Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → FAKTEN


MELDUNG/814: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 10.03.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Studie zu lebenslänglich haltbaren Aorten-Herzklappen
→  Datenbank AnimalTestInfo: Deutsche Initiative für mehr Transparenz bei Tierversuchsvorhaben


Medizinische Hochschule Hannover - 09.03.2015

Jetzt auch mit mehr Druck: MHH-Studie zu lebenslänglich haltbaren Aorten-Herzklappen

5 Millionen Euro von der Europäischen Union für ARISE-Studie

Die Europäische Union (EU) unterstützt die klinische Studie "Aortic Valve Replacement using Individualised Regenerative Allografts: Bridging the Therapeutic Gap" (ARISE) mit fünf Millionen Euro für vier Jahre. In der Studie untersuchen die Mediziner unter der Leitung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) einen neuen Aortenklappen-Ersatz, der nicht abgestoßen wird und länger hält. An der Studie nehmen außer der MHH fünf weitere führende europäische Herzzentren teil. Insgesamt werden 120 Patienten behandelt.

Die am Anfang des Jahres gestartete Studie nutzt das Prinzip der dezellularisierten Herzklappe, wie sie in der ESPOIR-Studie bereits seit 2012 für die Lungenschlagaderklappe (Pulmonalklappe) eingesetzt werden. "Wir haben zunächst die Pulmonalklappe getestet, weil der Druck auf die Aortenklappe, durch die das Herz das Blut aus der linken Herzkammer in die Hauptschlagader pumpt, dreimal höher ist als in der rechten Herzkammer. Zudem liegen direkt hinter der Aortenklappe die Ursprünge der Herzkranzgefäße. Dadurch ist die Implantation einer Aortenklappe wesentlich komplizierter als die der Pulmonalklappe", erklärt Professor Dr. Axel Haverich, Leiter der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie (HTTG) und Koordinator von ARISE.

Dezellularisierte "Homografts" sind menschliche Spender-Herzklappen, deren Zellen in Speziallabors der aus der MHH heraus entstandenen Firma Corlife entfernt werden, so dass nur noch das Gerüst aus der Stützsubstanz Kollagen bleibt. Der Vorteil: Die Herzklappe hält ein Leben lang, wird nicht abgestoßen und wächst im Idealfall bei Kindern und Jugendlichen sogar mit. "Die Behandlungsmethode eignet sich besonders für junge Frauen mit Kinderwunsch. Sie müssen nach der Operation keine Blutverdünner einnehmen, die mit Risiken wie Thrombose, Embolien, kindlichen Fehlbildungen und starken Blutungen bei Verletzung oder Geburt verbunden sind", erklärt der Studienleiter PD Dr. Samir Sarikouch, Bereichsleiter Klinische Studien der HTTG.

Jedes Jahr werden 65.000 Aortenklappen in Europa ersetzt, um erworbene oder angeborene Erkrankungen der Herzklappe zu behandeln. Die Chirurgen haben im Laufe der vergangenen vier Jahre bereits 50 Patienten an der MHH dezellularisierte Aortenklappen implantiert. "Ich habe 2013 eine dezellularisierte Aortenklappe erhalten, ohne die Operation hätte ich mein zweites Kind nicht bekommen können", sagt die Patientin Signe Lenz-Somdalen.

In dem bisher üblichen Standardverfahren implantieren Herzchirurgen mechanische beziehungsweise biologische Herzklappen tierischen Ursprungs. Mechanische Klappen erfordern jedoch eine dauerhafte Blutverdünnung. Tierische Herzklappen degenerieren nach etwa acht bis zehn Jahren und machen eine erneute Operation erforderlich, die für den Patienten von Mal zu Mal gefährlicher wird.

Der Einschluss von Patienten in die Studie erfolgt in Zusammenarbeit mit einem unabhängigen, internationalen Ethik-Komitee unter Beteiligung europäischer Patientenorganisationen. Der klinische Teil der Studie startet voraussichtlich im Herbst dieses Jahres.

