Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

MELDUNG/465: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 25.11.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  C_DAT-Forschungsneubau der Universität Greifswald in Rekordzeit errichtet
→  Tanz der Ribosomen - Die komplexe Körpersprache der zellulären Eiweißfabrik
→  Charité und Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
      bündeln ihre Spitzenforschung unter einem Dach
→  Wirksamkeit von Arzneistoffen gegen Krebs erhöhen
      Ansatz zur Entwicklung neuer Chemotherapeutika


*


Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 24.11.2011

C_DAT-Forschungsneubau der Universität Greifswald in Rekordzeit errichtet

Der Neubau des Zentrums für Pharmakologie, Pharmazie und experimentelle Therapie (C_DAT) der Universität Greifswald wurde heute (24. November 2011) feierlich eröffnet. In dem Zentrum wollen Wissenschaftler fakultätsübergreifend zusammenarbeiten und neuartige Medikamente sowie Therapiekonzepte entwickeln. Das Center of Drug Absorption and Transport (C_DAT) wurde Mitte 2008 vom Wissenschaftsrat als Projekt von nationaler Bedeutung eingestuft und dann in nur drei Jahren geplant, errichtet und in Betrieb genommen. Der 17,6 Millionen Euro teure Forschungsbau wurde jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Mecklenburg-Vorpommern aus Mitteln des Konjunkturpakets I finanziert.

Im Jahr 2008 wurden bei der Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern insgesamt 52 Projekte eingereicht. Nach einem aufwändigen Auswahlverfahren wurden davon 17 Vorhaben vom Wissenschaftsrat genehmigt und als Forschungsneubau von nationaler Bedeutung eingestuft. In den ostdeutschen Bundesländern hatte neben C_DAT nur das Zentrum für Energietechnologie der TU Cottbus den Sprung auf die Förderliste geschafft. "Das neue Forschungszentrum schafft exzellente Arbeitsbedingungen für die Wissenschaftler. Die Ergebnisse könnten die Entwicklung und Anwendung von Medikamenten und damit auch die Behandlung von Patienten erheblich verbessern", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering.

Im Neubau am Campus Berthold-Beitz-Platz stehen den Wissenschaftlern aus der Pharmakologie und der Pharmazie rund 2.500 m² Forschungsfläche zur Verfügung. "In diesem Neubau haben wir optimale Arbeitsbedingungen, um gemeinsam zwischen der Medizin und der Pharmazie mit modernsten Methoden Probleme der Arzneimittelentwicklung zu erforschen. Wir konzentrieren uns dabei auf die Frage, wie Arzneistoffe in den Organismus gelangen bzw. wie sie nach Aufnahme an ihren Zielort transportiert werden. Das Spektrum der Methoden reicht von molekularen Verfahren bis zu Untersuchungen am Menschen", erklärte Prof. Dr. Heyo Kroemer, Wissenschaftlicher Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald und Sprecher des C_DAT.

"Dieser Neubau verbessert die Forschungsbedingungen der Pharmakologen und Pharmazeuten der Greifswalder C_DAT-Gruppe. Sie haben im deutschlandweiten und fächerübergreifenden Wettbewerb den Zuschlag für die Bundesförderung für diesen Bau erhalten, und sie haben durch ihre erfolgreiche Arbeit und ihre hohe nationale Reputation die Landesregierung dazu bewogen, die andere Hälfte der Baukosten zu bewilligen. Zur Recht können sie stolz auf ihren Neubau sein. Für mich ist dies ein gutes Beispiel dafür, wie durch gemeinsame Anstrengungen auch in Mecklenburg-Vorpommern wissenschaftliche Exzellenz wachsen und gedeihen kann", so Prof. Dr. Rainer Westermann, der Rektor der Universität Greifswald. "In diesem Sinne sollten wir gemeinsam auch die weiteren dringenden Baumaßnahmen an unserer Universität angehen und zügig realisieren."

