Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → KRANKHEIT

HERZ/533: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongress 2011 in Paris (1) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 29.08.2011

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum Kongress der European Society of Cardiology (ESC), der vom 27. - 31. August 2011 in Paris stattfindet


→  Depressive Herzpatienten profitieren von gemeinsamer Gruppentherapie mit psychisch Gesunden
→  Deutsche Studie: Die Hemmung von microRNA stimuliert das Wachstum neuer Blutgefäße
→  Deutsche Studie: "Elektronische Nase" erschnüffelt Herzschwäche


*


Depressive Herzpatienten profitieren von gemeinsamer Gruppentherapie mit psychisch Gesunden

Die Behandlung von Depressionen ist bei Herzpatienten von zentraler Bedeutung um Behinderung und vorzeitigem Tod vorzubeugen. Bereits nach einem achtwöchigen Gruppentherapie-Programm, bei dem depressive mit nicht-depressiven Herz-Patienten (275 Studienteilnehmer) gemeinsam teilnahmen, "beobachteten wir bei den depressiven Patienten enorme Fortschritte. Wir gehen davon aus, dass die psychisch gesunden Patienten für die depressiven positive Vorbilder und Rollen-Modelle darstellen, und ihnen dabei helfen, gesundheitsförderndes Verhalten und eine positivere Stimmung zu erlernen", so Studienleiterin Dr. Barbara Murphy (Heart Research Centre in Melbourne, Australien) auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris.

In der gemeinsamen Gruppentherapie erlernten depressive Patienten einen positiveren Umgang mit ihrer Krankheit und ihren Emotionen, aber auch in Bezug auf körperliche Aktivität, gesundes Essen und dem Aufhören mit dem Rauchen, so Dr. Murphy. Nach acht Wochen betrieben die depressiven Therapieteilnehmer mehr körperliche Aktivitäten und hatten wesentlich bessere LDL- und HDL-Werte als zuvor. Bei Patienten, die nicht an diesem Therapieprogramm teilgenommen hatten, zeigten sich diese positiven Effekte nicht. Nach einem Herzinfarkt oder einer Bypass-Operation leiden etwa ein Viertel der Patienten unter Depressionen, zum Teil sehr lange Zeit. Depressive Herz-Patienten erleiden häufiger ein weiteres Akutereignis innerhalb eines Jahres nach ihrem Infarkt und haben eine erhöhte Sterblichkeit.


*


Deutsche Studie: Die Hemmung von microRNA stimuliert das Wachstum neuer Blutgefäße

Ein spezieller Hemmer (Inhibitor) kleiner RNA-Moleküle "microRNA-100" kann für das Wachstum neuer Blutgefäße eingesetzt werden, wenn eine Arterie chronisch verstopft ist. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Freiburg, die auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris vorgestellt wird. In einem Tiermodell wurde gezeigt, dass sich der Blutfluss zum Unterschenkel nach einer Behandlung mit dem so genannten "Antagomir"-Hemmer signifikant verbesserte. "In der behandelten Gruppe verbesserte sich der Blutfluss um fast 30 Prozent", berichtet Studienleiter Dr. Sebastian Grundmann. Die Forschungsergebnisse zu microRNA-100 in Blutgefäßen zeigen, dass microRNA in der zukünftigen Therapie kardiovaskulärer Krankheiten eine attraktive Rolle spielen können.

MicroRNA sind eine Klasse erst kürzlich entdeckter Moleküle, die an andere RNA-Moleküle binden und so die Expression gleich mehrerer Gene gleichzeitig regulieren können. Im Menschen existieren mehr als hundert microRNA und aktuelle Studien haben gezeigt, dass sie auch eine wichtige Rolle bei Herz-Kreislauf-Krankheiten spielen, von Atherosklerose bis zu Herzschwäche. Es wird geschätzt, dass mehr als 30 Prozent aller Gene durch microRNA beeinflusst werden.


*


Deutsche Studie: "Elektronische Nase" erschnüffelt Herzschwäche

Eine Forscherteam des Uniklinikums Jena hat eine völlig neuartige, nicht eingreifende Methode zum Entdecken von Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) entwickelt. Eine "elektronische Nase" ermöglicht das Riechen einer Herzschwäche. "Unser Ziel ist es, eine minimalinvasive Methode zu entwickeln, die dabei hilft, Herzschwäche sehr schnell zu diagnostizieren, einzuordnen und zu überwachen", sagt Dr. Vasileios Kechagias auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Paris. "Die frühzeitige Diagnose chronischer Herzschwäche durch regelmäßiges Screening ermöglicht eine frühe Behandlung."

Die "elektronische Nase" besteht aus drei verketteten Dickschicht-Gas-Sensoren auf Metalloxyd-Basis mit eingearbeiteten Hitzeelementen. Jeder Sensor hat eine von den anderen leicht abweichende Sensitivität für molekulare Geruchszusammensetzungen. Die Reaktion der Moleküle mit den Sensoren kommt durch Oxydation an der erhitzten Sensoroberfläche zustande, die dadurch eine Änderung der Leitfähigkeit in der Metalloxyd-Schicht bewirkt und gemessen werden kann. Die Krankheitszuordnung basiert auf einer statistischen Analyse der gemessenen Abweichungen in den Sensoren.

Die Probanden wurden in drei Gruppen aufgeteilt (dekompensierte HI, kompensierte HI, keine HI). Dann wurden die Studienteilnehmer mittels elektronischer Nase in zehn Durchgängen pro drei Minuten (doppelblind) untersucht, anschließend wurden die Daten analysiert. Das Ergebnis: Bei allen untersuchten Patienten konnten die relevanten Daten per "elektronischer Nase" erhoben werden. Patienten mit kompensierter HI und Patienten mit dekompensierter HI konnten voneinander unterschieden werden mit 89 Prozent Sensitivität und 88 Prozent Spezifität. Probanden ohne HI konnten von jenen mit HI mit 89 Prozent Sensitivität und 84 Prozent Spezifität unterschieden werden. Sensitivität beschreibt die Fähigkeit, Risikopatienten zu erkennen. Die Sensitivität eines diagnostischen Tests ist die Fähigkeit, tatsächlich Kranke als krank zu erkennen.

HI ist die Unfähigkeit des Herzens, die vom Körper benötigte Blutmenge ohne Druckanstieg in den Herzvorhöfen zu fördern. Die kompensierte HI zeigt keine Sympstome oder erst bei stärkerer körperlicher Belastung. Im dekompensierten Stadium kommt es zu krankhaften Wasseransammlungen und Luftnot in Ruhe oder unter geringer Belastung. In der Todesursachenstatistik Deutschlands (2006) liegt HI auf Platz drei noch vor Krebserkrankungen wie Brust-, Lungen- oder Darmkrebs.


Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Pressestelle, Achenbachstr. 43, 40237 Düsseldorf
Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher, Berlin)
Christiane Limberg (Pressereferentin, Düsseldorf)
Tel.: 0211 / 600692 - 51, Fax: 0211 / 600692 - 10
E-Mail: fleck@dhzb.de / limberg@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dgk.org


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 29.08.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2011