Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 28.07.2015
Forscher decken im großen Maßstab krankheitsrelevante Gene auf
Neuherberg, 28. Juli 2015. Trotz umfangreicher Forschung in den letzten Jahren ist die Funktion einer Vielzahl von Säugetier-Genen und deren Rolle für Gesundheit und Krankheit nach wie vor unklar. In einer bislang einzigartigen Studie haben Forscher des Helmholtz Zentrums München zusammen mit Kollegen aus dem europäischen Konsortium EUMODIC nun die Daten von genetisch unterschiedlichen Mauslinien ausgewertet, um neue krankheitsrelevante Bezüge zu entdecken. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift "Nature Genetics" veröffentlicht.
Prof. Dr. Martin Hrabě de Angelis, Leiter des Instituts für Experimentelle Genetik (IEG) am Helmholtz Zentrum München, und seine Kollegen etablierten dafür standardisierte Untersuchungen an krankheitsrelevanten Organsystemen. Eine derart umfassende und vergleichbare Analyse gab es bislang noch nie. Darüber hinaus entwickelten sie mit ihren Kollegen von der Oxford University spezielle statistische Verfahren, die Ihnen erlauben, signifikante Aussagen über die entsprechende Funktion der Gene zu treffen. "Insgesamt konnten wir so 320 verschiedene Gene untersuchen", sagt Erstautor Martin Hrabě de Angelis, der die Idee des Mausklinik-Konzepts entworfen hat. Eine Reihe von krankheitsrelevanten Genen wurde in den Tiermodellen charakterisiert, die damit in Zukunft einen Beitrag zu neuen Forschungsansätzen leisten können.
Das Team konnte 160 unbekannten Genen Funktionen zuordnen, u.a. in den Bereichen Stoffwechselprozesse und Neurologie, die nun Hinweise auf ihre Gesundheitsrelevanz geben. Damit wären sie hoffnungsvolle Kandidaten für neue Forschungsansätze beispielsweise bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas. Eines dieser Gene ist etwa Elmod1, dessen Aufgabe bislang vollkommen unverstanden war. Die Studie konnte nun zeigen, dass es offenbar in die Fettaufnahme im Blut (Cholesterol) involviert ist und zudem das Körpergewicht reguliert.
"Unsere Untersuchungen haben darüber hinaus für viele Gene weitere, bislang noch unbekannte Funktionen herausgefunden" berichtet Hrabě de Angelis. Er und sein Team wollen diesen Weg künftig noch fortführen: "Unsere Erkenntnisse zu den untersuchten Genen stehen der wissenschaftlichen Gemeinschaft nun als valider Datensatz kostenfrei über die Webseite des IMPC (International Mouse Phenotyping Consortium) zur Verfügung und bilden eine sehr gute Basis, auf der wir und andere Forschungsgruppen neue Hypothesen aufstellen und überprüfen können." Das IMPC führt diese Projekte weiter fort, um für möglichst alle Gene des Genoms deren Funktionen zu entdecken.
Hintergrund:
* Der Begriff Phänotyp steht für die Merkmale eines Organismus. Das umfasst nicht nur morphologische, sondern auch auf physiologische Eigenschaften und Verhaltensmerkmale.
Original-Publikation:
Hrabě de Angelis, M. et al. (2015). Deciphering mammalian gene function
through broad based phenotypic screens across a consortium of mouse
clinics, Nature Genetics, DOI: 10.1038/ng.3360
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für
Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz
des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
angehören.
Ziel der Forschung des Instituts für Experimentelle Genetik (IEG) ist,
Ursachen und Entstehung menschlicher Erkrankungen zu verstehen. Durch
seine leitende Funktion in interdisziplinären und internationalen
Konsortien hat das IEG eine weltweit führende Position in der systemischen
Untersuchung von Mausmodellen für Krankheiten des Menschen und der
Aufklärung von beteiligten Genen. Schwerpunkt bilden dabei
Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Das IEG ist Gründer der Deutschen
Mausklinik (GMC) und leitet das Europäische Maus Mutanten Archiv (EMMA).
Zudem koordiniert das IEG die europäische Forschungsinfrastruktur
Infrafrontier (ESFRI). Das IEG ist Teil des Helmholtz Diabetes Center
(HDC). Dem IEG gehört die Abteilung Genomanalysezentrum (GAC) an, die die
Entwicklung komplexer Krankheiten und den Umwelteinfluss bei ihrer
Entstehung untersucht.
Durch eine steigende Lebenserwartung nehmen sowohl altersbedingte, als
auch soziologische und umweltbedingte Einflüsse auf die Gene zu. Diese
Veränderungen des genetischen Materials untersucht das Institut für
Entwicklungsgenetik (IDG). Im Forschungsbereich Mouse Genetics werden
genetische Tiermodelle zur Erforschung verschiedener Erkrankungen
entwickelt. Diese Modelle werden im Disease Modelling analysiert um
Genfunktionen und Zellprozesse zu identifizieren und den Einfluss von
Umwelt und Alterungsprozessen zu bewerten. Ein Schwerpunkt liegt dabei in
der Untersuchung neurologischer und psychiatrischer Krankheiten.
Das Institut für Pathologie (PATH) untersucht mikroskopische und
molekulare Gewebestrukturen, die an der Entstehung und Progression von
Erkrankungen beteiligt sind. Die Identifizierung und Charakterisierung
molekularer Mechanismen und Signalwege bieten die Grundlage, um das
Zusammenspiel von Genen und Umwelt besser zu verstehen und Ansatzpunkte
für neue therapeutische Interventionen zu entdecken. PATH arbeitet eng mit
dem Institut für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der
Technischen Universität München zusammen, wodurch sowohl
Grundlagenforschung als auch angewandte klinische Studien ermöglicht
werden.
Das Institut für Lungenbiologie (iLBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy
Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit
dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und
den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die
Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und
therapeutische Strategien zu entwickeln. Das iLBD führt mit der
Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von
Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das
CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).
Fachlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Martin Hrabě de Angelis
Helmholtz Zentrum München -
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Experimentelle Genetik
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: hrabe@helmholtz-muenchen.de
Weitere Informationen finden Sie unter
www.nature.com/ng/journal/vaop/ncurrent/full/ng.3360.html
Link zur Publikation
www.helmholtz-muenchen.de/aktuelles/pressemitteilungen/2015/index.html
Pressemitteilungen Helmholtz Zentrum München
www.helmholtz-muenchen.de/en/ieg/index.html
Institut für experimentelle Genetik
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Helmholtz Zentrum München, 28.07.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2015
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