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MELDUNG/148: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 28.06.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Aktivierungsmechanismus bei Rezeptorprotein aufgedeckt
→  Ein künstliches Bakterium hilft die Darmflora erklären
→  HDTV-Liveübertragung aus dem Bauch
      Medizinische Hochschule Hannover eröffnet neuen Sonografie-Bereich
→  Systembiologie in der Nephrologie
      Ein Bild komplexer und dynamischer Netzwerke schaffen

Raute

Universität Leipzig - 24.06.2010

Aktivierungsmechanismus bei Rezeptorprotein aufgedeckt

Wissenschaftlern aus dem Institut für Biochemie an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist es in Kooperation mit Pharmakologen aus Marburg gelungen, den Signalmechanismus eines Rezeptorproteins auf molekularer Ebene aufzuklären. Durch physiologische Untersuchungen an Zellen und biochemische Experimente mit gereinigten Proteinen konnte gezeigt werden, welche Teile des Rezeptorproteins während des Aktivierungsvorgangs miteinander in Kontakt treten.

Rezeptoren spielen eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Sinnesreizen oder körpereigenen Funktionszuständen. Die Reaktion auf Reize ist ein zentrales Merkmal des Lebens, und tatsächlich sind Rezeptoren in allen Lebewesen, vom Einzeller bis zum Menschen, nachweisbar. Trotz der Vielfalt der Rezeptoren - einige Tausend beim Menschen - existiert seit Beginn des Lebens nur eine begrenzte Anzahl von Mechanismen, wie Rezeptoraktivierung zur zellulären Antworten führt. Viele dieser Mechanismen sind gut untersucht.

Eine erst vor kurzem identifizierte Gruppe von Rezeptoren bildet Kanäle in der Zellmembran, durch die nach Aktivierung Calcium in die Zelle strömt. Solche Kanalproteine sind beispielsweise an der Wahrnehmung von Temperatur, Capsaicin, das die Schärfe von Chilipfeffer verursacht oder der Urinkonzentration beteiligt. Bisher war für diese Calcium-Kanäle unklar, wie Temperaturänderungen oder Änderungen der Salzkonzentration zur Öffnung der Kanalpore führen. Diese Frage haben die Leipziger Forscher nun geklärt.

Dr. Rainer Strotmann, Leiter der Studie: "Die Mehrheit der Medikamente, die klinisch eingesetzt werden, wirkt auf Rezeptoren. Deshalb ist es so wichtig, deren Aktivierungsmechanismus gut zu verstehen. Wir erwarten, dass sich die Ergebnisse der neuen Studie auf andere Rezeptoren übertragen lassen. Das würde langfristig helfen, Wirkungswege für neue Medikamente zu entwickeln."

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Torsten Schöneberg
E-Mail: torsten.schoeneberg@medizin.uni-leipzig.de
www.uni-leipzig.de/~biochem/mbch_cms

Referenz/Veröffentlichung:
Interdomain Interactions Control Ca-Dependent Potentiation in the Cation
Channel TRPV4. Strotmann R, Semtner M, Kepura F, Plant TD, Schöneberg T.
PLoS One. 2010 May 11;5(5)
PMID: 20485495

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution232

Quelle: Universität Leipzig, Dr. Bärbel Adams, 24.06.2010

Raute

Universität Bern - 24.06.2010

Ein künstliches Bakterium hilft die Darmflora erklären

Mit Hilfe eines selber hergestellten Bakteriums haben Berner Forschende neue Erkenntnisse zum Darm-Immunsystem gewonnen. Dieses funktioniert mehrfach anders als erwartet. Die Studienergebnisse werden morgen Donnerstag im Fachjournal "Science" publiziert.

Das Darm-Immunsystem ist in vieler Hinsicht besonders - es reagiert nicht nur auf Krankheitserreger, sondern hauptsächlich auf "friedfertige" Bakterien im Darm, also die gesunde Darmflora. Die Forschung geht davon aus, dass diese massive, aber nicht krankhafte Immun-Antwort für die gleichbleibende Balance zwischen Darmbakterien und Körper wichtig ist. Dank eines mikrobiologischen Kunstgriffs konnten nun die zugrundeliegenden Mechanismen dieses Zusammenspiels genauer erklärt werden. Dr. Siegfried Hapfelmeier, Prof. Andrew Macpherson und ihr Team von Wissenschaftlern von der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin und vom Departement für Klinische Forschung der Universität Bern stellten ein Darmbakterium mit besonderen Eigenschaften her. Mit gezielten Mutationen im Stoffwechsel des gutartigen Darmbakteriums Escherichia coli K-12 erreichten die Forschenden, dass das Bakterium nur für einige Stunden den Darm besiedelt und rasch wieder aus dem Körper verschwindet. Die mutierten Keime rufen im Darm dieselbe Immun-Antwort hervor wie normale Darmbakterien, sind aber vermehrungsunfähig. Dies ermöglichte neuartige Experimente mit einer bakteriellen Darmbesiedelung, die aber im Gegensatz zu normalen lebenden Bakterien genau dosiert werden konnte und sich sozusagen selber wieder rückgängig macht. Die Studienergebnisse erscheinen am 24. Juni im Fachjournal "Science".

Das Darmimmunsystem kann zählen und ist vergesslich So konnte das Forschungsteam zeigen, dass das Darmimmunsystem gewissermassen "zählen" kann: Die Anzahl Bakterien, die den Darm passiert, bestimmt die Stärke der Antikörper-Antwort. Dabei ist das Darm-Immunsystem weitgehend unbeeindruckt von wiederholten Bakterien-Besiedelungen - anders als bei einer erneuten Infektion mit einem Krankheitserreger. Massgeblich für eine Immun-Antwort scheint allein die Endsumme der Bakterien zu sein. Ein weiteres Ergebnis: Das Darm-Immunsystem ist unter normalen Umständen relativ "vergesslich". Es reagiert zwar neben seiner andauernden "Beschäftigung" mit den bereits anwesenden normalen Darmbakterien auf den neuen Keim mit einer spezifischen Immun-Antwort. Diese wird aber nicht lange gespeichert, sondern geht nach dem Verschwinden des mutierten Bakteriums rasch wieder zurück. Die andauernde Stimulation durch die sich stetig verändernde normale Darmflora überschreibt sozusagen ständig die "Antikörper-Erinnerung" an das Vergangene. "Diese Arbeiten zeigen, dass der Darm ein ganz anderes Immunsystem oder genauer: immunologisches Gedächtnis hat als der restliche Körper", erklärt Siegfried Hapfelmeier. Dies könnte künftig auch die Entwicklung von Impfstoffen beeinflussen: Neuartige Schluckimpfungen mit lebenden Bakterien gegen Darmkrankheitserreger kamen oft nicht über das Entwicklungsstadium hinaus - auch wenn (oder gerade weil) sie gut verträglich wären. Wie Hapfelmeier vermutet, erzeugen fremde, aber harmlose Bakterien im Darm keine sehr langlebigen Immun-Antworten und stimulieren kaum das immunologische Gedächtnis. "Künftige Impfstoffe müssten daher möglichst ähnlich einem Krankheitserreger beschaffen sein", so der Mikrobiologe.

Die Darmflora - die dichteste Bakterien-Ansammlung der Welt Nirgendwo auf der Welt findet man eine dichtere Ansammlung von Bakterien als im Dickdarm. Kurz nach der Geburt wird jeder Mensch mit solch einer Darmflora, bestehend aus normalerweise gutartigen, gesundheitsfördernden Mikroorganismen, besiedelt und bleibt es ein Leben lang. Da die Darmschleimhaut auch eine wichtige Eintrittspforte für zahlreiche Krankheitserreger ist, sind entsprechend die meisten der Immunorgane und Immunzellen des Körpers in und am Magen-Darmtrakt konzentriert. Tagtäglich werden grosse Mengen Antikörper (Immunoglobulin A) in den Darm abgegeben, die aber grösstenteils gegen die gesunde Darmflora gerichtet sind. Ein Team von Berner Forschenden um Prof. Andrew Macpherson erforscht diese komplexen immunologischen Vorgänge.

