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MELDUNG/354: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 01.06.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Tagung in Tübingen setzt Konferenzserie zur Ausbildungsforschung fort
→  Ähnlichkeiten führen zu falsch gefalteten Proteinen
→  Anästhesietechnischer Assistent (ATA) - MHH bietet neue Ausbildung im Gesundheitswesen
→  Schreiben und Reflektieren als wichtiger Teil der Medizin


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Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland - 31.05.2011

Internationaler Austausch verbessert Lehre in der Medizin

Tagung in Tübingen setzt Konferenzserie zur Ausbildungsforschung fort

Wie sollte der ärztliche Nachwuchs unterrichtet werden, um später eine optimale Patientenversorgung zu erreichen? Um diese zentrale Frage zur Forschung über die bestmögliche Lehre ging es bei der zweiten internationalen Konferenz "Research in Medical Education (RIME)", die am 26./27. Mai 2011 an der Medizinischen Fakultät Tübingen stattgefunden hat.

Die Schirmherrschaft hatten die Gesellschaft für medizinische Ausbildung (GMA) und der Medizinische Fakultätentag (MFT) übernommen. "Wir wollen in der Ausbildungsforschung weiter vorankommen. Der internationale Austausch bildet auch in der Medizindidaktik die Grundlage unserer Arbeit", sagte Professor Dieter Bitter-Suermann, MFT-Präsident. Namhafte Referenten aus Australien, Deutschland, Großbritannien, Holland, Kanada, Österreich, der Schweiz und den USA stellten am Kompetenzzentrum für Hochschuldidaktik in Medizin Baden-Württemberg den Stand der Lern- und Lehrforschung dar. "Nach dem erfolgreichen Start der Konferenzserie im Jahr 2009 in Heidelberg fand die Folgekonferenz nun in Tübingen statt. Anlass war die vor zehn Jahren etablierte und inzwischen international erfolgreiche Dozentenschulung am Tübinger Kompetenzzentrum für Medizindidaktik. In Abstimmung mit dem Weiterbildungsstudiengang des MFT "Master of Medical Education (MME)" wird die dritte RIME-Konferenz im Frühjahr 2013 in Berlin durchgeführt werden", erläuterte Bitter-Suermann.

Die Teilnehmer der Tagung waren sich einig: Ohne exzellente Lehre gibt es keine Spitzenmedizin. Um den schnellen medizinischen Fortschritt in die Alltagsmedizin zu überführen, muss auch die Lehre wissenschaftlich weiterentwickelt werden. "Eine begeisternde, nachhaltige Lehre ist grundlegend, um den begabten Nachwuchs für die kurative Medizin und Forschung zu gewinnen und vor allem auch zu halten", sagte Dr. Maria Lammerding-Köppel, MME, Direktorin des Kompetenzzentrums. "Wir müssen Methoden einsetzen, mit denen es uns gelingt, die Studierenden so vorzubereiten, dass sie in den realen ärztlichen Herausforderungen angemessen handeln und ohne Angst bestehen können. Damit dies gelingt, müssen die Hochschullehrenden flächendeckend nach international anerkannten Standards geschult werden."

Die vier besten Konzepte und Projekte wurden mit dem RIME-Award, der von der Thieme-Verlagsgruppe unterstützt wurde, ausgezeichnet. Eine internationale Jury bewertete dafür in den zwei Tagen über 80 Konferenzbeiträge.

Weitere Informationen:
http://www.rime2011.de
http://www.mft-online.de/html/telegramm.htm

Ansprechpartnerin:
Verena Wirwohl - Ass. iur.
MFT - Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland
Alt-Moabit 96, 10559 Berlin
E-Mail: wirwohl@mft-online.de

Der MFT vertritt die Interessen der 36 Medizinischen Fakultäten Deutschlands:
www.mft-online.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution847

Quelle: Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland, Verena Wirwohl, 31.05.2011


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Universität Zürich - 31.05.2011

Ähnlichkeiten führen zu falsch gefalteten Proteinen

Zahlreiche Krankheiten sind auf falsch gefaltete Proteine, bestehend aus Aminosäuren, zurückzuführen. Forscher der Universität Zürich haben jetzt mit einer speziellen Spektroskopie diese fehlerhafte Proteinfaltung untersucht. Wie sie in "Nature" berichten, sind Fehlfaltungen häufiger, wenn die Abfolge der Aminosäuren in den benachbarten Domänen sehr ähnlich ist.

