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INFEKTION/1460: Forschung - Die Rolle von komplexen Zuckerstrukturen bei Virusinfektionen (idw)


Eberhard Karls Universität Tübingen - 15.12.2015

Verbundprojekt untersucht die Rolle von "Glykanen" bei viralen Erkrankungen


Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet an der Universität Tübingen und fünf weiteren Standorten eine gemeinsame Forschergruppe zur Erforschung der Rolle von komplexen Zuckerstrukturen, den sogenannten Glykanen, bei Virusinfektionen ein. Ziel ist es, Interaktionen zwischen Glykanen und ausgewählten Viren (Noroviren, Papillomaviren, Polyomaviren) besser zu verstehen. Langfristig sollen die Erkenntnisse in die Entwicklung von glykan-basierten antiviralen Molekülen zur Bekämpfung dieser Viren einfließen. Sprecher der Forschergruppe "VIROCARB: Glycans Controlling Non-Enveloped Virus Infections" (FOR 2327) ist Professor Thilo Stehle vom Interfakultären Institut für Biochemie (IFIB) der Universität Tübingen.

Die Forschergruppe untersucht auf dem noch sehr neuen Feld der Glykovirologie die Struktur der Glykane und ihre Rolle bei Viruserkrankungen. Virusinfektionen beginnen immer durch Kontakt des Virus mit einem Rezeptormolekül auf der Oberfläche einer Zielzelle. Oft kommen hierbei Glykane zum Einsatz: Diese hochkomplexen und wenig verstandenen Zuckerstrukturen "dekorieren" Zelloberflächen und ermöglichen zum Beispiel die Kommunikation zwischen Zellen und die Vermittlung von Signalen bei der Immunantwort. Die spezifische Erkennung der Glykane legt insbesondere fest, wie ein bestimmtes Virus in die Zelle eintritt und oft auch, wie stark die Krankheit ausbricht.

Neben der strukturellen Beschreibung der Glykanstrukturen will die interdisziplinäre Forschergruppe auch die Mechanismen der Interaktion aufklären. Beispielsweise soll die Funktion von Glykanen für die Zell-Virus-Interaktion durch Massenspektrometrie und NMR-Spektroskopie erforscht werden. Beteiligt sind verschiedenste Fachbereiche wie die Virologie, Zellbiologie, Strukturbiologie und Synthesechemie. Eine besondere Herausforderung für die Forschergruppe ist die Verteilung der Projekte auf eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Standorten. Um das gemeinsame Forschungsziel zu erreichen, sind daher gezielte Maßnahmen geplant, wie der Austausch von Doktoranden zwischen den Arbeitsgruppen und virtuelle Besprechungen.

Die Tübinger Forscher Bärbel Blaum und Thilo Stehle, beide Interfakultäres Institut für Biochemie, werden die atomaren Strukturen und Glykanbindungseigenschaften von Polyomaviren untersuchen. Diese Viren sind besonders bei Patienten mit gestörtem Immunsystem gefährlich und können tödliche Erkrankungen wie das Merkelzell-Karzinom oder die Gehirninfektion Progressive Multifokale Leukoenzephalopathie auslösen.

Durch die Förderung von Forschergruppen ermöglicht die DFG Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen Fragen ihres Fachgebiets zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. An der neuen Forschergruppe sind neben Wissenschaftlern aus Tübingen auch Forscher der Universitäten Düsseldorf, Heidelberg, Lübeck und Münster sowie des Heinrich-Pette Instituts Hamburg beteiligt.


Kontakt:
Prof. Dr. Thilo Stehle
Universität Tübingen
Interfakultäres Institut für Biochemie
thilo.stehle@uni-tuebingen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution81

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Eberhard Karls Universität Tübingen, Antje Karbe, 15.12.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2015

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