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MELDUNG/211: Krankenhausabrechnungen - Prüfungen durch den Medizinischen Dienst notwendig (MDS)


Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) - Mittwoch, 13. April 2011

Krankenhausabrechnungen: Bundesrechnungshof bestätigt Notwendigkeit von Prüfungen durch den Medizinischen Dienst


"Der vom Bundesrechnungshof veröffentlichte Prüfbericht zeigt nachdrücklich, wie notwendig die Prüfungen der Medizinischen Dienste in deutschen Krankenhäusern sind! Hier fehlt es an Anreizen für die Krankenhäuser, korrekt zu kodieren", sagte Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS).

"Über 40% der vom MDK geprüften Krankenhausabrechnungen sind fehlerhaft. Je geprüftem Fall können die Krankenkassen im Durchschnitt mehr als 700 Euro vom Krankenhaus zurückfordern. Heute ist die Konsequenz lediglich, dass nicht gerechtfertigte Rechnungsbeträge zurück zu zahlen sind. Die dauerhaft hohen Beanstandungsquoten zeigen, dass die Lernkurve bestimmter Krankenhäuser zu gering ausgeprägt ist.

Will man Fehlbelegung und das so genannte Upcoding wirksam einschränken, muss man eine zusätzliche Sanktion einführen. Dazu müsste zumindest die so genannte Aufwandspauschale von 300 Euro bei nachgewiesenen Abrechnungsmängeln auch von den Krankenhäusern an die Krankenkassen entrichtet werden. Die bisherige Regelung, dass nur die Kassen an die Krankenhäuser eine Aufwandspauschale zahlen müssen, wenn sich der Verdacht auf Fehlabrechnung nicht bestätigt hat, begünstigt einseitig die Krankenhäuser", betonte Pick.


Hintergrund:

Im Auftrag der Krankenkassen prüfen die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) Krankenhausfälle von gesetzlich Versicherten. Rund 10 Prozent aller Krankenhausabrechnungen wurden im Jahr 2009 von den Gutachterinnen und Gutachtern unter die Lupe genommen, das sind 2,3 Mio. Abrechnungsprüfungen (incl. Widerspruchsgutachten). Für das Jahr 2009 wurde ein Rückforderungspotenzial für die Krankenkassen ermittelt, das je nach Bundesland im Durchschnitt zwischen 734 Euro und 937 Euro pro geprüftem Fall liegt. Hierin sind auch jene Fälle enthalten, die nicht beanstandet wurden oder die zugunsten des Krankenhauses korrigiert worden sind. Auf der Grundlage der von den MDK durchgeführten Prüfungen ergibt sich im Jahr 2009 ein Rückforderungspotenzial für die GKV von mindestens 1 Mrd. Euro.

Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zugewiesen sind. Er koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) auf Landesebene in medizinischen und organisatorischen Fragen.

Raute

Abrechnungsprüfungen der MDK in Krankenhäusern sind angemessen, wirtschaftlich und zielführend

Zahlen und Fakten der MDK-Gemeinschaft

Positionspapier der MDK-Gemeinschaft
Stand: 22. November 2010


Inhaltsverzeichnis

Abrechnungsprüfungen der MDK in Krankenhäusern sind angemessen, wirtschaftlich und zielführend

1. Prüfungen der MDK sind zielgenau und effizient
2. Prüfungen von Fehlbelegung und Fehlkodierung halten sich die Waage
3. Enormes Rückforderungspotential für Krankenkassen aufgrund der MDK-Prüfungen
4. Der Aufwand für das ärztliche Personal wird übertrieben dargestellt
Beispiele für Fehlkodierung
Beispiele für Fehlbelegung
Literatur


Abrechnungsprüfungen der MDK in Krankenhäusern sind angemessen, wirtschaftlich und zielführend

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wird nicht müde, in zahlreichen Veröffentlichungen (1,2) die Prüftätigkeit des MDK im Krankenhausbereich als (zu) kosten- und zeitintensiv darzustellen. Im Mai wandte sich die DKG in einem Anschreiben direkt an die Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit des Bundestags (3), in dem die Vorwürfe an die Krankenkassen und den MDK dargestellt und mit der Forderung nach einer Gesetzesinitiative verknüpft sind.