Proteine sind die zentralen molekularen Maschinen in unserem Körper. Sie erfüllen eine grosse Bandbreite von Funktionen, von der Verdauung und Verarbeitung von Nährstoffen über die Umwandlung von Energie und die Strukturierung von Zellen, bis zur Übermittlung von Signalen in Zellen und im gesamten Körper. Um diese hochspezifischen Funktionen erfüllen zu können, müssen Proteine eine wohldefinierte dreidimensionale Struktur annehmen. Bemerkenswerterweise finden sie diese Struktur in den meisten Fällen ohne fremde Hilfe, nachdem sie in der Zelle als langes Kettenmolekül aus ihren Einzelbausteinen, den Aminosäuren, gebildet wurden.

Dieser Prozess der Faltung von Proteinen kann allerdings auch fehlschlagen, was dann dazu führt, dass die betroffenen Proteine ihre Funktion nicht mehr ausüben können. In manchen Fällen kann dies sogar noch weitreichendere Folgen haben, wenn diese falsch gefalteten Proteine verklumpen und neurodegenerative Krankheiten wie Morbus Alzheimer oder Parkinson auslösen.

Eine wichtige Bedingung in der Entwicklung von Proteinen im Laufe der Evolution war dementsprechend, derartige "Fehlfaltungsprozesse" zu vermeiden. Dies ist allerdings nicht einfach, denn die gleichen molekularen Wechselwirkungen, die die korrekte Struktur des einzelnen Proteins stabilisieren, können auch zu Wechselwirkungen zwischen Proteinmolekülen und damit zu ihrer Fehlfaltung führen.

Forscherinnen und Forscher der Universitäten Zürich und Cambridge haben jetzt eine spezielle spektroskopische Methode verwendet, die Einzelmolekülfluoreszenzspektroskopie, um herauszufinden, unter welchen Voraussetzungen Fehlfaltung stattfindet. Die Gruppe um Prof. Benjamin Schuler von der UZH untersuchte Teile des grössten Proteins unseres Körpers, des Titins. Dieses trägt in den Muskeln zur Stabilität und Elastizität der Muskelfasern bei. Man geht davon aus, dass bei starker Belastung des Muskels einzelne Teile des Titins, die Domänen, sich entfalten können, um eine Beschädigung des Muskelgewebes zu verhindern. Wenn sich der Muskel wieder entspannt, besteht die Gefahr, dass sich diese entfalteten Domänen falsch zusammenlagern. Diese Gefahr besteht in ähnlicher Form auch für andere Proteine, die aus mehreren Domänen bestehen.

Für ihre Studie haben die Forschenden kleine Farbstoffmoleküle als Sonden im Protein angebracht. "Mit unserer laserspektroskopischen Methode konnten mittels Energietransfer zwischen den Sonden Abstände auf molekularer Skala bestimmt werden, also im Bereich einiger Millionstel Millimeter", erklärt Prof. Benjamin Schuler. So liessen sich die Strukturen richtig und falsch gefalteter Proteine unterscheiden und damit der Anteil an Fehlfaltung bestimmen.

"Die Untersuchung verschiedener Domänen des Titins in unseren Experimenten hat gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit der Fehlfaltung steigt, wenn benachbarte Domänen sich in der Abfolge ihrer Aminosäuren sehr ähnlich sind", sagt Prof. Schuler. Dies ist anscheinend der Grund dafür, dass in Proteinen die benachbarten Domänen eine geringe Ähnlichkeit haben. "Offenbar handelt es sich dabei um eine wichtige evolutionäre Strategie, um die Fehlfaltung von Proteinen zu vermeiden und so ihre maximale Funktionalität zu gewährleisten", so Schuler.

