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AUSLAND/1590: Malaysia - "Killermücken" gegen Denguefieber, Bürger wollen nicht Versuchskaninchen sein (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. September 2010

Malaysia: 'Killermücken' gegen Denguefieber - Bürger wollen nicht Versuchskaninchen sein

Von Baradan Kuppusamy


Kuala Lumpur, 20. September (IPS) - Jedes Jahr sterben 22.000 Menschen in den Tropenregionen an Denguefieber. Überträger des Virus ist die Gelbfiebermücke, der man in Malaysia jetzt mit der Gentechnologie den Garaus machen will. Umweltaktivisten jedoch warnen vor den unkalkulierbaren Risiken, wenn genmodifizierte 'Killermücken' in die Natur entlassen werden.

Bereits im Dezember sollen die ersten männlichen 'Killermücken' die Labore verlassen, um bei der Paarung die tödlichen Gene weiterzugeben, die die Larven abtöten und so die Gelbfiebermückenpopulation reduzieren. Vor allem die Weibchen sind es, die mit ihrem Stich jedes Jahr bis zu 50 Millionen Menschen weltweit infizieren.

Das Projekt, das malaysische und britische Wissenschaftler gemeinsam entwickelt haben, klingt simpel und effizient, stößt aber auch auf Bedenken. Es gebe sicherere und sanftere Methoden im Kampf gegen das Denguefieber als genmodifizierte (GM) Spezies, deren Auswirkungen auf die Umwelt noch nicht abschätzbar seien, argumentiert Mohamed Idris, Vorsitzender der Verbrauchervereinigung der Insel Penang.

Idris verweist auf biologische Kontrollmethoden, um die Mückenpopulation und damit das Infektionsrisiko zu verringern. Dazu zählten Pflanzenextrakte, Öle und biologische Gifte zur Abtötung der Larven, die genauso effizient und dabei preiswerter und sicherer seien. "GM-Mücken aus den Laboren in die freie Natur loszulassen birgt potenziell große Gefahren", sagt er und spielt damit auf die Ängste der Öffentlichkeit an, die sich auch in Chaträumen, Foren und sozialen Netzwerken im Internet artikulieren. Dort wird ausgesprochen, was in den staatlich kontrollierten "alten" Medien Malaysias nicht möglich ist.


Start im Dezember?

Anfang September hatte Gesundheitsminister Liow Tiong Lai die gemeinsam mit der britischen Firma 'Oxitec' durchgeführten klinischen Experimente als "sehr erfolgreich" bezeichnet. Man werde jedoch noch vor einer Kabinettsentscheidung zugunsten für die Freisetzung der "Killermücken" die Einschätzungen von zwei nationalen Beratergremien abwarten.

Das Projekt sei mit "sehr strikten" Auflagen versehen, um eine Gefährdung der Bürger auszuschließen, so der Minister am 10. September. Das Ministerium beruft sich unter anderem auf eine Studie der amerikanischen Akademie der Wissenschaften vom März dieses Jahres, in der auf die Möglichkeit hingewiesen wird, GM-Mücken gegen Denguefieber einzusetzen. Die 'Killer' sollen in einer abgelegenen Region des Bundesstaates Pahang in die Natur eingeführt werden.


Zweiter Versuch

Studien und Versicherungen der Regierung konnten bisher nicht die Furcht der Bevölkerung zerstreuen. Im Dezember 2009 scheiterte der Plan, die 'Killermücken' auf der Insel Pulau Ketam freizusetzen, am Widerstand der 30.000 Bewohner. Mit Unterstützung lokaler Politiker und Umweltschutzgruppen hielten die Gegner Demonstrationen ab und verfassten Schreiben ans Gesundheitsministerium, in dem sie verlangten, einen anderen Ort für die Tests zu suchen.

"Wir sind strikt gegen das Experiment", schrieb etwa Liew Kam im Oktober 2009 an das Ministerium. "Es könnte für uns und unsere Kinder sehr riskant sein." Liew beschwerte sich darüber, dass die Inselbewohner nicht im Vorhinein über die Versuche informiert, ganz zu schweigen um Erlaubnis gefragt wurden, dabei als Versuchskaninchen zu dienen. Schließlich setzten sich die Bewohner durch mit der Drohung, künftig geschlossen für die Opposition zu stimmen, falls die amtierende Regierung den Versuch auf Pulau Ketam nicht abblase. (Ende/IPS/sv/2010)


Links:
http://www.oxitec.com/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2010