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HERZ/593: Herbsttagung 2012 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (3) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 13. Oktober 2012

Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
11. - 13. Oktober 2012 in Hamburg

→ Herzpatienten mit Nierenproblemen haben schlechte Aussichten
→ Halsschlagader: Neue Empfehlungen zur standardisierten Behandlung von gefährlichen Verengungen
→ Herz-Kongress: Gute Fortschritte in der Behandlung des gefährlichen Bauchaorten-Aneurysmas



Herzpatienten mit Nierenproblemen haben schlechte Aussichten

Hamburg, Samstag, 13. Oktober 2012 - Herzschwäche-Patienten, die darüber hinaus auch an einer Niereninsuffizienz leiden, haben eine deutlich schlechtere Krankheits-Prognose als ihre Leidensgenossen mit funktionstüchtigen Nieren. Das zeigen an sieben deutschen Kliniken ausgewerteten Daten des "EVITA-HF-Registers", die auf der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Jahrestagung der Arbeitsgruppe Rhythmologie in Hamburg präsentiert wurden.

Verglichen wurden die Daten von 781 Patienten, eine Gruppe litt nur an Herzinsuffizienz (HI), die andere darüber hinaus an einer Niereninsuffizienz. "Die Mortalität in der Gruppe mit beeinträchtigter Nierenfunktion ist extrem hoch, nach einem Jahr sind ein Drittel der Patienten verstorben", berichtet Studienautor Dr. Peter Richter vom Klinikum Nürnberg Süd.

Die nierengeschädigten HI-Patienten waren nicht nur deutlich älter (durchschnittlich 76 vs. durchschnittlich 61 Jahre) und hatten häufiger eine höhergradige Herzinsuffizienz, sondern auch eine signifikant schlechtere Prognose: 34 Prozent versterben innerhalb eines Jahres, bei den Patienten, die "nur" an Herzschwäche litten, waren es nur 6,5 Prozent. 58 Prozent der niereninsuffizienten HI-Patienten mussten innerhalb eines Jahres stationär im Krankenhaus aufgenommen werden, in der Vergleichsgruppe waren es 39 Prozent.

Fazit der Autoren: "Die Ergebnisse des Registers unterstreichen die Bedeutung der Niereninsuffizienz für die Prognose bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Dabei spielt möglicherweise auch die Einschränkung der medikamentösen Therapiemöglichkeiten in dieser Patientengruppe eine Rolle."

Quelle: Richter et al, Abstract P499, Clin Res Cardiol 101, Suppl 2, 2012

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Halsschlagader: Neue Empfehlungen zur standardisierten Behandlung von gefährlichen Verengungen

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) hat zu der ESC-Leitlinie zu Diagnose und Therapie peripherer arterieller Erkrankungen einen auf die speziell deutsche Versorgungssituation ausgerichteten Kommentar erstellt. "Die Leitlinien sind ein hervorragender Leitfaden, um die Behandlungsstrategie bei Erkrankungen verschiedener Gefäßabschnitte zu standardisieren", so Prof. Dr. Harald Mudra (Städtisches Klinikum München Neuperlach) auf einem Pressegespräch anlässlich der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Hamburg. "In den Leitlinien wird immer wieder auf die multidisziplinäre Arbeit der Ärzte - also Gefäßchirurgen und Katheter-interventionell tätigen Ärzten - verwiesen, zum Beispiel für die Versorgung von Patienten mit Stenosen (Gefäßverengungen) der A. carotis (Halsschlagader) oder peripherer Verschlusserkrankung."