* Weitere Informationen erhalten Sie von
PD Dr. Samir Sarikouch
sarikouch.samir@mh-hannover.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 09.03.2015

Raute

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Pressemitteilung 07/2015 - 09.03.2015

Datenbank AnimalTestInfo: Deutsche Initiative für mehr Transparenz bei Tierversuchsvorhaben

Informationen zum Zweck von Tierversuchen und zur erwarteten Belastung der Tiere werden bereitgestellt

Die Dritte Novelle des Tierschutzgesetzes sieht vor, dass Tiere beim Einsatz für wissenschaftliche Zwecke besser geschützt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erhielt in diesem Zusammenhang die Aufgabe, die Öffentlichkeit über alle genehmigten Tierversuchsvorhaben in Deutschland zu informieren. Dazu hat das BfR die Datenbank AnimalTestInfo entwickelt und unter www.animaltestinfo.de online gestellt. "Mit dieser Datenbank kann sich jeder schnell und umfassend über genehmigte Tierversuchsvorhaben informieren", sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. "Die BfR-Anwendung stellen wir ab sofort auch anderen europäischen Mitgliedsstaaten, die die Richtlinie zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere umsetzen, zur Verfügung." Das BfR hat diese Initiative in einem Artikel im Wissenschaftsmagazin "Nature" veröffentlicht (Nature, 519, 33, 5 March 2015; doi:10.1038/519033d)

In der Europäischen Union werden jährlich circa 12 Millionen Tiere für wissenschaftliche Experimente eingesetzt, allein 3 Millionen davon in Deutschland. Dem Anspruch, Tierversuche durchzuführen, stehen neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Fähigkeiten von Tieren gegenüber, Schmerzen, Leiden, Ängste und dauerhafte Schäden zu empfinden und auszudrücken.

Am 1. Februar 2013 hat der Bundesrat das Dritte Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes gebilligt. Dieses Gesetz setzt auf nationaler Ebene die Ziele der Europäischen Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere um. Zu den besonderen Zielen der neuen Gesetzgebung gehört die konsequente Umsetzung des 3R-Prinzips, d.h. die Vermeidung von Tierversuchen durch den Einsatz von Alternativmethoden (Replacement), Verringerung der Anzahl der Versuchstiere auf das Minimum (Reduction) und Verminderung des Leidens der Versuchstiere (Refinement).

Die Datenbank AnimalTestInfo enthält allgemeinverständliche Zusammenfassungen über alle Tierversuchsvorhaben in Deutschland, deren Durchführung von wissenschaftlichen Forschungsinstituten der Universitäten, der Industrie und des Bundes beantragt und von den zuständigen Behörden der Bundesländer genehmigt wurden. Die Antragsteller sind für den Inhalt der vom BfR veröffentlichten Projektzusammenfassung selbst verantwortlich.

Diese Zusammenfassungen enthalten Informationen darüber, welchem Zweck die Tierversuche dienen, was experimentell geplant ist, welcher Nutzen aus den Tierversuchen hervorgehen könnte und welche Auswirkungen auf die Tiergesundheit zu erwarten sind. Angegeben werden auch die Anzahl und die Art der zur Verwendung vorgesehenen Tiere (Mäuse, Ratten usw.) sowie alle getroffenen Maßnahmen, um die Verwendung von Tieren im Voraus zu vermeiden, deren Zahl im Versuch zu vermindern oder ihr Wohlergehen zu verbessern. Nach diesen Kriterien kann in der Datenbank gesucht werden.

Am BfR ist auch die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) angesiedelt.

* Über die ZEBET am BfR
Die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) am BfR erforscht, entwickelt und validiert im eigenen Labor Alternativmethoden nach dem 3R-Prinzip, vorwiegend im Bereich gesetzlich vorgeschriebener, toxikologischer Testverfahren. Sie hat besonders Erfolge vorzuweisen bei der Entwicklung von Alternativmethoden im Bereich der Phototoxizität, der Toxizität an Haut und Auge und der Entwicklungstoxizität unter Einsatz embryonaler Stammzellen, eine Methode, die das Potenzial eines Stoffes untersucht, Wachstum und Entwicklung von Organismen zu beeinträchtigen.

* Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.

* Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.nature.com/nature/journal/v519/n7541/full/519033d.html
Nature-Artikel

http://www.bfr.bund.de/de/datenbank_animaltestinfo-192272.html
Fragen und Antworten

http://www.bfr.bund.de/de/animaltestinfo-192214.html
Allgemeine Informationen über die Datenbank

http://www.animaltestinfo.de
Zugriff auf die Datenbank

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution638

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Dr. Suzan Fiack, 09.03.2015

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang