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MELDUNG/246: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 30.11.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  HFH nimmt Begleitforschung zur Umsetzung der Pflege-Transparenzvereinbarung auf
→  EU-Richtlinie für neuartige Therapien wird unter die Lupe genommen
→  Molekularer Schalter spielt wesentliche Rolle für Gedächtnis und Sucht

Raute

Hamburger Fern-Hochschule - 29.11.2010

HFH nimmt Begleitforschung zur Umsetzung der Pflege-Transparenzvereinbarung auf

Wissenschaftler der HFH/Hamburger Fern-Hochschule untersuchen die Potenziale der "Pflege-Transparenzvereinbarung stationär".

Hamburg, 29. November - Der Fachbereich Gesundheit und Pflege der HFH/Hamburger Fern-Hochschule erforscht in den kommenden zwei Jahren Stärken und Verbesserungspotenziale der "Pflege-Transparenzvereinbarung stationär". Damit begleitet die Hochschule deren Umsetzung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz wissenschaftlich und bewertet diese. Die Wissenschaftler untersuchen in dem Drittmittelprojekt u. a. Qualitätskriterien, Bewertungssystematik, Ausfüllanleitung und Veröffentlichungsmodi der Pflege-Transparenzvereinbarung, die im Zuge des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes 2008 eingeführt worden ist.

Der MDK Rheinland-Pfalz erhebt bei seinen Qualitätsprüfungen in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben die Daten, die zur Veröffentlichung von Transparenzkriterien erforderlich sind. Dr. Ursula Weibler-Villalobos, Leitende Ärztin beim MDK Rheinland-Pfalz, betont: "Darüber hinaus haben wir großes Interesse an einer wissenschaftlichen Begleitung unserer Arbeit."

Die Wissenschaftler am Fachbereich Gesundheit und Pflege der HFH/Hamburger Fern-Hochschule werden u. a. die Anreizstrukturen untersuchen, die von der im Volksmund als "Pflege-TÜV" bezeichneten Pflege-Transparenzvereinbarung für Pflegeeinrichtungen ausgehen. "Derzeit ist noch unklar, ob die Pflege-Transparenzvereinbarung Anreize setzt für eine exzellente Pflege oder eher für eine Versorgung nach Mindeststandards", sagt Professor Dr. Johannes Möller, Dekan des Fachbereichs. Die Wissenschaftler an der HFH erforschen beispielsweise, welchen Einfluss eine verbesserte Lebensqualität auf die veröffentlichten Pflegenoten hat und welche Bedeutung den reinen Dokumentationstätigkeiten zukommt. Ferner wird untersucht, ob sich daraus Wettbewerbsvor- oder -nachteile für stationäre Pflegeeinrichtungen verglichen mit ambulanten Pflegediensten ableiten lassen.

Der MDK Rheinland-Pfalz mit Sitz in Alzey wirkt als eigenständige Einrichtung an der Seite der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen an der Gestaltung des Gesundheitswesens mit. Aufgabenschwerpunkte sind die Begutachtung im Einzelfall und die Beratung in Grundsatzfragen.

Die HFH/Hamburger Fern-Hochschule wurde 1997 staatlich anerkannt und ist gemeinnützig. Mit aktuell 9.000 Studierenden ist sie eine der größten privaten Hochschulen Deutschlands. An mehr als 40 Studienzentren in Deutschland und Österreich ermöglicht die Hochschule eine wohnortnahe wissenschaftliche Betreuung der Studierenden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1341

Quelle: Hamburger Fern-Hochschule, Katrin Meyer, 29.11.2010

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Medizinische Hochschule Hannover - 26.11.2010

