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MELDUNG/359: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 08.06.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Forscher der Uni Graz identifizierten Mechanismus zur Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen
→  Richtfest für neues Hochschulgebäude der Studiengänge Medizinische Technik und Physiotherapie
      an der Hochschule Lausitz
→  Millionen-Förderung für Erforschung von Knochenmarkkrebs


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Karl-Franzens-Universität Graz - 06.06.2011

Forscher der Uni Graz identifizierten Mechanismus zur Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen

Veränderungen des Kalzium (Ca2+)-Haushalts in Herz- und Gefäßzellen sind häufig die Ursache für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzmuskelschwäche. Wie es zu diesem gefährlichen Anstieg des Kalziumgehalts in Herzzellen kommt, konnten nun erstmals WissenschafterInnen der Karl-Franzens-Universität Graz in Kooperation mit KollegInnen der Medizinischen Universität Wien und der Universität Linz klären. Die Forschungsergebnisse, die am 6. Juni 2011 in der Online-Ausgabe des renommierten Journal PNAS publiziert wurden, stellen die Entwicklung neuer Therapien bei Herzerkrankungen in Aussicht.

Herzzellen brauchen Kalzium, um richtig funktionieren zu können. Ein erhöhter Kalziumgehalt steht jedoch oft im Zusammenhang mit Erkrankungen des Organs. Ein Team um Ao.Univ.-Prof. Dr. Klaus Groschner vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz hat erstmals im Detail herausgefunden, welcher Mechanismus den pathologischen Veränderungen zugrunde liegt. "In einer bisher unbekannten Mikrodomäne der Herzmuskelzelle - einer bestimmten Stelle an der Innenseite der Plasmamembran - wird zu viel Kalzium eingeschleust", berichtet Groschner. Verantwortlich dafür sind sogenannte TRPC (transient receptor potential canonical)-Kanalkomplexe. "Diese Kanäle, die aus mehreren Proteinen gebildet werden, lassen zu große Mengen Kalzium an besonders kritischen Stellen, sogenannten regulatorischen Mikrodomänen, in die Zelle", erklärt der Forscher.

Dieser Überschuss führt dazu, dass die Steuerung des genetischen Programms außer Kontrolle gerät. "Die Zelle wird umprogrammiert, so dass es zu krankhaften Veränderungen kommt", so Groschner. Ist die fatale Entwicklung erst einmal in Gang gesetzt, gelangt noch mehr Kalzium in die Zelle und die Erkrankung schreitet somit immer rascher fort. Die Entdeckung der zentralen Funktion der TRPC-Kanäle als Kalzium-Schleuse ist ein viel versprechender Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien zur Behandlung und Prävention von Herzerkrankungen.

Kontakt:
Ao.Univ.-Prof. Dr. Klaus Groschner
Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Physiologie und Pharmakologie von Membran-Transportsystemen
Institut für Pharmazeutische Wissenschaften
Karl-Franzens-Universität Graz
E-Mail: klaus.groschner@uni-graz.at

Publikation:
PKC-dependent coupling of calcium permeation through transient receptor potential canonical 3 (TRPC3) to calcineurin signaling in HL-1 myocytes
Michael Poteser, Hannes Schleifer, Michaela Lichtenegger, Michaela Schernthaner, Klaus Groschner (Karl-Franzens-Universität Graz), Thomas Stockner (Medizinische Universität Wien), C. Oliver Kappe, Toma N. Glasnov (Karl-Franzens-Universität Graz), Christoph Romanin (Universität Linz)
in: PNAS, 6. Juni 2011, Article #201106183

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-graz.at/~groschne/
Arbeitsgruppe Molekulare Physiologie und Pharmakologie von Membran-Transportsystemen an der Karl-Franzens-Universität Graz

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image143921
Messanordnung und Herzzelle mit fluoreszenzmarkiertem TRP-Kanal

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution35

Quelle: Karl-Franzens-Universität Graz, Mag. Gudrun Pichler, 06.06.2011


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Hochschule Lausitz (FH) - 06.06.2011

Richtfest für neues Hochschulgebäude der Studiengänge Medizinische Technik und Physiotherapie

Mit einem neuen Gebäude für die Studiengänge Medizinische Technik und Physiotherapie bietet die Hochschule Lausitz künftig noch bessere Bedingungen für Lehre und Forschung. Am 6. Juni 2011 wurde in Senftenberg Richtfest gefeiert.