Mit dem Umzug in die Labore des C_DAT verbessern sich die Forschungsbedingungen für rund 70 Wissenschaftler und Mitarbeiter der Universität erheblich. In dem Forschungszentrum soll untersucht werden, wie der menschliche Körper Arzneimittel aufnimmt und transportiert. Ziel ist es, neue Therapiekonzepte und neuartige Arzneimittel zu entwickeln. Die Forscher hoffen, zum Beispiel die Dauerbehandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich verbessern zu können.

"Dieser Bau ist Ausdruck einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Naturwissenschaften und Medizin. Die räumliche Nähe beider Fakultäten auf dem Campus Beitz-Platz ist solchen Projekten förderlich", so Prof. Dr. Klaus Fesser, Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. In einem Gebäudeflügel, dem sogenannten Forschungsgebäude sind alle Laborräume einschließlich Lager- und Geräteräume sowie Kühlzellen der Pharmazie und Pharmakologie untergebracht. In einem gesonderten Baukörper befinden sich Praktikumsräume, Seminarräume und die Probandenstation der Pharmakologie. In einem zweiten Bauabschnitt soll im hinteren Grundstücksbereich noch ein Labor- und Praktikumsgebäude für die Biologie und Pharmazie errichtet werden. Grundsteinlegung für den Neubau war im September 2009 und Ende Oktober 2011 wurde das Gebäude an die neuen Nutzer übergeben. Betreut wurde die Baumaßnahme vom Betrieb für Bau und Liegenschaften des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Ansprechpartner

Jan Meßerschmidt
Presse- und Informationsstelle der Universität Greifswald
Domstraße 11, 17487 Greifswald
pressestelle@uni-greifswald.de

Prof. Dr. Heyo K. Kroemer
Wissenschaftlicher Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald
Fleischmannstraße 8, 17475 Greifswald
dekamed@uni-greifswald.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.cdat-greifswald.de/
Center of Drug Absorption and Transport

http://www.bbl-mv.de/?id=2500%2C1006030%2C%2C
Informationen und Bilder zum Projekt auf den Internetseiten des Betriebes für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment12413
Weitere Fakten zum C_DAT

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt, 24.11.2011


*


Charité-Universitätsmedizin Berlin - 24.11.2011

Tanz der Ribosomen

Die komplexe Körpersprache der zellulären Eiweißfabrik

Ribosomen, die Bauplätze des Lebens, sind wesentlich komplexer als bisher angenommen. Sie ändern während der Produktion von Proteinen ständig spontan ihre Erscheinungsform. Dies konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité - Universitätsmedizin Berlin, des Max-Planck-Instituts für Molekulare Genetik in Berlin und der Cornell University in New York jetzt erstmals mit Hilfe von speziellen elektronenmikroskopischen und biophysikalischen Methoden zeigen. Dieses bislang unbekannte Verhalten der Ribosomen ist wesentlich, um die spezifische Interaktion zwischen Ribosomen und Antibiotika besser analysieren zu können und bildet somit die Voraussetzung für ein besseres Verständnis der Wirkungsweise dieser Medikamente. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Molecular Cell" publiziert.

