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FINANZEN/479: Studie - Niedergelassene Ärzte erhalten weniger Geld pro Patient (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 10/2009

KVSH-Abgeordnetenversammlung
Niedergelassene Ärzte erhalten weniger Geld pro Patient

Von Dirk Schnack


Eine Studie deckt Verluste auf. Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) sieht sich in ihrer Kritik an der Honorarreform bestätigt.


Die neue Landesregierung stand zur Abgeordnetenversammlung der KVSH am 16. September noch nicht fest. Unabhängig vom Ausgang der Wahl benötigen die Ärzte in Schleswig-Holstein nach Ansicht der kommissarischen KV-Vorsitzenden Dr. Ingeborg Kreuz aber mehr Rückhalt in der Politik. Kreuz forderte eine "Landespolitik, die sich offensiv vor ihre Ärzte stellt".

Dies hat Kreuz in der Vergangenheit vermisst, insbesondere, als die Ärzte im Zuge der Honorarreform auf ihre Probleme in der Öffentlichkeit aufmerksam gemacht hatten. Die daraufhin einsetzende Kritik von Krankenkassen und Politik, deren Hinweise auf ein angeblich sattes Honorarplus und Vorwürfe wegen vermeintlicher Leistungsverweigerung hatten wiederum unter Ärzten Empörung hervorgerufen. Mit der Abrechung für das erste Quartal, die in Schleswig-Holstein einen geringen prozentualen Honorarzuwachs erbracht hatte, fühlten sich die Kritiker im Recht. Eine auf der Abgeordnetenversammlung präsentierte Studie des Kieler Instituts für Mikrodatenanalyse durch Dr. Thomas Drabinski rückt diesen geringen Zuwachs allerdings in ein anderes Licht. Denn der Honorarzuwachs wird durch einen starken Anstieg der Patientenzahl mehr als aufgezehrt. Unter dem Strich steht im ersten Quartal 2009 im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang des Honorars pro Patient. Der Durchschnittswert sank auf 52 Euro, im Vergleichsquartal 2008 lag dieser Wert noch bei 56 Euro, 2007 bei 53 Euro. Der Rückgang zeigt sich mit Ausnahme der Psychotherapeuten und Kinderärzte in allen Fachgruppen. Für die Hausärzte etwa sank das Durchschnittshonorar je Patient von 54,25 Euro in 2008 auf 53,04 Euro in 2009. Kreuz sieht angesichts dieser Zahlen die Kritiker widerlegt, die von Leistungsverweigerung und einem Aussperren von Patienten gesprochen hatten. "Die Ärzte in Schleswig-Holstein haben sicherlich nicht überreagiert", sagte Kreuz mit Blick auf die zurückliegenden Proteste.

Die Formel "Mehr Arbeit - Weniger Geld" gilt allerdings nur für die Betrachtung je Patient. Das Gesamthonorar ist bei einer nur gering zunehmenden Arztzahl von 219 Millionen Euro im ersten Quartal 2007 auf 232 Millionen Euro in I/2008 auf schließlich 236 Millionen Euro in I/2009 gestiegen. Damit fiel der Anstieg allerdings deutlich geringer aus als im Bundesdurchschnitt. Drabinski bezeichnete die Honorarreform als "nicht geglückt". Er vermisst die Nachhaltigkeit und eine Berücksichtigung der zunehmenden Alterung der Bevölkerung. "Für Schleswig-Holstein ist die Honorarreform kein Erfolg", lautete das Fazit des Volkswirtes.

Auch die Vorschau auf die weitere Entwicklung ließ nicht erkennen, dass die Honorarsituation sich deutlich entspannen wird. KV-Vorstand Dr. Ralph Ennenbach kündigte an, weiterhin nach diplomatischen Lösungen zu suchen und angesichts der Finanzprobleme der Krankenkassen diese nicht zu brandmarken. In den laufenden Gesprächen mit Kassenvertretern hat Ennenbach den Eindruck gewonnen, dass bei diesen durchaus Verständnis für die Probleme der Praxisinhaber vorhanden ist, die Kassenlage aber keine Zugeständnisse zulässt. Wie eine Lösung aussehen könnte, ist damit unklar. "Wir fühlen Verantwortung für unser Land, aber wir können sich nicht wahrnehmen" - diese Situation könnte laut Ennenbach eintreten.

Vom Vorstand aufgeworfen wurde auch die Frage, ob Schleswig-Holstein mit der früheren Mengenbegrenzung nicht selbst für einen Teil der aktuellen Honorarprobleme verantwortlich ist. Denn die neue Systematik benachteiligt tendenziell die KVen, die in der Vergangenheit durch Mengenbegrenzungen zu einem stabilen Punktwert beigetragen haben, und sie begünstigt KVen mit einem einst niedrigen Punktwert. Diese Entwicklung war jedoch nicht vorhersehbar. Ennenbach bekräftigte noch einmal, dass er die frühere KVSH-Strategie auch heute noch für richtig hält, und bekam dafür Unterstützung aus den Reihen der Abgeordneten. Ohnehin scheinen diese derzeit mit ihrem Vorstand sehr zufrieden. Kritik gab es keine, dafür aber Lob aus dem fachärztlichen Ausschuss. Dessen Sprecher Dr. Andreas Bobrowski bestärkte den Vorstand in seiner Linie, fehlende Mittel für die Fachärzte nicht aus dem hausärztlichen Topf abzuziehen. "Es ist eine Mittelaufstockung erforderlich - aber dieses Geld kann nicht aus dem hausärztlichen Bereich kommen." Damit beschrieb Bobrowski eine Position, über die in der Abgeordnetenersammlung Konsens herrschte.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 10/2009 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2009/200910/h091004a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Dr. Ralph Ennenbach (oben) bekräftigte, dass die Ärzte sich zu ihrer Verantwortung für die Versorgung im Land bekennen. Die Honorarreform allerdings halten sie weiterhin für missglückt, wie KV-Chefin Dr. Ingeborg Kreuz nach den von Dr. Thomas Drabinski (beide links unten) präsentierten Zahlen unterstrich.


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Oktober 2009
62. Jahrgang, Seite 22 - 23
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.org
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www.aerzteblatt-sh.de

Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2009