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MELDUNG/286: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 07.02.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Schnappschüsse der Flächenverteilung des pH-Werts. Einsatz in Krebstherapie und
      Wundheilung möglich
→  Weltweit einmaliges Trainings- und Forschungszentrum für klinische Anatomie
      Universität Tübingen weiht neuen Operationssaal ein

Raute

Universität Regensburg - 04.02.2011

Schnappschüsse der Flächenverteilung des pH-Werts. Einsatz in Krebstherapie und Wundheilung möglich

Der pH-Wert hängt mit einer ganzen Reihe von Vorgängen im menschlichen Körper zusammen. So spielt er beispielsweise auch bei der Wundheilung eine wichtige Rolle. Während der Wundheilung können gereizte oder zerstörte Hautschichten den pH-Wert beeinflussen. Dies wiederum hat Folgen für die Funktionsweise verschiedener Enzyme, die für den Aufbau und die Genesung des menschlichen Gewebes verantwortlich sind. Die Untersuchung des pH-Werts auf der menschlichen Haut beschäftigt die dermatologische Forschung deshalb schon seit mehr als einem Jahrhundert. Da der pH-Wert schon auf einer relativ kleinen Hautfläche stark unterschiedlich sein kann, sind Mediziner daran interessiert, Mittel und Wege zu finden, um den pH-Wert bzw. dessen "Verteilung" auf größeren Hautflächen in zweidimensionalen Bildern sichtbar zu machen. Dies kann dabei helfen, den pH-Wert an den unterschiedlichen Stellen gezielt zu beeinflussen, um in einzelnen Phasen der Wundheilung therapeutische Strategien individuell festzulegen.

Die bisherigen Verfahren in der Medizin eigneten sich nur für punktuelle Untersuchungen des pH-Werts und nicht für Flächendarstellungen. Letztere waren bislang zumeist zu langsam, kaum verlässlich und wenig verträglich. Forscher der Universität Regensburg haben nun eine neue Methode entwickelt, um den pH-Wert auf menschlichem Gewebe großflächig abzubilden. Die Methode der Regensburger Forscher ist dabei "schnell, einfach, verlässlich unter wechselhaften Bedingungen und in vivo anwendbar", sagt Dr. Stephan Schreml vom Universitätsklinikum Regensburg. Neben ihm waren auch Prof. Dr. Otto Wolfbeis und Robert J. Meier vom Institut für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik, sowie Prof. Dr. Michael Landthaler, Prof. Dr. Rolf-Markus Szeimies und PD Dr. Philipp Babilas vom Regensburger Universitätsklinikum an den Untersuchungen beteiligt. Das Regensburger Verfahren kann dabei helfen, den Prozess der Wundheilung oder das Wachstum von Tumoren näher zu untersuchen, da der pH-Wert - mit Blick auf Krebserkrankungen - auch auf Veränderungen im menschlichen Stoffwechsel hinweist.

Das Regensburger Verfahren nutzt fluoreszierende Farben, die auf gebundenen Mikropartikeln basieren. Die Wissenschaftler verwendeten zwei Arten von Farben: eine Indikator- und eine Referenz-Farbe. Beide absorbieren das Licht einer Leuchtdiode und geben daraufhin wieder Licht ab (Lumineszenz). Die Emission bzw. die Abgabe des Lichts durch die Indikator-Farbe hängt zudem vom pH-Wert ab. Das Verhältnis der Intensitäten der beiden Farben bildet eine verlässliche Information, um den pH-Wert der untersuchten Hautfläche zu ermitteln.

Der Vorteil der neuen Methode liegt darin, dass auf diese Weise ein gleichmäßiges und regelmäßiges Abbild der pH-Wert-Verteilung auf einer bestimmten Körperregion bzw. Hautfläche entsteht; ohne die Nachteile von rein punktuellen Analysen, die bislang - zum Beispiel über die sogenannte pH-Elektrode - zur Verfügung standen. Die Regensburger Wissenschaftler wollen ihre Forschungsergebnisse nun konsequent weiterentwickeln. Ein Ziel ist zunächst die Untersuchung der pH-Verteilung bei chronischen Wunden. Darüber hinaus wollen die die Methode weiter vereinfachen, um eine spätere Anwendung im Labor oder im klinischen Betrieb möglich zu machen.

Die Untersuchungen der Regensburger Forscher sind vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" erschienen (DOI: 10.1073/pnas.1006945108).

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image134524
Flächen-Darstellung des Verlaufs des pH-Werts einer akuten Wunde während des Heilungsprozesses: Phase A: akute Entzündung; B: Granulation; C: Reepithelisierung; D: zum Vergleich eine chronische Wunde; E-H: 2-dimensionale Verteilung der jeweiligen pH-Werte.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution87

Quelle: Universität Regensburg, Alexander Schlaak, 04.02.2011

Raute

Eberhard Karls Universität Tübingen - 04.02.2011

Weltweit einmaliges Trainings- und Forschungszentrum für klinische Anatomie

Universität Tübingen weiht neuen Operationssaal ein

Im Anatomischen Institut der Universität Tübingen wird am heutigen 4. Februar 2011 ein weltweit einmaliges chirurgisches Trainings- und Forschungszentrum eröffnet. Nach einer zweijährigen Probephase konnte der neue OP-Bereich mit elf vollwertig ausgestatteten und vernetzten Operationsarbeitsplätzen eingeweiht werden. "Für das Fach Anatomie besteht jetzt die Möglichkeit, sich neu zu orientieren, denn nun können wir uns ein neues Tätigkeitsfeld eröffnen", sagt Dr. Bernhard Hirt, Leiter der Klinischen Anatomie und Makroskopie der Universität Tübingen.