Worum geht es?

Gemäß § 275 Absatz 1 Nr. 1 SGB V sind Krankenkassen verpflichtet, bei der Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Ziel der Öffentlichkeitskampagne der DKG ist es, diesen Prüfauftrag des MDK einzuschränken. Die vier größten Mythen der Krankenhausseite über die DRG-Prüfungen des MDK lauten:

- der MDK prüfe massenhaft und willkürlich,
- der MDK prüfe hauptsächlich Fehlbelegung und nicht Fehlkodierung
- die Prüfungen brächten den Krankenkassen nichts ein und schließlich
- die Prüfungen seien mit einem unverhältnismäßig hohen Bürokratieaufwand verbunden.

Die MDK-Gemeinschaft sieht diese Aussagen der DKG durch die Fakten nicht gedeckt. Sie widersprechen dem, was der MDK an Erfahrungen und Informationen über die Abrechnungsprüfungen hat. Die MDK stellen fest, dass Krankenhäuser bewusst das Risiko eingehen, z.B. stationär aufzunehmen, obwohl ambulant operiert werden könnte (§ 115b SGB V), Nebendiagnosen unberechtigterweise zu kodieren oder Patienten - obwohl medizinisch nicht notwendig - im Krankenhaus zu behalten. Insgesamt liegt die Beanstandungsrate der geprüften Abrechnungen bundesweit deutlich über 40 %.

Darüber hinaus bringen die Medizinischen Dienste ihre Erkenntnisse aus vielen Kliniken in die jährlichen Überarbeitungen von ICD- und OPS-Katalog sowie der Deutschen Kodierrichtlinien und des DRG-Fallpauschalen-Katalogs ein. Damit tragen sie durch die Darlegung fehlerhafter Klinikabrechnungen wesentlich zur Weiterentwicklung des G-DRG-Systems bei.

Im Folgenden nehmen wir Stellung zu den zentralen Aussagen der Krankenhausseite. Grundlage sind die Erfahrungen der Sozialmedizinischen Expertengruppe "Stationäre Versorgung" der MDK-Gemeinschaft.


1. Prüfungen der MDK sind zielgenau und effizient

Krankenkassen, die den MDK mit der Abrechnungsprüfung beauftragen, sind im Vorfeld darauf bedacht, eine möglichst zielgenaue Selektion von Krankenhausabrechnungen durchzuführen. Um eine zielgenaue Fallauswahl zu gewährleisten, werden sie dabei vom MDK beraten. Damit wird unnötiger Aufwand sowohl bei der Krankenkasse als auch bei den Krankenhäusern vermieden. Weil eine Reihe von Abrechnungen der Krankenhäuser tatsächlich Hinweise auf Fehlbelegung oder Fehlkodierung beinhaltet, werden entsprechende Prüfaufträge an den MDK vergeben. So prüft der MDK im Ergebnis ca. 12 % (2,3 Mio. inklusive Widerspruchsgutachten) aller Krankenhausfälle von GKV-Versicherten.

Ein Verzicht oder eine Reduktion scheint nicht nur aus Sicht der Krankenkassen, sondern besonders auch aus Perspektive der Versichertengemeinschaft als nicht sachgerecht, da ansonsten die Krankenhäuser offensichtlich unberechtigte und ungerechtfertigte Zusatzgewinne erzielen würden. Das kann die GKV und darf die Politik angesichts der angespannten Finanzsituation nicht zulassen.

Dabei gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Krankenhäusern. Ganz offensichtlich ist es durchaus möglich, korrekt abzurechnen und die Fehlerquote gering zu halten. Zahlreichen Krankenhäuser, bei denen nur 10 % der geprüften Rechnungen fehlerhaft sind, kann der MDK daher eine gute Kodierqualität bestätigen. Andere Krankenhäuser dagegen haben eine so schlechte Kodierqualität, dass zwei von drei der zur Prüfung vorgelegten Rechnungen vom MDK beanstandet werden müssen.

