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NACHSORGE/060: Therapieeffekte der Reha sind nach einem Jahr aufgebraucht (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 1/2011

Gesundheitsforum in Lübeck
Therapieeffekte der Reha sind nach einem Jahr aufgebraucht

Von Uwe Groenewold


Langfristig wirkende Nachsorgekonzepte werden in Lübeck untersucht. Eigenverantwortung der Patienten muss über längeren Zeitraum gefördert werden.


Medizinische Rehabilitation ist äußerst erfolgreich. In vielen Fällen gelingt es, selbst chronisch kranken und multimorbiden Patienten die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in Alltag und Beruf wieder zu ermöglichen. Doch wie lange hält der Therapieerfolg einer Rehamaßnahme an? "Nachhaltigkeit" heißt das Zauberwort, dem sich Reha-Forscher an der Uni Lübeck derzeit widmen. Über den aktuellen Stand berichtete Dr. Ruth Deck vom Institut für Sozialmedizin bei einem Gesundheitsforum in Lübeck.

Bis vor wenigen Jahren, so Deck, "wussten wir nichts über den anhaltenden Effekt einer Rehamaßnahme - das war wie ein blinder Fleck." Inzwischen werden Patienten regelmäßig zwölf Monate nach Abschluss der Maßnahme erneut befragt. Die Ergebnisse sind erschreckend: "Die Erfolge der Behandlung sind wieder aufgebraucht, ganz gleich, um welche Indikationen es sich handelt. Die Rehabilitanden vergessen ihre Therapieziele, wenn sie wieder zu Hause sind." Um dem entgegenzuwirken, haben die Lübecker Reha-Forscher eine neue Untersuchung gestartet, mit der die Effekte eines längerfristig angelegten Nachsorgekonzeptes evaluiert werden. Dabei wird insbesondere auf körperliche Aktivität bei Rehabilitanden mit chronischen Rückenschmerzen fokussiert. Am Ende des stationären Aufenthalts werden Therapieziele verbindlich vereinbart und nach der Reha für einen Zeitraum von zwölf Monaten in Form von Rehabilitandentagebüchern begleitet bzw. per E-Mail oder Telefonkontakt kontrolliert.

Sechs Reha-Kliniken aus Schleswig-Holstein - zwei Interventions- und vier Kontrollkliniken - beteiligen sich mit jeweils 150 Rehabilitanden an der Längsschnittstudie. Die Interventionsgruppe durchläuft die begleitete Nachsorge, die Kontrollgruppe erhält die Standard-Nachsorgeempfehlungen der Klinik. Die Evaluation des Programms und der Effekte erfolgt durch schriftliche Befragung aller Rehabilitanden zu drei Zeitpunkten. Erste Ergebnisse liegen inzwischen vor: Während in der Kontrollgruppe der Therapieeffekt im Laufe des Jahres verloren ging, blieb er bei der Interventionsgruppe dauerhaft erhalten. Mögliche Erklärung: Eigeninitiative und -verantwortung werden über einen längeren Zeitraum gefördert und gefordert, sodass sich zum Beispiel regelmäßige körperliche Aktivität verselbstständigt und langfristig einen größeren Reha-Erfolg begünstigt.

Die Rehaforschung ist ein junges Forschungsgebiet, auf dem in Schleswig-Holstein viel Pionierarbeit geleistet wurde. Der Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung (vffr) wurde 1994 in Lübeck gegründet und unterstützt regionale Forschungsvorhaben auf dem Gebiet medizinischer und beruflicher Rehabilitation (weitere Infos unter www.reha-vffr.de). Darüber hinaus hat sich die Qualitätsgemeinschaft medizinische Rehabilitation in Schleswig-Holstein (QGmR) gebildet, ein freiwilliger Zusammenschluss mehrerer Reha-Einrichtungen, deren Ziele Qualitätssicherung und -management sowie eine transparente Darstellung der Ergebnisqualität sind. Sie kooperiert mit regionalen Krankenhäusern, Praxis- und Betriebsärzten sowie mit anderen Reha-Einrichtungen.

Entstanden ist die Rehaforschung aus der Notwendigkeit, die Effektivität von Rehamaßnahmen nachzuweisen. 1996 hatte es mit den Kostendämpfungsgesetzen harte Einschnitte bei Reha-Kliniken gegeben; so wurden Rehamaßnahmen von vier auf drei Wochen reduziert und das zeitliche Intervall bis zur nächsten Reha von drei auf vier Jahre verlängert. "Es konnte nur deshalb so deutlich gekürzt werden, weil die Reha ihre Leistungen und Erfolge nicht belegen konnte", erläuterte Deck. Um das zu ändern, wurde noch im selben Jahr vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie von der gesetzlichen Rentenversicherung ein gemeinsamer Förderschwerpunkt Rehabilitationswissenschaften eingerichtet. Das Fördervolumen umfasste rund 40 Millionen Euro, mit denen auch Forschungsprojekte in Schleswig-Holstein unterstützt wurden.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 1/2011 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2011/201101/h11014a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Januar 2011
64. Jahrgang, Seite 55
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2011