Kontakt:
Prof. Benjamin Schuler
Institut für Biochemie
Universität Zürich
E-Mail: schuler@bioc.uzh.ch

Literatur:
Borgia, Madeleine, Borgia Alessandro, Best, Robert B., Steward Annette, Nettels Daniel, Wunderlich, Bengt, Schuler Benjamin & Clarke Jane:
Single-molecule fluorescence reveals sequence-specific misfolding in multidomain proteins
in: Nature, doi:10.1038/nature10099

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mediadesk.uzh.ch

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image143548
Darstellung der korrekt gefalteten (a) und der fehlgefalteten Struktur (b) für ein Protein aus zwei Domänen, das mit Einzelmolekülspektroskopie untersucht wurde. Die Positionen im Protein, die mit Farbstoffsonden markiert wurden, sind als orange Kugeln gezeigt. Die Struktur in (b) ergibt sich aus der Kombination von spektroskopischen Abstandsmessungen im Molekül und Simulationen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution94

Quelle: Universität Zürich, Beat Müller, 31.05.2011


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Medizinische Hochschule Hannover - 31.05.2011

MHH bietet neue Ausbildung im Gesundheitswesen

Jetzt für die Ausbildung zum Anästhesietechnischen Assistenten (ATA) bewerben

Spannender neuer Ausbildungsberuf im Gesundheitswesen: Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) bietet ab sofort die Ausbildung zum Anästhesietechnischen Assistenten (ATA) an. Damit gehört die MHH deutschlandweit zu den ersten Kliniken, die das noch junge Berufsfeld in einem eigenen Ausbildungsgang anbieten. Die Bewerbungsfrist für den Jahrgang 2012 mit voraussichtlich 15 Plätzen startet am 1. Juni 2011 und endet am 30. September 2011.

Der Beruf des Anästhesietechnischen Assistenten (ATA) ist vielfältig und spannend. Zudem bietet er hervorragende Arbeitsplatzperspektiven nach der Ausbildung. Die Mitwirkung bei der Einleitung der Narkose des Patienten im Anästhesieteam, die Kontrolle aller notwendigen technischen Geräte und Materialien während der OP sowie die Assistenz bei Notfallbehandlungen sind nur einige der zentralen Aufgaben der ATA. Das Berufsprofil umfasst unterschiedliche Arbeitsfelder im Operationssaal oder ambulanten OP-Zentrum, in der Endoskopie, der Schmerzklinik oder -ambulanz, im Aufwachraum nach einer OP sowie im Gerätepflegezentrum oder einer Sterilisationsabteilung. "Die Anästhesie und der Operationssaal sind ein extrem faszinierendes Umfeld. Hier trifft innovative Hochleistungsmedizin auf enge Teamarbeit in Extremsituationen. Der Patient legt sein Leben in die Hände des Anästhesieteams, zu dem der ATA gehört", erklärt Professor Dr. Wolfgang Koppert, Direktor der Klinik für Anaesthesiologie und Intensivmedizin.

Eine besondere Stärke der Schule für Operationstechnische und Anästhesietechnische Assistenz ist die integrierte Ausbildung der Arbeitsbereiche Operationsdienst und Anästhesie. Die enge Verknüpfung fördert den Teamgedanken von Anfang an. "Neben einem hohen Maß an technischem Verständnis legen wir bei den Bewerberinnen und Bewerbern sehr großen Wert auf Teamgeist und soziale Kompetenzen. Gerade vor der Einleitung der Narkose sowie im Aufwachraum spielen Einfühlungsvermögen und Kommunikationsfähigkeit in der Betreuung der Patienten eine zentrale Rolle", betont Florian Fischbock, Leiter der Schule für OTA und ATA.

Darüber hinaus sind Verantwortungsbewusstsein, manuelle
Geschicklichkeit sowie Kenntnisse in den Fächern Anatomie,
Pharmakologie und Krankheitslehre gefragt.

Im Fachbereich Anästhesie und Intensivmedizin nimmt die Nachfrage an exzellent ausgebildetem Fachpersonal in Deutschland immer mehr zu. "Die MHH sieht die Notwendigkeit, einen neuen Ausbildungsberuf zu gestalten, der dem Versorgungsbedarf einer Klinik der Supramaximalversorgung nach hoch spezialisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachkommt", betont MHH-Vizepräsident Dr. Andreas Tecklenburg, zuständig für das Ressort Krankenversorgung.

Die schulische Ausbildung dauert drei Jahre. "Die zukünftigen ATA werden von Fachexperten, den Praxisanleiterinnen und -anleitern, im direkten klinischen Umfeld ausgebildet", erklärt Florian Fischbock. Die Bewerberinnen und Bewerber benötigen einen Realschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation wie eine bereits absolvierte Ausbildung. Die Vergütung erfolgt analog zur Krankenpflegeausbildung.