MHH-Forscher nehmen EU-Richtlinie unter die Lupe

500.000 Euro Förderung von der EU zur Beurteilung der EU-Richtlinie für neuartige Therapien

Forscher aus England, Schweden, Österreich und Deutschland unter der Leitung von Professor Dr. Martin Hildebrandt, Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum Transplantation (IFB-Tx) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), werden in dem Projekt eine Plattform für akademische Einrichtungen im Bereich Good Manufacturing Practice (GMP) in Europa schaffen. GMP - die Kriterien der Guten Herstellungspraxis - bilden die Grundlage der Arzneimittelherstellung. Universitäre GMP-Einrichtungen spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung von neuartigen Therapieformen, insbesondere von "Advanced Therapy Medicinal Products", also Gentherapie-Arzneimittel, Zell- und Gewebepräparationen sowie Kombinationsprodukte. "Nach unserer Einschätzung werden akademische GMP-Einrichtungen im Vergleich zur Industrie benachteiligt, da sie nicht im Fokus der aktuellen Europäischen Arzneimittel-Gesetzgebung stehen", sagt Professor Hildebrandt. Das Projekt mit dem Titel "Die Auswirkung der Richtlinie (EC)1394/2007 auf die Entwicklung von 'Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs)': eine wissenschaftliche Perspektive" wird seit dem 1. September 2010 mit knapp 500.000 Euro für zweieinhalb Jahre von der Europäischen Union (EU) gefördert.

Die Richtline (EC) No 1394/2007 wurde eingeführt, um den freien Vertrieb der Arzneimittel innerhalb der Europäischen Union zu sichern, den Zugang für Arzneimittel zum europäischen Markt zu erleichtern, den Wettbewerb der pharmazeutischen Firmen auf dem Feld zu stärken, und dabei den Gesundheitsschutz des Patienten auf höchsten Niveau zu gewährleisten. Die Forscher um Professor Hildebrandt wollen die EU-Richtlinie für neuartige Therapien beurteilen und verbessern - auch im Sinne der europäischen Bürger. Dazu wollen sie den politischen Entscheidungsträgern konkrete und wichtige Empfehlungen vorlegen, wie die neue EU-Richtlinie den akademischen Sektor beeinflusst und wie sie verbessert werden könnte. Umfragen an europäischen Einrichtungen, Interaktionen mit der Industrie, Patientenorganisationen, Ethikkommissionen und Behörden, die alle mit dem dynamischen Feld solcher komplexen Therapien konfrontiert sind, sowie Workshops und Konferenzen sollen dazu beitragen. Rechzeitig vor dem Ende einer Überarbeitungsfrist für die neue Richtlinie Ende 2012 sollen die Umfragen an wissenschaftlichen Einrichtungen ausgewertet sein.

Weitere Informationen erhalten Sie unter
academic-gmp@mh-hannover.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 26.11.2010

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Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) - 26.11.2010

Molekularer Schalter für Gedächtnis und Sucht

Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien und Italien identifizieren molekularen Schalter, der den Kalziumspiegel in Nervenzellen dauerhaft anhebt und eine wesentliche Rolle bei der Gedächtnisbildung und der Entstehung von Suchterkrankungen spielt.

Bonn, 26.11.2010. Lernen und Gedächtnisbildung basiert auf der Entstehung neuer Verbindungen zwischen Nervenzellen im Gehirn. Auch Verhaltensweisen wie Nikotinsucht manifestieren sich in langfristigen Veränderungen neuronaler Verschaltungen und können - zumindest in dieser Hinsicht - als eine Form des Lernens betrachtet werden. Ein Team um Pierluigi Nicotera, wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), in Zusammenarbeit mit Laboratorien am MRC, Großbritannien und der Universität von Modena, Italien, haben nun einen molekularer Schalter entdeckt, der eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Suchtverhalten und bei der Gedächtnisbildung spielt. Die Ergebnisse können zur Entwicklung neuer Strategien und Behandlungsmethoden bei Gedächtnisverlust oder Suchtverhalten beitragen. Die Studie wird am 26. November in der wissenschaftlichen Zeitschrift EMBO Journal publiziert.

