Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN


AUSLAND/2269: Liberia - Zehntausende Kinder Ebola-bedingt staatenlos (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. August 2015

Liberia: Zehntausende Kinder Ebola-bedingt staatenlos

von Kitty Stapp


Bild: © Travis Lupick/IPS

Eine Krankenschwester des 'Redemption Hospital' im liberianischen Monrovia
Bild: © Travis Lupick/IPS

NEW YORK (IPS) - In Liberia befindet sich Ebola zwar auf dem Rückzug, doch die Folgen der Epidemie werden noch lange spürbar sein. Dazu gehören dem Weltkinderhilfswerk UNICEF zufolge auch mehrere zehntausend Kinder, die nach ihrer Geburt unregistriert blieben und somit staatenlos sind.

Liberia gehörte eine Zeitlang zu den Ländern mit der niedrigsten Geburtsregistrierungsrate - gleich hinter Somalia. Doch kurz vor dem Ebola-Ausbruch konnte es im Kampf gegen ein Problem, das Mädchen und Jungen der Ausbeutung preisgibt und ihrer Rechte beraubt, vielversprechende Erfolge verbuchen.

Im Juli 2010 führte das westafrikanische Land mit Unterstützung von UNICEF, 'Plan Liberia', der 'Crisis Management Initiative' und anderen Entwicklungspartnern ein dezentralisiertes Geburtenerfassungssystem ein. Folge war, dass bis 2013 79.000 Kinder beziehungsweise ein Viertel aller Neugeborenen registriert werden konnten. In den Jahren zuvor waren es gerade einmal vier Prozent gewesen.

Doch 2014, als viele Gesundheitseinrichtungen und Melderegister im Zuge der Ebola-Krise schlossen, gingen die Geburtsanmeldungen um 39 Prozent auf 48.000 zurück. Und im Zeitraum Januar bis Mai 2015 wurden gerade einmal 700 Kinder registriert.

"Kinder, die durch das Raster fallen, existieren offiziell gar nicht", bringt Sheldon Yett, UNICEF-Vertreter in Liberia, das Problem auf den Punkt. "Ohne Staatsbürgerschaft haben liberianische Kinder, die schon unter den Folgen von Ebola entsetzlich leiden mussten, keinen Zugang zu grundlegenden Bildungs- und Gesundheitsleistungen. Und dann besteht die Gefahr, dass sie Opfer von Menschenhandel oder illegalen Adoptionen werden."


Registrierungskampagnen

Ebola hatte auch in den beiden Nachbarländern Guinea und Sierra Leone gewütet. In Sierra Leone wurden jedoch kürzlich im Zuge einer Geburtsregistrierungs- und Impfaktion 250.000 Kinder amtlich erfasst.

In Liberia bemüht sich UNICEF derzeit um die Registrierung von fast 70.000 Kindern, die während der Ebola-Krise nicht gemeldet werden konnten, und unterstützt den Wiederaufbau der Registrierungssysteme. Darüber hinaus wird die UN-Organisation die Ausbildung von Fachkräften unterstützen, logistische Hilfe leisten und an einer nationalen Meldekampagne zur Erfassung aller Kinder mitwirken, die 2014 und 2015 nicht registriert werden konnten.

"Wir dürfen nicht zulassen, dass Kinder in die missliche Lange geraten, dass sie keinen staatlichen Schutz genießen und ihnen der Zugang zu Basisdienstleistungen versperrt wird", betonte Yett.

Der Ebola-Ausbruch hat in Liberia mehr als 4.800 Menschenleben gefordert. Das entspricht in etwa der Hälfte aller diagnostizierten Krankheitsfälle. Die Epidemie kam zu einer Zeit, in der sich das Land noch immer von den Folgen eines 2003 zu Ende gegangenen Bürgerkrieges erholte.

Als besonders tödlich erwies sich das Virus für das Gesundheitspersonal. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge war die Ansteckungsgefahr für Ärzte und Pflegekräfte um das 20- bis 30-Fache höher als die anderer Liberianer. Mehr als 800 von ihnen steckten sich an, die Hälfte starb an den Folgen.

"Guinea, Liberia und Sierra Leone hatten der Ebola-Krise mit ihren schrecklich unterfinanzierten Gesundheitssystemen kaum etwas entgegenzusetzen", erklärte die Afrika-Regional-Direktorin der WHO, Matshidiso Moeti.

Nachdem das Gesundheitspersonal ein Jahr lang viel zu viele schwerkranke Personen behandelt habe - in Liberia gibt es gerade einmal 50 ausgebildete Ärzte -, brauche es eine Verschnaufpause, besseren Schutz, Gefahrenzulagen und Verstärkung, betonte Moeti. Darüber hinaus müssten die bisherigen Einrichtungen komplett erneuert und zusätzliche Zentren gebaut werden. Ansonsten müsse im Fall eines neuerlichen Ebola-Ausbruchs mit noch mehr Toten gerechnet werden. (Ende/IPS/kb/03.08.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/07/birth-registrations-plummet-in-wake-of-ebola-epidemic/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. August 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang