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KASSEN/821: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 13.07.2011 (KBV)


KBV-Kompakt - Kurznachrichten aus der KBV vom 13. Juli 2011


→  Bundesrat stimmt Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes zu
→  Köhler: Kassenvorstoß zum Abbau von 12.000 Arztsitzen gefährdet Patientenversorgung
→  Köhler: "Das Ziel nicht aus den Augen verlieren"
→  KV Bayerns diskutiert Versorgungsstrukturen
→  Gute Noten für saarländische Bereitschaftsdienstpraxen
→  Aufkauf von 12.000 Arztsitzen stößt auf Kritik
→  Ersatzkassen: Versorgungsgesetz soll Zahl von Ärzten regional begrenzen
→  BÄK: Ärzte müssen stärker über Finanzierung diskutieren
→  Ärztenetze gründen Interessenverband
→  Keine flächendeckende ambulante Palliativversorgung
→  Mammographie-Screening senkt Brustkrebssterblichkeit langfristig

Raute

___Aus Berlin___

Bundesrat stimmt Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes zu

Die Bundesländer dürfen künftig Arzt-, Zahnarztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe dazu verpflichten, Hygienepläne zu erstellen. Das sieht das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vor, dem der Bundesrat am vergangenen Freitag zugestimmt hat. Ziel des Gesetzes ist es, die Zahl der Infektionskrankheiten in Kliniken zu verringern.

Alle Länder sind unter anderem verpflichtet, bis zum 31. März 2012 Verordnungen zur Infektionshygiene und zur Prävention von resistenten Krankheitserregern zu erlassen. Diese Regelungen sollen für Kliniken und andere medizinische Einrichtungen gelten.

Das Robert-Koch-Institut soll zudem allgemeine Grundsätze für Diagnostik und Antibiotika-Therapie empfehlen. Gleichzeitig werden Krankenhäuser verpflichtet, den Antibiotikaverbrauch zu erfassen und zu bewerten. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Hygienequalität vorgeben.

Auch der Pflege-TÜV, eine Kontrolle und Bewertung von Pflegeeinrichtungen, soll optimiert werden. Noten sollen genauer vergeben werden; in Streitfällen entscheidet künftig eine Schiedsstelle.

(Agenturmeldung, 8. Juli; Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums, 8. Juli)

Raute

___Aus KBV und KVen___

Köhler: Kassenvorstoß zum Abbau von 12.000 Arztsitzen gefährdet Patientenversorgung

Die KBV weist die Forderung der Krankenkassen zurück, nach der die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) per Gesetz verpflichtet werden sollen, alle frei werdenden Arztsitze in überversorgten Regionen aufkaufen zu müssen. "Die Forderung des GKV-Spitzenverbandes zur Streichung von 12.000 Arztsitzen geht völlig an der Realität vorbei und berücksichtigt nicht die Interessen der Patienten", sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler. Der KBV-Chef reagierte damit auf ein Prognos-Gutachten im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes. Köhler erklärte weiter: "Wir erleben doch in Deutschland derzeit einen zunehmenden Arztmangel bei gleichzeitig steigendem Versorgungsbedarf. Immer mehr Menschen werden immer älter und brauchen eine gute ambulante Versorgung. Schon heute werden gelegentlich zu lange Wartezeiten auf einen Arzttermin beklagt. Wenn jetzt 12.000 frei werdende Arztsitze ohne Prüfung des Bedarfs einfach vom Markt genommen werden sollen, wird sich dieses Problem weiter verschärfen, denn deren Patienten wollen auch weiterhin versorgt werden. Das in Großstädten niedergelassene Mediziner häufig Patienten aus angrenzenden Gebieten mitversorgen, bildet die derzeitige Bedarfsplanung nicht ab. Bevor eine Praxis aufgekauft wird, muss deshalb genau geprüft werden, ob es eine "echte" oder nur eine rechnerische Überversorgung gibt. Alles andere geht zu Lasten der Versorgung der Patienten."

Die KV Berlin beklagt ebenfalls, dass die Realität durch die Bedarfsplanung nicht korrekt abgebildet werde. Auch die KV Baden-Württemberg kritisiert die Veröffentlichung des Gutachtens und fordert, alte Denkstrukturen zu überwinden und sich der Realität zu stellen. Der Vorstand der KV Bayerns bezeichnet den Kassenvorstoß als "gesundheitspolitische Geisterfahrt".