Weitere Informationen erhalten Sie bei
der Schulleitung Iris Meyenburg-Altwarg und Florian Fischbock
Telefon (0511) 532-3363
E-Mail: Meyenburg-Altwarg.iris@mh-hannover.de
Fischbock.Florian@mh-hannover.de
und unter www.op-schule.de

Schriftliche Bewerbungen richten Sie bitte an
die Schule für Operationstechnische und Anästhesietechnische Assistenz
OE 9563, Carl-Neuberg Str. 1
30625 Hannover

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 31.05.2011


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Universität Witten/Herdecke - 01.06.2011

Schreiben und Reflektieren als wichtiger Teil der Medizin

Wittener Studierende und Dozenten lernen mit Dr. Gillie Bolton, schreibend über ärztliche Entscheidungen und Haltungen nachzudenken

In einem Workshop am 7. Juni 2011 nähern sich Studierende, Ärzte und Dozenten der Universität Witten/Herdecke mit Hilfe der Buchautorin und Supervisorin Dr. Gillie Bolton dem reflektierten Umgang mit ihren beruflichen Erfahrungen. Bolton schreibt und lehrt seit vielen Jahren zu diesem Thema. Sie sagt: "Reflexion ist eine Einstellung, die den Unterschied macht zwischen 20 Jahren Erfahrung und einem Jahr Erfahrung und das 20 mal stupide wiederholt." Den Workshop bietet das Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der UW/H an.

Wie wichtig der Blick nach innen für ärztliches Handeln sein kann, beschreibt Bolton am Beispiel eines Teilnehmers ihrer Seminare: "Es war ihm nicht möglich, als Arzt mit dem Tod von Kindern umzugehen. Erst als er ein Gedicht über den Tod seines Bruders geschrieben hat, konnte er sich seiner Erinnerung stellen und auch die Blockade in seinem Handeln überwinden", erläutert Dr. Vera Kalitzkus, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Allgemeinmedizin und Familienmedizin den Nutzen aus dieser Form der Reflexion.

Reflektierendes Schreiben geschieht in Form von Geschichten. Nicht strenge Orientierung an den Fakten des Geschehens sind dabei wichtig, auch verfremdende Erzählformen - etwa ein Filmskript oder ein Gedicht - sind möglich. Gillie Bolton spricht damit eine Form von Erkenntnis an, die im medizinischen Alltag häufig zu kurz kommt. Hier geht es nicht um analytisches Denken und Fakten, sondern um Gefühl und Intuition. Mit Hilfe ihrer Methode eröffnet sie Zugang zu diesen Bereichen, die im Alltag zunächst nicht offen stehen, aber notwendig sind, um das eigene Verhalten in kritischen Situationen zu überprüfen und zu verstehen. Diese Art der professionellen Entwicklung verlangt Eigenverantwortlichkeit und die Bereitschaft, die eigene Praxis kritisch zu hinterfragen. Das ist ein Ziel, das bei zunehmenden Klagen über Deprofessionalisierung in den Gesundheitsberufen immer wichtiger wird.

Das Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin an der UW/H hat ein umfassendes Verständnis von Medizin im Blick, somatische, psychische, systemische aber auch subjektive Faktoren ärztlichen Handelns gehören explizit dazu. Dabei steht neben der Vermittlung medizinischen Fachwissens auch die Bildung einer "Arztpersönlichkeit" in der medizinischen Lehre im Zentrum.

Weitere Informationen finden Sie hier:

LINK Workshop
www.uk.sagepub.com/bolton
Rezension:
http://www.socialnet.de/rezensionen/9245.php
http://www.gilliebolton.com/

oder bei
Dr. Vera Kalitzkus
vera.kalitzkus@uni-wh.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.gilliebolton.com

Zu Gillie Bolton
Gillie Bolton ist Autorin des Buches Reflective Practice - Writing and Professional Development 3rd Edition (Sage Publishers), sechs weiteren Büchern und vielen Aufsätzen in akademischen and professionellen Zeitschriften wie etwa The Lancet. Sie ist Gründungsmitglied der British Association for Medical Humanities und war "Literature and Medicine" Editor des Journal of Medical Ethics: Medical Humanities (BMJ Publishers). Sie ist Mitglied der Redaktionsleitung des Journal for Poetry Therapy.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution226

Quelle: Universität Witten/Herdecke, Kay Gropp, 01.06.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juni 2011