Fazit: Zahlreiche Abrechnungen, die dem MDK zur Prüfung vorgelegt werden, weisen Auffälligkeiten auf. Solange dies so ist, sind die Prüfungen zielgenau und effizient. Obwohl die Krankenhäuser es selbst in der Hand haben, über eine gute Kodierqualität die Prüfintensität zu beeinflussen, verläuft die Lernkurve in Bezug auf korrekte Abrechnungen in den letzen Jahren nahezu horizontal.


2. Prüfungen von Fehlbelegung und Fehlkodierung halten sich die Waage

Die Datenlage der MDK zeigt, dass Fehlbelegung zwar in allen MDK nach wie vor ein wesentlicher, teilweise sogar der häufigere Begutachtungsanlass ist. Fehlkodierungen spielen bei Prüfungen des MDK jedoch ebenso eine gewichtige Rolle. Unabhängig davon sind sowohl Fehlkodierung als auch Fehlbelegung erlösrelevant. Denn es kann nicht ernsthaft argumentiert werden, dass die Abrechnung von unnötigen oder unnötig langen stationären Aufenthalten korrekt wäre. Es gibt in § 39 SGB V die eindeutige Festlegung, dass vollstationäre Behandlung nur dann beansprucht und damit durchgeführt werden darf, wenn das Behandlungsziel nicht durch andere Maßnahmen erreicht werden kann.

Während einige Krankenhäuser festgestellte Fehlbelegung mit strukturellen Defiziten im nicht-stationären Bereich (etwa fehlende ambulante fachärztliche Behandlungsmöglichkeit, fehlende Aufnahmekapazität in Reha- oder Pflegeeinrichtungen) zu begründen suchen, verbessern andere Krankenhäuser ihre Prozesse z.B. durch Einführung von Patientenmanagementsystemen und führen auf diese Weise eine Senkung der Verweildauer herbei.

Fehlkodierungen werden von der Krankenhausseite mitunter auf die Komplexität des DRG-Systems zurückgeführt. Das kann bei komplizierten Einzelfällen, z.B. onkologischen Patienten, durchaus der Fall sein. Ansonsten trifft dieses Argument nur bedingt zu. Die mittlerweile langjährige Erfahrung, die Unterstützung von Kodierassistenten und die Unterstützung durch Software und Kodierempfehlungen des Medizinischen Dienstes bieten ausreichend Hilfestellung zum richtigen Kodieren. Die Vielzahl gut kodierender Krankenhäuser zeigt, dass das DRG-System beherrschbar ist.

Neben der erheblichen Einsparung für die Versichertengemeinschaft durch die Beanstandung nicht ordnungsgemäß abgerechneter Fälle, leistet der MDK über die Prüfung von Komplexbehandlungen zusätzlich einen Beitrag zur Qualitätssicherung, z.B. in der Geriatrie, Intensivmedizin, Versorgung von Querschnittverletzten und Schlaganfall-Patienten, indem der Gutachter neben inhaltlich-fachlichen auch prozessuale und strukturelle Mindestanforderungen prüft.

Ein Beispiel für eine Komplexbehandlung, bei der diese Anforderungen vom MDK geprüft wurden und im Ergebnis nicht erfüllt waren:

Abrechnung von geriatrischer Frührehabilitation in nicht-geriatrischen Krankenhausabteilungen ohne Facharzt mit der Schwerpunktbezeichnung Geriatrie: Es wurde der OPS-Komplexkode 8-550 Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung verschlüsselt, obwohl die abrechnende Klinik ein strukturelles Mindestmerkmal des OPS, nämlich die fachärztliche Behandlungsleitung, nicht erfüllte. Es resultierte eine Beanstandung von über 250 Fällen mit einer Erlösminderung von bis zu 3.000 Euro pro Fall.

Neben der reinen Abrechnungsprüfung wird hierbei auch ein Beitrag zur Qualitätssicherung der geriatrischen stationären Rehabilitation geleistet. Im Jahr 2007 wurden von einem MDK 2.249 Fälle geriatrischer Komplexbehandlung mit den OPS-Kodes 8-550.1 und 8-550.2 geprüft. Es wurden 45 % aller Fälle strittig gestellt. Bei einer durchschnittlichen Minderung des Kostengewichts von 0,4 ergaben sich für die Versichertengemeinschaft allein in diesem Bundesland Einsparungen von 1,2 Mio. Euro.

