Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN


STUDIE/022: Mediziner fordern - der Arztberuf muss familienfreundlicher werden (Thieme)


Thieme Verlag - FZMedNews - 18.03.2016

Mediziner in Beruf und Ausbildung fordern: Arztberuf muss familienfreundlicher werden


fzm, Stuttgart, März 2016 - Deutschlands Kliniken plagen schon seit Jahren Nachwuchssorgen. Ein Grund, warum sich immer weniger Mediziner für die Arbeit im Krankenhaus entscheiden, ist die schwere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dies zeigen auch die Ergebnisse einer Umfrage in der Fachzeitschrift "Das Gesundheitswesen" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2016). Sowohl Ärzte als auch Studierende wünschen sich mehr Teilzeitregelungen, eine bessere Kinderbetreuung und vor allem mehr Verständnis seitens ihres Arbeitgebers.

Nur noch 60 Prozent der Medizinstudenten streben nach ihrem Abschluss eine Arbeit in der Krankenversorgung an. Grund dafür sind unter anderem die langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten, die vor allem Ärzte mit Kindern vor große Probleme stellen. Forscher der Universität Ulm haben 120 Ärztinnen und Ärzte sowie 679 Studierende befragt, wie sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beurteilen. Die Studienautoren befragten sie zu Konflikten, die durch Studium oder Arbeitsleben in der Familie entstehen, aber auch zu Problemen, die sich aus dem Familienleben für ihren Job ergeben.

Am stärksten belastet waren demnach Ärztinnen und Ärzte, die Kinder hatten, berichtet Dr. Kerstin Limbrecht-Ecklundt vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Probleme gingen dabei deutlich häufiger vom Beruf als von der Familie aus. Der Aussage "Die Anforderungen meiner Arbeit kollidieren mit meinem privaten und familiären Leben" stimmten viele Ärztinnen und Ärzte besonders stark zu.

Auch für Studierende erhöhen Kinder das Konfliktpotenzial, schreibt Limbrecht-Ecklundt. Die Probleme sind bei ihnen jedoch anders gelagert. "Die Anforderungen seitens meiner Familie kollidieren mit meinen beruflichen Tätigkeiten" war für viele eine treffende Umschreibung ihres Problems. Am ehesten gelang es den Studierenden in den ersten Semestern Familie und Kind miteinander zu vereinbaren.

Nach Angaben der Teilnehmer wäre es sowohl für Ärzte als auch für Studierende besonders wichtig, Arbeit oder Studium im Notfall, etwa bei einer Krankheit des Kindes, unterbrechen zu können. Gleich danach wünschten sich die Befragten eine Notfallbetreuung der Kinder. Teilzeitregelungen würden sowohl Ärzten als auch Studierenden im klinischen Abschnitt sehr entgegen kommen, um sich vermehrt um Familie und Kinder kümmern zu können. Gleich an dritter Stelle nannten Ärzte den Wunsch nach mehr Verständnis. Nach Meinung der Befragten fehle es seitens der Kliniken an der Bereitschaft, die genannten Anliegen zu unterstützen.

Limbrecht-Ecklundt versteht die Umfrageergebnisse als Anregung für Kliniken, die Arbeitsplätze stärker an die Wünsche der Aerzte anzupassen. Der Forderungskatalog sei realistisch. An der Universität Ulm seien viele Änderungen bereits initiiert worden oder in Planung. Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet ihrer Ansicht nach zahlreiche Chancen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Eine höhere Arbeitszufriedenheit führe nicht nur dazu, die Mitarbeiter stärker an die Einrichtung zu binden, sondern auch zu einer besseren Leistung des Personals.


L. Jerg-Bretzke, P. Krüsmann, H. C. Traue, K. Limbrecht-Ecklundt:
"Was ihr wollt", Ergebnisse einer empirischen Bedarfsanalyse zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Ärztinnen und Ärzten
Gesundheitswesen 2016
online erschienen am 15.2.2016
DOI: 10.1055/s-0041-111842

*

Quelle:
FZMedNews - Freitag, 18. März 2016
Thieme Verlagsgruppe
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart
Telefon: 0711-8931-319, Fax: 0711-8931-167
Internet: www.thieme.de/presseservice/fzmednews/


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang