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MELDUNG/189: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 03.09.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Training für eine präzise Pränataldiagnostik
→  Nanomaterialien auf dem Prüfstand
      Fraunhofer ITEM erforscht die Gesundheitsrisiken von Kohlenstoff-Nanoröhren
→  Zellforscher identifizieren neuen Biosynthese-Mechanismus

Raute

Universitätsklinikum Heidelberg - 01.09.2010

Training für eine präzise Pränataldiagnostik

Dietmar Hopp Stiftung spendet Universitäts-Frauenklinik Heidelberg innovativen Ultraschall-Simulator

Bilder einer Ultraschall-Untersuchung richtig einordnen und interpretieren zu können, erfordert viel Übung. In der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg trainieren Ärzte nun an einem speziellen Ultraschallsimulator, Schwangere zu untersuchen und den Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes präzise zu beurteilen. Die Finanzierung dieses innovativen Gerätes, der damit verbundenen Schulungen und wissenschaftlichen Begleitung hat die Dietmar Hopp Stiftung mit 300.000 Euro unterstützt. Ein besonderer Vorteil des Systems: Die Gynäkologen lernen durch die authentische Simulation auch seltene Krankheitsbilder sicher zu erkennen.

Wie sicher der Frauenarzt bei der Pränataldiagnostik aus den zweidimensionalen Schnittbildern, die das Ultraschallgerät liefert, Fehlbildungen und Erkrankungen eines ungeborenen Kindes erkennt, ist eine Frage der Erfahrung und des regelmäßigen Trainings. "Der Trainingsaufwand, um auch seltene Erkrankungen sicher diagnostizieren zu können, ist sehr hoch", erklärt Professor Dr. Christof Sohn, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg. "Doch häufig mangelt es gerade an den praktischen Übungsmöglichkeiten für Ärzte in der Aus- und Weiterbildung."

Ultraschall-Simulator schult Blick für seltene Erkrankungen ungeborener Kinder

Abhilfe schafft der Ultraschall-Simulator, den die Firma Sonofit GmbH auf Initiative von Professor Dr. Christof Sohn und seinem Team entwickelte: Das Gerät besteht aus einer lebensgroßen Puppe und einem Computer mit Zugriff auf eine umfangreiche Datenbank mit Bildern und Befunden aus Gynäkologie, Pränatalmedizin sowie anderen medizinischen Fachbereichen.

Die Datenbank für Gynäkologie und Pränatalmedizin stellten Professor Sohn und Professor Dr. Alexander Scharf, Universitäts-Frauenklinik Heidelberg, zusammen. Der Simulator ist in ein Schulungskonzept mit erfahrenen Tutoren und Übungseinheiten ähnlich einem Lehrbuch eingebunden. Wie im Praxisalltag weiß der Arzt bei der simulierten Untersuchung vorher nicht, welche medizinische Problematik ihn erwartet, und muss sich das richtige Vorgehen selbst erarbeiten. Dabei unterstützt ihn die Software des Systems und führt ihn schrittweise an die richtige Diagnose heran. Gleichzeitig trainiert er die Handhabung des Schallkopfes, die räumliche Umsetzung und medizinische Auswertung der Bilder.

Simulation ist Training mit realen Patienten gleichwertig

"Dieses Vorgehen erzielt einen besseren Lerneffekt als der klassische Frontalunterricht mit Dias oder Videos", erklärt Professor Sohn. "Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Simulation einem Training mit realen Patienten praktisch gleichwertig ist und das Wiedererkennen bestimmter Krankheitsbilder, anders als bei den konventionellen Ausbildungsmethoden, signifikant steigt."

Nach einer sehr erfolgreichen Pilot-Studie in Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Frauenärztliche Bundesakademie in Deutschland bereits 2003 entschieden, bundesweit Intensivkurse mit diesem System unter Anleitung durch Tutoren anzubieten. "Die Resonanz auf die Kurse war bisher durchweg positiv", so Professor Sohn. 70 Prozent der Teilnehmer gaben in Fragebögen an, bereits im Grundkurs viel gelernt zu haben.

