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DEMENZ/161: Helfen, bevor die Pflege von Demenzkranken überlastet (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 6/2014

Demenz
Helfen, bevor die Pflege von Demenzkranken überlastet

Von Dirk Schnack



Ein Expertenforum der Barmer GEK hat erhebliche Defizite bei der Unterstützung pflegender Angehöriger von Demenzkranken ausgemacht.


Ärzte aus Praxis und Klinik, Vertreter aus Pflege, Psychotherapie und Politik, MDK, Alzheimer Gesellschaft, Bürgerbeauftragte - die breite Beteiligung an der Auftaktveranstaltung des Expertenforums in Kiel zeigte, wie viele unterschiedliche Beteiligte sich eine bessere Unterstützung für pflegende Angehörige wünschen. Bei der Suche nach Lösungen waren die enormen Erwartungen auffällig, die dabei an die Hausärzte gestellt werden. So wünscht man sich etwa eine frühere Identifikation der stark belasteten Angehörigen, eine breite Information und Vermittlung von Hilfsangeboten.

Schleswig-Holsteins Hausärztechef Dr. Thomas Maurer machte angesichts der hohen Erwartungen deutlich, dass solche Unterstützung zwar sinnvoll ist, aber von den Hausärzten allein nicht geleistet werden kann. Information und Identifikation der Betroffenen wurden als zwei der wichtigsten Defizite während des Forums genannt. Aber auch der Pflegebedürftigkeitsbegriff, die Vernetzung, die Versorgung im ländlichen Raum, die Teilhabe und eine größere gesellschaftliche Sensibilität zählten zu den immer wieder genannten Wünschen. Ein weiteres Problem: Die Pflege demenzkranker Angehöriger ist so zeitraubend, dass sie meist schwer mit dem Beruf vereinbar ist - mit entsprechenden Folgen für die eigene Rente. Viele Beteiligte sehen die zur Erfüllung dieser Wünsche erforderlichen finanziellen Mittel nicht bereitgestellt.

Schleswig-Holsteins Barmer-Chef Thomas Wortmann sieht das Expertenforum nur als ersten Schritt für einen weiteren, intensivierten Austausch zu diesem bislang wenig beachteten Thema an. Er kündigte an, mit den Beteiligten auch weiterhin nach Lösungen zu suchen. Wie solche Lösungen aussehen können, zeigte Synan Al-Hashimy. Der Chefarzt des Alzheimer-Therapiezentrums in Ratzeburg beschrieb ein bislang einzigartiges Angebot der Klinik mit Modellcharakter: Pflegende Angehörige können sich dort allein behandeln lassen oder das an Demenz erkrankte Familienmitglied mitbringen. Dies wählen immerhin 85 Prozent. Ein ebenso hoher Prozentsatz der pflegenden Angehörigen weist nach seinen Angaben eine depressive Störung auf - Folge einer dauerhaften und ansteigenden Belastung und Erschöpfung. Ziel des Aufenthaltes in Ratzeburg ist es, diese Angehörigen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ohne dass sie ein schlechtes Gewissen haben, weil sie während des Aufenthaltes den Angehörigen nicht betreuen können. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel vier Wochen, die stationäre Aufnahme erfolgt auf Basis einer Einweisung durch Haus- oder Fachärzte. Viele Betroffene sollten nach Ansicht Al-Hashimys früher Hilfe in Anspruch nehmen, um einer dauerhaften Erschöpfung vorzubeugen.

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 6/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201406/h14064a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Juni 2014
67. Jahrgang, Seite 29
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2014