Ribosomen sind als zelluläre Fabriken für die Herstellung von Eiweißen verantwortlich und bestimmen damit Funktion und Struktur aller biologischen Zellen. Der strukturelle und funktionale Aufbau dieser Moleküle ist im Laufe der Evolution sehr konstant geblieben. Beide bestehen aus einer großen und einer kleinen Untereinheit. Im Entstehungsprozess eines Eiweißes, der Translation, wird der Bauplan dieses Eiweißes, die sogenannte Boten-RNS (Ribonukleinsäure) wie ein Magnetfilm an der Nahtstelle zwischen den beiden Untereinheiten des Ribosoms abgelesen. Anschließend werden die Eiweiße kettenartig aus Aminosäuren aufgebaut. Leser der Boten-RNS und gleichzeitig Träger der Aminosäuren sind die Transfer-RNS. Diese transportieren die zum Aufbau der Eiweiße benötigten Aminosäuren solange zum Ort der Synthese, bis der Bauplan das Ende dieser Arbeit signalisiert. Damit ist der genetische Code, der in der Abfolge der Nukleinsäuren gespeichert ist, von der Nukleinsäurewelt in ein Produkt der Proteinwelt übersetzt worden. Die Funktionsweise von Ribosomen aus Bakterien (Lebewesen ohne einen Zellkern) ist bisher recht gut verstanden. Weitaus weniger ist über die Ribosomen aus Eukaryonten (alle Lebewesen mit einem Zellkern) und damit auch den Ribosomen des Menschen bekannt. Dabei sind Eukaryontische Ribosomen deutlich größer und komplexer.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Christian Spahn, Direktor des Instituts für Medizinische Physik und Biophysik am Campus Charité Mitte, konnten nun zeigen, dass sowohl die L-förmige Transfer-RNS als auch die Ribosomen während des Translationsprozesses spontan zwischen unterschiedlichen Erscheinungsformen oszillieren. "Überraschend war für uns die Erkenntnis, dass während der bakteriellen Proteinbiosynthese und der bei den Eukaryonten sowohl bei der Ribosomen und den Transfer-RNA unterschiedliche Konformationen favorisiert werden. Dies weist auf divergierende Strategien in der Regulation der Eiweiß-Herstellung und ist somit Ansatz für die unterschiedliche Wirkweise von Antibiotika bei verschiedenen Spezies", kommentiert Tatyana Budkevich, die Erstautorin der Studie ihre Ergebnisse.

Kontakt:
Prof. Christian Spahn
Direktor des Instituts für Medizinische Physik und Biophysik
Campus Charité Mitte
christian.spahn@charite.de

* Budkevich T, Giesebrecht J, Altman RB, Munro JB, Mielke T, Nierhaus KH, Blanchard SC, Spahn CM.
Structure and dynamics of the Mammalian ribosomal pretranslocation complex.
Mol Cell. 2011 Oct 21; 44(2): 214-24
doi:10.1016/j.molcel.2011.07.040

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution318

Quelle: Charité-Universitätsmedizin Berlin, Dr. Julia Biederlack, 24.11.2011


*


Gemeinsame Pressemitteilung vom 24.11.2011
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch

Charité und MDC bündeln ihre Spitzenforschung unter einem Dach

Die Charité - Universitätsmedizin Berlin und das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch, ein Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, werden ihre bisherige Zusammenarbeit ausbauen. Dieser Forschungsverbund soll im Sinne eines qualitätsgesicherten und durch die Wissenschaft geleiteten Prozesses dazu beitragen, die internationale Sichtbarkeit der Lebenswissenschaften in Berlin dauerhaft zu stärken. Das Zusammengehen von MDC und Charité in der Forschung trägt dabei den Besonderheiten des Wissenschaftsstandorts Berlin mit seinem seit vielen Jahren bestehenden dichten Netzwerk biomedizinischer Forschungseinrichtungen Rechnung.

Allerdings befürchten MDC und Charité, dass die Absicht der neuen Landesregierung, Forschung und Wissenschaft zu trennen und sie zwei unterschiedlichen Ressorts - Wirtschaft und Bildung - zuzuordnen, die künftige Zusammenarbeit erschweren wird. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf den offenen Brief, den die deutsche Wissenschaft an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, und den Fraktions- und Landesvorsitzenden der Berliner CDU, Frank Henkel, geschrieben hat. Darin fordert die Wissenschaft, diesen Beschluß aufzuheben und Forschung und Wissenschaft unter einem Dach zu belassen.