In das neue Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von fast 700 Quadratmetern einschließlich der Technik investieren der Bund und das Land Brandenburg je zur Hälfte rund drei Millionen Euro. Die Fertigstellung ist für März 2012 geplant, so dass im Sommersemester 2012 hier etwa 300 Studierende der Medizinischen Technik und Physiotherapie in den Genuss hervorragender Studienbedingungen bei hohem Praxisbezug, einer engen Verbindung von Lehre und Forschung und bestmöglicher Ausstattung kommen. In dem neuen Gebäude werden unter anderem Labore für Medizintechnik, Herz-Kreislauf-System und Stütz- und Bewegungsapparat sowie Praxis- und Ergotherapieräume geschaffen. Auch werden Voraussetzungen vorhanden sein, um in Kooperation mit Praxispartnern umfangreiche Studien an modernen Geräten durchzuführen.

Der Einladung des Brandenburgischen Landesbetriebes für Liegenschaften und Bauen (BLB) zum Richtfest waren zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gefolgt. Wie der Technische Geschäftsführer des BLB, Norbert John, in seinen Begrüßungsworten informierte, liegt der Bau im Zeitplan sowie im Kostenrahmen.

Nach den Worten der Staatssekretärin im Ministerium für Finanzen des Landes Brandenburg, Daniela Trochowski, ist die Hochschule Lausitz ein Beispiel für die wissenschaftliche und zugleich praxisnahe Ausbildung im Land Brandenburg. Mit dem neuen Gebäude flossen seit Gründung der Hochschule im Jahre 1991 rund 90 Millionen Euro in den Ausbau des Standortes Senftenberg. "20 Jahre nach ihrer Gründung ist der Ausbaustand der Hochschule Lausitz erreicht", sagte der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Martin Gorholt. Er betonte die Berücksichtigung des demografischen Wandels, die Ausrichtung des Gebäudes auf den Bedarf der Region und der Hochschule sowie die sehr gute architektonische Lösung für den Campus. Der Präsident der Hochschule Lausitz, Prof. Dr. Günter H. Schulz, hob die sehr gute Infrastruktur der Hochschule Lausitz mit 7.700 Quadratmetern Laborfläche in Senftenberg und 3.000 Quadratmetern in Cottbus hervor und ließ den Ausbau des Gesundheitsschwerpunktes auf dem deutlich naturwissenschaftlich und technisch geprägten Senftenberger Campus Revue passieren.

Der Präsident ging unter anderem auf den Studiengang Biotechnologie ein, der im eigenen hochmodernen Laborgebäude zum Beispiel auf den Gebieten der Zellbiologie und Regenerativen Medizin wirkt. Nach sechs Jahren erfolgreicher Entwicklung werden die Studiengänge Physiotherapie und der Medizinische Technik in dem für sie errichteten neuen Gebäude ihre Heimstatt finden. Professor Schulz dankte allen, die den Neubau ermöglichten und an seiner Realisierung beteiligt sind, so den Ministerien, dem Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen, insbesondere auch den Bauschaffenden und dem Berliner Architekturbüro Anja Beecken Architekten, dem bereits die Gebäudeplanung für das gelungene Laborgebäude der Informatik oblag. Die am Bau beteiligten Unternehmen kommen vornehmlich aus der Region.

"Das ist Optimismus. Das ist Zukunft, was wir heute mit diesem Hammerschlag auf den Weg bringen", sagte der Präsident.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.hs-lausitz.de/medizinische-technik.html
(zu den Internetseiten des Studiengangs Medizinische Technik)
http://www.hs-lausitz.de/physiotherapie.html
(zu den Internetseiten des Studiengangs Physiotherapie)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution291

Quelle: Hochschule Lausitz (FH), Ralf-Peter Witzmann, 06.06.2011


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Universitätsklinikum Heidelberg - 07.06.2011

Millionen-Förderung für Erforschung von Knochenmarkkrebs

Abteilung Multiples Myelom des Universitätsklinikums Heidelberg will Risikobewertung verbessern und neue Therapien entwickeln

Die Abteilung Multiples Myelom der Medizinischen Universitätsklinik und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg hat im April gleich mit zwei Forschungsprojekten eine ansehnliche Summe an Fördergeldern eingeworben. In dem Projekt von Professor Dr. Hartmut Goldschmidt, Leiter der Abteilung, geht es unter anderem darum, die Prognose von Patienten mit Multiplem Myelom (einer bösartigen Erkrankung des blutbildenden Systems) genauer bewerten zu können, um dadurch die Therapie zu verbessern. Die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung beträgt 1,2 Millionen Euro über drei Jahre. Das zweite Projekt wird im Rahmen der Kooperationsforschung der Europäischen Kommission zum Thema "Gesundheit" mit insgesamt knapp drei Millionen Euro gefördert. Rund 500.000 Euro davon fließen dem Teilprojekt in Heidelberg unter der Leitung von Dr. Dirk Hose, Leiter des Labors für Myelomforschung, zu. Die Forscher wollen Resistenzmechanismen der Tumorzellen aufklären und darauf basierend neue Medikamente entwickeln.

