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MELDUNG/372: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 29.06.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Komplexe Krebs-Biochemie: Auch gute Seite an rabiatem Protein entdeckt
→  Mit naturnahen Wirkstoffen gegen Krebs und Stoffwechselerkrankungen


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Veterinärmedizinische Universität Wien - 28.06.2011

Komplexe Krebs-Biochemie - Auch gute Seite an rabiatem Protein entdeckt

Fehler im komplizierten biochemischen Prozess der Zellteilung führen oft zu Krebs. Einer der daran beteiligten Faktoren, der Transkriptionsfaktor c-JUN, gilt seit langem als direkt ins Krebsgeschehen involviert. Ein Team unter der Führung der Vetmeduni Vienna hat jetzt jedoch entdeckt, dass c-JUN auch dabei helfen kann, Krebs zu bekämpfen: c-JUN aktiviert auch ein Gen, das das Wachstum von Tumoren hemmt. Mit der nun gefundenen positiven Wirkung von c-JUN wird der biochemische Mechanismus der Entstehung von Krebs noch eine Spur komplizierter. Die Resultate wurden in der Zeitschrift "Oncotarget" veröffentlicht.

Der Transkriptionsfaktor c-JUN wurde in den 1980-er Jahren als Protein von Säugetieren beschrieben, das einem Krebs auslösenden Protein bei Vögeln sehr ähnlich ist. Seither führte intensive Forschungsarbeit in vielen Laboren weltweit zu einem grundlegenden Verständnis der Rolle von c-JUN bei der Krebsentstehung. Als so genannter Transkriptionsfaktor bindet er an die Erbsubstanz der Zelle, an die DNA, und aktiviert dort zentrale Prozesse, die in Summe zu ungeregeltem Zellwachstum und damit zu Krebs führen. Die Aktivität von c-JUN wird selbst noch zusätzlich von einer Reihe weiterer Proteine reguliert. Karoline Kollmann, eine Mitarbeiterin in Veronika Sexls Gruppe am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Vetmeduni Vienna, hat in einer erst jüngst veröffentlichten Arbeit gemeinsam mit Partnern an der Medizinischen Universität Wien und in Madrid eine weitere Funktion von c-JUN beschrieben, die das Wachstum von Krebszellen fördert, dies aber überraschenderweise unabhängig von der "normalen" Funktion des Proteins, indem es ein Abschalten der Aktivität eines Gens mit dem Namen Cdk6 verhindert.

Protein mit zwei Gesichtern

In der jetzt in "Oncotarget" veröffentlichten Arbeit zeigen Kollmann und ihre Kollegen jetzt, dass c-JUN neben all diesen bisher bekannten krebsfördernden Wirkungen auch Tumorwachstum hemmen kann: c-JUN kann ein bekanntes Tumor-Suppressorgen mit dem Namen p16INK4a aktiv halten. Wenn p16INK4a inaktiv ist oder mutiert, erhöht das das Risiko, an einer Reihe von Krebsarten zu erkranken. c-JUN schützt den Promoter von p16INK4a vor dem Inaktivwerden und scheint damit Zellen zu helfen, Krebs zu bekämpfen.

Biochemisches Durcheinander

Heißt das nun, dass ein zentraler Bösewicht der Krebsentstehung eigentlich nicht so böse ist, wie bisher gedacht? Kollmann antwortet vorsichtig: "Ich denke, das bedeutet, dass die Funktion all dieser Proteine viel komplexer ist, als wir heute wissen. Sie alle arbeiten mit vielen anderen Proteinen zusammen, und der Gesamteffekt hängt wieder von einer großen Zahl an Faktoren ab. Wir müssen diese Mechanismen noch viel besser verstehen lernen, bevor wir wissen, welche Proteine wir gezielt hemmen müssen, um Krebs wirksamer zu behandeln."


Rückfragehinweis:
Prof. Dr. Veronika Sexl
E veronika.sexl@vetmeduni.ac.at

Der Artikel "c-JUN prevents methylation of p16INK4a (and Cdk6): the villain turned bodyguard" von Karoline Kollmann, Gerwin Heller und Veronika Sexl wurde in der Open-Access-Zeitschrift "Oncotarget" (2011, Vol. 2, No. 5) veröffentlicht.

Der wissenschaftliche Artikel im Volltext online:
http://impactjournals.com/oncotarget/index.php?journal=oncotarget&page=article&op=view&path%5B%5D=279&path%5B%5D=432

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.vetmeduni.ac.at

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1560

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien, Beate Zöchmeister, 28.06.2011


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Universität Duisburg-Essen - 28.06.2011

Mit naturnahen Wirkstoffen gegen Krebs und Stoffwechselerkrankungen

Neue Wirkstoffe zur Bekämpfung von Krebs und Stoffwechselerkrankungen auf der Basis von Naturstoffen zu entdecken, ist Ziel eines neuen Konsortiums aus Unternehmen, Forschungsinstituten und der Universität Duisburg-Essen (UDE). Das Gemeinschaftsprojekt ist einer der Gewinner des Wettbewerbs Bio.NRW und wird in den kommenden drei Jahren mit rund 3,6 Mio. Euro durch das Wissenschaftsministerium gefördert.

Es bündelt die im Ruhrgebiet vorhandenen Kräfte in der Biotechnologie und der molekularen Medizin zu einem neuen Cluster und setzt damit einen deutlichen Impuls für die Biotechnologie-Landschaft in NRW. Zum Gewinnerkonsortium gehören das Westdeutsche Tumorzentrum der Universität Duisburg-Essen sowie die Dortmunder Einrichtungen Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS), Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, Lead Discovery Center (LDC), Intermed Discovery (IMD) sowie Taros Chemicals.

Eine der weltweit größten Naturstoffsammlungen

Zentrales Element des Forschungsprojekts ist eine umfassende Datenbank zu einer der weltweit größten Naturstoffsammlungen. Nach gemeinsam definierten Kriterien werden ausgewählte Substanzen für das Projekt zur Verfügung gestellt, auf ihre mögliche Eignung als Wirkstoff hin untersucht und gegebenenfalls weiter entwickelt. Dabei werden verschiedene Modelle und Technologien genutzt, um besser zu verstehen, wie die untersuchten Substanzen auf molekularer Ebene wirken und den Krankheitsverlauf beeinflussen könnten. Ferner wollen die Partner geeignete Biomarker zur Vorhersage der Wirksamkeit der neuen Substanzen identifizieren. Substanzen, die als aussichtsreiche Arzneimittelkandidaten aus dem Projekt hervorgehen, sollen zur professionellen klinischen Entwicklung an die pharmazeutische Industrie lizenziert werden.

Eine besondere Stärke ist die hochqualifizierte Zusammensetzung des Konsortiums. Alle relevanten Aufgaben im Bereich der Wirkstofffindung, von der Grundlagenforschung bis hin zur Nominierung von Entwicklungskandidaten, können von den Projektpartnern innerhalb von NRW eigenständig bewältigt werden. Das Projekt führt die Spezialisten in den Bereichen Naturstoffe, Synthese, Proteomics, Pharmakologie, Medizinalchemie, Wirkstoffforschung, Onkologie und metabolische Erkrankungen erstmals zu einer Wertschöpfungskette zusammen. Die räumliche Nähe der beteiligten Partner ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit und intensiven Austausch.

Weitere Informationen:

zum Projekt:
Dr. Michael Hamacher
info@lead-discovery.de

zur WTZ-Beteiligung:
Prof. Dr. Martin Schuler
Martin.Schuler@uk-essen.de

Redaktion: Beate H. Kostka

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution801

Quelle: Universität Duisburg-Essen, Beate Kostka M.A., 28.06.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2011