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POLITIK/1914: Pflege - Bedarf an Fachkräften (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7-8/2018

Pflege
Bedarf an Fachkräften

von Dirk Schnack


Einigkeit beim Gespräch am Wasser des vdek in Kiel: Image und Bezahlung für Pflegekräfte sind mit verantwortlich für die angespannte Personalsituation.


Gut gemeint, aber kontraproduktiv? Dieser Eindruck drängt sich manchen Akteuren in der Pflegebranche auf, wenn sie Aussagen von Politikern über die Belastung von Pflegekräften im beruflichen Alltag hören. Die ist zwar real, die Fokussierung auf dieses Thema hilft den Pflegekräften aber nicht unbedingt, meint zumindest Schleswig-Holsteins Landeschef im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Mathias Steinbuck.

"Die politisch Verantwortlichen sollten aufhören, den Beruf schlechtzureden", appellierte Steinbuck beim "Gespräch am Wasser" des Ersatzkassenverbandes vdek zur Kieler Woche. Der Kassenverband hatte zum Thema "Personalnotstand in der Pflege" in den Sellspeicher eingeladen. Bei der Suche nach Ursachen für den Status quo ging es auch um das Image - und das halten viele für verbesserungswürdig. "Der Beruf wird oft assoziiert mit Rückenwaschen", kritisierte Patricia Drube. Die Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein hielt ein leidenschaftliches Plädoyer auf die Fähigkeiten ihrer Kollegen und machte damit deutlich, wie falsch die Wahrnehmung vieler Menschen in Bezug auf den Beruf ist. "Wir können Krankheiten lindern und vorbeugen. Wir können Pflegebedürftigkeit verhindern und hinauszögern", sagte Drube.

Die zweite in Kiel genannte Ursache für den "Notstand": die Bezahlung. Nach Ansicht des Staatssekretärs im Kieler Gesundheitsministerium, Dr. Matthias Badenhop, muss an dieser Stelle ein Umdenken stattfinden. Er sagte: "Pflege kostet Geld, gute Pflege kostet viel Geld. Es gibt andere Dinge, bei denen man sparsamer sein kann als in der Pflege." Badenhop verwies in diesem Zusammenhang u. a. auf die seit Jahren ansteigende Unterstützung des Landes für die Pflegeausbildung. Ob die geplante Anhebung des Beitrags zur Pflegeversicherung um 0,3 Prozent ausreicht, bezweifelte zumindest der Verbandsvorsitzende des vdek, Uwe Klemens. Er gab zu bedenken, dass diese Anhebung möglicherweise nicht lange ausreichen wird, eine zweite Anhebung während der Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aber wohl eher unwahrscheinlich sein dürfte. Klemens forderte zugleich, nicht nur die Pflegeversicherung in die Pflicht zu nehmen - Pflege sei eine gesellschaftliche Verpflichtung. "Wir brauchen ab 2019 ein Pflegefinanzierungskonzept", forderte Klemens.

Wie groß die Anstrengungen eines Krankenhauses sein müssen, um allein den bestehenden Mitarbeiterstamm in der Pflege aufrecht zu erhalten, verdeutlichte Bernhard Ziegler, Bundesvorsitzender des Interessenverbandes kommunaler Krankenhäuser (IVKK), am Beispiel des von ihm geführten Klinikums Itzehoe, das insgesamt rund 700 Mitarbeiter allein in der Pflege beschäftigt. Jährlich scheiden zwischen 60 und 80 Pflegemitarbeiter aus, die ersetzt werden müssen. "Das sind jährlich mehr als zwei Schulklassen, die wir neu einstellen müssen", sagte Ziegler.

Neben verstärkten Anstrengungen in der Ausbildung wurde auch die Einstellung ausländischer Pflegekräfte diskutiert. Steinbuck sieht darin einen "wichtigen Baustein" für ein Gesamtkonzept. Nach seinen Zahlen arbeiten derzeit 128.000 Menschen aus dem Ausland als Pflegekraft in Deutschland - und nach seiner Auffassung dürften es gerne mehr werden. Steinbuck, der im eigenen Unternehmen gute Erfahrungen mit Pflegekräften aus Vietnam sammelt, hält dafür vereinfachte Anerkennungsverfahren für erforderlich. Um einzelne Betreiber von den damit verbundenen bürokratischen Anforderungen zu entlasten, wünscht er sich ein strukturiertes und vom Land organisiertes Verfahren, das mehr ausländische Pflegekräfte anzieht.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7-8/2018 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2018/201807/h18074a.htm

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Juli-August 2018, Seite 20
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2018

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