Weitere Informationen
über die Universitäts-Frauenklinik Heidelberg im Internet:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Frauenklinik.106569.0.html

Ansprechpartner:
Professor Dr. Christof Sohn
Ärztlicher Direktor
Universitäts-Frauenklinik Heidelberg
E-Mail: christof.sohn@med.uni-heidelberg.de

Dietmar Hopp Stiftung
Raiffeisenstraße 51, 68789 St. Leon-Rot
E-Mail: info@dietmar-hopp-stiftung.de

www.dietmar-hopp-stiftung.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image123335
Ultraschall-Simulator der Firma Sonofit GmbH.

Über die Dietmar Hopp Stiftung
Die Dietmar Hopp Stiftung wurde 1995 gegründet, um die Umsetzung gemeinnütziger Projekte zu ermöglichen. Das Stiftungsvermögen besteht aus SAP-Aktien, die Dietmar Hopp aus seinem privaten Besitz eingebracht hat. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung, die zu den größten Privatstiftungen Europas zählt, insgesamt rund 250 Millionen Euro ausgeschüttet (Stand: Juli 2010). Gefördert werden Projekte aus den Bereichen Sport, Medizin, Soziales und Bildung. Der Schwerpunkt der Förderaktivitäten liegt in der Metropolregion Rhein-Neckar, mit der sich der Stifter besonders verbunden fühlt. Die Dietmar Hopp Stiftung ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen, im Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar und in der Sportregion Rhein-Neckar e.V.

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.600 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.400 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 01.09.2010

Raute

Fraunhofer-Gesellschaft / Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin - 02.09.2010

Nanomaterialien auf dem Prüfstand

Fraunhofer ITEM erforscht die Gesundheitsrisiken von Kohlenstoff-Nanoröhren

Kohlenstoff-Nanoröhren (Carbon Nanotubes, kurz CNT) gehören zu den neuen Nanomaterialien mit einem breiten Anwendungspotenzial. Ihre außergewöhnlichen Eigenschaften - extreme Zugfestigkeit, hohe elektrische Leitfähigkeit und das geringe Gewicht - machen diese winzigen Röhrchen aus Graphit für verschiedenste Produkte interessant. Einige Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass bestimmte Nanotubes mit speziellen Eigenschaften ähnlich krebsauslösend sein könnten wie Asbestfasern. Um potenzielle Risiken für den Menschen auszuschließen, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nun den Forschungsverbund CarboTox für drei Jahre mit rund 1,25 Millionen Euro. In diesem Projekt soll ein Screening-Verfahren entwickelt werden, mit dem ein mögliches krebsauslösendes Potenzial von Kohlenstoff-Nanoröhren frühzeitig erkannt werden kann. Neben dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) in Hannover sind das Leibniz-Institut für Festkörper und Werkstoffforschung, Dresden, und die Bayer MaterialScience AG in Leverkusen beteiligt.

Bisher weiß man, dass kürzere Nanotubes und solche, die in Form eines Knäuels vorliegen, nur geringfügig toxische Wirkungen haben. Die Wissenschaftler im Projekt CarboTox wollen nun klären, ob einzeln vorliegende Kohlenstoff-Nanoröhren ähnlich wie Asbestfasern wirken und beim Einatmen zu Tumoren führen? Um den Einfluss von Durchmesser, Länge und funktionellen Gruppen untersuchen zu können, werden die Dresdner Projektpartner zunächst maßgeschneiderte CNTs herstellen. Am Fraunhofer ITEM werden diese Materialien dann auf ihr toxikologisches Potenzial untersucht. Dabei werden nur die CNTs verwendet, die in einem simulierten Lungenmilieu als Einzelfasern vorliegen und damit astbestähnlich reagieren könnten. Die Untersuchungen werden im Labor in verschiedenen In-vitro-Tests an Zellkulturen und zur Validierung auch im Tiermodell - in vivo - durchgeführt.

Das Hauptziel der Forscher: In-vitro-Screeningtests zu finden, die in der Lage sind, das toxische bzw. krebsauslösende Potenzial von Kohlenstoff-Nanoröhren anzuzeigen. Mit diesen Tests könnte man dann schon in einer frühen Entwicklungsstufe toxikologisch unbedenkliche CNTs identifizieren und die Entwicklung von kritischen Produkten und Herstellungsprozessen rechtzeitig stoppen.

