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MELDUNG/140: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 16.06.10 (idw)



    Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Eine erhellende Interdisziplinarität
→  Die Entschlüsselung von Lebensmolekülen als Thema der 60. Nobelpreisträgertagung
→  Potenzial Früherkennung - Was die Nierenwerte aussagen
→  An der Universitätsmedizin Mainz entstehen zwei neue Professorinnenstellen

Raute

Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau e.V. - 15.06.2010

Eine erhellende Interdisziplinarität - Die Entschlüsselung von Lebensmolekülen als Thema der 60. Nobelpreisträgertagung

Ada E. Yonath, die vierte Frau, die jemals mit einem Chemienobelpreis (2009) ausgezeichnet wurde, wird am 28. Juni das wissenschaftliche Programm des 60. Tagung eröffnen. Unter dem Titel "Das erstaunliche Ribosom" wird sie über diese biologische Fabrik von medizinischer Bedeutung sprechen, deren chemische Konstruktion sie mit Hilfe einer physikalischen Methode erschloss. So spiegelt ihr Vortrag beispielhaft die Interdisziplinarität des diesjährigen Jubiläums wider, zu dem 61 Laureaten der Physik, Chemie und Physiologie oder Medizin erwartet werden, fast dreimal so viele wie sonst. Zu ihren Zuhörern werden 650 hochbegabte Nachwuchsforscher, darunter 275 Frauen, aus 70 Ländern gehören.

Die Präsentation von Ada E. Yonath vermittelt auch einen exemplarischen Eindruck von der atemberaubend schnellen Entwicklung der Biochemie seit der ersten Lindauer Nobelpreisträgertagung 1951, als die Strukturen der Erbinformation DNS und aller Proteine noch im Dunkeln lagen. Wie wichtig das Zusammenspiel zwischen den naturwissenschaftlichen Disziplinen war, um die Geheimnisse des Lebens zu entschlüsseln, verdeutlichte der Physiker Sir Lawrence Bragg 1968 in seinem anregenden Vortrag "History of the Determination of Protein Structure". Basierend auf einer Entdeckung des deutschen Physikers Max von Laue (Physiknobelpreis 1914), hatte Lawrence Bragg zusammen mit seinem Vater Henry kurz vor dem Ersten Weltkrieg die Röntgenkristallographie erfunden, wofür beide 1915 den Physiknobelpreis erhielten. Lawrence Bragg war damals 25 Jahre alt - so jung wie die meisten der internationalen Toptalente, die an dem diesjährigen Lindauer Treffen teilnehmen.

Kristallene Schlüssel zum Leben

Den Einsatz der Röntgenkristallographie für die Strukturbestimmung von Lebensmolekülen steuerte Bragg seit 1938 mit beharrlicher Führungskraft als Cavendish-Professor für Physik im englischen Cambridge. Dort entschlüsselten Francis Crick und James Watson (Medizinnobelpreis 1962), ausgehend von Daten Rosalind Franklins, die Struktur der DNS, dort entschlüsselten John Kendrew und Max Perutz (Chemienobelpreis 1962) die ersten großen Proteinstrukturen. Begeistert erwähnte Lawrence Bragg diese Erfolge in seinem Vortrag, der in der Mediathek der Lindauer Nobelpreisträgertreffen als Audiodatei online verfügbar ist. "Vor einigen Jahren haben sich zwei der jungen Leute, die in meinem Physiklabor arbeiteten, den Chemienobelpreis geteilt, und zwei andere den Medizinnobelpreis", wandte er sich in seinen Eingangsworten humorvoll an Graf Bernadotte. "Ich sehe deshalb keinen Grund, warum Sie mich nicht jedes Jahr nach Lindau einladen sollten."

Durchhaltevermögen und Interdisziplinarität waren notwendig, um das heutige Wissen über hochkomplexe Strukturen der Natur zu gewinnen. Max Perutz widmete der zunächst unmöglich erscheinenden Aufgabe, die Struktur des Sauerstoff transportierenden Proteins Hämoglobin mit seinen rund 10.000 Atomen aufzuklären, mehr als 20 Jahre seines wissenschaftlichen Lebens. Eine ähnliche Beharrlichkeit zeigte Ada E. Yonath, als sie sich Ende der 1970er Jahre entschloss, die Struktur des Ribosoms zu entschlüsseln, das aus vielen Proteinen und Nukleinsäuren zusammengesetzt ist und hunderttausende von Atomen enthält. Ihre Erfolgschancen wurden von den meisten Wissenschaftlern gering eingeschätzt. Aber Ada E. Yonath blieb ihrem Projekt treu, dem sich später Thomas Steitz und Venki Ramakrishnan in ihren eigenen Laboren anschlossen. Im Herbst 2000 publizierten die drei Wissenschaftler unabhängig voneinander ihre Ergebnisse und wurden alle mit dem Chemienobelpreis belohnt.

