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ENTWICKLUNG/1323: Magnetresonanztomografie - Liveschaltung zum Krankheitsherd (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft 1/2017

Liveschaltung zum Krankheitsherd

von Roland Wengenmayr


Dass Ärzte heute viele Krankheiten besser diagnostizieren können als vor 30 Jahren, verdanken sie und ihre Patienten der Magnetresonanztomografie - und nicht zuletzt Jens Frahm. Die Forschung des Direktors der gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen hat die Aufnahmen aus dem Körper entscheidend vereinfacht. Jetzt bringt das Göttinger Team den Bildern sogar das Laufen bei.


Sollten Sie in der Röhre eines Magnetresonanztomografen liegen, so können Sie dankbar sein, dass die Untersuchung nur Minuten und nicht Stunden dauert (obwohl ein Körperteil dabei aus vielen verschiedenen Perspektiven aufgenommen wird). Dafür sorgten die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie in den 1980er-Jahren mit ihren Beiträgen zur Magnetresonanztomografie (MRT). Die erste Generation dieser Geräte, die ohne schädigende Strahlung ins Innere von Menschen blicken, benötigte für ein einziges Bild mehrere Minuten. Überdies musste man die ganze Zeit still liegen, damit die Aufnahmen scharf wurden.

Im Prinzip glich diese Periode der Anfangszeit der Fotografie, als Menschen für ein scharfes Bild lange still halten mussten. Doch die Fototechnik entwickelte sich rasant weiter und brachte schließlich sogar Filme hervor. Einer vergleichbaren Entwicklung hin zum Bewegtbild folgt gerade die Magnetresonanztomografie, bekannt auch unter ihrem alten Namen Kernspintomografie. Und Jens Frahm gehört mit seinen Mitarbeitern seit rund vier Jahrzehnten zu den Forschern, die diese Entwicklung kräftig vorantreiben.

Eine entscheidende Entdeckung der Göttinger Forscher war die Flash-Technik, die ab 1985 die Messzeit einer einzelnen Aufnahme drastisch verkürzte. Damit verhalf sie der MRT erst zum breiten Durchbruch mit heute weltweit mehr als 30 000 Geräten und 100 Millionen Untersuchungen im Jahr. Die Göttinger trugen dazu bei, dass sich mit der Technik heute in relativ kurzer Zeit und sogar in drei Dimensionen Aufnahmen vom Körperinneren machen lassen und mithilfe der chemischen Information der MRT-Signale genaue Einblicke in Stoffwechselvorgänge im Gewebe gewonnen werden können. Damit lassen sich etwa Hirnerkrankungen besser verstehen.


Lebhaftes Interesse an menschlichen Schicksalen

Seit einigen Jahren bringen sie nun den MRT-Bildern das Laufen bei: Ihre Echtzeit-MRT ermöglicht Livevideos aus dem Körper. So lassen sich schlagende Herzen, Schlucken und Sprechen, aber auch Zungenbewegungen beim Spielen von Blasinstrumenten verfolgen. Dies sind nur einige Beispiele aus Frahms Forschung. Der Physiker verbindet ein warmherziges Interesse an menschlichen Schicksalen mit der Faszination für eine Medizintechnik, deren Weiterentwicklung er sein Forscherleben gewidmet hat.

Die Magnetresonanztomografie, wie man sie heute im klinischen Einsatz erleben kann, ist immer noch keine wirklich schnelle Methode, um Bilder aus dem Körperinneren zu gewinnen. Dafür bietet sie den großen Vorteil, dass sie den Körper nicht mit schädigender Strahlung belastet. Da Gewebe stark wasserhaltig sind, kann die MRT-Methode einen weiteren Vorteil ausspielen: Sie arbeitet mit Signalen aus dem Wasser, genauer: aus den Kernen von Wasserstoffatomen. Das ermöglicht es, Gewebe wie Knochen, Muskeln und Organe anhand ihres verschiedenen Wassergehalts zu unterscheiden. Beim Röntgen hingegen hat es eine lange Entwicklung gebraucht, bis dieses erste Durchleuchtungsverfahren der Medizingeschichte nicht nur Knochen, sondern auch Weichteile darstellen konnte - oftmals allerdings nur mithilfe von Kontrastmitteln. Trotzdem war die erste bildgebende Medizintechnik ein solcher Fortschritt, dass Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der nach ihm benannten Strahlung im Jahre 1901 den ersten Nobelpreis für Physik erhielt. Schon damals verhalf also die Grundlagenforschung der Medizin zu ganz neuen Untersuchungsmöglichkeiten, und dies möchte Jens Frahm heute auch mit seiner Forschung zur Magnetresonanztomografie erreichen.