MDC und Charité weisen weiter darauf hin, dass sie angesichts ihrer langjährigen Zusammenarbeit zum Beispiel bei der Berufung von Spitzenwissenschaftlern, der Durchführung von leistungsstarken Verbundprojekten sowie der Nutzung von Forschungsinfrastruktur bereits am 8. Juli diesen Jahres eine Absichtserklärung über ihre zukünftige institutionelle Zusammenarbeit unterzeichnet haben. So sollen durch die Bündelung der komplementären grundlagen- sowie patientenorientierten klinischen Forschung der Wissenschaftsstandort Berlin und die Gesundheitsforschung in Deutschland dauerhaft in der internationalen Spitze der Lebenswissenschaften etabliert werden.

Durch die Kooperation sollen darüber hinaus auch der Zugang zu Patienten, die Förderung eines klinisch und experimentell geschulten wissenschaftlichen Nachwuchses sowie die Zusammenarbeit bei der Forschungsinfrastruktur nachhaltig intensiviert werden. Die zukünftige Verbindung könnte nach Ansicht von MDC und Charité zugleich wichtige Anknüpfungspunkte für weitere Forschungseinrichtungen bieten, so beispielsweise für das von der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen der Exzellenzinitiative geplante lebenswissenschaftliche Integrative Research Institute am Campus Nord der HU sowie für den Ausbau des Biocampus Dahlem des Exzellenzkonzepts der Freien Universität.

"Das MDC passt mit seiner international anerkannten Forschung in den Bereichen Krebs, Neurowissenschaften sowie Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen hervorragend zum herausragenden klinischen Profil der Charité", erklärt Prof. Walter Rosenthal, Vorsitzender des Stiftungsvorstands und wissenschaftlicher Vorstand des MDC. Auch Prof. Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité, sieht in der Partnerschaft eine einmalige Chance, die exzellente molekulare Grundlagenforschung des MDC mit der Charité zu verbinden und gezielter als bisher Innovationen ans Krankenbett zu bringen. "Wir erreichen damit eine neue Dimension in der translationalen Zusammenarbeit zwischen grundlagen-, krankheits- und patientenorientierter Forschung." Prof. Jürgen Mlynek, der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, unterstützt die geplante Verbindung ebenfalls mit Nachdruck. "Die geplante strategische Partnerschaft zwischen MDC und Charité wird der biomedizinischen Forschung in Berlin noch mehr internationale Sichtbarkeit geben."

Bundesforschungsministerin Annette Schavan und ihr scheidender Berliner Amtskollege Prof. Jürgen Zöllner (SPD) hatten den Anstoß für die geplante engere Verbindung von MDC und Charité gegeben. Nach Ansicht von MDC und Charité kommt dem geplanten Vorgehen insbesondere durch die Verbindung der bundesweiten Förderung aller exzellenten Wissenschaftsbereiche Pilotcharakter für weitere Bundesländer zu.

Kontakt:

Claudia Peter
Stellvertr. Leiterin Unternehmenskommunikation
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Email: claudia.peter@charite.de

Barbara Bachtler
Leiterin Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
in der Helmholtz-Gemeinschaft
e-mail: bachtler@mdc-berlin.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mdc-berlin.de/de/news/2011/20111124-offener_brief_der_wissenschaft_an_wowereit/index.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution672

Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, Barbara Bachtler, 24.11.2011


*


Wilhelm Sander-Stiftung - 24.11.2011

Wirksamkeit von Arzneistoffen gegen Krebs erhöhen - Ansatz zur Entwicklung neuer Chemotherapeutika

Viele Tumorarten sind gegenüber Medikamenten entweder unempfindlich oder werden es während der Therapie. Woran das liegt und wie solche Chemoresistenzen künftig umgangen werden können, wollen Prof. Dr. Angelika Vollmer von der Universität München und Prof. Dr. Simone Fulda an der Universität Frankfurt erforschen. Bei der Aufklärung helfen soll die jüngst entdeckte Substanz "T8", die offenbar in der Lage ist, Tumorzellen wieder für Medikamente angreifbar zu machen.

Tumore haben vielfältig Strategien entwickelt, die sie vor Abtötung schützen. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie spezielle Schutzeiweiße in überdurchschnittlich großer Zahl ausbilden. "XIAP" ist ein Vertreter dieser Eiweißkategorie. Es verhindert den Zelltod. Beispielsweise bilden Lymphdrüsengeschwulste XIAP in besonders hoher Konzentration aus. Die Wirkung von XIAP konnten Forscher bestätigen, indem sie Leukämie-Zellen genetisch so verändert haben, dass sie vermehrt XIAP produzieren. Daraufhin überlebten die Zellen die Behandlung mit dem Zellgift Etoposid, das normalerweise Zellwachstum und Zellteilung hemmt und zum Absterben der Zellen führt. "Schutzeiweiße wie XIAP sind interessante Zielstrukturen zur Entwicklung neuer Krebsmedikamente mit besserer Wirksamkeit, weil sie offenbar eine der Ursachen für die Resistenzen gegen die gängigen Medikamente sind", erläutert die Pharmakologin Vollmar.

Ihre Arbeitsgruppe hat in Kooperation mit Forschern aus Innsbruck eine Substanz identifiziert, die in der Lage ist, Tumorzellen wieder für Chemotherapeutika empfindlich zu machen. Diese Substanz haben die Forscher schlicht T8 getauft. T8 ist in der Lage, Tumorzellen angreifbar zu machen obwohl sie Eiweiße zum Schutz vor Zelltod (wie z.B. XIAP) vermehrt produzieren und dadurch gegenüber klassischen Krebsmedikamenten resistent sind. So kann nach einer Behandlung dieser Zellen mit T8 auch das Zellgift Etoposid wieder seine Wirkung entfalten.

Bislang ist nicht bekannt welche Zielstruktur die Substanz T8 besitzt und welche Mechanismen der Wirkung zugrunde liegen. Eine Hypothese, die die Arbeitsgruppe verfolgt, ist die, dass T8 in den Ableseprozess des Erbgutes eingreift. So könnte T8 beispielsweise verhindern, dass XIAP den sogenannten Transkriptionsfaktors NF-κB aktiviert. Der Transkriptionsfaktor NF-κB bedingt in vielen Tumorzellen einen verstärkten Schutz gegen Zelltod und kann bei der Resistenzentwicklung von Tumorzellen eine Rolle spielen. Möglich ist aber auch, dass T8 unabhängig von XIAP und NF-κB wirkt und über einen ganz anderen Mechanismus die Wirkung des Schutzeiweiße aufhebt.

In dem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt gehen Angelika Vollmer und Simone Fulda mit ihren Teams beiden Hypothesen nach. Ihr Ziel ist es, eine neue Klasse von Substanzen zu charakterisieren, die die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten erhöhen können. Danach sollen die Substanzen an verschiedenen Tumorzell-Modellen im Reagenzglas und im Mausmodell auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden.

Frau Professor Dr. Angelika M. Vollmar ist Inhaberin des Lehrstuhls für Pharmazeutische Biologie und Sprecherin des Munich Center for System-based Drug Discovery an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Frau Professor Dr. Simone Fulda leitet als Direktorin das Institut für Experimentelle Tumorforschung in der Pädiatrie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 90.000 Euro. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontakt (Projektleitung):
Prof. Dr. Angelika M. Vollmar
Department Pharmazie, LMU
Zentrum für Pharmaforschung
Angelika.Vollmar@cup.uni-muenchen.de
www.cup.uni-muenchen.de/pb/aks/vollmar

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/de/image157098
Gewebeschnitt durch ein Lymphdrüsengeschwulst: Die Tumorzellen produzieren das Schutzeiweiß XIAP in überdurchschnittlich hoher Menge (braune Färbung).

http://idw-online.de/de/image157099
Überleben von Leukämie-Zellen nach Behandlung von Etoposid alleine (B) und einer Kombination von Etoposid und T8 (C und D). T8 ist in der Lage, XIAP überexprimierende Zellen, die an sich gegenüber Etoposid resistent sind, für dieses Chemotherapeutikum empfindlich zu machen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Sylvia Kloberdanz, 24.11.2011


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2011