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PFLEGE/693: Förderprojekt für innovative Konzepte in der Intensivpflege (idw)


Universität zu Lübeck - 09.02.2017

ACTIVATE: Neues Förderprojekt für innovative Konzepte in der Intensivpflege

Ein Ball als intuitives Kommunikationsinstrument für bessere Selbstbestimmung und höhere Lebensqualität - Forschung für den demografischen Wandel


Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert ein Konsortium zur Entwicklung innovativer Konzepte in der Intensivpflege mit ca. 1,5 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre. Beteiligt sind die Universität zu Lübeck, das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, die CogniMed GmbH in Reinfeld und die REHAVISTA GmbH in Bremen.

Die Intensivtherapie und -pflege ist eine wesentliche Säule der erfolgreichen Behandlung kritisch kranker Menschen, birgt jedoch hohe Belastungen für alle Beteiligten. Eine frühestmögliche kommunikative Interaktion zwischen Patienten und Pflegenden ist von besonderer Bedeutung, um Patienten effektiv bei der Wiedererlangung ihrer psychischen und physischen Funktionen zu unterstützen.

Ziel des ACTIVATE-Projekts ist die Entwicklung einer interaktiven Technologie zur Unterstützung der Kommunikation und der Orientierung der Patienten in der Aufwachphase (Weaning). Dazu werden ein speziell auf die Nutzergruppe sowie an den Nutzungskontext angepasstes Eingabegerät für die Nutzung im Bett (BIRDY), ein modulares System für die dynamische, drahtlose Vernetzung von Ein- und Ausgabegeräten in Geräteverbünden sowie eine adaptive und adaptierbare, kontextsensitive Mensch-Technik-Schnittstelle entwickelt.

Das speziell auf die Patientengruppe angepasste, ballförmige Interaktionsgerät BIRDY ist mit umfangreicher Sensorik und eigener Aktionsfähigkeit (Aktorik) ausgestattet. Es kann aufgrund der rotations-symmetrischen Nutzung und der hygienischen Realisierung über induktive Aufladung direkt am Körper des Patienten eingesetzt werden. Durch Berührung und Druck werden Signale ausgesendet, Rückmeldungen werden dem Nutzer akustisch, optisch und haptisch mitgeteilt. Der Ball wird so zum intuitiven Kommunikationsinstrument.

Häufig registrierte Belastungen wie Furcht, Gefühle der Fremdheit, Identitätsverlust oder unzureichend behandelte Schmerzen in der Aufwachphase können durch die neue Interaktionsmöglichkeit des eingeschränkten Patienten vermieden werden. Ziel der Projektpartner ist es, den Patienten am Universitätsklinikum eine bessere Selbstbestimmung und höhere Lebensqualität zu ermöglichen.

Das modulare System passt sich den mentalen und körperlichen Möglichkeiten der Patienten an. Sie sollen sich ohne Sprache intuitiv mitteilen und eigenständig Informationen einholen können. Neben BIRDY soll hier die gesamte Bandbreite an verfügbaren Geräten genutzt werden. Durch die Adaption des Systems wird der Patient in den Mittelpunkt gerückt und ein jeweils optimales Geräteensemble zur Verfügung gestellt.

Die Effektivität des Systems wird in einer klinischen Studie am UKSH evaluiert. Ethische, rechtliche und soziale Implikationen werden von Beginn an bei der Entwicklung und Evaluation berücksichtigt. Durch die Einbindung etablierter Partner ist eine breite Kommerzialisierung auch international und in Pflegesettings mit ähnlichem Unterstützungsbedarf möglich.

Mensch-Technik-Interaktion in der Initiative "Pflegeinnovation 2020"

Das transdisziplinäre Projekt basiert auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Unter-nehmen aus der Entwicklung (CogniMed), der Forschung (Institute aus dem Zentrum für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung der Universität zu Lübeck), der klinischen Anwendung (UKSH) und dem Vertrieb (REHAVISTA). Mit dem Zuwendungsbescheid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wurde im Januar die dreijährige Projektphase von 2017 bis 2019 gestartet und im Projekt-Kickoff am 30. Januar Prozesse für eine erfolgreiche Zusammenarbeit festgelegt.

Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 1,63 Mio. Euro mit einem Förderanteil von 83 Prozent. Es wird im Förderschwerpunkt "Innovationen für die ntensiv- und Palliativpflege" als Teil der BMBF-Initiative "Pflegeinnovation 2020" im Rahmen des Förderschwerpunkts "Mensch-Technik-Interaktion" finanziert. ACTIVATE ist damit Teil der Forschungsagenda der Bundesregierung für den demografischen Wandel.

Konsortialführer ist die REHAVISTA GmbH aus Bremen. REHAVISTA ist Marktführer im Bereich der Beratung und Versorgung mit Hilfen zur Kommunikation und Umfeldsteuerung. Mit ihrer Kompetenz realisiert die Firma die Integration der Forschungsergebnisse aller Partner in das Gesamtsystem und berät und unterstützt das Konsortium in Zusammenarbeit mit der LogBUK GmbH mit praxis-relevanter, fachlich-therapeutischer Expertise. REHAVISTA fungiert als Koordinator im Verbund.

Im Institut für Interaktive und Multimediale Systeme der Universität zu Lübeck (Prof. Dr. Nicole Jochems) werden intuitiv nutzbare und altersgerechte Benutzerschnittstellen mit Methoden des User-Centered-Designs entwickelt. Das Institut ist auch für die Konzeption und Durchführung der Evaluation verantwortlich.

Die Soft- und Hardware-Entwicklung findet in enger Kooperation zwischen der Firma CogniMed GmbH und dem Institut für Telematik der Universität zu Lübeck (Prof. Dr. Andreas Schrader) statt. CogniMed kann langjährige Erfahrungen in der Entwicklung von Medizinprodukten und medizinnahen Produktion aufweisen. Das Institut für Telematik bringt die mehrfach preisgekrönte Software-Architektur Ambient Dynamix und die Ergebnisse kürzlich abgeschlossener Vorstudienprojekte des BMBF (ENSEMBLES) und des Vereins zur Förderung der Rehabilitationsforschung vffr (STAGE) in das Projekt ein.

Die pflegerischen Aspekte des Projekts und die Durchführung der klinischen Studie werden gemeinsam von der Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie (Prof. Dr. Katrin Balzer und Prof. Dr. Sascha Köpke) sowie dem Bereich Pflegeforschung (Susanne Krotsetis) am UKSH durchgeführt. Für die technischen Komponenten im Feldversuch zeichnet die Stabsstelle IT des UKSH (Dr. Armin Will) verantwortlich. Die Einbindung in die klinische Versorgung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des UKSH (Prof. Dr. Carla Nau).

Das Projekt wird durch einen Fachbeirat begleitet, der insbesondere die ethischen Aspekte berücksichtigt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich Privatsphäre und Datenschutz werden in Zusammenarbeit mit der Firma Datenschutz Nord aus Bremen bearbeitet. Für die öffentlichkeitswirksame Darstellung des Projekts ist das Wissenschaftsmanagement der Hansestadt Lübeck eingebunden.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.technik-zum-menschen-bringen.de/projekte/activate

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution92

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität zu Lübeck, Rüdiger Labahn, 09.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2017

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