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HERZ/1227: Für Kinder zugelassenes Kunstherz-System (idw)


Deutsches Herzzentrum Berlin - 19.02.2020

Neue Bewegungsfreiheit


Ein neuer Antrieb für das "Berlin Heart Excor Pediatric", dem weltweit einzigen für Kinder zugelassenen Kunstherz-System, ermöglicht schwer herzkranken Kindern deutlich mehr Bewegungsfreiheit. Am DHZB wurde das System nun erstmals eingesetzt.

Das "Berlin Heart Excor Pediatric" gehört zu den Systemen für mechanische Kreislaufunterstützung, die fachsprachlich als "Ventricular Assist Devices (VAD)" und umgangssprachlich meist als "Kunstherzen" bezeichnet werden. Sie unterstützen oder ersetzen die Pumpfunktion des Herzmuskels, wenn keine anderen medizinischen Maßnahmen mehr helfen können. In den meisten Fällen überbrücken solche Systeme die Wartezeit auf eine Herztransplantation.

Das "Berlin Heart Excor Pediatric" ist das einzige auch für Kinder und Säuglinge zugelassene "Kunstherz"-System weltweit. Es besteht im Wesentlichen aus einer pneumatischen Pumpe außerhalb des Körpers, die über Schläuche (Kanülen) direkt mit dem Herzen und den Blutgefäßen verbunden wird.

Kinder mit einem Kunstherz müssen meist viele Monate, mitunter über ein Jahr, auf eine Organspende warten. Sie können während dieser Zeit nicht aus dem Krankenhaus entlassen werden. Für die ganze Familie bedeutet das meist eine große Belastung.

Der bisherige "Berlin Heart Excor Pediatric"-Antrieb, mit einem Meter Höhe etwa so groß wie ein kleiner Kühlschrank, steht zwar auf Rollen, schränkt die Bewegungsmöglichkeiten der jungen Patientinnen und Patienten aber aufgrund seiner Größe, seines Gewichts von über 90 Kilogramm und einer gesicherten Akkulaufzeit von maximal 30 Minuten erheblich ein.

Der neue mobile Antrieb "Excor Active" dagegen ist klein wie ein Handgepäcksstück, wiegt lediglich 15 Kilogramm und verfügt über einer Akkulaufzeit von bis zu sieben Stunden. Er verhilft den herzkranken Kindern damit zu wesentlich mehr Mobilität und Unabhängigkeit.

Am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) und am Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen wurde "Excor Active" jetzt weltweit erstmalig angeschlossen, in Berlin bei Elena G. Die Zweijährige kam mit mehreren angeborenen Herzfehlern zur Welt. Sie lebte mit ihrer Familie in Düsseldorf, wurde aber im Dezember 2018 ins Deutsche Herzzentrum Berlin verlegt, nachdem sich trotz einer Korrekturoperation eine lebensbedrohliche Herzschwäche entwickelte, die vor Ort nicht mehr therapiert werden konnte.

Zwei Tage später wurde Elena das "Berlin Heart Excor Pediatric" eingesetzt. Seit über einem Jahr steht Elena auf der Warteliste für eine Herztransplantation.

"Kinder mit einem ,Berlin Heart' bleiben meist schwer krank, die mechanische Kreislaufunterstützung ermöglicht ihnen aber in vielen Fällen eine Leistungsfähigkeit wie bei gesunden Kindern", sagt Prof. Dr. med. Felix Berger, Direktor der Klinik für Angeborene Herzfehler - Kinderkardiologie am DHZB, "umso wichtiger ist eine größtmögliche Bewegungsfreiheit für die körperliche, geistige und seelische Entwicklung der Patienten - denn wir wollen, dass sie trotz oft langer stationärer Aufenthalte so normal wie möglich aufwachsen können. Der 'Excor Active' - Antrieb wird die Lebensqualität der Kinder und ihrer Eltern deutlich verbessern."

Mit bisher über 150 Implantationen des "Berlin Heart Excor Pediatric" ist das DHZB das weltweit führende Zentrum für den Einsatz dieses Systems. Insgesamt wurden am DHZB bereits mehr als 2800 VAD eingesetzt.

Hintergrundinformationen: Das Kunstherz-Programm am DHZB
  • 1986 implantiert der Herzchirurg Prof. Emil Bücherl am Berliner Klinikum Westend zum ersten Mal in Deutschland ein künstliches Herz. Am Deutschen Herzzentrum Berlin wird Prof. Bücherls herzchirurgisches Programm weitergeführt.
  • 1987 wird am DHZB die erste Kunstherz-Implantation vorgenommen.
  • 1990 kann weltweit zum ersten Mal die Wartezeit auf eine Transplantation bei einem Kind erfolgreich mit einem Kunstherz überbrückt werden.
  • 1994: Zum ersten Mal weltweit kann am DHZB ein Kunstherz wieder entnommen werden, weil sich das Herz des Patienten wieder erholt hat.
  • Aus der Forschung am DHZB ging auch die Firma "Berlin Heart" hervor.
  • Im Bereich der mechanischen Kreislaufassistenz wurden am DHZB zahlreiche Innovationen entwickelt und in die Praxis umgesetzt. Dazu gehören moderne minimalinvasive Operationsverfahren sowie die Entwicklung spezieller Instrumente.
  • Die Spezialisten des DHZB führen regelmäßig Ausbildungsseminare durch und werden weltweit angefragt, um bei schweren und komplexen Operationen in anderen Kliniken in Deutschland und im Ausland mit ihrer Erfahrung zu helfen.
  • Über 130 Unterstützungssysteme konnten am DHZB wieder explantiert werden, weil sich der Herzmuskel der Patienten während der dauerhaften Unterstützung durch ein Kunstherz-System wieder erholt hat.
  • Das DHZB verfügt über ein spezielles Programm zur Verbesserung des Erholungspotentials des Myokards (Herzmuskelgewebes) von Kunstherzpatienten und hat Verfahren entwickelt, die eine genaue Beurteilung der Erholung des Herzmuskels ermöglichen.
  • Der Erfolg einer Implantation hängt von einer rechtzeitigen Operation, aber vor allem auch von einer kontinuierlichen Nachsorge ab. Das DHZB verfügt deshalb über eine eigene Ambulanz, in der alle Patienten mit künstlichen Kreislaufpumpen betreut werden.
  • Allen Kunstherz-Patienten steht zudem rund um die Uhr eine spezielle Hotline zur Verfügung.

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.dhzb.de/presse/news/detailansicht-meldungen/?L=0&tx_frontendlist_pi2%5Buid%5D=1264&tx_frontendlist_pi2%5Bmode%5D=2&cHash=a66322faa07c71cb12e33b020b70dbb2
(Zur Pressemitteilung)
https://www.dhzb.de/de/
(Zum Deutschen Herzzentrum Berlin)

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/de/attachment79314
Elena und ihre Mutter Nasreen mit dem neuen Excor-Active-Antrieb.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution772

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Herzzentrum Berlin - 19.02.2020
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2020

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