Ihr Ansprechpartner am Fraunhofer ITEM
Dr. Bernd Bellmann (Sprecher)
Inhalationstoxikologie
E-Mail: bernd.bellmann@item.fraunhofer.de

Homepage Fraunhofer ITEM
www.item.fraunhofer.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image123410
Dicke Kohlenstoff-Nanoröhren im Elektronenmikroskop

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution96

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft, Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin; Karola Neubert, 02.09.2010

Raute

Philipps-Universität Marburg - 02.09.2010

Zellforscher identifizieren neuen Biosynthese-Mechanismus

PUMa-Zellforscher identifizieren neuen Biosynthese-Mechanismus

Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg (PUMa) haben einen Mechanismus aufgeklärt, der Zellen höherer Lebewesen in die Lage versetzt, Enzyme mit Eisen-Schwefel-Zentren herzustellen. Die Wissenschaftler um Professor Dr. Roland Lill und Privatdozent Dr. Antonio Pierik berichten in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift 'Nature Chemical Biology' über ihre Ergebnisse.

"Enzyme mit Eisen-Schwefel-Clustern sind unersetzlich für zahlreiche essenzielle Lebensprozesse", erläutert Lill, Senior-Autor der Studie. Beispiele hierfür sind insbesondere die Energiegewinnung in den Mitochondrien, die Proteinherstellung an Ribosomen, die Vervielfältigung der Erbsubstanz DNA sowie deren Reparatur nach Schädigungen. "Eisen-Schwefel-haltige Proteine finden sich daher sowohl bei Bakterien als auch in den Zellen von höheren Lebewesen mit echtem Zellkern", ergänzt Koautor Pierik, "also etwa bei Pflanzen und Tieren".

Lill, Pierik und Kollegen identifizierten einen neuen, wesentlichen Bestandteil der zellulären Maschinerie, die in kernhaltigen Organismen die Biosynthese von Eisen-Schwefel-haltigen Proteinen bewerkstelligt. Die Wissenschaftler nahmen sich das Protein Tah18 vor, das sie zellbiologisch, biochemisch und spektroskopisch untersuchten. Sie fanden heraus, dass Tah18 mit einer weiteren Komponente der Maschinerie zusammenwirkt, nämlich mit Dre2, das seinerseits ein Eisen-Schwefel-Protein ist. Dabei bildet Tah18 zusammen mit Dre2 eine Elektronen-Transportkette, die für die stabile Integration von Eisen-Schwefel-Clustern in Zielproteine essentiell ist. Die anorganischen Kofaktoren werden zunächst an Gerüstproteinen zusammengesetzt und anschließend über mehrere Zwischenschritte an die Zielproteine weitergereicht.

Wie die Erstautorin Dr. Daili Netz weiter zeigen konnte, ist der neu entdeckte Mechanismus auch für den Menschen von Bedeutung. Schaltet man in Hefezellen Tah18 oder Dre2 aus, so können menschliche Proteine deren Funktion ersetzen - diese hat sich also während der gesamten Evolution erhalten, die von Einzellern zu hoch entwickelten Tieren geführt hat.

Die Arbeitsgruppe von Roland Lill ist Teil des Sonderforschungsbereiches 593 der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie des Forschungsschwerpunkts Molekulare und systemische Biowissenschaften an der Philipps-Universität Marburg. Dem jüngsten Ranking der Zeitschrift 'Laborjournal' zufolge gehört Lill zu den dreißig meistzitierten deutschen Zellbiologen. Schon im Jahr 2003 hat er den Leibnizpreis erhalten, den am höchsten dotierten deutschen Wissenschaftspreis. Lill gehört außerdem dem Steuerungskomitee des Forschungszentrums für Synthetische Mikrobiologie an.

Weitere Informationen:
Ansprechpartner:
Professor Dr. Roland Lill
Institut für Klinische Zytobiologie und Zytopathologie
E-Mail: lill@staff.uni-marburg.de

Originalpublikation:
Daili J. A. Netz & al.:
Tah18 transfers electrons to Dre2 in cytosolic iron-sulfur protein biogenesis
Nature Chem. Biol. 29. August 2010 DOI: 10.1038/NCHEMBIO.432

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
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Nach dem Modell der Marburger Zellbiologen um Roland Lill und Antonio Pierik ist Tah18 Teil einer Transportkette, die Elektronen auf Eisen-Schwefel444-Cluster des Proteins Dre2 überträgt. Der Elektronenfluss ist erforderlich, um Eisen-Schwefel Cluster stabil in Zielproteine zu integrieren, nachdem sie an Gerüstproteinen synthetisiert worden sind.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution376

Quelle: Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten, 02.09.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2010