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MELDUNG/743: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 13.02.14 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Biomediziner hat neues Hunger-Hormon gefunden
→  Neue Forschungsprojekte im Bereich Medizinische Biodiversität
      und Parasitologie



Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 12.02.2014

Neues Hunger-Hormon gefunden

In den USA hat der Biomediziner Grzegorz Sumara (34) ein Hormon entdeckt, das bei Hunger freigesetzt wird. In Würzburg erforscht er es nun weiter - als Leiter einer Nachwuchsgruppe, die mit gut einer Million Euro gefördert wird.

Hat sich ein Mensch ordentlich satt gegessen, wird die Energie aus der Nahrung entweder gleich genutzt oder für Notzeiten gespeichert. Gibt es dann Hungerperioden zu überbrücken, wird die gespeicherte Energie abgerufen. Das alles gelingt durch ein komplexes Zusammenspiel von Hormonen und Organen.

Das Hormon Insulin zum Beispiel sorgt bei Sättigung dafür, dass sich Zucker und Fette in der Leber oder im Fettgewebe ablagern. Die beiden Energiespeicher sind dazu in der Lage, große Mengen Nährstoffe aufzunehmen und bei Bedarf wieder freizusetzen. Wenn dieses System nicht mehr richtig auf den Ernährungszustand reagiert, können Krankheiten wie Diabetes entstehen.

Neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe

Ständig passt sich der Organismus an Schwankungen im Nährstoffangebot an. Was genau läuft dabei auf der Ebene der Moleküle und Gene ab? Dafür interessiert sich der Forscher Grzegorz Sumara. Der 34-Jährige ist kürzlich aus den USA - mit einer kurzen Zwischenstation in Straßburg - an die Universität Würzburg gekommen.

Sumara wird am Würzburger Rudolf-Virchow-Zentrum für experimentelle Biomedizin eine neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe aufbauen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 1,1 Millionen Euro unterstützt wird. Im Emmy-Noether-Programm fördert die DFG herausragende promovierte Wissenschaftler, die internationale Erfahrungen in der Forschung vorweisen können. Benannt ist das Programm nach der deutschen Mathematikerin Emmy Noether (1882-1935).

Serotonin mit unerwarteter Funktion

In seiner Zeit in den USA hat Sumara bei Mäusen entdeckt, dass das lange bekannte Hormon Serotonin völlig unerwartete Funktionen im Metabolismus hat: Es entsteht auch im Darm und wird deshalb als "gut-derived serotonin" (GDS) bezeichnet. Als Antwort auf Hunger fördert es die Mobilisierung der Reserven im Fettgewebe und die Neubildung von Glukose in der Leber. Zudem hemmt es die Aufnahme von Glukose in die Leber, so dass der energiereiche Stoff im Blut bleibt und dem Organismus zur Verfügung steht. "Interessanterweise zeigt sich ein spannender Effekt, wenn wir bei diabetischen Mäusen die Produktion des Hormons unterdrücken", so Sumara. Dann nämlich sinken der Zucker- und der Fettspiegel im Blut.

Damit kann das Hormon eine Schlüsselfunktion bei Diabetes einnehmen - ob das auch bei Menschen so ist, möchte Sumara nun erforschen. Welche molekularen Mechanismen zu diesen Effekten führen, ist bislang nicht bekannt. Sumaras Forschungsgruppe will das ändern und dabei auch neue Strategien für die Behandlung von Diabetes entdecken, die über GDS und seine Signalwege wirken.