(Pressestatement der KBV, 8. Juli; Pressemitteilung der KV Baden-Württemberg, 8. Juli; Pressemitteilung der KV Berlin, 8. Juli; Pressemitteilung der KV Bayerns, 11 Juli)


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Köhler: "Das Ziel nicht aus den Augen verlieren"

Der Vorstand der KBV fordert die Koalition auf, an den Ansätzen zur Niederlassungssteuerung im Gesetzentwurf zum Versorgungsstrukturgesetz festzuhalten. "Wir begrüßen viele der Ansätze im Referentenentwurf zur Steuerung der Niederlassungen. Der Ansatz, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) mehr Flexibilität und mehr Steuerungsinstrumente zu geben, ist richtig. Wir müssen den Arztberuf wieder attraktiver machen. Die Koalition sollte den eingeschlagenen Weg entschieden weitergehen", sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler. Mit dem geplanten Versorgungsstrukturgesetz will der Gesetzgeber in unterversorgten Regionen Niederlassungen fördern. Dafür entwickelt er die Steuerung des Niederlassungsverhaltens über Vergütungsanreize weiter. Beschränkungen der Leistungsmenge sollen in diesen Regionen entfallen. Ärzte müssen dort dem Entwurf nach keine Abstriche bei der Leistungsvergütung mehr machen, wenn sie eine sonst geltende Mengenbegrenzung überschreiten. Außerdem soll es die Option geben, für besonders förderungswürdige Leistungen einen Zuschlag auf den Orientierungswert zu zahlen. Beiden Maßnahmen stimmt die KBV zu. "Insbesondere begrüßen wir, dass der Referentenentwurf auf Abschläge in anderen Regionen verzichtet. Denn Ärzte in Ballungsräumen versorgen viele Patienten aus dem Umland mit. Wir erwarten, dass die Koalition dabei bleibt", betonte Köhler. Weitere Informationen stellt die KBV mit der Themenseite "Versorgungsstrukturgesetz" auf ihrer Website zur Verfügung.

(Pressemitteilung der KBV, 13. Juli; Themenseite: Versorgungsstrukturgesetz)


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KV Bayerns diskutiert Versorgungsstrukturen

Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayerns hat mit Vertretern der niedergelassenen Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten über die Inhalte des geplanten Versorgungsstrukturgesetzes diskutiert. Positiv bewertet die KV, dass die Kompetenz der Honorarverhandlung und -verteilung wieder auf die Landesebene übertragen und die bundesweite Konvergenz der Vergütungen nicht umgesetzt wird. Vor der geplanten Einführung der Ambulanten Spezialärztlichen Versorgung (ASV) in der vom Gesetzgeber geplanten Form warnte die KV. Zum einen sei durch die geplanten Regelungen fachärztliche Spitzenmedizin nicht mehr flächendeckend verfügbar, weil die Leistungen der ASV nicht mehr Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung seien. Zum anderen gebe es unter den jetzigen Voraussetzungen keine Garantie für hohe Qualitätsstandards.

(Pressemitteilung der KV Bayerns, 7. Juli)


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Gute Noten für saarländische Bereitschaftsdienstpraxen

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Saarland hat im Mai 2011 eine Umfrage zur Zufriedenheit in zwölf Bereitschaftsdienstpraxen durchgeführt. An einem Wochenende erhielten alle Patienten in den Praxen einen Fragebogen mit ihrer Anmeldung. Die Ergebnisse waren überwiegend gut bis sehr gut. So fühlten sich die Patienten in den einzelnen Praxen im Durchschnitt sehr gut behandelt. Die verkehrstechnische sowie die telefonische Erreichbarkeit und das Versorgungsangebot wurden im Schnitt als gut bewertet.

(Pressemitteilung der KV Saarland, 7. Juli)

Raute

___Aus den Verbänden___

Aufkauf von 12.000 Arztsitzen stößt auf Kritik

Die Aussage des GKV-Spitzenverbandes, wonach in Deutschland 12.000 frei werdende Arztsitze in Ballungsräumen ohne Beeinträchtigungen der Patienten aufgekauft werden könnten, ist auf heftige Kritik gestoßen. Die Bundestherapeutenkammer (BPtK) bezeichnet den genannten Wert als Zahlenspielerei, die völlig an der Versorgungsrealität vorbei gehe. "Eine schon heute unzureichende Versorgung psychisch kranker Menschen würde nochmals massiv verschlechtert", stellte BPtK-Präsident, Prof. Dr. Rainer Richter fest. Auch der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, kritisierte: "Wer mit Zahlen einer Bedarfsplanung aus dem vergangenen Jahrtausend hantiert, hat kein wirkliches Interesse daran, die heute akuten Probleme des Ärztemangels zu beheben."

(Pressemitteilung der BPtK, 8. Juli; Pressemitteilung Ärztekammer Westfalen-Lippe, 12. Juli; Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes, 8. Juli)


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Ersatzkassen - Versorgungsgesetz soll Zahl von Ärzten regional begrenzen

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat Nachbesserungen im Versorgungstrukturgesetzes in der gesetzlichen Krankenversicherung gefordert. Dem vdek zufolge setzt der Regierungsentwurf des geplanten Gesetzes zu stark auf finanzielle Anreize, um eine Unterversorgung mit Ärzten abzuwenden. Es fehle jedoch an Lösungen, die einer Überversorgung entgegenwirken. "Wenn Ärzte an der einen Stelle fehlen und es an der anderen Stelle definitiv zu viele Ärzte gibt, dann muss die logische Konsequenz sein, auf eine bessere Verteilung hinzuwirken", sagte vdek-Chef Christian Zahn.

