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AUSLAND/1962: Zentralafrikanische Republik - "Die Situation ist immer noch sehr unberechenbar" (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 23. Mai 2013

Zentralafrikanische Republik

"Die Situation ist immer noch sehr unberechenbar"



Im März stürzte die Rebellenkoalition Séléka gewaltsam den Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik, François Bozizé. Bis heute hält die Gewalt im Land - Überfälle, Plünderungen und Kämpfe - an. Das Land gehörte bereits vor dem Staatsstreich zu den ärmsten weltweit und große Teile der Bevölkerung kämpfen täglich ums Überleben. Die Lebenserwartung liegt bei nur 48 Jahren, es gibt eine große Zahl von Malariafällen, die Sterblichkeitsraten liegen deutlich über den Schwellenwerten von Notfallsituationen und die Gesundheitsversorgung ist sehr schlecht. Durch den Umbruch hat sich die Not der Menschen noch einmal verstärkt. Dazu Jose Antonio Bastos, Präsident von Ärzte ohne Grenzen in Spanien, der gerade aus dem Land zurückgekommen ist:

"Die Situation in der Zentralafrikanischen Republik ist immer noch sehr unberechenbar, und niemand kann vorhersagen, was in der nahen Zukunft passieren wird.

Wir haben erlebt, wie Menschen vertrieben wurden oder fluchtartig ihre Dörfer verließen, um sich im Busch zu verstecken, wo sie Moskitostichen noch mehr ausgesetzt sind. Mit der beginnenden Regenzeit erwarten wir daher einen Spitzenwert in Bezug auf die Malaria-Fälle. Viele Patienten mussten ihre HIV- oder Tuberkulose-Behandlung unterbrechen, was sehr gefährlich ist. In einem Land mit sehr niedrigen Impfraten sind auch Krankheiten wie Masern besorgniserregend. Die Menschen waren außerdem nicht in der Lage, sich um ihre Ernten zu kümmern, weil sie große Angst hatten, auf ihre Felder zu gehen. Saatgut, Lebensmittelvorräte und Arbeitswerkzeuge wurden geplündert, so dass wir auch Nahrungsmittelknappheit und Mangelernährung befürchten.

Wir haben Anfang des Jahres als die politischen Unruhen begannen die Aktivitäten aufgestockt. Wir eröffneten Notfallprojekte in Damara und Sibut, in der Nähe der Frontlinie. Gerade haben wir ein weiteres Notfallprojekt in Bossangoa eröffnet und das örtliche Krankenhaus mit antiretroviralen Medikamenten versorgt. Im Gemeindekrankenhaus in Bangui haben wir einen neuen Operationssaal eingerichtet. Gleichzeitig haben wir schwere Verluste erlitten, da unsere Fahrzeuge gestohlen und unsere Lager und Büros geplündert wurden, und wir haben die neue Regierung aufgefordert, Verantwortung dafür zu übernehmen. Wir sind fest entschlossen, zu unseren normalen Aktivitäten zurückzukehren und unsere Nothilfe auszuweiten.

Von einigen Ausnahmen abgesehen ist die internationale Reaktion auf die Notsituation im Land entmutigend. Wegen Plünderungen und Unsicherheit haben einige UN-Organisationen und NGOs ihre Aktivitäten reduziert. Es sieht nicht so aus, als ob sie ihre Hilfe jetzt, da diese am meisten gebraucht wird, kurzfristig wieder auf das bisheriges Niveau ausbauen.

Wir appellieren an die Akteure, die sich zuvor verpflichtet hatten, Medikamente gegen Malaria, HIV und Tuberkulose bereitzustellen, ihre Aktivitäten fortzusetzen. Gleichzeitig müssen sich NGOs und UN-Agenturen im Land stärker engagieren. Auch frühere Zusagen von Gebern und der internationalen Gemeinschaft müssen in der Zentralafrikanischen Republik unbedingt eingehalten werden."

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Pressemitteilung vom 23.5.2013
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Pressestelle: Telefon: 030/22 33 77 00
E-Mail: office@berlin.msf.org
Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2013