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MELDUNG/047: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 27.01.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Neue Erkenntnisse zur Entstehung der Parkinson-Erkrankung
→  Gewichtsabnahme hilft bei der Reparatur geschädigter Blutgefäße
→  Medizinische Fakultät der RUB feiert 40-jähriges Jubiläum

Raute

Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) - 25.01.2010

Neue Erkenntnisse zur Entstehung der Parkinson-Erkrankung

In einer Studie, die im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) durchgeführt wurde, zeigen Wissenschaftler des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung (Universitätsklinikum Tübingen) erstmals, dass die beiden Parkinson-assoziierten Proteine PINK1 und Parkin gemeinsam die Entsorgung geschädigter Mitochondrien steuern und wie sie das tun. Die Vermutung der Tübinger Wissenschaftler: Eine Störung dieses Entsorgungsmechanismus könnte entscheidend an der Entstehung der Parkinson-Erkrankung beteiligt sein. (Online Vorabveröffentlichung am 24.01.10 in Nature Cell Biology)

Jede Zelle verfügt über viele Mitochondrien, Zellorganellen, welche die Zelle mit überlebenswichtigen, energiereichen Molekülen versorgen. Krankhafte, geschädigte Mitochondrien dagegen produzieren keine Energie mehr. Sie führen zu einer verstärkten Schädigung der Zelle durch zunehmenden oxidativen Stress, der zum Zelltod führen kann.Die Entsorgung fehlerhafter Mitochondrien (mitochondriale Autophagie oder Mitophagie) ermöglicht eine Säuberung der Zelle und schützt diese demnach vor geschädigten Mitochondrien und deren zerstörerischen Folgen. Die Tübinger Arbeitsgruppe um Dr. Wolfdieter Springer und Prof. Dr. Philipp Kahle belegen in der vorliegenden Studie erstmals, wie diese Entsorgung funktioniert: Die Proteine PINK1 und Parkin kennzeichnen gemeinsam die geschädigten Mitochondrien für den Abbau, indem sie einen an der Oberfläche der Mitochondrien befindlichen Kanal mit dem kleinen Protein Ubiquitin markieren.Diese Markierung dient der Zelle als Signal zum Abbau geschädigter Mitochondrien.Fehlen die Proteine PINK1 oder Parkin durch eine Mutation, ist dieser Entsorgungsmechanismus gestört. Eine solche Störung könnte entscheidend an der Entstehung von Parkinson beteiligt sein, so die Vermutung der Tübinger Wissenschaftler. "Die Erkenntnisse dieser Studie könnten nun die Entwicklung von spezifischen Wirkstoffen ermöglichen, die ein Fehlen von PINK1 und Parkin kompensieren und den Entsorgungsmechanismus so steuern, dass nur geschädigte Mitochondrien abgebaut werden. Das wäre eine Perspektive, neurodegenerativen Krankheiten vorzubeugen," so der Leiter der Studie, Dr. Wolfdieter Springer.

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Parkinson-assoziierte Mutationen den sequentiellen Prozess der Entsorgung an bestimmten Schritten verhindern. Die enzymatische Funktion der mitochondrialen Kinase PINK1 ist dabei essentiell und sorgt für eine prompte Rekrutierung und Anhaftung des ansonsten gleichmäßig in der Zellflüssigkeit verteilten Proteins Parkin an die geschädigten Mitochondrien. Die enzymatische Aktivität der Ubiquitin-Ligase Parkin wiederum ermöglicht nun die Markierung von VDAC1 mit dem kleinen Protein Ubiquitin, welches unter anderem als Signalmolekül für den Abbau derartig modifizierter Proteine dient. Interessanterweise bildet VDAC1 einen Kanal durch die äußere Membran der Mitochondrien und steht bereits unter Verdacht bei Schädigung der Mitochondrien entscheidend zum Zelltod beizutragen. Die identifizierte Ubiquitin-Markierung des VDAC1-Proteins wird anschließend von dem Adapter-Protein p62/SQSTM1 erkannt, welches somit das geschädigte Zellorganell als Ganzes zur Entsorgung der Autophagie-Maschinerie zuführt.

Bisher war bekannt, dass bei der Entstehung und im Verlauf der Parkinson-Erkrankung zum einen Störungen der zellulären Proteinabbauwege und zum anderen Fehlfunktionen in den Mitochondrien eine Rolle spielen und dass die krankheitsassoziierten Proteine PINK1 und Parkin dabei von entscheidender Bedeutung sind. Mit ihrer Entdeckung, dass PINK1 und Parkin die Entsorgung geschädigter Mitochondrien gemeinsam steuern, belegen die Forscher einen funktionellen Zusammenhang zwischen diesen beiden vermeintlichen Hauptursachen der Parkinson-Erkrankung.