Zudem hat die vdek-Ersatzkassengemeinschaft ein Positionspapier zum demografischen Wandel verabschiedet. Sie fordert darin etwa, die demografische Entwicklung nicht als Grund für Leistungskürzungen anzuführen. Wichtig sei außerdem, dass neue Verfahren und Leistungen, die aufgrund des medizinisch-technischen Fortschrittes entstünden, die alten ersetzten und nicht zusätzlich ins Gesundheitssystem integriert würden. Die Ersatzkassen plädieren darüber hinaus dafür, die Aus- und Weiterbildung bei den sogenannten Leistungserbringern an den veränderten Erkrankungen und Versorgungsbedürfnissen der Patienten anzupassen.

(Pressemitteilung des vdek zum Versorgungsgesetz, 13. Juli;
Pressemitteilung des vdek zum Positionspapier, 13. Juli)


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BÄK - Ärzte müssen stärker über Finanzierung diskutieren

Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), hat die Ärzte aufgefordert, sich stärker an Finanzierungsfragen des Gesundheitssystems zu beteiligen, anstatt nur den Ärztemangel zu verwalten. Um dem Ärztemangel effektiv entgegenwirken zu können, müsse auch über die Finanzierung der Krankenversicherung diskutiert werden, so Montgomery. "Ich glaube, dass die Bürgerversicherung auf Dauer nicht zukunftsfähig ist", sagte er. Der BÄK-Präsident sprach sich für eine Prämienversicherung aus, da Patienten mehr Eigenverantwortung zugemutet werden müsse.

Als Reaktion auf den Mangel im Gesundheitswesen habe die Ärzteschaft die Debatte über Priorisierung angestoßen. "Damit wir Ärzte es nicht allein entscheiden müssen, verlangen wir, dass die Gesellschaft sagt, welche Dinge in der Medizin unabdingbar um jeden Preis bezahlt werden müssen", sagte Montgomery.

(Pressemitteilung der BÄK, 13. Juli)


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Ärztenetze gründen Interessenverband

14 Ärztenetze und Gesundheitsverbünde haben die Agentur deutscher Ärztenetze gegründet. Der Verband soll künftig als politische Interessenvertretung für die rund 400 Ärztenetze in Deutschland dienen, teilte der NAV-Virchowbund mit. Zu seinen Aufgaben zähle es, seine Mitglieder bei der Professionalisierung zu unterstützen und Dienstleister bei Vertrags- und Versorgungskonzepten zu sein. Das erste Ziel des Verbandes sei es, im aktuell entstehenden Versorgungsgesetz einen regionalen Versorgungsauftrag über die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen zu erhalten.

(Pressemitteilung des NAV-Virchowbundes, 11. Juli)


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Keine flächendeckende ambulante Palliativversorgung

Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung hat Kritik am Bericht der Bundesregierung zur spezialisierten Palliative-Care-Versorgung geäußert. Laut Gesetz hätten 80.000 Menschen einen Anspruch auf Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV). Vier Jahre nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, liege der Versorgungsgrad jedoch erst bei 25 Prozent. Auch der Fachverband SAPV Hessen attestierte dem Bericht methodische Schwächen. Er zeige kein belastbares Bild des tatsächlichen Standes der SAPV-Umsetzung.

(Pressemitteilung der Deutschen Hospiz Stiftung, 6. Juli; Pressemitteilung von SAPV Hessen, 12. Juli)


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Mammographie-Screening senkt Brustkrebssterblichkeit langfristig

Durch das Mammographie-Screening lässt sich die Brustkrebssterberate langfristig um etwa 30 Prozent senken. Das hat eine schwedische Studie (Swedish Two-County Trial) ergeben, berichtet die Kooperationsgemeinschaft Mammographie. Bei einer Beteiligung von 85 Prozent am Mammographie-Screening-Programm mit durchschnittlich 65.518 Frauen konnten im Vergleich zu den nicht gescreenten Frauen insgesamt 158 Brustkrebstodesfälle verhindert werden. Nach Berechnungen der Forschergruppe wäre es folglich möglich, von 1.000 Frauen zwischen 40 und 69 Jahren, die am Mammographie-Screening-Programm teilnehmen, zwischen acht bis elf Brustkrebstodesfälle zu vermeiden. Laut Studie konnten die meisten erst nach zehn bis 20 Jahren nachgewiesen werden.

(Pressemitteilung der Kooperationsgemeinschaft Mammographie, 7. Juli)


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Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt vom 13. Juli 2011
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Impressum: http://www.kbv.de/8.html
Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Telefon: 030 / 4005 - 2203, Fax: 030 / 4005 - 27 2203
E-Mail: info@kbv.de
Internet: www.kbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2011