Weitere Auskunft:
Dr. Siegfried Hapfelmeier, (Deutsch und Englisch)
Departement für Klinische Forschung DKF
Gastroenterologie, MEM G820 der Universität Bern
Murtenstrasse 35, 3010 Bern
hapfelmeier@dkf.unibe.ch

Prof. Dr. Andrew Macpherson
Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin
Inselspital, 3010 Bern
andrew.macpherson@insel.ch

Quellenangabe:
Siegfried Hapfelmeier, Melissa A. E. Lawson, Emma Slack, Jorum K. Kirundi, Maaike Stöl, Mathias Heikenwalder, Julia Cahenzli, Yuliya Velykoredko, Maria L. Balmer, Kathrin Endt, Markus B. Geuking, Roy Curtiss 3rd, Kathy D. McCoy, Andrew J. Macpherson:
Reversible Microbial Colonization of Germ-Free Mice Reveals the Dynamics of IgA Immune Responses
Science, 24. Juni 2010, in print.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution57

Quelle: Universität Bern, David Fogal, 24.06.2010

Raute

Medizinische Hochschule Hannover - 24.06.2010

HDTV-Liveübertragung aus dem Bauch
MHH eröffnet neuen Sonografie-Bereich

Umbau kostet 2 Millionen Euro - Modernste Technologie im Einsatz

Nach einjähriger Bauzeit ist der Umbau der neuen gastroenterologischen Sonografie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) abgeschlossen. Die neuen Räume wurden am Donnerstag, 24. Juni 2010, von MHH-Vizepräsident Dr. Andreas Tecklenburg und Professor Dr. Michael P. Manns, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, eröffnet.

"Die Sonografie ist eine der häufigsten diagnostischen Verfahren. Sie ist schonend, schnell und ihre Technik wird immer weiter verbessert. Hier werden wir in den nächsten Jahren noch viele Innovationen sehen, nicht zuletzt initiiert durch den neuen Sonografie-Bereich der MHH", betonte Dr. Tecklenburg.

Der Umbau kostete zwei Millionen Euro und wurde mit Landesmitteln finanziert. Der Bereich bietet mit 300 Quadratmetern Nutzfläche doppelt soviel Platz und steht komplett für die Sonografie der Bauchorgane wie Leber und Darm zur Verfügung. Die fünf neuen Untersuchungsräume liegen in unmittelbarer Nähe zum im vergangenen Jahr fertig gestellten Endoskopie-Bereich, beides gehört zur Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie von Direktor Professor Dr. Michael P. Manns. Kernstück sind Ultraschallverfahren, die Livebilder von nur millimetergroßen Strukturen aus dem Bauch in hochauflösender Qualität ("HDTV") zeigen, sowie der Interventionsraum, in dem minimal-invasive Diagnostik und Therapie durchgeführt wird. Dazu zählen auch gezielte Gewebepunktionen mit bis zu 0,7 Millimeter dünnen Nadeln und die lokale Tumortherapie durch die Bauchdecke.

"Unsere neue Sonografie bietet das gesamte Spektrum modernster Technologie für diagnostische und therapeutische Eingriffe. Die abdominelle Sonografie ist schließlich das moderne Stethoskop des Gastroenterologen. Alles ist in einem modernen und patientenfreundlichen Ambiente untergebracht", erklärte Professor Manns.

Neben der Darstellung anatomischer und pathologischer Strukturen von Organen und der Abbildung des fließenden Blutes in Echtzeit stehen eine Reihe neuer Ultraschallverfahren zur Verfügung. "Allein für die Kontrastsonografie haben wir vier verschiedene Verfahren zur Auswahl, um Tumoren, Durchblutungsstörungen im Bauchraum und entzündliche Darmerkrankungen zu charakterisieren", sagte Professor Dr. Michael Gebel, Oberarzt in der Klinik. Drei- und vierdimensionale Aufnahmetechniken liefern eine besondere Qualität bei der Beurteilung kleiner Organ- und Tumorgefäße. Zusammen mit neuen Messverfahren im Bereich der Gewebeelastizität, des Fließverhaltens und der Gewebeanalyse kann man zum Beispiel frühzeitig erkennen, ob der Patient auf eine Therapie anspricht oder nicht. "Wir können mit diesen neuen Verfahren schon nach 48 Stunden Therapien anpassen und so nicht nur Nebenwirkungen oder unnötige Strahlenbelastungen vermeiden, sondern letztlich auch Kosten sparen", erklärte Professor Gebel. Mit speziellen Sonden für minimal-invasive Eingriffe ist es zum Beispiel möglich, Lebertumoren mit Hochdosis-Äthanol-Injektionen oder Radiofrequenzabtragungen zu behandeln oder Abzesse im Bauchraum mit Drainagen zu therapieren.

