Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

VORSORGE/465: Meningokokken-C-Impfung - Russisches Rouletten, nur 1/3 ist geimpft (DGK)


Deutsches Grünes Kreuz - 6. Oktober 2009

Russisches Roulette: Nur 1/3 ist geimpft

Nachholbedarf bei der Meningokokken-C-Impfung


(Marburg, 05.10.2009) Nur etwa ein Drittel der besonders durch Meningokokken-Infektionen gefährdeten Kinder und Jugendlichen sind gegen Meningokokken C geimpft. Zu diesem Ergebnis kommen Experten auf Basis der Daten von Schuleingangsuntersuchungen sowie einer Befragung des Marktforschungsunternehmens GfK. Drei Jahre nachdem die Ständige Impfkommission (STIKO) diese Schutzimpfung in den Impfkalender aufgenommen hat, sind die Durchimpfungsraten noch immer zu niedrig. Die Umsetzung der Empfehlung in den einzelnen Bundesländern erfolgte zeitnah. Deutschlandweit wird diese Impfung von den Krankenkassen bezahlt. Der Grund für die Meningokokken C-Impfempfehlung lag vor allem in der Schwere der Erkrankungen, den gravierenden Folgeschädigungen und den letalen Verläufen. An dieser Situationseinschätzung hat sich auch in den Folgejahren nichts geändert.

Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 500 bis 700 Menschen durch Meningokokken. Vor allem Kinder und Jugendliche sind betroffen. So werden 80 Prozent aller Meningokokken-Erkrankungen bis zum 18. Lebensjahr beobachtet. Jeweils etwa die Hälfte der Meningokokken-Erkrankungen verläuft als Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Sepsis (Blutvergiftung). Bei einer Meningitis kann es auch nach überstandener Krankheit zu dauerhaften neurologischen Defekten wie Lähmungen sowie zu Hörschäden bis zur Taubheit kommen. Entwickelt sich eine Sepsis, können unter anderem Nekrosen (Absterben von Gewebe), Amputationen von Gliedmaßen und Störungen des Skelettwachstums mögliche Folgen sein.

In Deutschland sind die Meningokokken-Serogruppen B und C vorherrschend, der C-Anteil macht derzeit rund 25 Prozent der Erkrankungen aus, regional werden auch höhere Raten beobachtet. Für zwei Drittel der Infektionen sind B-Meningokokken verantwortlich. Dabei sind die Sterblichkeit und der Anteil von schweren Folgeschäden bei Meningokokken der Gruppe C höher als bei Gruppe B-Erkrankungen. Trotz moderner Behandlungsmethoden und des Einsatzes potenter Antibiotika sterben rund 10 Prozent der an Meningokokken-C-Erkrankten. Prof. Matthias Frosch vom Nationalen Referenzzentrum für Meningokokken (NRZM) in Würzburg beziffert die Letaltitätsrate bei ausgeprägt septischen Verläufen mit 50 Prozent, d. h. die Hälfte der Patienten stirbt. Die NRZM-Daten zeigen, dass zudem 20 Prozent der Erkrankten zeitlebens unter den Folgen leiden.

Gegen Meningokokken der Serogruppe C werden weltweit gut verträgliche und wirksame Konjugatimpfstoffe eingesetzt. Diese sorgen für eine auch bei Säuglingen und Kleinkindern belastbare Immunität, die überdies Jahre anhält und immer wieder er-neuert werden kann (Boosterung).

Warum ist die Meningokokken-C-Impfung nach wie vor so wichtig? Wo liegen die Grenzen der intensivmedizinischen Behandlung? Was kommt für die Betroffenen danach? Warum sind die Impfraten so niedrig? Wie ist die Impfsituation in Deutschland im europäischen Kontext einzuschätzen? Wo liegen die größten Defizite bei den Impfraten? Welche Erfahrungen haben Kinder- und Jugendärzte mit der Meningokokken-C-Impfung gemacht? Wie kann der Öffentliche Gesundheitsdienst helfen, die Meningokokken-C-Impfung bekannter zu machen?


Hintergrund:

Meningokokken (Neisseria meningitidis) sind Bakterien, die ausschließlich beim Menschen vorkommen. Altersabhängig tragen etwa 5 bis 30 Prozent der Bevölkerung diese Bakterien im Nasenrachenraum, meist aber ohne Krankheitssymptome (Trägerstatus). Außerhalb des menschlichen Körpers überleben Meningokokken nur kurz. Für eine Übertragung ist daher ein enger Kontakt notwendig, wie zum Beispiel durch Anhusten und -niesen oder auch beim Küssen ("Tröpfcheninfektion").

Konjugatimpfstoffe gegen die Serogruppe C sind für Kinder ab zwei Monaten, Jugendliche und Erwachsene geeignet, sie bieten einen jahrelang anhaltenden Schutz. Ab dem 2. Lebensjahr ist eine einmalige Impfung ausreichend. Dieses Alter wird von der STIKO als "optimaler Zeitpunkt" für die Impfung angegeben. Bei Kindern und Jugendlichen, die die Meningokokken C-Impfung noch nicht bekommen haben, soll sie - wie alle anderen fehlenden Impfungen auch - nachgeholt werden.


*


Quelle:
Deutsches Grünes Kreuz
im Kilian, Schuhmarkt 4, 35037 Marburg
Telefon: 06421/29 3-0, Fax: 06421/229 10
E-Mail dgk@kilian.de
Internet: www.dgk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2009