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FORSCHUNG/488: Aktive Asteroiden (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 10/13 - Oktober 2013
Zeitschrift für Astronomie

Aktive Asteroiden
Eine neue Gruppe von Kleinkörpern im Sonnensystem

Von Harald Krüger



Kometen entwickeln bei ihrer Annäherung an die Sonne eine kugelförmige Koma aus Gas und Staub und einen oder mehrere Schweife. Asteroiden zeigen dagegen bei ihren Umläufen keinerlei Anzeichen von Aktivität. So klar und einfach war noch bis vor Kurzem die Unterscheidung der Kleinkörper im Sonnensystem. Mittlerweile sind jedoch einige Objekte bekannt, die nicht in dieses klassische Schema passen.


Im August 1996 berichtete der belgische Astronom Eric Walter Elst über die Entdeckung eines Kometen auf Bildern, die sein chilenischer Kollege Guido Pizarro mit dem Ein-Meter-Schmidt-Teleskop auf dem Berg La Silla in Chile aufgenommen hatte. Mittels weiterer Aufnahmen gelang es dann Brian Marsden (1937-2010) vom Minor Planet Center in den USA, seine Bahn um die Sonne zu berechnen und einem schon bekannten Objekt zuzuordnen. Zu seiner großen Überraschung stimmte sie mit dem Orbit des Asteroiden (7968) 1979 OW7 überein, der bereits im Jahr 1979 entdeckt worden war und sich bis dato durch keine Besonderheiten auszeichnete. Er umkreist die Sonne innerhalb der Umlaufbahnen von Mars und Jupiter im Asteroidengürtel. Der Asteroid wurde daraufhin als Komet 133P/Elst-Pizarro eingestuft und galt zunächst als ein Kuriosum. Wie kommt aber ein Asteroid dazu, einen Schweif zu entwickeln?

Bislang gingen die Astronomen davon aus, dass die Asteroiden die Sonne überwiegend im so genannten Hauptgürtel umrunden. Asteroiden bestehen hauptsächlich aus Gestein, die größten von ihnen haben einen Kern aus einer Eisen-Nickel-Legierung. Sie enthalten nur wenig oder gar kein Wasser und zeigen keinerlei Anzeichen von Aktivität. Vermutlich entstanden die meisten Asteroiden dort, wo wir sie heute vorfinden, im Hauptgürtel. Ihre Bahnen können jedoch durch die Schwerefelder der großen Planeten, durch thermische Effekte und gegenseitige Kollisionen so stark verändert werden, dass sie das innere Sonnensystem erreichen und die Erdbahn kreuzen.

Die Kometen bewegen sich dagegen in der Regel auf sehr exzentrischen Bahnen um die Sonne. Ihre Kerne bestehen aus Wassereis und gefrorenem Kohlendioxid, mit Beimengungen anderer leicht flüchtiger Substanzen sowie Gesteinsmaterial und Staub. Nähern sie sich der Sonne an, so sublimieren das Wassereis und manche der anderen leichtflüchtigen Bestandteile von ihrer Oberfläche. So entwickeln die Kometen ihre charakteristischen Schweife. Sie stammen höchstwahrscheinlich aus zwei Gebieten im äußeren Sonnensystem: dem so genannten Kuipergürtel, einer ringförmigen Zone außerhalb der Bahn des Planeten Neptun, und der nahezu kugelförmigen Oortschen Wolke. Sie wird in einer Entfernung von etwa 10.000 bis 50.000 Astronomischen Einheiten zur Sonne vermutet - eine Astronomische Einheit AE - ist die mittlere Entfernung der Erde zur Sonne und beträgt 149,6 Millionen Kilometer.

Seit der Entdeckung von 133P/Elst-Pizarro stießen die Astronomen auf elf weitere Kleinkörper, die nicht in dieses Schema passen und sich weder eindeutig den Kometen noch den Asteroiden zuordnen lassen. Sie zeigen eine kometenähnliche Aktivität. Die meisten von ihnen ziehen jedoch im Hauptgürtel ihre Bahn um die Sonne und lassen sich dynamisch nicht von den Asteroiden unterscheiden. Sie tragen daher den Namen Hauptgürtelkometen (englisch: Main Belt Comets), aktive Asteroiden oder auch kometenhafte Asteroiden. Die beiden letzten Bezeichnungen sind umfassender, da sie auch die aktiven Kleinkörper erfassen, die außerhalb des Hauptgürtels um die Sonne laufen.