Der neue OP-Saal findet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten:

Ärzte können chirurgische Eingriffe an Humanpräparaten in realistischer OP-Umgebung trainieren. "So können chirurgische Eingriffe sicherer werden", erklärt Bernhard Hirt: "Das ist wichtig für eine Weiterentwicklung im Bereich Chirurgie." Zudem entwickeln und testen medizintechnische Unternehmen Instrumente an anatomischen Präparaten und Studierende lernen bereits in den ersten Semestern moderne chirurgische und medizintechnische Verfahren kennen. "Damit entwickeln wir eine hohe Kompetenz in der chirurgischen Aus- und Weiterbildung", sagt Hirt. "Die Anatomie wird lebendig gemacht und wendet sich in eine neue, sehr anwendungsbezogene Richtung."

Ein weiterer Vorteil des neuen Operationssaales ist die Infrastruktur: Die Arbeitsplätze sind nicht nur professionell ausgestattet, sondern auch telemedizinisch vernetzt. Es gibt einen Regiearbeitsplatz mit Anbindung an den Hörsaal des Instituts sowie ein integriertes telemedizinisches System mit Möglichkeit zur weltweiten Anbindung. Damit ist es möglich, Live-Operationen in einen Hörsaal oder auch weltweit zu übertragen. Zusätzlich zu den Kursen vor Ort können so globale Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden, wie bereits nach Argentinien, Brasilien, Italien und Saudi-Arabien geschehen. "Unsere Arbeitsplätze sind so gut ausgestattet, dass wir dort theoretisch Patienten behandeln könnten", sagt Bernhard Hirt. Die Eingriffe werden an so genannten Humanpräparaten durchgeführt. "Der Wunsch vieler, nach dem Tod der medizinischen und wissenschaftlichen Weiterentwicklung zu dienen, ist dadurch gewährleistet", sagt Bernhard Hirt.

Bereits während der zweijährigen Probephase wurde die Kurstätigkeit aufgenommen und ein funktionierendes Netzwerk aus Unternehmern und Klinikern geschaffen. Jährlich nehmen derzeit über 800 Chirurgen, 400 Studierende und 20 medizinische Fachgesellschaften und Akademien an Aus- und Fortbildungsprogrammen teil. Die telemedizinische studentische Lehrveranstaltung der "Tübinger Sectio chirurgica" mit live-OP-Übertragungen in Tübinger Hörsäle haben bereits etwa 10.000 Studierende absolviert. Ein Internet-Streaming der Veranstaltung hat zu einem interuniversitären Austausch geführt, dem Studierende zahlreicher deutschsprachiger Universitäten (Aachen, Berlin, Freiburg, Graz, Hamburg, Heidelberg, München, Würzburg) mit großem Interesse beigewohnt und sich über einen Live-Chat an den daran anschließenden fachlichen Diskussionen in Tübingen rege beteiligt haben.

Mit 60 nationalen und internationalen Operationskursen und mit zahlreichen experimentellen Einsätzen ist die Einrichtung bereits für ein Jahr im Voraus ausgebucht. 30 national und international agierende medizintechnische Firmen sind als Kooperationspartner geführt und nutzen die Infrastruktur für Entwicklungsarbeiten und Tests. Die Klinische Anatomie Tübingen findet mit ihrem neuen Operationssaal bis weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Anerkennung und wird inzwischen als Musterbeispiel für chirurgische Trainings- und Forschungszentren anerkannt und von internationalen Delegationen besichtigt, zuletzt von Universitätsmitgliedern aus den USA, Russland, Paraguay, Tschechien, Italien, Saudi Arabien und Deutschland.

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.anatomie.uni-tuebingen.de/klinanatom/index.html

Kontakt:
Dr. med. Bernhard Hirt
Universität Tübingen, Institut für Anatomie
Leiter Klinische Anatomie & Makroskopie
Elfriede-Aulhorn-Straße 8, 72076 Tübingen
bernhard.hirt[at]klinikum.uni-tuebingen.de

Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Leiterin Myriam Hönig

Abteilung Presse, Forschungsberichterstattung, Information
Michael Seifert
Michael.seifert[at]uni-tuebingen.de
www.uni-tuebingen.de/aktuelles

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/pages/de/image134547
Bildimpressionen aus dem Operationssaal

http://idw-online.de/pages/de/image134548
Bildimpressionen aus dem Operationssaal

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution81

Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen, Michael Seifert, 04.02.2011

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2011