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MILITÄR/8261: Sicherheitspolitik, Rüstung und Konflikte - 10.10.2019 (SB)


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Türkische Invasion der Kurdengebiete in Nordsyrien

Nach stundenlangen Angriffsflügen der türkischen Luftwaffe in Nordsyrien und dem Einsatz von Artillerie am Mittwoch haben türkische Bodentruppen ihre Invasion des bislang von kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrollierten Grenzgebiets begonnen. Der türkische Präsident Erdogan brüstete sich am Donnerstag mit dem Tod von 109 kurdischen Kämpfern und Kämpferinnen. Laut Erdogan trägt die Militäroffensive zur territorialen Integrität Syriens bei. Er hatte die schon länger geplante Invasion zur Besetzung einer sogenannten Schutzzone in Syrien starten können, nachdem die US-Regierung ihre Soldaten aus dem Gebiet abgezogen hatte. Damit konnte verhindert werden, daß die Soldaten der beiden NATO-Mitglieder aufeinander schießen. Bis dahin hatten die USA die von den YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mit Waffen ausgerüstet und in deren Kampf gegen die Miliz Islamischer Staat gefördert. Die türkischen Streitkräfte werden von der sogenannten Syrischen Nationalarmee unterstützt. Die radikalen Milizen sind ein Produkt der türkischen Regierung. Am Donnerstag meldete das Verteidigungsministerium in Ankara einen weiteren Vorstoß der eigenen Truppen östlich des Euphrats. Die türkische Agentur Anadolu berichtete von Raketen und Granaten, welche syrische Aufständische auf türkische Städte abgefeuert hätten. Dadurch sollen zwölf Personen verwundet worden sein. Die SDF berichteten von heftigen Kämpfen in mehreren syrischen Grenzgemeinden. Berichten zufolge mußten schon Tausende von Menschen aus den Kampfgebieten fliehen. Auf Antrag Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Belgiens und Polens beriet am Donnerstag der Weltsicherheitsrat in New York über die türkische Offensive. Bundesaußenminister Maas äußerte am Morgen gegenüber seinem türkischen Amtskollegen Cavusoglu am Telefon seine Bedenken hinsichtlich des türkischen Einmarsches in Syrien. Es könnte nämlich sein, daß der in Syrien militärisch geschlagene IS wieder erstarkt. Die kurdische Regionalverwaltung in dem Bürgerkriegsland berichtet bereits vom Beschuß von Gefangenenlagern durch die türkische Luftwaffe, wodurch gefährliche Extremisten freikommen könnten. In den Lagern in dem kurdisch kontrollierten Gebiet werden rund 6000 IS-Milizen zusammen mit Zehntausenden von Angehörigen und Sympathisanten festgehalten.

10. Oktober 2019


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