Originaltitel der Publikation:
PINK1/Parkin-mediated mitophagy is dependent on VDAC1 and p62/SQSTM1
Autoren: Sven Geisler, Kira M. Holmström, Diana Skujat, Fabienne C.
Fiesel, Oliver C. Rothfuss, Philipp J. Kahle und Wolfdieter Springer
Nature Cell Biology advance online publication 24.01.2010:
http://dx.doi.org/10.1038/ncb2012

Kontakte:
Universitätsklinikum Tübingen, Zentrum für Neurologie
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)
Partnerstandort Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Prof. Dr. Philipp Kahle
philipp.kahle@uni-tuebingen.de

Dr. Wolfdieter Springer
wolfdieter.springer@klinikum.uni-tuebingen.de
www.hih-tuebingen.de

Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)
Externe Pressestelle:
Kirstin Ahrens
Mail : mail@kirstin-ahrens.de

Universitätsklinikum Tübingen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Ellen Katz
Mail: ellen.katz@med.uni-tuebingen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1351

Quelle: Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH), Kirstin Ahrens, 25.01.2010

Raute

Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung - 26.01.2010

Gewichtsabnahme hilft bei der Reparatur geschädigter Blutgefäße

- Deutsche Stiftung für Herzforschung fördert Projekt Göttinger Wissenschaftler
- Neue Erkenntnisse zur Funktion von Endothel-Vorläuferzellen

(Frankfurt am Main, 26. Januar 2010) Übergewicht stört natürliche Reparaturvorgänge in den Blutgefäßen des Herz-Kreislauf-Systems. Eine Gewichtsabnahme kann dies wieder rückgängig machen. Das zeigt ein von der Deutschen Stiftung für Herzforschung - in Verbindung mit der Deutschen Herzstiftung - gefördertes Forschungsprojekt Göttinger Wissenschaftler. Es ist eines von derzeit 24 durch die Stiftung unterstützten Forschungsprojekten.

Im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stehen bei der Forschergruppe um Prof. Dr. med. Katrin Schäfer aus der Kardiologie am Herz-Zentrum der Universitätsmedizin Göttingen die so genannten Endothel-Vorläuferzellen. Von diesen aus dem Knochenmark stammenden und im Blut zirkulierenden Zellen weiß man, dass sie zum Schutz der Blutgefäß-Innenauskleidung (Endothel) beitragen. "Diese Zellen treten etwa bei einer Mangeldurchblutung des Herzmuskels in Aktion, indem sie die Neubildung von Blutgefäßen fördern", erläutert Katrin Schäfer, "oder sie helfen bei Schädigungen der Gefäßwand, dass sich diese wieder regenerieren kann." Demgegenüber verschlechtern mehrere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie beispielsweise Rauchen und erhöhte Blutzucker- sowie Cholesterinwerte, die Reparaturfunktionen der Endothel-Vorläuferzellen.

Übergewicht hemmt das Reparaturpotenzial

Erstmals genauer erforscht wurde in der vorliegenden Studie, wie sich Übergewicht als eigenständiger Herz-Kreislauf-Risikofaktor auf Endothel-Vorläuferzellen auswirkt. Dazu isolierten und kultivierten die Göttinger Wissenschaftler entsprechende Zellen aus dem Blut von 49 übergewichtigen Teilnehmern eines Gewichtsabnahmeprogramms der Universitätsmedizin Göttingen und verglichen sie mit denen einer normalgewichtigen Kontrollgruppe. Ergebnis: "Mehrere Fähigkeiten der Endothel-Vorläuferzellen, die normalerweise für deren Reparaturpotenzial von Bedeutung sind, waren bei den übergewichtigen Personen deutlich eingeschränkt", so Katrin Schäfer. Dies zeigte sich zum Beispiel in einer verminderten Ausschüttung von speziellen an der Gefäßneubildung beteiligten Signalmolekülen (angiogenetische Chemokine). Die gute Nachricht: Bei den übergewichtigen Studienteilnehmern, die innerhalb eines halben Jahres mit ihrem Gewichtsabnahmeprogramm Erfolg hatten (mindestens 10 Prozent Gewichtsverlust oder Body-Mass-Index unter 35 kg/m²), verbesserten sich die Funktionen der Endothel- Vorläuferzellen wieder. Das zeigten die Nachuntersuchungen sechs Monate nach der ersten Blutanalyse. Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe des "Journal of the American College of Cardiology" veröffentlicht*.

"Die Ergebnisse dieser patientennahen Studie", kommentiert Prof. Dr. med. Hellmut Oelert, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Stiftung für Herzforschung, "sind sowohl für die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Krankheiten bei noch Gesunden wie auch für die Prognose bei bereits am Herzen erkrankten Patienten wichtig: Denn sie lassen den Schluss zu, dass jeder, der Übergewicht vermeidet oder es erfolgreich abbaut, damit wirkungsvoll auch die körpereigenen Reparaturvorgänge in seinen Blutgefäßen - so auch in den Herzkranzarterien - und damit seine Herz-Kreislauf-Gesundheit unterstützt." Das Forschungsprojekt wird mit erweiterter Fragestellung fortgesetzt und auch im Jahr 2010 von der Deutschen Stiftung für Herzforschung unterstützt.