Die Sonografie ist wegen des Lebendbildes ein sehr anspruchsvolles und effektives Verfahren, die Ergebnisse hängen wie bei allen bildgebenden Vefahren besonders von der Erfahrung und guten Ausbildung der Ärzte ab. Deshalb wurde zusätzlich eine lebensnahe 3D-Sonografie-Simulation mit einer großen Fall-Datenbank entwickelt.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 24.06.2010

Raute

SysKid - 25.06.2010

Systembiologie in der Nephrologie - Ein Bild komplexer und dynamischer Netzwerke schaffen

(München) Wissenschaftler des EU-Forschungsprojekts SysKid geben auf dem Kongress der europäischen Nierengesellschaft, der vom 25.-28. Juni 2010 in München stattfindet, einen Überblick über den Einsatz jener kurz "Omics" genannten Forschungsstrategien in der Nephrologie, mit deren Hilfe beispielsweise das Genom oder die Gesamtheit der Proteine in einer Zelle analysiert werden können. Zusammen mit klinischen und epidemiologischen Befunden liefern diese Daten nicht nur neue Erkenntnisse über die Funktionsweise der Nieren, sondern bahnen auch den Weg für die Entwicklung neuer Strategien gegen chronische Nierenerkrankungen.

Die Datenströme aus den Laboratorien der Genetiker und Molekularbiologen sind in den letzten Jahren zu einer Springflut angewachsen. Die 25 Forschergruppen aus 15 Ländern, die in einem kurz SysKid genannten großen integrierten Forschungsprojekt der EU seit fünf Monaten zusammenarbeiten, wollen diese auf dem Gebiet der Nephrologie mit Hilfe des Instrumentariums der Systembiologie kanalisieren, miteinander verknüpfen und für die medizinische Forschung nutzbar machen.

Genomics

"In den letzten Jahren wurden mit Hilfe sogenannter Assoziationsstudien zahlreiche Gene entdeckt, die bei der Entstehung chronischer Nierenerkrankungen eine Rolle spielen", erklärt Professor Rainer Oberbauer von der Medizinischen Universität Wien. Der Einfluss dieser Gene ist jedoch unterschiedlich stark. Sie beeinflussen sich gegenseitig und werden zusätzlich von äußeren Faktoren beeinflusst - das typische Muster einer "multifaktoriellen Erkrankung". Die Prozesse bei der Entstehung chronischer Nierenerkrankungen sind wesentlich komplexer als gemeinhin angenommen. Nicht zuletzt deshalb ist der Verlauf einer Nierenerkrankung und ihr Ansprechen auf eine Therapie nur begrenzt vorhersagbar. "Unser Ziel muss es daher sein, jene Prozesse zu diagnostizieren, die bei einem individuellen Patienten die Erkrankung verursachen, und diese gezielt zu behandeln", sagt Oberbauer.

Transcriptomics

"Die Analyse der in den genetischen Botenstoff RNA überschriebenen genetischen Informationen zeigt deutlich, dass das Denken in Einzelfaktoren - ein Gen ist für eine Erkrankung verantwortlich - für die überwiegende Mehrzahl der Krankheiten keine Bedeutung hat", sagt Prof. Dr. Gert Mayer von der Medizinischen Universität Innsbruck. Vielmehr veränderten sich, so der Nephrologe weiter, ganze Netzwerke. "Man kann davon ausgehen, dass Krankheiten meist auf ein Ungleichgewicht zwischen "schützenden" und "schädigenden" Netzwerken zurückzuführen sind", beschreibt Mayer einen neuen Denkansatz der Wissenschaftler. Sogar chronische Erkrankungen seien als eine Art "Gleichgewichtszustand" zwischen Schutz und Schädigung zu sehen, was auch bei der Therapie beachtet werden müsste.

Um solche Hypothesen zu überprüfen, müssen die Forscher die Fülle der Daten, welche die Analysen von Genen und Proteinen liefern, ordnen und auf ihre Signifikanz zu überprüfen. Dazu bedarf es nicht nur komplexer bioinformatischer und systembiologischer Verfahren. "Letztendlich wird es auch notwendig sein", sagt Gert Mayer, "die Ergebnisse, die diese neuen Techniken liefern, in konventionellen Systemen zu testen."