Neuronale Signale werden zwischen Nervenzellen in Form von chemischen Verbindungen, genannt Neurotransmitter, übertragen. Diese Signalübertragung ist ein erster Schritt und die Voraussetzung für jeden Lernprozess im Gehirn. Sie induziert eine Reihe von Ereignissen in der nachgeschalteten Zelle, die schließlich zu "neuronaler Plastizität", der Veränderungen der neuronalen Verbindungen führen und somit Gelerntes im Gehirn festigen. Auch Nikotin oder Kokain können in gleicher Weise die Modifikation neuronaler Verbindungen im Gehirn auslösen.

Beim ersten Schritt in der Bildung neuer Verbindungen im Gehirn spielt Kalzium eine wesentliche Rolle. Wenn eine Nervenzelle ein Neurotransmittersignal empfängt oder mit Nikotin oder Kokain in Verbindung kommt, erhöht sich die Kalzium-Konzentration im Bereich der Synapse, der neuronalen Kontaktstelle. In einem zweiten Schritt induziert dieser Kalzium-Anstieg Genexpression - die Synthese von Proteinen, die zur Neubildung oder Verstärkung synaptischer Verbindungen führt. Bisher sind Wissenschaftler davon ausgegangen, dass die Erhöhung der Kalziumkonzentration nur beim ersten Schritt in diesem Prozess eine Rolle spielt und nicht von Genexpression abhängt. Pierluigi Nicotera und seine Kollegen stellen diese Annahme nun in Frage. In ihrer Studie zeigen sie, dass die wiederholte Gabe von Nikotin oder Kokain die Expression von Genen, die an der Kalzium-Regulation beteiligt sind, induziert und dass diese Genexpression für die Plastizität der Nervenzellen essentiell ist.

Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Gabe von Nikotin in Mäusen die Expression eines Gens namens Typ-2-Ryanodin-Rezeptor (RyR2) hervorruft. Das RyR2-Protein ist bei der Freisetzung von Kalzium aus einem internen Kalzium-Speicher der Zelle, dem endoplasmatischen Retikulum, beteiligt. Eine erhöhte RyR2-Aktivität führt zu einer dauerhaften Anhebung des Kalzium-Signals und setzt damit Prozesse der neuronalen Plastizität in Gang. Vor allem in der Hirnrinde und dem ventralen Mittelhirn - Hirnareale, die mit Kognition und Suchtentwicklung in Verbindung gebracht werden - wird die RyR2-Synthese angeregt, was darauf hinweist, dass RyR2 bei diesen Prozessen eine zentrale Rolle spielt. Dies konnten die Autoren der Studie in einem weiteren Experiment bestätigen: Sie zeigten, dass eine Herabsetzung der RyR2-Aktivität in lebenden Tieren Lernvorgänge, Gedächtnisbildung und die Entwicklung von Suchtverhalten verhindert. RyR2 ist also absolut notwendig, um langfristige Veränderungen im Gehirn zu manifestieren.

Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt in der Erforschung von Gedächtnisbildung und Suchtverhalten. Auf lange Sicht, so hoffen die Wissenschaftler, werden die Ergebnisse zur Entwicklung von Therapien für die Behandlung von Suchterkrankungen oder zu neuen Strategien zur 0Behebung von Gedächtnisverlust bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer beitragen.

Kontakt:
Prof. Pierluigi Nicotera
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)
Ludwig-Erhard-Allee 2
53175 Bonn, Germany
Email: pierluigi.nicotera@dzne.de

Dr. Katrin Weigmann
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Email: katrin.weigmann@dzne.de
Web: www.dzne.de

Originalveröffentlichung:
Elena Ziviani, Giordano Lippi, Daniele Bano, Eliana Munarriz, Stefania Guiducci, Michele Zoli, Kenneth W Young and Pierluigi Nicotera.
Ryanodine receptor-2 upregulation and nicotine-mediated plasticity.
EMBO Journal
Online publiziert am 26.11.2010
doi: EMBOJ.2010.279

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1369

Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Daniel Bayer, 26.11.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2010