Eigentlich hat der Direktor der Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie bereits das Alter erreicht, in dem Professoren emeritiert werden. "Ich bin schon in der Verlängerungsphase", scherzt er. Denn die Max-Planck-Gesellschaft sorgte dafür, dass Frahm seine Arbeit in den kommenden drei Jahren weiterführen kann.

Damit unterstützt sie einen Forscher, der 2016 in die "Hall of Fame der deutschen Forschung" aufgenommen und mit Preisen überhäuft wurde. Frahm bescherte der Max-Planck-Gesellschaft zudem das lukrativste Patent ihrer Geschichte. Doch bis die Lizenzgebühren aus diesem Patent flossen, gab es um die Flash-Technik einen erbittert geführten Patentstreit, welchen Frahm mit eisernem Willen ausfocht - was man ihm bei seinem überaus umgänglichen und freundlichen Wesen kaum zutraut.

Mitte der 1980er-Jahre beschleunigten die Göttinger Forscher um Jens Frahm die Untersuchungen mit MRT-Geräten durch das Flash-Verfahren um den Faktor hundert. Klar, dass alle Medizintechnikfirmen diese Methode verwenden wollten - General Electric, Philips, Siemens und Co. sprangen sofort auf den Zug auf. Doch dann ging der Krimi los. Die Firmen benutzten zwar gern die von Frahms Team entwickelte Technik, weigerten sich jedoch, das Patent der Göttinger anzuerkennen und der Max-Planck-Gesellschaft Lizenzgebühren zu bezahlen.

Zum Glück standen Frahm die Patentexperten der heutigen Max-Planck-Innovation GmbH zur Seite. Der damals verantwortliche Mitarbeiter, Bernhard Hertel, führte zusammen mit Frahm sieben Jahre lang Prozesse gegen die Gerätehersteller. Frahm musste dabei den eigenen Anwälten die technischen Feinheiten des Flash-Verfahrens nahebringen. "Für einen Wissenschaftler war es spannend, das Schauspiel zu beobachten", sagt Frahm schmunzelnd. Die Gegenseite fuhr Dutzende von Anwälten auf. "Auch mit gefälschten Dokumenten wurde gearbeitet", sagt der Physiker, "sogar einen Chemie-Nobelpreisträger haben sie als wissenschaftlichen Experten eingekauft." Doch der kannte sich nicht gut aus mit den bildgebenden Varianten der Magnetresonanztechnik, und um diese ging es. Am Ende siegte die Max-Planck-Gesellschaft. Drei Millionen Mark kostete der Prozess bis zum letzten Urteil 1993, dafür brachten die Lizenzgebühren für das Flash-Patent der MPG insgesamt 155 Millionen Euro ein. Dazu kamen noch weitere Patente aus Frahms Forschung, die ebenfalls einige Millionen Euro einspielten.

Um verstehen zu können, warum Flash ein derartiger Durchbruch war, muss man sich das Grundprinzip der Magnetresonanztomografie anschauen. Die Signale kommen direkt von den Atomkernen des Wasserstoffs, der in verschiedenen Geweben in unterschiedlichen Konzentrationen vorkommt. Der Wasserstoffkern besteht aus einem einzigen Proton, das sich in einem Magnetfeld wie ein winziger Magnet verhält. Ein Magnetresonanztomografie-Gerät besitzt ein solches starkes Magnetfeld. Der Magnet, der es erzeugt, ist in der Regel die große Röhre, in die man geschoben wird. Das Magnetfeld richtet die Protonen im Körper wie kleine Kompassnadeln aus. Für die eigentliche Messung ist eine UKW-Antenne zuständig, die man zum Beispiel bei Untersuchungen des Brustraums auf den Oberkörper gelegt bekommt. Die schickt einen kurzen Radiofrequenzpuls in den Körper, der die Protonen aus ihrer "Nullstellung" herauskippt.

Woher kommt nun die Information über die Gewebeeigenschaften? Nachdem die Protonen gekippt wurden, kehren sie allmählich in ihr Gleichgewicht zurück, wie Kompassnadeln, die sich nach Norden ausrichten. Dabei geben sie die aus dem Radiopuls aufgenommene Energie wieder ab, und dieses Signal nimmt die nun auf Empfang geschaltete UKW-Antenne auf. Die entscheidende Information steckt, einfach gesagt, in der Frequenz und der Dauer des Signals, die von der direkten Nachbarschaft des Protons, also dem lokalen Gewebe, beeinflusst wird. Aus der Frequenz kann das MRT-Gerät das Bild errechnen, aus der sogenannten Relaxationsdauer unterschiedliche Gewebe erkennen.


Ein Bild entsteht aus vielen Einzelmessungen

Nun ist das Signal der Protonen grundsätzlich umso stärker, je weiter diese aus der Nullstellung gekippt werden. Das war zumindest das Credo der Anfangszeit der MRT. Überdies muss ein MRT-Gerät eine Vielzahl von Einzelmessungen machen, um ein einziges Bild aufbauen zu können. Das Problem dabei: Protonen, die für eine Messung sehr stark gekippt wurden, brauchen relativ lange, bis sie die Nullstellung wieder erreicht haben. Das erforderte lange Wartezeiten zwischen den einzelnen Messungen.

Die Göttinger umschifften dieses Problem mit zwei Tricks. Das damals allgemein etablierte Verfahren arbeitete mit zwei Radiopulsen, denen ein Echosignal folgte. Mit Flash reduzierten die Göttinger die Messung auf nur einen Puls. Für noch mehr Tempo sorgte der zweite Trick: Die Flash-Technik lenkt die Protonen nur ein kleines bisschen aus. Damit lässt sich die nächste Messung unmittelbar im Anschluss vornehmen. "Wir haben also aus Sicht der Lehrmeinung zweimal etwas falsch gemacht", sagt Frahm amüsiert. Aber gerade deswegen produzierte Flash saubere, scharfe Bilder - in einem Hundertstel der ursprünglichen Aufnahmezeit.

Seither haben die Göttinger Forscher ihre Technik sogar so weit entwickelt, dass die MRT den Sprung vom stehenden Bild zum Film machen kann. Kurze Sequenzen aus MRT-Einzelbildern sind zwar schon im klinischen Bereich etabliert, allerdings nur bei periodisch ablaufenden Vorgängen wie dem Herzschlag. Bislang werden derartige Filme in der Praxis aus einer Reihe von Messungen, die einige Minuten dauern können, nachträglich zusammengesetzt. Bei Herzuntersuchungen synchronisiert man die einzelnen MRT-Daten mit einem zugleich aufgenommenen Elektrokardiogramm (EKG). Mit diesem Trick kann der Computer anschließend die Bilder korrekt zur passenden Phase des Herzschlags in das entstehende Video einsortieren. Da sich MRT und EKG gegenseitig stören können, ist die Aufnahme für Fehler anfällig. Außerdem müssen die Patienten zusätzlich mit EKG-Elektroden verkabelt werden - und sie müssen auf Kommando den Atem anhalten, damit die Bilder scharf werden.

Dieser Aufwand und solche Unannehmlichkeiten entfallen in der von Frahms Team entwickelten Echtzeit-MRT. Sie liefert ohne EKG ganz direkt und live bewegte Bilder aus dem Körper. Die Patienten dürfen frei atmen, denn die Technik zeichnet 30 oder mehr schnelle Bilder pro Sekunde auf. Dank der weiterentwickelten Form der Flash-Technik kann das Göttinger Team Livevideos aus dem Körperinneren mit 30, 55, im Extremfall sogar schon 100 Einzelbildern pro Sekunde machen.

Der Flaschenhals auf dem Weg zur Echtzeit-MRT war der enorme mathematische Aufwand bei der Bildberechnung. Ein Computer muss die Messungen der MRT in Echtzeit, also fast ohne Verzögerung, in ein hochauflösendes Video umwandeln. Wenn er dabei jedes Bild komplett neu berechnet, dauert das viel zu lange. Daher erstellt die Göttinger Technik die Bilder aus ganz wenigen Messdaten, die sich zudem viel schneller aufnehmen lassen.


Mit einem Trick verkürzen Forscher die Rechenzeit

Das Verfahren, das die Datenreduktion ermöglicht, ist entfernt mit einer Technik für schnelle Videoübertragungen verwandt. Dabei analysieren Algorithmen diejenigen Bereiche aus dem Bild einer Serie, die sich gegenüber dem vorhergehenden Bild geändert haben. Nur diese Veränderungen werden dann übertragen, was erhebliche Datenmengen einspart. Die Göttinger verfolgen eine ähnliche Strategie. Dabei nutzt der Computer, einfach gesagt, die gleich bleibenden Informationen der vorhergehenden Bilder und berechnet für das aktuelle Bild lediglich die veränderten Bildbereiche.

Mit diesem Trick verkürzte Frahms Team die Rechenzeit, und die Forscher reduzierten die zu messende Datenmenge pro Bild auf wenige Prozent, dennoch sind diese MRT-Videobilder scharf und korrekt. Federführend mitentwickelt haben das Verfahren zwei ehemalige Doktoranden, Martin Uecker, heute Professor an der Universitätsmedizin Göttingen, und Shuo Zhang, heute Mitarbeiter bei Philips in Singapur.

Wie gut die Flash-II-Technik funktioniert, demonstriert Frahm zusammen mit zwei Mitarbeitern im Keller des Instituts. Dort steht ein MRT-Scanner, wie man ihn aus Krankenhäusern kennt. Dirk Voit, ebenfalls Physiker am Göttinger Institut, schiebt einen Doktoranden in die Röhre. Dann begeben wir uns in den Kontrollraum. Voit startet das Programm mit einigen Klicks. Im abgeschirmten Raum hinter dem Fenster wacht das MRT-Gerät hörbar auf, und dann bauen sich die ersten Bilder aus dem Oberkörper unseres Probanden auf.

"Wir machen erst Schnittbilder und suchen das Herz", erläutert Frahm das Geschehen auf dem Bildschirm. Nach weiteren Justierungen sagt Frahm zufrieden: "Jetzt haben wir den Vierkammerblick, der sozusagen flach durch das gesamte Herz geht." Selbst ein Laie kann die vier pumpenden Herzkammern klar erkennen, auch das strömende, wirbelnde Blut. Nach kurzer Zeit wird das Video gestochen scharf und zeigt Details in Millimeterauflösung.

Während die Liveübertragung aus dem schlagenden Herzen läuft, erläutert Jens Frahm, worin gerade beim Blick ins Herz der große Fortschritt besteht, den die Flash-II-Technik gegenüber der bislang gängigen, mit einem EKG synchronisierten Herz-MRT bringt. "Wissen Sie, dass das Herz gar nicht perfekt schlagen darf?", fragt er: "Wenn es das täte, würde das mechanische Probleme aufwerfen, und es würde nie ein ganzes Leben lang durchhalten." Der Forscher erklärt weiter: "Jeder Herzschlag ist also ein bisschen kürzer oder länger, und das steht bereits im Widerspruch zu dem, was bei der üblichen EKG-synchronisierten Herz-MRT verlangt wird." Das Herz müsste eigentlich maschinenhaft gleichmäßig schlagen, um zur technischen Synchronisation zu passen. "Bei allen Herzrhythmusstörungen läuft das natürlich schief", sagt Frahm: "Und das sind ja gerade die Patienten, die man untersuchen will."


Ein wenig Ananassaft als Kontrastmittel

Deshalb sind auch zunehmend Kliniken an der Echtzeit-MRT aus Göttingen interessiert. Doch die Hersteller der MRT-Geräte zögern noch, denn jede neue Technik erfordert teure klinische Erprobungen und Zertifizierungen. Immerhin haben Jens Frahm und seine Mitarbeiter die Flash-II-Technik in einer Kooperation mit der Göttinger Universitätsmedizin inzwischen schon eingesetzt, um damit ersten Patienten zu helfen. Zum Beispiel Menschen mit einer Schluckstörung. Mit ein bisschen Ananassaft als Kontrastmittel zeigen die Livevideos, was schiefgeht, wenn die Patienten schlucken.