Fazit: Der MDK prüft sowohl Fehlbelegung wie auch Fehlkodierung in nennenswertem Umfang. Sowohl Fehlkodierung als auch Fehlbelegung sind erlösrelevant.


3. Enormes Rückforderungspotential für Krankenkassen aufgrund der MDK-Prüfungen

Die fachliche Prüfung durch den MDK zeigt, dass es für die Krankenkassen ausreichend Gründe gibt, die bisherige Praxis der DRG-Prüfungen beizubehalten. Je nach Bundesland können die Krankenkassen - ohne Berücksichtigung der Aufwandspauschale - Rückforderungen zwischen 734 Euro bis 937 Euro (2009) geltend machen. Hierin sind auch jene Fälle enthalten, die nicht beanstandet oder zugunsten des Krankenhauses korrigiert worden sind. Betrachtet man nur die beanstandeten Fälle, liegt die Höhe der Rückforderungen zwischen 1.100 Euro und 1.897 Euro pro Fall. Bezogen auf das aktuelle Ausgabenvolumen der GKV für Krankenhäuser ermittelte der GKV-Spitzenverband ein Rückforderungspotenzial in Höhe von 1,5 Mrd. Euro.

Würden die Abrechnungsprüfungen sich für die Krankenkassen nicht rechnen, würden sie diese dann weiter in diesem Umfang praktizieren? Sie sind aufgrund des SGB V (§§ 2, 12) gehalten, wirtschaftlich zu handeln. Man muss fernerhin berücksichtigen, dass Krankenhäuser, die die Situation ausnutzen, um mit überzogenen Abrechnungen zusätzliche Erlöse zu generieren, sich einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Abrechnungsprüfungen des MDK tragen hierbei zur Stabilisierung gleicher Wettbewerbschancen zwischen Krankenhäusern bei.

Fazit: Die Prüfungen sind für die Krankenkassen sehr ausgabenrelevant. Mit den Abrechnungsprüfungen stützt der MDK nicht nur die normativen Grundsätze des SGB V (§§ 2, 12), sondern ermöglicht den Krankenkassen obendrein Rückforderungen aufgrund von unberechtigten Abrechnungen in Höhe von 1,5 Mrd. Euro zu stellen.


4. Der Aufwand für das ärztliche Personal wird übertrieben dargestellt

Der von der DKG ins Feld geführte Aufwand an ärztlichem Personal mit 2.000 Personenjahren(3) ist nicht realistisch. Diese Personenjahre entsprächen 3.157.000 ärztlichen Arbeitsstunden (205 Tage je 7,7 Stunden). Nimmt man an, dass bei jeder dritten Abrechnungsprüfung (575.000) ärztliche Konsultationen erforderlich wären, was schon hoch gegriffen ist, entspräche dies einem Aufwand von 5:29 Stunden pro Abrechnungsprüfung.

Das ist offensichtlich realitätsfern und übertrieben. Übrigens: Beim MDK selbst sind bundesweit ca. 2.000 ärztliche Gutachter beschäftigt. Meint die DKG wirklich, dass jeder MDK-Arzt bei den vielen Aufgaben des MDK (AU, Hilfsmittel, Reha-Begutachtung, Pflegebegutachtung, Qualitätssicherung, Versorgungsberatung etc.) jeweils einen Arzt im Krankenhaus bindet?

Auch ist die Prüftätigkeit des MDK in Relation zu anderen Versorgungsbereichen nachvollziehbar und adäquat. Etwa ein Drittel der versichertenbezogenen Gutachten der MDK bezog sich 2008 auf den stationären Sektor. Dieser Prüfumfang entspricht ebenfalls dem Anteil des Finanzvolumens der Krankenhäuser von 55,9 Mrd. Euro an den gesamten GKV-Ausgaben (2009).

Obendrein ist zu berücksichtigen, dass ungefähr die Hälfte der Beratungen in Form von Sozialmedizinischen Fallberatungen (SFB) im Einzelfall durch den MDK bei der Krankenkasse stattfindet. Dem MDK-Gutachter genügen in diesen Fällen die Informationen, die der Krankenkasse vorliegen. Reichen diese nicht aus, leitet die Krankenkasse das Prüfverfahren ein. Der verwaltungstechnische Aufwand (Ausdrucken und Versenden der Patientenakte / des Arztbriefs) ist hier erstens gering und wird zweitens von nicht-ärztlichem Personal (Kodierassistenten / Verwaltung) in den Krankenhäusern gewährleistet. Sollte man das Argument der überbordenden Bürokratie ernst nehmen, müsste man die Gründe dafür in der Organisation der Krankenhäuser selbst suchen.

Ärztliches Personal wird vor allem dann gebunden, wenn es sich um Widerspruchsgutachten (jene Gutachten, bei denen das Krankenhaus Widerspruch einlegt) handelt. Die Aussage der DKG relativiert sich weiter, wenn angenommen wird, dass nur ein geringer Anteil der geprüften Abrechnungen Widerspruchsfälle sind.

Fazit: Der ärztliche Aufwand für Prüfungen wird realitätsfern und übertrieben dargestellt. Der Großteil der Anfragen des MDK kann durch Assistenz- oder Kodierkräfte erledigt werden.


Beispiele für Fehlkodierung

Monetär ins Gewicht fallen die eher seltenen Fälle von Zusatzentgelten und Beatmungsstunden.

- Fehlkodierung der intensivmedizinischen Komplexbehandlung. Der OPS-Kode 8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) wird durch die Angabe von intensivmedizinischen Aufwandscores beeinflusst. Diese Prozedur kann erhebliche Auswirkung auf die Vergütung eines Falles haben. Die aufwändige Prüfung dieses Scores ergab, dass in vielen Fällen durch die Klinik viel zu hohe Aufwandscores berechnet wurden. Es waren Stellungnahmen des DIMDI nicht beachtet worden (z.B. Definition "spezielle Interventionen") und insbesondere an den Schwellen zu einer höheren DRG-Bewertung zu hohe Aufwandspunkte kodiert worden. Nicht selten kam es hier zu einer Erlösminderung von über 50.000 Euro. Bei 1.454 Prüfungen intensivmedizinischer Komplexbehandlungen kam es in über 60 % der Fälle zu einer Minderung des Kostengewichtes. Die höchste Minderung des Kostengewichtes betrug 27, was einer Einsparung von 78.000 Euro in einem einzigen Fall entsprach. Zunehmende Bedeutung erlangen darüber hinaus Fragen, die über die eigentliche Abrechnungsprüfung hinausgehen, wie z.B. zu Innovationen in der Medizin, zur Einschätzung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie zu Arzneimitteltherapien und zu ihrem Einsatz im Krankenhaus.

- Eine Frühgeburt in der 31. SSW mit einem Geburtsgewicht von 1.410 Gramm wurde wegen Sepsis behandelt. Das Geburtsgewicht wurde vom Krankenhaus fälschlicherweise als zu niedrig angegeben. Der MDK konnte das tatsächliche Geburtsgewicht bei einer Begehung im Krankenhaus ermitteln. Die Korrektur durch den MDK führte zu einer Ersparnis von 40.468,59 Euro.

- Bei Plausibilitätsprüfungen der Krankenkassen fallen etwa Nebendiagnosen auf, die nicht aufwandsrelevant sind, z.B. wenn ein Säuglinge nach der Geburt die Nebendiagnose "Probleme mit Bezug auf: Notwendigkeit der Hilfestellung bei der Körperpflege" auftaucht. Wie jeder weiß, ist das der Normalzustand, in dem sich ein Säugling befindet. Der Schaden für die Krankenkasse pro Geburt: 1.200 Euro.

- Abrechnung von Zusatzentgelten (vor allem im Zusammenhang mit Chemotherapien), die eigentlich unter kostenfreie Studienindikationen fallen.

