde.

Das Monitoringkonzept ist auf der Internetseite des BfR (www.bfr.bund.de) unter dem Menüpunkt "Nationale Stillkommission/Grundsätzliches zum Stillen" abrufbar. Die Kommission hält die Einbindung zahlreicher Akteure im Gesundheitswesen in die vorgeschlagenen strukturellen Maßnahmen für erforderlich und bittet daher um Feedback und Anregungen zur Umsetzung.

Kontakt über Email:
stillkommission@bfr.bund.de.

BfR - Presseinformation
Bundesinstitut für Risikobewertung
Thielallee 88 - 92, D - 14195 Berlin
Presserechtlich verantwortlich: Dr. Suzan Fiack

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.bfr.bund.de/cm/207/still_monitoring_in_deutschland_konzept.pdf
Still-Monitoring in Deutschland - Konzept

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution638

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Pressemitteilung 36/2009, Dr. Suzan Fiack, 21.12.2009

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2009