Die Strukturbiologie bleibt spannend

Der Röntgenkristallographie sind zahlreiche Einsichten in grundlegende Funktionen des Lebens zu verdanken. Wie beispielsweise in einer lebenden Zelle von der Erbinformation DNS RNS-Kopien gezogen und als Baupläne für die Montage von Proteinen an den Ribosomen verwendet werden, das haben wir im Detail aus Kristallen gelernt - ebenso wie viele Mechanismen von Transport und Kommunikation durch Proteine in Zellmembranen. Zu ihnen gehört die ATP-Synthase, der kleinste natürliche Motor der Welt, der in den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien, unsere Lebensenergie produziert. John E. Walker (Chemienobelpreis 1997), der dessen Funktion kristallographisch entschlüsselt hat, wird in diesem Jahr ebenso nach Lindau kommen wie Hans Deisenhofer, Robert Huber und Hartmut Michel, denen es Mitte der achtziger Jahre erstmals gelungen war, die Struktur eines in der Zellmembran verankerten Proteins aufzuklären, wofür sie schon 1988 mit dem Chemienobelpreis ausgezeichnet wurden.

Aus der räumlichen Struktur eines Biomoleküls können Forscher jedoch nicht immer direkt auf dessen Funktion schließen. Nach wie vor sind aber viele Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion ungeklärt, wie Deisenhofer in seinem Vortrag "Structural Studies on Cholesterol Transport" berichten wird. Seit etwa zwei Jahrzehnten gewinnt die Magnetresonanzspektroskopie (NMR) zunehmend an Bedeutung für die Aufklärung biologischer Strukturen. Ein Pionier auf diesem Gebiet, Kurt Wüthrich (Chemienobelpreis 2002), wird über "Structural Genomics with the Expanding Universe of Protein Sequences" sprechen. In einer Podiumsdiskussion am Dienstag, 29. Juni, werden fünf Laureaten Bedeutung und Einfluss von Chemie und Physik auf die Biomedizin analysieren. Das aktuelle Thema künstlichen Lebens wird bereits am Montag, gleich nach Ada E. Yonaths Eröffnungsvortrag, eine Rolle spielen. Dann hält Jack W. Szostak, Medizinnobelpreisträger des vergangenen Jahres, seinen Vortrag "Learning about the Origin of Life from Efforts to Design an Artificial Cell".

Weitere Informationen finden Sie unter

http://tinyurl.com/37xhazt
Audiomitschnitt des Vortrags "History of the Determination of Protein Structure"
von Sir Lawrence Bragg (Physiknobelpreis 1915)in Lindau 1968

http://tinyurl.com/2ve993w
Vorträge der Nobelpreisträgertagung 2009 als Video on Demand

http://www.lindau-nobel.org
Programm und Teilnehmer der 60. Lindauer Nobelpreisträgertagung

http://lindau.nature.com
Social Media Aktivitäten während der 60. Tagung mit Blogs, Twitter, YouTube, Flickr

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1115

Quelle: Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau e.V., Christian Rapp, 15.06.2010

Raute

Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN) - 15.06.2010

Potenzial Früherkennung - Was die Nierenwerte aussagen

Vom 25.-28. Juni findet in München der europäische Nierenkongress statt

Nierenerkrankungen nehmen zu. Die Therapie ist teuer und für die Betroffenen leidvoll, die Früherkennungsmaßnahmen hingegen sind günstig und effektiv. Darüber hinaus erfassen sie nicht nur die Nierengesundheit per se, sondern sie sind auch ein valider Spiegel für den Allgemeinzustand der Patienten.

Bereits jetzt werden in Dtl. jährlich für nur 70.000 Dialysepatienten ca. 2,5 Mrd. Euro ausgegeben. Und wir sehen erst die Spitze des Eisbergs: Die chronische Niereninsuffizienz ist eine Folgeerkrankung von Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Da bei diesen "Volkskrankeiten" die Inzidenz in den letzen Jahren stark gestiegen und die Dunkelziffer immer noch hoch ist, muss zukünftig mit einer potenziell viel größeren Prävalenz von nierenkranken Menschen gerechnet werden. Nur eine verbesserte Prävention kann dieser Entwicklung entgegenwirken. Die Früherkennungsmaßnahmen sind einfach, sie bestehen aus einen Urintest auf Albumin und einer Kreatinin-Blutbestimmung, mit deren Hilfe die Filterleistung der Nieren (GFR) berechnet wird. Es handelt sich also um eine Früherkennung, die nicht teuer oder aufwändig ist, sie wird auch von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Diese Füherkennungstest sind zudem von besonderer Bedeutung, da man weiß, dass die beiden Parameter (Albuminurie/ GFR) nicht nur Aussagen über die Nierenfunktion erlauben, sondern auch aussagekräftige prognostische Parameter für die kardiovaskuläre und Gesamtmortalität sind. Die Nieren-Parameter können also kardiovaskuläre Hochrisiko-Patienten stratifizieren, bevor eine Nierenerkrankung zum Tragen kommt.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.eraedta2010.org
http://www.dgfn.eu

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution854

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN), Dr. Bettina Albers, 15.06.2010

Raute

Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 14.06.2010

Weiterer Fortschritt in der Frauenförderung

An der Universitätsmedizin Mainz entstehen zwei neue Professorinnenstellen

(Mainz, 14. Juni 2010, ok) Wichtiger Schritt in Richtung mehr Chancengleichheit von Frauen in der Wissenschaft: Mit Mitteln aus dem Professorinnenprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Länder schafft die Universitätsmedizin Mainz zwei Professorinnenstellen. Die beiden W2-Professorinnen werden voraussichtlich im Frühjahr 2011 in der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten sowie in der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik ihren Dienst antreten.

"Frauen sind in wissenschaftlichen Führungspositionen immer noch deutlich unterrepräsentiert. Das wollen wir ändern und schreiben zwei Professuren aus, auf die sich ausschließlich Frauen bewerben dürfen", unterstreicht der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban. Von einem wichtigen Schritt hin zur Verwirklichung des Gleichstellungskonzepts der Universitätsmedizin spricht Urban in diesem Zusammenhang: "Das Potenzial unserer Wissenschaftlerinnen zu nutzen und zu stärken, das haben wir uns auf unsere Fahnen geschrieben. Das Professorinnenprogramm von Bund und Ländern eröffnet uns eine echte Chance, den Frauenanteil in wissenschaftlichen Spitzenpositionen weiter zu erhöhen." Aktuell sieht der Medizinische Vorstand und Vorstandsvorsitzende, Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer, die Universitätsmedizin bereits auf einem guten Weg: "Während der Anteil der Frauen bei den Ruferteilungen für Professuren im Jahr 2008 bei 14 Prozent lag, waren es 2009 bereits 33 Prozent."

Die W2-Professorinnenstelle in der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Heinz Kölbl wird im Bereich der Senologie (Brustheilkunde) angesiedelt. "Es wird das zweite Brustzentrum in Deutschland, das von einer Frau geleitet wird", erklärt Kölbl. In den Verantwortungsbereich der Stelle wird die komplette Diagnostik und Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs fallen, bei der es sich um die häufigste Tumorerkrankung der Frau handelt. Forschungsschwerpunkte sollen im Bereich der Tumorbiomedizin, Immunologie und minimal-invasiven Chirurgie liegen. "Die Lehre wird ebenfalls davon profitieren, denn das Fach Senologie war im Medizinstudium in Mainz bislang nur mit einer Wochenstunde im Vorlesungsplan vertreten", so der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin, Univ.-Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban.

Die W2-Professorinnenstelle in der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik wird der Molekularen Hepatologie zugeordnet. Bei der Hepatologie liegt der Fokus auf Patienten mit Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und der Leber- und Gallenwege. "Auf Basis der neu geschaffenen Professur wollen wir die Anzahl der von uns durchgeführten Lebertransplantationen von derzeit rund 50 auf 80 bis 100 pro Jahr steigern. Das wird uns dabei helfen, uns als bester Partner für Patienten mit Lebererkrankungen zu profilieren", sagt der Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik, Univ.-Prof. Dr. Peter R. Galle. Im Bereich der interdisziplinär ausgerichteten Grundlagenforschung ist die Entwicklung neuer Therapien das Ziel. "Von den dabei eingesetzten molekularbiologischen Methoden versprechen wir uns neue Strategien zur Behandlung des therapieresistenten hepatozellulären Karzinoms, einer Form des Leberkrebs", so Galle.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Professorinnenprogramm im März 2008 mit dem Ziel initiiert, innerhalb von fünf Jahren bis zu 200 Stellen für Professorinnen an deutschen Hochschulen zu schaffen. Die finanziellen Mittel hierfür tragen jeweils zur Hälfte der Bund und das jeweilige Bundesland. Um in den Genuss der Förderung zu kommen, mussten sich die Hochschulen mit einem Gleichstellungskonzept bewerben. "Nach positiver Begutachtung des Gleichstellungskonzeptes der Johannes Gutenberg-Universität konnten wir uns in einem zweiten Schritt mit einem Maßnahmenkatalog zur Frauenförderung für die Universitätsmedizin bewerben", erklärt die Gleichstellungsbeauftragte der Universitätsmedizin für Wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Prof. Dr. Ellen I. Closs. "Dieser Katalog beinhaltet - neben weiteren zusätzlichen gleichstellungsfördernden Maßnahmen - die Schaffung der beiden Professorinnenpositionen, die einen Multiplikationseffekt ausüben mit positiven Auswirkungen auf die Gleichstellungsziele der Universitätsmedizin."

Kontakt:
Ulf Arnold-Fabian
Stv. Geschäftsführer Ressort Forschung und Lehre
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
E-Mail: arnold-fabian@um-mainz.de
Internet: www.um-mainz.de

* Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung - die Apotheke und die Transfusionszentrale - gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet.

Weitere Informationen im Internet unter
www.unimedizin-mainz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1431

Quelle: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Dipl.-Betriebswirtin (FH) Caroline Bahnemann, 14.06. 2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de

veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2010