Das Multiple Myelom ist eine Tumorerkrankung, die von Antikörper-produzierenden Zellen (einer bestimmten Art weißer Blutkörperchen) im Knochenmark ausgeht. In Deutschland werden jedes Jahr etwa 3.500 Neuerkrankungen festgestellt, etwa 25.000 europaweit. Die Tumorzellen beeinträchtigen die Blutbildung und schwächen die Knochensubstanz. Dadurch kommt es zu Knochenschmerzen, Brüchen, Blutarmut und Infektanfälligkeit. Medikamente können die Symptome bei guter Lebensqualität der Patienten auch langfristig zurückdrängen. Oft kommt es jedoch nach einiger Zeit zu einem Rückfall und zur Therapieresistenz. Bisher ist die Erkrankung meist nicht heilbar. Die mittlere Überlebenszeit ist sehr variabel und beträgt einige Monate bis über 15 Jahre.

HM-Metascore für eine zuverlässigere Prognose

Das Ziel des Projektes "Clinical applicable multimodal prediction of survival in Multiple Myeloma" (CAMPSIMM) ist es, Risikofaktoren und die zu erwartende Überlebenszeit des Patienten verlässlich einschätzen zu können, damit sich der behandelnde Arzt entsprechend dem individuellen Risiko für eine mehr oder weniger aggressive Therapie entscheiden kann. Bislang ist es jedoch schwierig, im klinischen Alltag eine zusammenfassende Prognose abzugeben. Mit dem sogenannten Genexpressions-Report wurde in Heidelberg erstmals eine frei zugängliche Software entwickelt, welche verschiedene Risikofaktoren in einen Befund integriert. Um die Anwendung zu erleichtern, werden die Risikofaktoren im "Heidelberg-Montpellier-Metascore" (HM-Metascore) zusammengefasst, der es dem Arzt erlaubt, eine einzige prognostische Abschätzung abzugeben. Das Projekt erfolgt in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Bernard Klein von der Universität in Montpellier.

"Wir möchten mit unserem HM-Metascore dem behandelnden Arzt sowie unseren Patienten unter Berücksichtigung aller bekannten Prognoseparameter einen einzigen Wert mit einer klaren Aussage an die Hand geben, der das weitere therapeutische Vorgehen bestimmt", erklärt Goldschmidt. Er hofft, das klinische Prozedere dadurch zu vereinfachen.

Therapieresistenz verstehen und überwinden

In dem Projekt "Overcoming clinical relapse in Multiple Myeloma by understanding and targeting the molecular causes of drug resistance" (OVER-MyR) geht es darum, die genauen Mechanismen aufzuklären, die einen Rückfall und die Resistenz der Tumorzellen verursachen, um neue Behandlungsstrategien ausarbeiten zu können. Der Hauptgrund für die Unheilbarkeit der Erkrankung ist der, dass die Tumorzellen zwar zunächst auf die Therapie ansprechen, im Laufe der Zeit aber spezifische Mechanismen entwickeln, die die Medikamente unwirksam machen. Kennt man die molekularen Abläufe, kann man neue Substanzen entwickeln, die entweder den Resistenzmechanismus umgehen, oder die Tumorzellen wieder empfindlich machen für die zuvor angewendeten Medikamente.

"Das Multiple Myelom zeichnet sich durch eine enorme Heterogenität aus. Die Resistenzmechanismen, die der Tumor entwickelt, gehen dabei nicht nur ihm selbst aus", erläutert Hose. "Sie werden auch durch das umliegende Gewebe und die angewendeten Medikamente, meist eine Kombination verschiedener Substanzen, beeinflusst. Das sind alles Faktoren, die die Forschung erschweren." Das Projekt wird von der Belgierin Professor Dr. Karin Vanderkerken koordiniert und bündelt die Expertise namhafter europäischer Myelomzentren.

Kontakt:

Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt
Medizinische Klinik V
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
E-Mail: hartmut.goldschmidt@med.uni-heidelberg.de

Dr. med. Dirk Hose
Medizinische Klinik V
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
E-Mail: dirk.hose@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 07.06.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2011