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AUSLAND/2241: Kenia - Wenn das Leben von Kindern am Tropf hängt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Mai 2015

Kenia: Wenn das Leben von Kindern am Tropf hängt

von Miriam Gathigah


Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Die Medizinerin Grace Irimu erläutert, wie der intravenöse Flüssigkeitsausgleich das Leben von Kindern retten kann
Bild: © Miriam Gathigah/IPS

NAIROBI (IPS) - Eine Infusionstherapie kann das Leben von Kleinkindern retten, die an akutem, wässrigem Durchfall leiden. Die Behandlungsmethode wird jedoch von vielen kenianischen Eltern abgelehnt. Experten warnen vor Rückschlägen im Bereich der Kindergesundheit.

Aus dem im April veröffentlichten nationalen Bericht über Demografie und Gesundheit 2014 geht hervor, dass die Sterblichkeitsrate bei unter Fünfjährigen im vergangenen Jahr auf 52 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten gesunken ist. Im Zeitraum 2008 bis 2009 lag das Verhältnis bei 74 pro 1.000. Allerdings ist auch der jetzige Stand noch weit vom UN-Millenniumsentwicklungsziel von 32 pro 1.000 entfernt.

Bei wässriger Diarrhoe ist es wichtig, dass der Flüssigkeitsverlust der Patienten ausgeglichen wird. Schwer erkrankten Kleinkindern mit hohem Flüssigkeitsverlust werden Infusionen angelegt. Diese Methode ist wirkungsvoller als die orale Rehydrationstherapie.

Esther Mayaka, Krankenschwester an der Jamii-Klinik in Mathare in der Hauptstadt Nairobi, berichtet, dass zahlreiche Eltern trotz der Tatsache, dass Durchfall eine der häufigsten Todesursachen bei Kindern sei, eine Infusionstherapie ablehnten.

Andauernde Niederschläge und Überschwemmungen in vielen Teilen des Landes begünstigen den Ausbruch von Krankheiten wie Cholera, die von starken Durchfällen begleitet werden können. Im Februar hatte der Direktor der Behörde für medizinische Vorsorge, Nicholas Muraguri, eine Cholera-Warnung ausgegeben, nachdem in mehreren Bezirken des Landes akute wässrige Diarrhoe aufgetreten war.


Ablehnende Haltung Folge eines Missverständnisses

Grace Irimu, außerordentliche Professorin für Kinderheilkunde an der Universität Nairobi, führt die ablehnende Haltung vieler kenianischer Eltern auf ein Missverständnis im Zusammenhang mit einer in Kenia, Tansania und Uganda durchgeführten klinischen Studie zur Behandlung von Kindern mit einer Schock-Diagnose zurück.

Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, nachdem die forcierte erhöhte Flüssigkeitszufuhr entgegen aller Erwartungen zu einem Anstieg der Todesfälle geführt hatte. Irimu weist jedoch darauf hin, dass die 'Fluid Expansion as Supportive Therapy' (FEAST) an Patienten mit schweren Infektionskrankheiten wie Malaria und Sepsis angewandt wurde.

Der Kenianische Verband der Kinderärzte sah sich kürzlich veranlasst, in einer Mitteilung erneut darauf hinzuweisen, dass Durchfallerkrankungen, die eine starke Austrocknung zur Folge haben, weltweit zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern zählen. In der FEAST-Studie seien an Diarrhoe und Austrocknung leidende Kinder nicht berücksichtigt worden, da in diesen Fällen der Nutzen einer Flüssigkeitszufuhr hinreichend bekannt sei.

Wie Irimu berichtet, hat die Studie dazu geführt, dass die nationalen Richtlinien für Kindergesundheit überarbeitet wurden. Auch die Vorschriften für die Behandlung von Durchfällen wurden revidiert. Vorher wurden durchfallerkrankten Kindern bei einem durch die Diarrhoe ausgelösten Schock in drei Durchläufen Flüssigkeit zugeführt. Mittlerweile erhalten die Kinder die Flüssigkeit in zwei Durchläufen. Wenn der kleine Patient nicht auf die Therapie reagiert, wird die Flüssigkeitszufuhr verlangsamt.


Erfolge beim Kampf gegen HIV/Aids und Unterernährung

Kenia verzeichnet unterdessen Fortschritte bei der Bekämpfung von HIV/Aids, einem weiteren Millenniumsziel. Studien zufolge konnte die Zahl der HIV-infizierten Kinder im Alter von 18 Monaten bis 14 Jahren im Zeitraum 2007 bis 2012 von 184.000 auf 104.000 reduziert werden. Der Mediziner Joseph Karanja mahnt weitere Fortschritte an. "Durch die Gabe antiretroviraler Medikamente als Präventionsmaßnahme bei HIV-positiven Müttern kann das Risiko einer Mutter-Kind-Übertragung auf ein Prozent abgesenkt werden."

Die Neurologin Pauline Samia, Vorstandsmitglied des kenianischen pädiatrischen Verbandes, hält zudem Behandlungen von Epilepsie- Erkrankungen, die die Bekämpfung von Aids erschweren, für notwendig. "Auch wenn dieser Bereich bislang noch nicht ausreichend erforscht worden ist, kann man davon ausgehen, dass 6,7 Prozent der HIV- positiven Kinder auch an Epilepsie leiden. Mindestens 50 Prozent der mit dem Immunschwächevirus infizierten Kinder haben Gesundheitsprobleme, die das zentrale Nervensystem betreffen. Dazu zählen Entwicklungsrückstände, Verhaltensstörungen und Krämpfe", sagt Samia.

Auch bei der Umsetzung anderer Millenniumsziele kann Kenia Fortschritte verbuchen. Laut dem Demografie- und Gesundheitsbericht 2014 ist der Anteil mangelernährter Kinder von 35 Prozent im Jahr 2008 auf derzeit 26 Prozent gesunken. Bei untergewichtigen Kindern wird ein Rückgang von 16 auf elf Prozent registriert.

Hingegen ist die Müttersterblichkeitsrate mit 488 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten nach wie vor sehr hoch. Immerhin haben in den vergangenen fünf Jahren 61 Prozent der Mütter in Krankenhäusern entbunden, während es 2008 erst 43 Prozent waren. (Ende/IPS/ck/28.05.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/05/when-kenyan-childrens-lives-hang-on-a-drip/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2015

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