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AUSLAND/1579: Kongo - Andrang vor mobilen Aidstest-Stationen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. August 2010

Kongo: Andrang vor mobilen Aidstest-Stationen

Von Arsène Séverin


Brazzaville, 27. August (IPS) - In der zentralafrikanischen Republik Kongo erweisen sich mobile Aidstest-Stationen als wahre Publikumsmagneten. Überall dort, wo die fahrbaren Kliniken anhalten, bilden sich nach kurzer Zeit Trauben von Menschen, die das Angebot, sich anonym und kostenlos auf das Virus testen zu lassen, dann auch häufig in Anspruch nehmen.

"Zunächst war ich nur neugierig, doch am Ende unterzog ich mich dem Test", berichtet ein 30-jähriger Mann, der seinen Namen mit Gerard angab. "Die Ergebnisse liegen vor. Zum Glück bin ich negativ."

Nicht nur Männer, auch einige Frauen finden sich vor dem ambulanten Labor in Kinsoundi ein, einem Stadtteil im Süden der kongolesischen Hauptstadt Brazzaville. "Meine Schwester und ich wussten, dass der Wagen kommt. Wir sind hier, um uns testen zu lassen", sagt eine Kongolesin, die sich Judith nennt.

"Wir haben bereits über 50 Tests durchgeführt, ohne dass die Schlange abreißt", erläutert Wilfrid Hervé Poaty, der verantwortliche Arzt an Bord der Aidstest-Ambulanz - eine Anschaffung des Nationalen Aidsrats CNLS im Dezember 2009 angeschafft hatte. Wo immer das Fahrzeug auftaucht, wird es in Windeseile von Menschen umringt.


Testmöglichkeit für Kurzentschlossene

"Bei jedem Stopp testen wir 100 bis 115 Personen. Zwei bis drei sind in der Regel positiv", so Poaty. Von Dezember 2009, dem Start des Aidstest-Ambulanz-Projektes, bis April 2010 wurden nach Angaben des CNLS Aidstests an 5.275 Personen durchgeführt, die in 114 Fällen (2,4 Prozent) positiv ausfielen.

Die mobilen Testmöglichkeiten haben dazu geführt, dass sich mehr Hauptstädter als bisher ermutigt fühlen, einen Aidstest machen zu lassen. "Wir wurden auch von Kirchen und Hilfsorganisationen eingeladen", berichtet Poaty. Im Kongo wissen nur zehn Prozent der Bevölkerung über ihren HIV-Status Bescheid. Der CNLS hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil bis 2013 auf 50 Prozent zu steigern. "Das ist der Grund, warum wir nun auf die äußerst erfolgreiche mobile Strategie setzen."

Die Kosten für Wagen und Ausstattung, die aus einem Patientenstuhl, einem Kühlschrank, einem Labor und einem Generator besteht, belaufen sich auf etwa 215.000 US-Dollar. Der Betrag konnte im Februar dank eines Spendenmarathons aufgebracht werden.

Es gibt in Kongo zwei weitere Einrichtungen, an die sich Menschen wenden können, um sich anonym und kostenlos untersuchen zu lassen. Doch nur wenige machen von ihnen Gebrauch. In fünf Jahren - von 2004 bis 2009 - ließen sich dort 40.085 Personen auf Aids testen. 4.323 stellten sich als HIV-positiv heraus.

"Wir führen keine zehn Aidstests pro Tag durch", räumte Daniel Yokolo, leitender Arzt am Bissita-Zentrum in Bacongo, einem Stadtviertel im Süden von Brazzaville. "Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass die Tests umsonst sind. Auch gibt es viele, die aus Angst, infiziert zu sein, ihren HIV-Status nicht wissen wollen."

Im zweiten Zentrum ist der Andrang noch geringer. "Wir kommen so auf zwei bis vier Patienten pro Tag. Auch kommen sie weniger, um sich testen zu lassen, als um sich ihre Aidsmedikamente abzuholen", sagt Merlin Diafouka, Arzt am 'Outpatient Treatment Centre' (CTA). "Bei uns können sich Aidspatienten kostenlos medikamentös behandeln lassen."


Proteste gegen staatliche Zentren

Doch viele Patienten sind unzufrieden mit der Behandlung im CTA. Sie hatten im Juni vor dem Gesundheitsministerium demonstriert. "Das Verfallsdatum der Präparate, die wir erhalten, ist oftmals überschritten, und es kommt zu Lieferproblemen", meint Valérie Maba vom Aidshilfenetzwerk 'Congo Network of HIV+ Persons' in Brazzaville sitzt. "Es ist ein wirkliches Desaster", bestätigt Thierry Maba von der Kongolesischen Vereinigung HIV-positiver Jugendlicher.

Doch die Behörden weisen die Vorwürfe zurück. "Die Behandlung HIV-positiver Patienten aussetzen zu müssen, wäre kriminell", meint Alexis Elira Dokekias, der kongolesische Generaldirektor für Gesundheit. Wie er versichert, sind seit zwei Jahren keine Versorgungsengpässe aufgetreten. Alle Hilfszentren seien mit den notwendigen Arzneien ausgestattet, und die Regierung sorge dafür, dass dies auch so bleibe. "

Am CTA in Brazzaville werden derzeit 1.700 Patienten versorgt. "Wir haben Aids-Medikamente für drei Monate auf Lager", betont der Arzt Merlin Diafouka. Nach CNLS-Angaben aus dem letzten Jahr leben 120.000 Kongolesen mit Aids infiziert. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 3,2 Prozent. (Ende/IPS/kb/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2010