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MELDUNG/734: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 19.12.13 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

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Goethe-Universität Frankfurt am Main - 18.12.2013

Frankfurt als Zentrum der regenerativen Medizin

Zell- und Gentherapien eröffnen neue Perspektiven für verbreitete und seltene Krankheiten. Unlängst bewilligte Hessen die zweite Förderperiode des Loewe-Zentrums.

FRANKFURT. Wie können Herzmuskelzellen nach einem Infarkt regenerieren? Gibt es eine Immuntherapie bei Krebs und Leukämien? Kann man Gendefekte langfristig korrigieren? Das sind Fragen, denen sich das Loewe-Zentrum für Zell- und Gentherapie (CGT) widmet. Nach einer positiven Begutachtung wird das Zentrum durch das Land Hessen für weitere drei Jahre mit 18,5 Millionen Euro gefördert. "In Frankfurt werden weltweit beachtete und innovative Therapiekonzepte für Leukämien und anderen Krebsarten bei Erwachsenen und Kindern entwickelt. Dank der engen Verzahnung von Grundlagenforschung und Klinik am CGT kommen neue Forschungsergebnisse den Patienten schnell zugute", erklärt Prof. Hubert Serve, einer der Sprecher des CGT und Direktor der Onkologie und Hämatologie für Erwachsene. Das interdisziplinäre Zentrum erforscht mit seinen Projektpartnern, dem Georg-Speyer-Haus und dem Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim, das gesamte Spektrum der regenerativen Medizin. Bei den Zelltherapien werden gesunde Zellen in erkranktes Gewebe transplantiert oder injiziert. Beispiele sind die Knochenmarktransplantation bei Leukämien oder die Behandlung geschädigter Herzmuskelzellen nach einem Infarkt mit Blutstammzellen.

Die beiden anderen Sprecher des CGT, Prof. Andreas Zeiher, Direktor der Kardiologie, und Prof. Stefanie Dimmeler vom Institut für Kardiovaskuläre Regeneration, konnten zeigen, dass sich die Überlebenschance bei akutem Herzinfarkt durch die Therapie mit Blutstammzellen des Patienten deutlich verbessert. Bis 2015 sind deshalb zwei große kardiovaskuläre Studien geplant, in denen unter Frankfurter Leitung Zelltherapeutika in ganz Europa hergestellt und klinisch geprüft werden.

Für die Krebstherapie rüsten die Forscher inzwischen auch Zellen des Immunsystems im Labor genetisch auf, so dass diese Krebszellen besser erkennen und vernichten können. Spezielle Immunzellen können auch Abstoßungsreaktionen verhindern, die zu den Risiken jeder Transplantation gehören. So versprechen die neuen Zelltherapien, Krebszellen wirkungsvoll zu vernichten, ohne gesundes Gewebe anzugreifen. "Wir leben in einer spannenden Zeit: Neue Erkenntnisse über die Biologie von Leukämien und soliden Tumoren, eine Flut von neuen Techniken, mit denen wir Patientenproben analysieren und neuartige Arzneimittel herstellen können, und viele grandiose Ideen haben heute schon unglaubliche Auswirkungen auf die klinische Praxis und werden die Diagnostik und Therapie in den nächsten Jahren revolutionieren", urteilt Serve.

Auch bei der Gentherapie, die Gendefekte ausgleicht, indem sie intakte Genkopien in die Zellen einschleust, sind nach der Euphorie und den Rückschlägen der Anfangsjahre inzwischen erste Erfolge zu vermelden. In Frankfurt wurden erstmals zwei Patienten mit einer schwerwiegenden Immunschwäche (X-CGD) gentherapeutisch behandelt. Leider nahm die Zahl der korrigierten Zellen im Laufe der Zeit wieder ab, so dass die Patienten schließlich an ihrer Grunderkrankung starben. Inzwischen sind aber die Gen-Taxis, mit denen intakte Genkopien in die kranken Zellen geschleust werden, deutlich verbessert worden, so dass die gentherapeutische Behandlung von CGD-Patienten 2014 wieder aufgenommen wird.

Informationen: Prof. Hubert Serve, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum,
serve@em.uni-frankfurt.de

Herausgeber: Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation
Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main

Redaktion:
Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation
E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
Internet: www.uni-frankfurt.de

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn drittmittelstärksten und größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Parallel dazu erhält die Universität auch baulich ein neues Gesicht. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht ein neuer Campus, der ästhetische und funktionale Maßstäbe setzt. Die "Science City" auf dem Riedberg vereint die naturwissenschaftlichen Fachbereiche in unmittelbarer Nachbarschaft zu zwei Max-Planck-Instituten. Mit über 55 Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität laut Stifterverband eine Führungsrolle ein.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution131

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Dr. Anne Hardy, 18.12.2013

Raute

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Heidelberg, 18. Dezember 2013

Wie Zuckermoleküle die Embryonalentwicklung beeinflussen

Heidelberger Wissenschaftler können zeigen, dass an Proteine gebundene Mannosen für die Ausbildung von Zell-Zell-Kontakten wichtig sind

Zuckermoleküle haben eine entscheidende Bedeutung bei der sogenannten Zelladhäsion, der spezifischen Interaktion zwischen Zellen, und damit auch bei der Embryonalentwicklung. Zu diesem Schluss sind Forscher um Prof. Dr. Sabine Strahl vom Centre for Organismal Studies der Universität Heidelberg gekommen. Ihre Untersuchungen zeigen, dass eine besondere Form der Glykosylierung - bei diesem Vorgang werden Zuckermoleküle an Proteine gebunden - für die Funktion des Zelladhäsionsproteins E-Cadherin unentbehrlich ist. Fehlt diese Proteinmodifikation, ist eine Differenzierung des Embryos nicht möglich, wie Prof. Strahl betont. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "PNAS" veröffentlicht.

In der frühen Phase der Embryonalentwicklung teilt sich die befruchtete Eizelle und bildet eine Kugel locker miteinander verbundener Zellen, die sogenannte Morula. Damit sich daraus ein kompaktes Zellpaket und letztendlich ein komplexer Organismus entwickeln kann, müssen sich die Zellen zunächst fest miteinander verbinden. Von grundlegender Bedeutung für diese Verbindung sind Zelladhäsionsmoleküle wie E-Cadherin. Dabei handelt es sich um Proteine, die den Zusammenhalt von Geweben und die Kommunikation von Zellen miteinander ermöglichen. In allen lebenden Organismen werden zahlreiche Proteine nach ihrer Biosynthese mit Zuckermolekülen verknüpft. Dieser als Glykosylierung bezeichnete Prozess ist für Wachstum und Entwicklung unentbehrlich. "Das Fehlen bestimmter Zuckerreste kann beim Menschen zu schweren erblichen Entwicklungsstörungen führen", betont Prof. Strahl.

Das Team um die Heidelberger Wissenschaftlerin konnte nun im Mausmodell aufklären, warum eine bestimmte Art der Glykosylierung, die sogenannte Protein O-Mannosylierung, für die frühe Embryonalentwicklung unentbehrlich ist. Die Forscher haben dabei nachgewiesen, dass das Protein E-Cadherin Mannosen trägt. Dabei handelt es sich um Zuckermoleküle, die ab dem Vier-Zellstadium auf der Oberfläche embryonaler Zellen vorkommen. Wird die Biosynthese dieser E-Cadherin-gebundenen Zuckerreste gehemmt, können keine funktionellen Zellverbindungen mehr ausgebildet werden - die Zellen haften nicht mehr stabil aneinander. Dies hat zur Folge, dass die Embryonen absterben, noch bevor sie sich in die Gebärmutter einnisten können.

"Der von uns nachgewiesene ursächliche Zusammenhang zwischen den Zuckerresten und der Cadherin-vermittelten Zelladhäsion zeigt, dass diese Proteinmodifikation weitaus wichtiger ist als ursprünglich angenommen", erläutert Sabine Strahl. "In Hinblick auf die wichtigen Funktionen von Cadherinen sowohl für Entwicklungsvorgänge bei Wirbeltieren als auch für die Metastasierung von Tumoren ist unsere Arbeit von großer Relevanz für viele Gebiete der Lebenswissenschaften und der medizinischen Forschung." Aufbauend auf den Forschungsergebnissen wollen die Heidelberger Wissenschaftler nun die Bedeutung dieser Proteinmodifizierung bei der Entstehung von Krebs untersuchen.

Die Forschungen wurden im Rahmen des Programms "Glykobiologie/Glykomik" der Baden-Württemberg Stiftung gefördert. Kooperationspartner der aktuellen Arbeiten waren Wissenschaftler des Genzentrums der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Informationen im Internet:
www.cos.uni-heidelberg.de/index.php/s.strahl?l=_e

Originalpublikation:
M. Lommel, P.R. Winterhalter, T. Willer, M. Dahlhoff, M.R. Schneider, M.F. Bartels, I. Renner-Müller, T. Ruppert, E. Wolf, and S. Strahl: Protein O-mannosylation is crucial for E-cadherin-mediated cell adhesion, PNAS (2. Dezember 2013), doi: 10.1073/pnas.1316753110

Kontakt:
Prof. Dr. Sabine Strahl
Centre for Organismal Studies (COS)
Sabine.strahl@cos.uni-heidelberg.de

Kommunikation und Marketing
Pressestelle
presse@rektorat.uni-heidelberg.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image222784
Frühe Phase der Embryonalentwicklung

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution5

Quelle: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Marietta Fuhrmann-Koch, 18.12.2013

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2013