Kontakt:
Dr. Grzegorz Sumara
Rudolf-Virchow-Zentrum für Experimentelle Biomedizin
grzegorz.sumara@uni-wuerzburg.de

Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.uni-wuerzburg.de
Website der Uni Würzburg

http://www-rudolf-virchow-zentrum.de
Website des Rudolf Virchow Zentrums

http://www.rudolf-virchow-zentrum.de/forschung/arbeitsgruppen/ag-sumara/kontakt.html
Informationen zu Grzegorz Sumara


Werdegang von Grzegorz Sumara
Grzegorz Sumara wurde 1980 in Krakau in Polen geboren. In seiner Heimatstadt besuchte er die Schule, dort studierte er Biologie an der Jagiellonian-Universität. Schon als Student machte er Erfahrungen in der internationalen Forschung: Er absolvierte mehrmonatige Aufenthalte in biologisch-medizinischen Laboren in Wien und Zürich.
In der Schweiz begann er 2004 seine Doktorarbeit im PhD-Programm "Molecular Life Science". Dabei forschte er am Institut für Physiologie der Universität Zürich und am Institut für Zellbiologie der ETH Zürich. Nach der Promotion ging Sumara dann 2008 als Postdoc-Stipendiat des Human Frontier Science Program an die Columbia University in New York (USA). Von dort kam er mit einer kurzen Zwischenstation in Straßburg nun als Leiter einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe ans Rudolf-Virchow-Zentrum für experimentelle Biomedizin der Universität Würzburg.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution99

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Marco Bosch, 12.02.2014

Raute

Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 12.02.2014

Neue Forschungsprojekte im Bereich Medizinische Biodiversität und Parasitologie

In Zeiten des Globalen Wandels finden zahlreiche Krankheitserreger und -überträger ihren Weg in neue Lebensräume. Auch zeigen sich gänzlich neuartige Krankheiten und treten häufig erst mit zeitlicher Verzögerung in den Industrieländern auf. Lebensweisen, Umweltbedingungen und Wirt-Erreger-Interaktionen beeinflussen dabei die Ausbreitungsmechanismen. Die Frankfurter Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Sven Klimpel (Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum und Goethe-Universität) trägt nun mit zwei neuen Projekten, einer Graduiertenschule und einem BiodivERsA-Projekt, zum Verständnis der komplexen Zusammenhänge bei.

Infektionskrankheiten sind die weltweit häufigste Todesursache: Im Jahr 2001 starben laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ca. 14,9 Millionen Menschen daran. Dies entspricht etwa 26 % aller Todesfälle. In den Industrieländern konnten im Verlauf des 20. Jahrhunderts viele Infektionskrankheiten durch verbesserte Lebensbedingungen und Hygiene sowie den medizinischen Fortschritt zurückgedrängt werden. Seit einigen Jahrzehnten spielen hier jedoch neu oder wieder auftretende Infektionskrankheiten und durch Vektoren, also andere Organismen (z.B. blutsaugende Insekten), übertragene Krankheiten eine zunehmende Rolle. Etliche dieser Erreger wurden erst in den letzten Jahrzehnten entdeckt, wie z.B. das Humane Immundefizienz-Virus (HIV), Hanta-Viren, sowie virale Erreger hämorrhagischer Fieber, z.B. das Ebola- oder Marburg-Virus. Die hohe Mobilität der Menschen und der weltweite Handel schaffen vielfältige Übertragungswege: Von einer einzigen Infektionsquelle ausgehend können Personen in verschiedenen Ländern infiziert werden. Die rapide globale Ausbreitung des SARS-Erregers (Severe acute respiratory syndrome) im Winter 2002/2003 ist ein aktuelles Beispiel für diese globale Bedrohung.

Vielfältige Ursachen für ein globales Problem

Das neue, erneute oder vermehrte Auftreten von Infektionskrankheiten resultiert aus einer komplexen Beziehung zwischen Umwelt, Wirt und Erreger. Relevant sind dafür neben der Globalisierung auch ökologische, landwirtschaftliche und sozioökonomische Veränderungen sowie Missstände in der Lebensmittelproduktion und Gesundheitsversorgung. Ökologische Veränderungen oder auch der Klimawandel betreffen beispielsweise die Habitate von Wirbeltieren oder Gliederfüßern (z.B. Stechmücken), welche Erreger auf den Menschen übertragen. Auch wird die Entstehung und Verbreitung neu oder wieder auftretender Infektionskrankheiten durch Veränderungen des Verhaltens des potentiellen Wirtes "Mensch" begünstigt. Außer der Ernährung, der Freizeitaktivität und der Reisetätigkeit spielen dabei der Medikamentenkonsum und der Gebrauch von Drogen eine wichtige Rolle.

Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, ist eine kontinuierliche Erforschung dieser Zusammenhänge und die Ausbildung qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler essentiell. Prof. Dr. Sven Klimpel und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Goethe-Universität Frankfurt, des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, lehren und forschen zu dieser Thematik und sind in diesem Kontext an zwei Großprojekten mit jeweils drei Jahren Laufzeit beteiligt.

Gut ausgebildeter Nachwuchs als Zukunftskapital

Die Leibniz-Gemeinschaft fördert mit einer Million Euro die Graduiertenschule International Multidisciplinary Parasitology and Vector Biology (IMPact-Vector), an der sich neben den Frankfurter Einrichtungen Leibniz-Institute in Hamburg (Bernhard Nocht Institut für Tropenmedizin, BNITM) und Berlin (Institut für Zoo- und Wildtierforschung, IZW, und Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, IGB) beteiligen. Die Graduiertenschule soll dem Nachwuchsrückgang in den Fachgebieten Infektionsbiologie und Parasitologie entgegenwirken und sicherstellen, dass die dringend benötigte wissenschaftliche Expertise auch künftig zur Verfügung steht. Inhaltlich geht es um die Erforschung von Infektionsprozessen unter Einbeziehung von Vektoren und Zwischenwirten, und zwar in unterschiedlichen Öko- und Modell-Systemen. Ziel der Ausbildung ist der Erwerb spezieller Kenntnisse über parasitologische, entomologische, molekulare und epidemiologische Aspekte vektorassoziierter Infektionskrankheiten und Parasitosen.

Grenzübergreifende Forschung für grenzüberschreitende Themen

Im Rahmen der europäischen Fördermaßnahme ERA-Net BiodivERsA wird außerdem ein Verbundprojekt mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Frankreich und Österreich gefördert. Unter dem Titel "Globaler Wandel und invasive Stechmücken als Infektionskrankheitsrisiko in Europa" stehen die Auswirkungen invasiver Stechmückenarten im Fokus. Dem Projekt stehen dafür rund 1,2 Mill. Euro zur Verfügung, mit denen die Übertragungswege von Infektionskrankheiten durch Mücken sowie die genetische Vielfalt, geographische Verbreitung und Klimatoleranz der neu in Europa auftretenden Mückenarten erforscht werden. "Stechmücken gelten weltweit als die wichtigsten Überträger vektor-assoziierter Infektionserreger", resümiert Klimpel. "Durch den globalen Wandel eröffnen sich für viele Arten neue Lebensräume. Die absehbar bedeutendste Rolle in Europa spielen dabei Invasoren wie die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), Asiatische Buschmücke (Ochlerotatus japonicus) und die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti). Dank der eingeworbenen EU-Mittel können wir uns jetzt grenzübergreifend mit diesem ganz Europa betreffenden Thema beschäftigen."

Mit dem Programm ERA-Net BiodivERsA (European Research Area, ERA) fördert die Europäische Kommission die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Forschungsförderinstitutionen; dies ist ein Hauptinstrument für das Zusammenwachsen des Europäischen Forschungsraums. Dank der hier aufgebauten europäischen Netzwerke können die nationalen und regionalen Forschungsaktivitäten besser koordiniert werden, um die Fragmentierung des Europäischen Forschungsraums zu überwinden. BiodivERsA ist ein derartiges Großprojekt, in dem die europäische Förderstrategie für Biodiversitätsforschung weiter vorangetrieben wird.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:

Prof. Dr. Sven Klimpel
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
sven.klimpel@senckenberg.de

oder

Dr. Julia Krohmer
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
Transferstelle
julia.krohmer@senckenberg.de
www.bik-f.de/root/index.php?page_id=32&ID=685&year=0

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

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LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum

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Wissenschaftlicher Nachwuchs bei der parasitologischen Aufarbeitung von Proben im Labor.

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LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wechselwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Akteuren aus Wissenschaft, Ressourcen- und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben. Mehr unter
www.bik-f.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution639

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Sabine Wendler, 12.02.2014

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2014