Proteomics

Dies haben SysKid-Forschergruppen in einem Bereich bereits getan, wie Professor Harald Mischak von der Biotech-Firma mosaiques diagnostics GmbH in Hannover auf dem Nierenkongress in München berichtet. Zusammen mit Ärzten in Dänemark und Australien analysierte Mischaks Team das Muster bestimmter Eiweißstoffe, sogenannter Biomarker, in Urinproben von Diabetes-Patienten, welche die Ärzte im Rahmen einer Langzeitstudie über viele Jahre hinweg gesammelt und zu Forschungszwecken eingefroren hatten. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass sich eine Nierenerkrankung bereits in sehr frühen Stadien durch eine Veränderung des Proteinmusters im Urin abzeichnet, lange bevor konventionelle Untersuchungen erste Hinweise liefern. Mischak: "Durch die Einleitung einer gezielten Therapie in diesem frühen Stadium kann der Ausbruch der Krankheit erheblich hinausgezögert oder sogar verhindert werden."

Systembiologie

"Zwar sind wir optimistisch, dass die "Omics-Revolution" jene Datensätze liefern wird, die es uns ermöglichen, selbst komplexe Erkrankungen zu analysieren", sagt Dr. Bernd Mayer, geschäftsführender Partner der F&E-Firma emergentec biodevelopment GmbH, Wien, der mit seinem Team SysKid koordiniert. Doch ebenso ist Mayer überzeugt, dass die Forscher zunächst noch ihre Hausaufgaben machen müssen, um das Management und die Integration bereits vorhandener und neuer Daten mit Hilfe der Bioinformatik zu optimieren: "Die Methoden-Entwicklung spielt daher bei SysKid eine wichtige Rolle." Denn noch steckt die Systembiologie, die durch neue Einsichten in vernetzte und dynamische Lebensprozesse ein komplexes Puzzle zusammenfügen will, in den Anfängen. "Ich bin aber zuversichtlich", wagt Mayer einen Ausblick, "dass die Systembiologie die klinischen Forschung in der Zukunft stark beeinflussen und die Bioinformatik mit ihren vielfältigen Möglichkeiten zur Analyse und Integration von Daten dabei eine große Rolle spielen wird."

Über chronische Nierenerkrankungen: Chronische Nierenerkrankungen gehören zu den "stillen" Leiden. In Europa sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung betroffen. Zumeist ist die Nierenschwäche die Folge von Diabetes und Bluthochdruck. Schätzungsweise 20 bis 40 Prozent der Diabetiker entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung Nierenschäden, ein Drittel der Patienten, die eine Dialyse (Blutwäsche) benötigen, sind zuckerkrank. Und schon in der Frühphase von Bluthochdruck haben 17 Prozent der Patienten bereits eine Nierenschwäche, wie eine aktuelle US-amerikanische Studie zeigt.

"Omics" und "Systembiologie" in der Nephrologie: Darum geht es "Nur dann, wenn wir beginnen, in Netzwerken zu denken und die Zelle, das Organ, den Organismus als dynamisches System zu sehen, welches versucht (und auch viele Möglichkeiten hat) sich in einem stabilen Gleichgewicht zu halten, werden wir jene Fortschritte machen, die nötig sind, um neue diagnostische, präventive und therapeutische Strategien gegen chronische Nierenerkrankungen zu entwickeln." Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer, Medizinische Universität Innsbruck, Univ.-Klinik für Innere Medizin IV, Nephrologie und Hypertensiologie

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.syskid.eu

Über SysKid
SysKid ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt: Mediziner, Statistiker, Epidemiologen, Molekularbiologen und Bioinformatiker von Universitätskliniken, Forschungsinstituten und Biotech-Unternehmen arbeiten zusammen. Dem Konsortium gehören 25 Forschergruppen aus 15 Ländern an: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Israel, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweiz, Spanien, Ungarn und USA. Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Es wird von der Europäischen Union mit 11,8 Millionen Euro aus dem Rahmenprogramm 7 (FP7) gefördert, das gesamte Projektvolumen beträgt rund 16 Millionen Euro.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1538

Quelle: SysKid, Barbara Ritzert, 25.06.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2010