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POLITIK/1643: Bundestag verabschiedet Gendiagnostikgesetz (BMG)


Bundesministerium für Gesundheit - Freitag, 24. April 2009

Bundestag verabschiedet Gendiagnostikgesetz


Der Deutsche Bundestag hat heute das Gendiagnostikgesetz verabschiedet. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt: "Das Gesetz ist ein dringend notweniger Schritt zu mehr Schutz des Einzelnen. Erstmals werden verbindliche Regeln und hohe Hürden bei genetischen Untersuchungen festgelegt. Ich begrüße es sehr, dass sich der Deutsche Bundestag nach intensiver Beratung verständigt hat. Das Gesetz trägt dem Gedanken des Schutzbedürfnisses in hohem Maße Rechnung. Gleichzeitig werden die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für den Einzelnen gewahrt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein zentraler Grundsatz des Gesetzes. Dazu gehören sowohl das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu kennen, als auch das Recht auf Nichtwissen, also das Recht, diese nicht zu kennen. Nur eine Ärztin oder ein Arzt darf genetische Untersuchungen durchführen. Zum Schutz der Patientinnen und Patienten haben wir ein umfassendes Beratungskonzept festgeschrieben. Arbeitnehmer werden geschützt und wir schaffen klare Regeln im Versicherungsbereich."

Das Verbot von pränatalen genetischen Untersuchungen auf Krankheiten, die erst im Erwachsenalter auftreten können (spätmanifestierende Krankheiten), war ursprünglich nicht Teil des Gesetzentwurfs, sondern wurde in den Beratungen im Parlament eingefügt.

Mit dem Gendiagnostikgesetz werden die Bereiche der medizinischen Versorgung, der Abstammung, des Arbeitslebens und der Versicherungen sowie die Anforderungen an eine gute genetische Untersuchungspraxis geregelt:

Genetische Untersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person in die Untersuchung rechtswirksam eingewilligt hat. Genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen müssen einen gesundheitlichen Nutzen für die untersuchte Person haben. Sie können ausnahmsweise unter strengen Voraussetzungen auch unter dem Gesichtspunkt des Nutzens für einen Familienangehörigen zugelassen werden.

Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken dürfen nur von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt werden. Die genetische Beratung gehört zu den zentralen Elementen des Gesetzes. Bei einer genetischen Untersuchung, die der Abklärung bereits bestehender Erkrankungen dient, soll der untersuchten Person eine Beratung angeboten werden. Einen besonderen Stellenwert hat die Beratung bei denjenigen Untersuchungen, die eine Vorhersage erlauben - entweder für die Gesundheit der betroffenen Person selber oder in Bezug auf die Gesundheit eines ungeborenen Kindes. Deswegen ist hier in beiden Fällen die genetische Beratung vor und nach der Untersuchung verpflichtend.

Die vorgeburtliche genetische Untersuchung wird auf medizinische Zwecke beschränkt, also auf die Feststellung genetischer Eigenschaften, die die Gesundheit des Fötus oder Embryos vor oder nach der Geburt beeinträchtigen können. Verboten werden allerdings solche vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen auf Krankheiten, die erst im Erwachenenalter ausbrechen können (spätmanifestierende Krankheiten).

Genetische Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung sind nur dann zulässig, wenn die Personen, von denen eine genetische Probe untersucht werden soll, in die Untersuchung eingewilligt haben. Eine "heimliche" Abstammungsuntersuchung wird als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Im Arbeitsrecht sind genetische Untersuchungen auf Verlangen des Arbeitgebers grundsätzlich verboten. Auch darf der Arbeitgeber die Ergebnisse einer im anderen Zusammenhang vorgenommenen genetischen Untersuchung nicht erfragen, entgegennehmen oder verwenden. Beim Arbeitsschutz sollen genetische Untersuchungen im Rahmen arbeits-medizinischer Vorsorgeuntersuchungen nicht bzw. nur unter eng gefassten Voraussetzungen zugelassen werden.

Versicherungsunternehmen dürfen beim Abschluss eines Versicherungs-vertrages grundsätzlich weder die Durchführung einer genetischen Untersuchung noch Auskünfte über bereits durchgeführte Untersuchungen verlangen. Zur Vermeidung von Missbrauch müssen die Ergebnisse bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen vorgelegt werden, wenn eine Versicherung mit einer sehr hohen Versicherungssumme (300.000 Euro) abgeschlossen werden soll.

Eine interdisziplinär zusammengesetzte, unabhängige Gendiagnostik-Kommission soll Richtlinien zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik, insbesondere zur Beurteilung genetischer Eigenschaften, zur Qualifikation von Personen zur genetischen Beratung, zu den Inhalten der Aufklärung und der genetischen Beratung, zur Durchführung von genetischen Analysen sowie an genetische Reihenuntersuchungen erstellen. Der Kommission werden neben fachlichen Sachverständigen auch Vertreter von Patienten-, Verbraucher- und Behindertenverbänden angehören.


Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.


Informationen, Fragen und Antworten zum Gendiagnostikgesetz finden Sie unter:
http://www.bmg.bund.de/cln_117/nn_1168278/SharedDocs/Standardartikel/
DE/AZ/G/Glossarbegriff-Gendiagnostikgesetz.html (Link bitte im Browser zusammenfügen)


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Quelle:
Bundesministerium für Gesundheit, Pressestelle
Pressemitteilung Nr. 32 vom 24. April 2009
Hausanschrift: Friedrichstraße 108, 10117 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2009