- Häufige Verschlüsselung von Diabeteskomplikationen, ohne dass die Nebendiagnosendefinition erfüllt ist.

- Falsche Zählung und Berechnung von Beatmungsstunden.

- Die unkorrekte Kodierung zugunsten schweregraderhöhender Nebendiagnosen, so dass ggf. aus einer (asymptomatischen) Harnwegsinfektion schon mal eine akute Zystitis wird.

- Der Austausch von Haupt- und Nebendiagnose, der ggf. aus ärztlicher Sicht nachvollziehbar ist, aber dennoch im Widerspruch zu den Kodierrichtlinien zu Haupt- und Nebendiagnose steht.

- Die Kodierung von Nebendiagnosen, obwohl kein Ressourcenverbrauch ausgelöst wurde.

- Bei der geriatrischen Komplexbehandlung wird häufig nach Verlegung und Zustand nach Frakturbehandlung die Hauptdiagnose in Sturzneigung gewechselt, ohne dass weitere Ursachen für die Sturzneigung erkennbar wären.

- Abrechnen des Zusatzentgeltes für eine modulare Endoprothese bei Implantation einer normalen Endoprothese. Viele Endoprothesensysteme nutzen ein Modulsystem. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine "modulare Endoprothese", die das Zusatzentgelt 25 auslöst (ZE 2010-25). Es sind drei oder mehr metallische Einzelteile an mindestens einer gelenkbildenden Komponente erforderlich (wobei der Aufsteckkopf bei einer Hüftendoprothese nicht mitgezählt wird). Dies wurde in Kliniken des Bundeslandes fehlinterpretiert. Die Erlösminderung betrug zwischen 2.200 Euro und 4.500 Euro pro Fall.


Beispiele für Fehlbelegung

- Ein typisches Beispiel ist die Aufnehme eines Patienten bei planbaren Operationen bereits am Vortag. Dieses Procedere ist medizinisch häufig nicht notwendig. Der MDK vermindert in diesem Fall die Verweildauer um einen Tag, was zu einer Kürzung des Rechnungsbetrags führen kann.

- Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer: Die untere Grenzverweildauer legt fest, wie viele Tage ein Patient mindestens im Krankenhaus verbringen muss, damit eine DRG ohne Abschlag abgerechnet werden kann. Wird der Patient bei einem guten Verlauf früher entlassen bzw. kann eine längere Verweildauer nicht medizinisch begründet werden, kann das Krankenhaus die Pauschale nur mit einem Abschlag abrechnen.

- Überschreitung der oberen Grenzverweildauer: Die obere Grenzverweildauer legt fest, bis zu welcher Aufenthaltsdauer im Krankenhaus lediglich eine Pauschalvergütung erfolgt. Wird diese Dauer im Einzelfall überschritten, werden zusätzliche Entgelte von den Kostenträgern gezahlt. Eine Überschreitung der Grenzverweildauer muss medizinisch begründet sein.


Literatur

1) Fiori, W.; Bunzemeier, H.; Brüning, K.; Helling, J.; Roeder, N. (2010): Abrechnungsbetrug der Krankenhäuser. Tatsache oder Fiktion? das Krankenhaus, 1:17-32.

2) Fiori, W.; Bunzemeier, H.; Roeder, N. (2010): Abrechnungsbetrug der Krankenhäuser? das Krankenhaus, 7:621-628.

3) DKG Anschreiben an die Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit des Bundestags vom 10. Mai 2010. Siehe Anlage.

4) Spiegel Online (2010): "Ein modernes Massendelikt". Online verfügbar unter der URL:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,707280,00.html
Zuletzt erreicht am 7. September 2010.

5) Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (2010: Homepage. Online verfügbar unter der URL:
http://www.mds-ev.de
Zuletzt erreicht am 7. September 2010.

6) Wikipedia (2010): Diagnosebezogene Fallgruppen. Online verfügbar unter der URL:
http://de.wikipedia.org/wiki/Diagnosis_Related_Groups
Zuletzt erreicht am 9. September 2010.


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Quelle:
Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS)
Pressemitteilung des MDS vom 13.04.2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2011