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AUSLAND/2624: Französisch-Guayana - Zoonosen bedrohen illegal arbeitende Bergleute (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Französisch-Guayana
Zoonosen bedrohen illegal arbeitende Bergleute

Von Renata Fontanetto



Großes, künstlich angelegtes Areal mit verschiedenen Wasserbecken umgeben von Urwald - Foto: Vinícius Mendonça/Ibama from Brasil, CC BY-SA 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0, via Wikimedia Commons

Foto: Vinícius Mendonça/Ibama from Brasil, CC BY-SA 2.0
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0
via Wikimedia Commons

(Cayenne, 30. August 2022, servindi) - Ein erhöhtes Risiko, an Zoonosen wie Leptospirose zu erkranken, besteht besonders für illegal tätige Minenarbeiter*innen. In ihrem Alltag sind sie verschiedenen Risikofaktoren ausgesetzt und leben außerhalb der medizinischen Versorgungsstrukturen. Die Leptospirose ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die in vielen Ländern Südamerikas vorkommt und an lebenswichtigen Organen wie Leber, Gehirn, Lunge oder Herz tödliche Schäden hervorrufen kann.


Hohe Infektionsraten

Die Studie Zoonoses and Gold mining wurde im August 2022 im Fachmagazin Plos Neglected Tropical Diseases veröffentlicht. Entlang des Grenzflusses Maroni, der Französisch-Guayana und Surinam voneinander trennt, ergab die Untersuchung von 380 illegalen Minenarbeiter*innen für Leptospirose eine Seroprävalenz von 31 Prozent (2015) bzw. 28,1 Prozent (2019). Die Seroprävalenz gibt die Häufigkeit spezifischer Antikörper an und verweist auf eine bestehende oder überstandene Infektion. Zudem wurden eine Prävalenz von 2,9 Prozent für das Q-Fieber und 2,4 Prozent für eine aktive Hautläsion durch Leishmaniose festgestellt. Leishmaniose ist eine parasitäre Erkrankung, die durch infizierte Mücken übertragen wird. Das Q-Fieber wird durch Bakterien verursacht, die bei Schafen und Ziegen zu finden sind. Im Fall von Gelbfieber, der vierten getesteten Krankheit, gaben 93,6 % der Bergleute an, geimpft zu sein. Die Labortests bestätigten, dass 97,9 Prozent neutralisierende Antikörper hatten. Dadurch werde das Risiko einer Gelbfieber-Epidemie verringert, so die Forscher*innen. 95,5 Prozent der Testpersonen waren brasilianische Arbeiter*innen, in der Mehrheit zwischen 30 und 44 Jahren, männlichen Geschlechts und mit geringer Schulbildung. Wie die Verfasserin des Berichts, Maylis Douine, erklärt, gelangen Leptospirose-Erreger durch Hautläsionen in den Körper, beispielsweise durch kontaminiertes Wasser, das mit Urin von infizierten Ratten und anderen Säugetieren verunreinigt ist. Die Symptome der Leptospirose sind vielfältig und reichen von Gelenkschmerzen über rote Augen, Übelkeit und Durchfall bis hin zu hohem Fieber. "Die Symptome der Leptospirose ähneln denen von Malaria, daher werden die Leute oft falsch behandelt. Die Hälfte der Arbeiter*innen stammte aus dem Bundesstaat Maranhão in Brasilien. Wir wissen, dass die Arbeiter*innen in Kontakt mit Mikroorganismen gekommen sind, können jedoch nicht rückschließen, wo sie sich angesteckt haben", führte Douine, die mit dem klinischen Forschungszentrum Antillen-Guayana zusammenarbeitet, weiter aus.


Zusammentreffen verschiedener Risikofaktoren

Wie die Studie zeigt, führen viele infektiöse Mikroorganismen zu einer sogenannten Zoonose. Der Begriff bezeichnet Krankheiten, die von Tier zu Mensch übertragen werden und ihren Ursprung in der Wildnis haben. Die Empfehlung der Untersuchung lautet, "besonderes Augenmerk auf gefährdete Bevölkerungsgruppen zu richten, die in direktem Kontakt mit dem tropischen Ökosystem stehen, weit vom Versorgungssystem entfernt sind und daher nicht unter dem Radar des üblichen Überwachungssystems liegen." Verschiedene Faktoren, die die Erkrankung an einer der neu auftretenden Infektionen begünstigen, gehen mit illegalem Bergbau einher, so beispielsweise Abholzung (die das Entstehen von Brutstätten von Vektoren wie Moskitos erleichtert), enger Kontakt mit der Natur und schlechte hygienische Bedingungen. Die Studie schätzt, dass in Französisch-Guayana 12.000 Personen in der illegalen Goldsuche beschäftigt sind, darunter viele Brasilianer*innen, die durch das Guayanaschild ziehen. Die Region umfasst die Guayanas, Surinam sowie Teile Brasiliens, Venezuelas und Kolumbiens. Hier konzentrieren sich viele illegale Bergbauaktivitäten, was erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppen hat. Dazu Roben Menezes, Forscher an der Bundesuniversität von Amapá: "Viele suchen nach einem besseren Leben und fangen im Bergbau an, ohne irgendeine medizinische Versorgung. Durch ihre Tätigkeit sind sie Quecksilberkontaminationen, Arbeitsunfällen, Zoonosen und dem Kontakt mit giftigen Tieren ausgesetzt und erkranken leicht an Infektionen, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden". In einer Studie mit 253 Personen hatte Menezes bei mehr als 63 Prozent der Teilnehmenden eine Malariaerkrankung nachgewiesen. Viele arbeiteten im illegalen Bergbau und kamen aus einer brasilianischen Gemeinde an der Grenze zu Französisch-Guayana. "Diese Arbeiter*innen sind weit von medizinischer Versorgung entfernt und zögern, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, was die Wahrscheinlichkeit für eine Übertragung erhöht", so Menezes. Außerdem führe die fehlende Versorgung im französisch-guayanischen Gebiet dazu, dass die Betroffenen zuerst nach Brasilien müssten, um sich behandeln zu lassen.

Mach Ansicht von Martha Suárez-Mutis, Co-Autorin der beiden Artikel und Forscherin der Oswaldo-Cruz-Stiftung, könnten sich auch andere Krankheiten zu einem ernsten Gesundheitsrisiko entwickeln, weshalb weitere Forschungen notwendig seien. Die Leishmaniose nennt sie als eine der am häufigsten auftretenden Erkrankungen im Umfeld der illegal arbeitenden Bergleute in der Region. Laut der Studie aus dem Jahr 2022 ist die gemeldete Inzidenz zwar gering, aber es gibt immer wieder Berichte über Bergleute, die in der Vergangenheit erkrankt sind und sich auf illegalen Märkten Zugang zu Medikamenten beschafft haben.


URL des Artikels:
https://www.npla.de/thema/umwelt-wirtschaft/zoonosen-bedrohen-illegal-arbeitende-bergleute/


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https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

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Quelle:
poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen
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E-Mail: poonal@npla.de
Internet: http://www.npla.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 1. Oktober 2022

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