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FORSCHUNG/404: Die Große Explosion (idw)


Weizmann Institut - 03.12.2009

Die Grosse Explosion


Was passiert, wenn ein wirklich gigantischer Stern, der hundertmal größer als unsere Sonne ist, explodiert? Obwohl es vor Jahren schon eine Theorie gab, die beschreibt, wie die Explosion eines so riesigen Sterns aussehen würde, hat bis jetzt noch niemand eine solche Explosion beobachtet. Ein internationales Team, angeführt von Wissenschaftlern aus Israel und Forschern aus Deutschland, den USA, England und China haben eine Supernova - einen explodierenden Stern - über eineinhalb Jahre lang beobachtet und herausgefunden, dass die Vorhersagen über die Explosion eines Sterns, der 150 Mal größer ist als die Sonnenmasse, sehr genau zutreffen. Ihre Forschungsergebnisse, die unser Verständnis von allem, angefangen bei natürlichen Begrenzungen einer Sterngröße bis hin zur Entwicklung des Universums beeinflussen könnten, wurden kürzlich in Nature veröffentlicht.

"Alles ist eine Frage der Gleichgewichts," sagt der Teamleiter, Dr. Avishay Gal-Yam aus dem Fachbereich Partikelphysik und Astrophysik. "Während des Lebens eines Sterns besteht ein Gleichgewicht zwischen der Anziehungskraft, die seine Masse nach innen zieht, und der Hitze, die durch die Nuklearreaktion im Innern seines Kerns erzeugt wird und seine Masse nach außen drängt. In der uns bekannten Supernova eines Sterns, der 10 bis 100 Mal größer als die Sonne ist, beginnt die Nuklearreaktion mit der Fusion von Wasserstoffatomen zu Helium, genau wie in unserer Sonne. Aber die Fusion hält an und produziert stetig schwerer werdende Elemente solange bis sich der Kern in Eisen verwandelt. Da Eisen sich nicht gut weiter fusionieren lässt, brennt die Reaktion aus und das Gleichgewicht geht verloren. Die Gravität nimmt Überhand und der Stern kollabiert nach innen, wobei er seine äußeren Schichten in anhaltenden Schockwellen abstößt."

Das Gleichgewicht in einem Riesen-Stern ist anders. Hier sind die Photonen (Lichtpartikel) so heiß und energiegeladen, daß sie miteinander reagieren und Partikelpaare bilden - Elektronen und ihre Gegenteile, Positronen. Dabei werden Partikel mit einer Masse aus den massenlosen Photonen gebildet, wobei die Energie des Sterns verbraucht wird. Hierbei gerät wieder alles aus dem Gleichgewicht, aber wenn der Stern jetzt kollabiert, fällt er in sich, in einen Kern zusammen, der aus flüchtigem Sauerstoff und nicht aus Eisen besteht. Der heiße, komprimierte Sauerstoff explodiert in einer unkontrollierten thermonuklearen Reaktion, die den Kern des Sterns auslöscht und nur noch glühenden Sternstaub hinterläßt. "Modelle von Supernova-Paaren waren bereits vor Jahrzehnten kalkuliert worden," sagt Gal-Yam, "aber niemand war sicher, dass sich solch riesige Explosionen in der Natur tatsächlich ereignen. Die neue Supernova, die wir entdeckt haben, paßt sich sehr gut in diese Modelle ein."

Eine Analyse der Daten der neuen Supernova hat die Wissenschaftler dazu veranlaßt, die Größe des Sterns auf 200 Mal der Masse der Sonne zu schätzen. Dies ist an sich schon ungewöhnlich genug, da Beobachter festgestellt haben, dass Sterne in unserem Teil des Universums eine Größenbegrenzung von etwa 150 Sonnen haben. Einige fragten sich, ob es wohl eine Art physische Beschränkung des Umfangs von Sterns gibt. Diese neuen Befunde suggerieren, dass riesige Sterne - wenn auch selten - doch existieren und sogar noch größere Sterne, bis zu 1000 Mal so groß wie die Sonne, im früheren Universum existiert haben. "Dies ist das erste Mal, dass wir imstande waren, Beobachtungen einer so Explosion eines so riesigen Sterns zu analysieren," sagt Dr. Paolo Mazzali vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Deutschland, der gemeinsam mit Gal-Yam die theoretische Studie hierzu durchgeführt hat. "Wir konnten die Mengen der neuen Elemente, die bei dieser Explosion entstanden, messen - einschließlich etwa fünfmal die Masse unserer Sonne in hoch radioaktivem, neu synthetisiertem Nickel. Solche Explosionen könnten wichtige Fabriken für Schwermetalle im Universum sein." Diese massive Supernova wurde in einer winzigen Galaxis gefunden - die nur ein Hundertstel so groß ist wie unsere eigene Galaxis - und die Wissenschaftler meinen, dass solche Zwerggalaxien natürliche Häfen für riesige Sterne darstellen könnten, die es irgendwie schaffen, die Grenze von 150 Sonnen zu überschreiten.

"Unsere Entdeckung und die Analyse dieser einzigartigen Explosion hat uns zu neuen Einsichten, wie massiv Stern werden können und wie diese Sternriesen zur Schaffung unseres Universums beitragen, verholfen," sagt Dr. Gal-Yam. "Wir hoffen noch mehr verstehen zu können, wenn wir in neuen Studien, die wir jetzt begonnen haben und die große, bisher unerforschte Regionen des Universums abdecken, weitere Beispiele finden."


Dr. Avishay Gal-Yams Forschungsarbeit wird finanziert von dem Nella and Leon Benoziyo Center for Astrophysics, den Peter and Patricia Gruber Awards, dem William Z. & Eda Bess Novick New Scientists Fund, dem Legacy Heritage Fund Program der Israel Science Foundation und von Miel de Botton Aynley in Großbritannien.

Das Weizmann Institut in Rehovot, Israel, gehört weltweit zu den führenden multidisziplinaren Forschungseinrichtungen. Seine 2600 Wissenschaftler, Studenten, Techniker und anderen Mitarbeiter sind in einem breiten Spektrum naturwissenschaftlicher Forschung tätig. Zu den Forschungszielen des Instituts gehören neue Möglichkeiten im Kampf gegen Krankheit und Hunger, die Untersuchung wichtiger Fragestellungen in Mathematik und Informatik, die Erforschung der Physik der Materie und des Universums und die Entwicklung neuer Werkstoffe und neuer Strategien für den Umweltschutz.

Die Nachrichten des Weizmann-Instituts sind im World Wide Web unter
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Weizmann Institut, Yivsam Azgad, 03.12.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2009