Medikamentöse Therapie der symptomatischen und asymptomatischen Therapie

Die ESC-Leitlinien betonen die Bedeutung der medikamentösen Therapie der peripheren arteriellen Erkrankung mit Statinen und Thrombozytenaggregations-Hemmern (TAH). Dass TAH mit Aspirin und Clopidogrel zum Embolieschutz genutzt werden, ist hoch (Klasse IB) bewertet worden. Die Nutzung eines Embolieprotektions-Systems während der Karotisstent-Einlage wird als Klasse IIb, Evidenzgrad B, eingestuft. Prof. Mudra: "Damit bleibt die europäische gegenüber der amerikanischen Leitlinie zurück. Die Ursache ist die gleiche, wie die ebenfalls im Vergleich zur amerikanischen Leitlinie zurückhaltendere Befürwortung der Karotisstent-Implantation."

Empfehlungen zum Management von asymptomatischen Verengungen (Stenosen) der A. carotis

Bei asymptomatischen Patienten mit Karotisstenosen (> = 60 %) muss die Karotis-Operation erwogen werden, wenn das perioperative Schlaganfall- und Todesrisiko unter drei Prozent ist und die Lebenserwartung des Patienten über fünf Jahre beträgt. Bei asymptomatischen Patienten mit der Indikation zur Karotis-Revaskularisation (Wiederherstellung des Blutflusses) kann das Karotisstenting (Einbringen einer Gefäßstütze mittele Katheter) als Alternative zur Karotis-OP erwogen werden, wenn das dokumentierte Todes- und Schlaganfall Risiko in einem erfahrenen (high-volume) Zentrum unter drei Prozent liegt.

Empfehlungen zum Management von symptomatischen A. carotis-Stenosen

Die ESC-Leitlinien beruhen auf einer gleichgewichtigen Bewertung aller europäischen randomisierten Studien (EVA-3S, ICSS, SPACE) und der amerikanischen randomisierten kontrollierten Studien (CREST und SAPPHIRE). Prof. Mudra: "Die amerikanischen Studien sind hier höher zu bewerten, da sie unter strengen Auswahl- und Kontrollkriterien als FDA-Zugangsstudien durchgeführt wurden." In beiden amerikanischen Studien, auch in der fast ausschließlich in Deutschland - im EU-Land mit der größten Verbreitung des Karotisstentings und großer kontrollierter Register-Studie bei mehr als 20.000 Patienten - durchgeführten SPACE-Studie, fand sich kein signifikanter Unterschied in Bezug auf den primären Endpunkt zwischen Karotisstenting und Karotis-OP in SAPPHIRE und CREST (Schlaganfall, Myokardinfarkt, oder Tod nach 30 Tagen) beziehungsweise in SPACE (Schlaganfall oder Tod nach 30 Tagen).

A. vertebralis-Stenosen

In den Empfehlungen zur Revaskularisierung bei Stenosen der A. vertebralis wird in den ESC-Leitlinien bei symptomatischen Patienten die endovaskuläre Therapie empfohlen (Klasse IIb C), wenn trotz optimaler medikamentöser Therapie rezidivierende ischämische Ereignisse auftreten. Nach Auffassung in Deutschland ist das Abwarten auf rezidivierende ischämische Ereignisse sicher nicht zielführend. Bei symptomatischen Patienten ist die Indikation zur interventionellen Revaskularisierung zu empfehlen (IIa C).

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Herz-Kongress: Gute Fortschritte in der Behandlung des gefährlichen Bauchaorten-Aneurysmas

Die Behandlung des gefährlichen Bauchaorten-Aneurysma (BAA), der krankhaften Aussackung der Hauptschlagader im Bauchraum, hat zuletzt enorme Fortschritte gemacht, berichtet Prof. Dr. Giovanni Torsello (Direktor der Klinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, St. Franziskus-Hospital, Münster) auf der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Hamburg: "Die moderne Medizintechnik ist heute dazu in der Lage, Prothesen (Stents) zu produzieren, die eine Behandlung von Aneurysmen erlauben, ohne die Durchblutung von Nieren- und Darmarterien zu beeinträchtigen. Dazu werden Prothesen mit 'Fenster' verwendet. Diese Fenster sind notwendig, um die Durchblutung von Nieren und anderen Bauchorganen zu gewährleisten, die aus der behandelten Bauchschlagader gespeist wird."