Zur Deutschen Stiftung für Herzforschung:
Als Schwesterorganisation der Deutschen Herzstiftung e. V. fördert die Deutsche Stiftung für Herzforschung patientennahe Projekte von hohem wissenschaftlichem Niveau in der klinischen Forschung und Grundlagenforschung.

* Heida, Nana-Maria et al.
Effects of Obesity and Weight Loss on the Functional Properties of Early Outgrowth Endothelial Progenitor Cells
J.Am.Coll.Cardiol., 2010, 55: 357-367.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.herzstiftung.de
http://www.dshf.de
http://idw-online.de/pages/de/news352859

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution825

Quelle: Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung, Pierre König, 26.01.2010

Raute

Ruhr-Universität Bochum - 26.01.2010

Medizinische Fakultät der RUB feiert 40-jähriges Jubiläum
Die Bochumer Medizin: ein Erfolgsmodell

Kortum-Medaille an Kanzler Gerhard Möller

Sie war von Beginn an etwas Besonderes: Die Bochumer Medizinische Fakultät machte aus der Not eine Tugend. An die Stelle eines eigenen Universitätsklinikums trat das "Bochumer Modell", eine Kooperation mit Krankenhäusern der Region. Dieses Modell war so erfolgreich, dass es schließlich verstetigt wurde und heute als Bochumer Universitätsklinikum besteht. Ihr 40. Jubiläum feiert die Medizinische Fakultät am Donnerstag, 28. Januar 2010, 14 - 17 Uhr im Auditorium Maximum der RUB. Einer der Höhepunkte wird die Verleihung der Kortum-Medaille an RUB-Kanzler Gerhard Möller sein. Die Medien sind herzlich eingeladen.

Aus der Not eine Tugend

1961 fiel die Entscheidung für die Medizinerausbildung in Bochum; im Wintersemester 1969/70 wurden die ersten 50 Studierenden eingeschrieben. Da es schnell gehen sollte, kooperierte man mit den nahe gelegenen Krankenhäusern, anstatt auf ein eigenes Klinikum zu warten, zunächst nur provisorisch. 1975 dann kam das Aus fürs Bochumer Universitätsklinikum: Dem Land fehlte das Geld. Man beschritt also neue Wege und gründete 1976 das "Bochumer Modell", das 1998 als Bochumer Universitätsklinikum entfristet wurde. Besonderen Anteil an diesem Erfolg hat der Kanzler der Ruhr-Universität, Gerhard Möller, den die Fakultät zu ihrem 40. Jubiläum mit der Kortum-Medaille ehrt. Er hat sich während seiner Tätigkeit als Dezernent der Medizinischen Einrichtungen zwischen 1992 und 1999 beispielhaft für die Medizinische Fakultät eingesetzt und die entscheidenden Phasen der Fakultätsentwicklung bis hin zur Etablierung des Klinikums der Ruhr-Universität wesentlich beeinflusst und geprägt. Die Medaille, benannt nach dem Bochumer Arztes Karl Arnold Kortum, ist eine hohe Auszeichnung der Fakultät und wurde bisher unter anderem an die frühere NRW-Gesundheitsministerin Birgit Fischer und an Johannes Rau verliehen.

Hervorragend in Lehre und Forschung

Heute hat sich die Medizinische Fakultät der RUB in Lehre und Forschung einen Namen gemacht. Mit seinen über 2.600 Betten hat das Bochumer Universitätsklinikum mehr Patienten als die meisten anderen in Deutschland, wovon die Studierenden profitieren. Sie haben außerdem die Wahl zwischen dem Regelstudiengang und dem Modellstudiengang: ein konsequent praxis- und patientenorientiertes Medizinstudium mit einer Vernetzung einzelner Fächer zu einem problemorientierten Unterricht. In den letzten Jahren hat die Fakultät ihre Forschungsschwerpunkte in der Proteomforschung, den Neurowissenschaften, der HIV/AIDS-Forschung und der Gastroenterologischen Onkologie systematisch ausgebaut.

Wichtige Verbundprojekte mit Bochumer Beteiligung sind u.a. das Proteinforschungszentrum PURE, der Sonderforschungsbereich 642 (GTP- und ATP-abhängige Membranprozesse), die International Graduate School of Neuroscience, sowie das Kompetenznetz HIV/AIDS und der Transregio Sonderforschungsbereich 60 (Interaktion von Viren mit Zellen des Immunsystems bei persistierenden Virusinfektionen: Grundlagen für Immuntherapie und Impfungen).

Redaktion:
Meike Drießen

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/pages/de/attachment1963
Flyer

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution2

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 26.01.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2010