Ein verwandtes Problem haben professionelle Blechbläser, die aufgrund von Zungenverkrampfungen nicht mehr richtig spielen können. Dass Flash II auch ihnen helfen kann, hat sich eher zufällig herausgestellt: Frahms Team zeichnete in einem Projekt die Spieltechnik professioneller Hornspieler auf, damit die MRT-Videos für die Ausbildung verwendet werden können. Dazu schoben die Göttinger Forscher mehrere Musiker mit einem unmagnetischen Naturhorn ohne Ventile in den MRT-Scanner und ließen sie 30 festgelegte Grundübungen blasen. Die schnellen Zungenbewegungen mussten die Forscher mit 55 Bildern pro Sekunde aufnehmen.

"Es zeigte sich, dass selbst Elitemusiker dabei nicht immer das Gleiche machen", sagt Frahm: "Das liegt daran, dass wir Menschen im hinteren Bereich der Zunge keine Sensoren haben, um deren genaue Stellung zu kontrollieren." Wenn die Musiker aber selbst nicht genau wissen, was ihre Zunge tut, hat dies natürlich Konsequenzen für ihren Unterricht. Das Studium der Göttinger Filme soll nun helfen, die richtige Spieltechnik zu vermitteln.

Im Laufe dieses Projekts stießen die Göttinger auf den Fall eines Musikers aus Kalifornien, der Sprechprobleme hatte und auch nicht mehr richtig spielen konnte. "Wir untersuchen mit der Universitätsmedizin Göttingen auch Verkrampfungen beim Sprechen oder Stottern", sagt Frahm. Im MRT-Video zeigte sich, dass der Musiker seine Zunge beim Spielen völlig anders als andere Hornisten positionierte. Einfach ändern konnte er das aber nicht. Frahms Gruppe kam daher auf die Idee, ihm in der MRT seine eigenen Liveaufnahmen in Echtzeit zurückzuprojizieren. "Die visuelle Kontrolle war so stark", berichtet Frahm, "dass der Musiker die richtige Zungenhaltung sofort einüben konnte." Diese Erfahrung führte Frahms Team zu einem seiner aktuellen Projekte. Dabei untersuchen die Forscher, wie gut sich die visuelle Rückkopplung für die Therapie von Patienten mit Sprechstörungen und auch von Blechbläsern mit Zungenverkrampfungen eignet.

Die Möglichkeit, mit Grundlagenforschung Menschen direkt und praktisch helfen zu können, motiviert Jens Frahm seit vier Jahrzehnten. Und nun will er den MRT-Bildern in Kliniken unbedingt Beine machen. "Ich will das Thema noch durchsetzen!", sagt der Forscher. Damit Ärzte künftig per Liveschaltung verfolgen können, was im Körper falsch läuft.


Auf den Punkt gebracht

• Die Flash-Technik hat den Zeitaufwand für Untersuchungen mit der Magnetresonanztomografie auf ein Hundertstel reduziert, sodass dieses Bildgebungsverfahren heute weit verbreitet ist, um unterschiedliche Gewebearten abzubilden.

• Die Untersuchungen wurden durch die Flash-Technik einfacher, weil diese dank der Forschung von Jens Frahms Gruppe nur noch einen UKW-Puls pro Messung benötigt und Messungen in viel kürzerem Zeitabstand hintereinander möglich sind.

• Indem die Göttinger Forscher die Menge der zu messenden Daten und damit auch den Aufwand bei der Bildberechnung verringerten, ermöglichen sie Livevideos aus dem Körper. Das hilft etwa bei der Diagnose von Herzkrankheiten, lässt sich aber auch zur Therapie von Patienten mit Sprechstörungen und Musikern mit Zungenverkrampfungen einsetzen.


Glossar

Magnetresonanztomografie: Die Technik nutzt den Kernspin von Wasserstoffatomen. Der Kernspin ist eine quantenmechanische Eigenschaft und macht die Atome zu winzigen Stabmagneten. Wie sie sich in einem äußeren Magnetfeld verhalten, hängt von ihrer chemischen Umgebung ab. Mit dem Bildgebungsverfahren lassen sich die einzelnen Gewebearten differenzieren, weil sie unterschiedlich viel Wasser enthalten.


Der Artikel mit Abbildungen ist zu finden unter: https://www.mpg.de/11248354/W003_Material_Technik_054-061.pdf

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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin der Max-Planck-Gesellschaft
Ausgabe 1/2017, Seite 54-60
Herausgeber: Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Redaktionsanschrift: Hofgartenstraße 8, 80539 München
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2017

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