Einige Vorteile dieser neuen Behandlungsmethode, so Prof. Torsello: niedrigere Sterblichkeit, geringerer Blutverlust, kürzere Verweildauer des Patienten im Krankenhaus, verträglichere Narkose, Intensivbehandlung ist meist nicht notwendig, nach wenigen Stunden essen und trinken erlaubt, fast keine Schmerzen, kurze Erholungsphase, keine Reha notwendig, Risikopatienten werden aus der Behandlung nicht ausgeschlossen.

"Gefährlich wird das BAA dadurch, dass die aufgeweitete Hauptschlagader ab einem gewissen Durchmesser zu platzen droht und der Betroffene dann innerlich verbluten kann", erklärt Prof. Torsello. "Dazu kommt, dass man ein BAA selten spürt, allenfalls ein unspezifischer Bauch- oder Rückenschmerz kann auftreten."

Alter und Bluthochdruck spielen bei der Entstehung des BAA eine wichtige Rolle. In Deutschland sind geschätzte 219.000 Patienten Aneurysmaträger, 90.000 haben ein großes Aneurysma (über 5 cm im Querdurchmesser), ohne davon zu wissen. Prof. Torsello: "Das in Deutschland etwas mehr als 10.000 Aneurysmen pro Jahr behandelt werden, bedeutet in Relation zu den obigen Zahlen eine erhebliche Versorgungslücke, die dazu führt, dass immer wieder Patienten an einem Blutungsschock infolge einer geplatzten Bauchschlagader sterben."

Nicht jedes BAA muss operiert werden. Kleinere BAA werden zunächst in regelmäßigen Abständen überwacht. Das Rupturrisiko steigt jedoch mit der Größe des Aneurysmas. Betroffene merken in der Regel gar nicht, dass sie ein Aneurysma tragen. Typische Beschwerden sind Bauch- oder Rückenschmerzen, die jedoch oft anders gedeutet werden. Das BAA wird häufig zufällig bei Ultraschall-Untersuchungen anderer Indikationen entdeckt.

Bis Anfang der 1990er Jahre wurden BAA im Rahmen von großen und langwierigen Operationen am offenen Bauch operativ versorgt. "Diese Therapieform stellt eine große psychische und physische Belastung für den Patienten dar. Dabei wird die Aussackung der Hauptschlagader entfernt und mit einer Kunststoffprothese überbrückt", so Prof. Torsello. "Inzwischen gibt es eine weitere, deutlich weniger invasive Behandlungsmöglichkeit: Über einen Katheter kann ein Stent so platziert werden, dass das BAA ausgeschaltet ist. In diesem Fall ist kein Bauchschnitt notwendig. Unter Röntgenkontrolle wird die Gefäßprothese über den Katheter bis zur erkrankten Stelle geführt und exakt auf Höhe des BAAs platziert. Die Gefäßprothese (der Stent) besteht aus einem Skelett aus Metall und aus einer Ummantelung aus synthetischem Material (Dacron oder PTFE)."

Obwohl sie mit vielen Vorteilen, zum Beispiel deutlich geringerem Blutverlust oder einer verträglicheren Narkose verbunden ist, ist diese minimalinvasive Methode nicht für alle Patienten geeignet. Wichtige Voraussetzung ist das Vorhandensein einer "Landungszone" - eines Abschnittes der Gefäßwand, der noch gesund ist, damit man an dieser Stelle die Stentprothese verankern kann. Üblicherweise ist dafür ein Abschnitt der Bauchschlagader vorgesehen, der unterhalb der Abgänge von wichtigen Adern zu den Nieren- oder Darmarterien liegt. Manche BAA erstrecken sich aber über diesen Abschnitt, so dass die Landungszone fehlt und eine konventionelle Behandlung deutlich erschwert wird.

Raute

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit knapp 8000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgk.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2012