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BUCH/203: Handbuch Gesundheitswissenschaften - Informativer Sammelband (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 3/2010

Handbuch Gesundheitswissenschaften
Informativer Sammelband zu Alter, Gesundheit und Krankheit

Besprochen von Horst Kreussler


Wissenschaftler widerlegen gängige Vorurteile zum demografischen Wandel eine gute Vorbereitung für die Jahresveranstaltung der Akademie.


Alter, Gesundheit und Krankheit: Unter diesem Titel liegt in der Reihe Handbuch Gesundheitswissenschaften ein informativer Sammelband vor, auf den eine der Herausgeberinnen (Prof. Adelheid Kuhlmey, Berlin) beim letzten Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2009 nachdrücklich verwiesen hat.

Zahlreiche Beiträge namhafter Gerontologen, Geriater und anderer Experten wie Prof. Elisabeth Steinhagen-Thiessen (Berlin), Prof. Olaf von dem Knesebeck (UKE) oder Prof. Wolfgang Renteln-Kruse (Albertinenhaus Hamburg) geben einen guten Überblick über neue empirische Befunde der Epidemiologie oder der Prävention/Salutogenese, über die theoretischen Grundlagen und über Bewertungen der gegenwärtigen Praxis des Umgangs mit Gesundheit und Krankheit im Alter. Die im Zuge der demografischen Entwicklung steigende Zahl von altersbezogenen Funktionseinbußen und Erkrankungen stellt viele Ärzte vor die Frage - und die Herausforderung -, wie Gesundheit im späteren Lebensalter erhalten werden kann.

Die Herausgeberinnen betonen die Dringlichkeit dieser Herausforderungen, indem sie etwa auf das weltweit vierthöchste Durchschnittsalter in Deutschland verweisen, mit steigender Tendenz. "Dabei ist es besonders die Gruppe der Hochaltrigen (über 80 Jahre), die überaus schnell wächst. Sie hat in den letzten 50 Jahren um beinahe 300 Prozent zugenommen" (Seite 9). Alter bringe chronische Erkrankungen mit sich, die etwa drei Viertel der gesamten Krankheitslast ausmachten. Die Gefahr von Multimorbidität und komplexen Gesundheitseinbußen mit psychischen und sozialen Verlusten lasse schließlich "vulnerable Zustände entstehen, die mehr sind als die Summe einzelner chronischer Krankheiten".

Demgegenüber seien gängige Denkmuster, denen zufolge sich allein die quantitativen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung erhöhten, zu Prognose und Bewältigung der künftigen Situation nicht geeignet. Die gesellschaftliche Debatte folge noch häufig der Anti-Aging-Vorstellung und vergesse die sich qualitativ wandelnden Anforderungen der Senioren. Die Autoren verweisen auf das grundlegende Paradox, dass erst viele medizinische, soziale und wirtschaftliche Fortschritte die lange Lebenszeit ermöglicht haben, dass aber die zunehmende Zahl der Alten vielfach weniger als Gewinn denn als Last oder gar Bedrohung empfunden werde.

Nicht nur der Politik, auch Ärzten könnte der Appell gelten: "Es ist dringend nötig, Alter als zentrale Determinante des Gesundheits- und Krankheitsgeschehens stärker in den Blick zu nehmen und den altersspezifischen Besonderheiten viel diskutierter Gesundheits- und Krankheitsprobleme mehr Aufmerksamkeit zu widmen." Dies heißt auch, im Zuge einer "Geriatrisierung des Berufsfeldes" über Änderungen der Ausbildung in den Gesundheitsberufen nachzudenken, denn: "Die Versorgung chronisch kranker alter Menschen stellt einen komplexen Organisations- und Abstimmungsprozess dar, bei dem unterschiedliche Ansätze der Gesundheitsförderung, Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pflege im Sinne multiprofessioneller Betreuungsstrategien zu integrieren sind."

Für Ärzte könnten die folgenden Kapitel besonders interessant sein: Psychologische Veränderungen im Alter, Psychische Störungen und Krankheiten im Alter, Funktionseinschränkungen und Pflegebedürftigkeit im Alter, Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und Prävention im Alter, Ambulante ärztliche Versorgung alter Menschen, Krankenhausversorgung alter Menschen, Palliative Versorgung. Das Handbuch bietet eine gute Vorbereitungsmöglichkeit auf die Jahresveranstaltung der Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung der Ärztekammer Schleswig-Holstein mit dem Thema "Altern - Bedeutung für Medizin und Gesellschaft".

A. Kuhlmey/D. Schaeffer (Hg.): Alter, Gesundheit und Krankheit; H. Huber Verlag Bern, Göttingen u. a. 2008/2009, 436 Seiten, 49,95 Euro.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 3/2010 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2010/201003/h10034a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt März 2010
63. Jahrgang, Seite 68
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2010