Seit der Entdeckung von 133P/Elst-Pizarro stießen die Astronomen bisher auf elf weitere aktive Himmelskörper

Der erwähnte aktive Asteroid Elst-Pizarro ist das derzeit am besten untersuchte Objekt dieser Gruppe und gilt als ihr Prototyp (siehe Bild oben). Zwischen 2002 und 2008 durchlief Elst-Pizarro wiederholt aktive und nichtaktive Phasen. Seine Bahn ist deutlich exzentrisch, so dass sein Sonnenabstand während eines Umlaufs zwischen etwa 2,6 und 3,7 AE variiert. Er besitzt einen Kern von etwa 1,6 x 2,3 Kilometern Durchmesser. Elst-Pizarro stieß jeweils nach der dichtesten Annäherung an die Sonne, dem Periheldurchgang, einen dünnen Schweif aus. Dieser besteht aus Staubteilchen mit Größen zwischen ein und zehn Mikrometer. Die Massenverlustrate ist um sechs bis acht Größenordnungen niedriger als bei aktiven Kometen wie Halley, Hyakutake und Hale-Bopp. Der Himmelskörper reflektiert nur etwa fünf bis sieben Prozent des einfallenden Sonnenlichts, vergleichbar mit anderen Kometenkernen und den dunkelsten Asteroiden.

Aus der Lichtkurve von Elst-Pizarro ergab sich eine Rotationsdauer von nur 3,95 Stunden. Das ist der kleinste bekannte Wert für einen Kometenkern und entspricht den kürzesten Rotationsdauern von Asteroiden. Wegen dieser schnellen Umdrehung muss die Dichte des Kerns mindestens 1,3 Gramm pro Kubikzentimeter betragen. Andernfalls würde die Schwerkraft nicht ausreichen, die Zentrifugalkraft an seiner Oberfläche auszugleichen, und der Himmelskörper würde auseinandergerissen. Seine Dichte ist wesentlich höher als diejenige der bisher untersuchten Kometenkerne. Deren Dichten betragen deutlich weniger als ein Gramm pro Kubikzentimeter, was auf eine hohe Porosität hindeutet.

Der zweite kometenhafte Asteroid, 238P/Read (auch als P/2005 U1 bezeichnet), wurde im Jahr 2005 entdeckt. Er war zu dieser Zeit aktiv und besaß eine helle Koma und einen Staubschweif. Zwei Jahre später zeigte er keine Aktivität mehr, im Jahr 2010 schmückte ihn jedoch erneut ein Schweif. Der Kerndurchmesser beträgt nur etwa 600 Meter. Die Staubteilchen, welche die optische Emission dominieren, sind mit einer Größe von 10 bis 100 Mikrometern etwa zehnmal größer als bei 133P/Elst-Pizarro. Auch die Staubemissionsrate ist um eine Größenordnung höher, obwohl dieses Objekt wesentlich kleiner ist.

Als drittes Objekt war der Asteroid (118401) LINEAR bei einer Beobachtung im Jahr 2005 aktiv. Er erhielt daraufhin die Bezeichnung 176P/LINEAR. Mit einer Größe von etwa 1,5 x 2,6 Kilometern und einem Rückstrahlvermögen von sechs Prozent zeigt er ähnliche Eigenschaften wie 133P/Elst-Pizarro. Auch seine Staubproduktionsrate ist vergleichbar, die Rotationsperiode ist mit mindestens 18 Stunden jedoch erheblich länger.

Der vierte im Bunde ist P/2008 R1 (Garradd). Er erschien im Jahr 2008 wie ein typischer Komet mit einem aufgeweiteten Schweif. Innerhalb von nur sechs Wochen halbierte sich seine Helligkeit. Sein Durchmesser wird auf nur 400 Meter geschätzt.


Schweifsterne auf Abwegen
Die meisten der bekannten kometenhaften Asteroiden bewegen sich im Hauptgürtel um die Sonne. Drei Objekte bilden jedoch eine Ausnahme: (3200) Phaeton, (2201) Oljato und 107P/Wilson-Harrington haben relativ hohe Bahnexzentrizitäten und kreuzen bei einem Umlauf um die Sonne die Bahn von einem oder mehreren terrestrischen Planeten. Dabei kreuzen sie auch die Erdbahn. Der etwa fünf Kilometer große Kleinkörper Phaeton gilt als der Ursprungskörper des jährlich auftretenden Meteorstroms der Geminiden. Er und einige weitere kleinere Asteroiden sind wahrscheinlich vor etwa 1000 Jahren als Bruchstücke aus einem größeren Himmelskörper hervorgegangen.

Wie häufig sind kometenhafte Asteroiden im inneren Sonnensystem?

Wie häufig sind kometenhafte Asteroiden im inneren Sonnensystem? Bislang wurden nur Teile des Hauptgürtels schon mehrmals durchmustert, um neue Kandidaten zu entdecken. Aus der Anzahl der beobachteten Objekte und der Zahl der bekannten aktiven Asteroiden versuchten die Astronomen, ihre Häufigkeit abzuschätzen. Demnach könnte es allein im Hauptgürtel mehr als 4000 aktive Asteroiden geben. Diese Zahl ist jedoch sehr unsicher, da es wahrscheinlich viele Objekte gibt, die zwar aktiv werden können, sich zur Zeit aber in einer ruhigen, nichtaktiven Phase befinden. Außerdem spielt die Nachweisempfindlichkeit bei der Beobachtung eine Rolle, denn mit empfindlicheren Teleskopen lassen sich naturgemäß schwächere Anzeichen von Aktivität aufspüren.


Woher kommen die Hauptgürtel-Kometen?
Sind die Hauptgürtel-Kometen dort entstanden, wo wir sie heute vorfinden, oder aus einem anderen Bereich im Sonnensystem an ihren heutigen Ort transportiert worden? Diese Frage ist bislang nicht abschließend geklärt.

Computersimulationen zeigen jedoch, dass Objekte aus dem Kuipergürtel außerhalb der Neptunbahn auf stabile Bahnen im Hauptgürtel transportiert werden können. Ursprünglich befand sich eine dichte ringförmige Scheibe mit kometenhaften Objekten in einem Abstand von rund 16 bis 30 AE von der Sonne außerhalb der heutigen Bahnen der großen Planeten. Etwa 600 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems veränderten die großen Planeten ihre Bahnen: Jupiter und Saturn wanderten in eine 1:2-Bahnresonanz, und Uranus sowie Neptun wurden nach außen verschoben. Dadurch wurde ein Ring mit kometenhaften Objekten instabil, der sich außerhalb der Umlaufbahnen der großen Planeten befand.

Viele der ursprünglich auf stabilen Bahnen um die Sonne laufenden Objekte wurden im gesamten Sonnensystem verteilt, stürzten in die Sonne oder wurden sogar aus dem Sonnensystem herausgeschleudert. Einzelne solcher Kometen, die anfänglich die Jupiterbahn kreuzten, konnten schließlich durch eine Kombination von dynamischen Prozessen stabile Bahnen innerhalb des Hauptgürtels erreichen. Damit wurden Kleinkörper aus den kalten äußeren Regionen des Sonnensystems dauerhaft in die wärmeren inneren Regionen verschoben. Interessanterweise liegen die Bahnen von 133P/Elst-Pizarro, 238P/Read, 176P/LINEAR, P/Garradd und P/La Sagra in einem Bereich des Hauptgürtels, in dem auch in den Simulationen bevorzugt Objekte eingefangen wurden.

Ein in diesem Zusammenhang bedeutsamer Befund ist, dass die ersten drei entdeckten Objekte, 133P/Elst-Pizarro, 238P/Read und 176P/LINEAR, ganz ähnliche Umlaufbahnen um die Sonne haben wie die Asteroiden der so genannten Themis-Familie. Dies ist eine Gruppe von Kleinkörpern, die auf sehr ähnlichen Bahnen um die Sonne laufen und die außerdem ähnliche spektrale Eigenschaften zeigen. Dynamische Rechnungen ergeben, dass die Themis-Familie höchstwahrscheinlich ein Überrest einer Kollision zweier größerer Asteroiden ist, die sich vor rund 2,3 Milliarden Jahren ereignete. Die heutigen Bahnen von 133P/Elst-Pizarro und 176P/LINEAR sind über einen Zeitraum von mindestens einer Milliarde Jahren stabil. Dagegen wird die Bahn von 238P/Read innerhalb von nur etwa 20 Millionen Jahren instabil, und er verlässt die Themis-Familie.


Warum sind diese Kleinkörper aktiv?
Der Asteroid Themis, der wahrscheinliche Ursprungskörper für die drei genannten aktiven Asteroiden, enthält Wassereis und organische Substanzen auf seiner Oberfläche. Diese scheinen als mit Eis ummantelte Staubkörnchen vorzuliegen. Wassereis ist daher wahrscheinlich auch auf den anderen Objekten der Themis-Familie vorhanden. Die Aktivität von mindestens drei dieser Himmelskörper könnte daher wie bei den Kometen durch sublimierendes Wasser angetrieben werden. Tatsächlich werden sie immer im sonnennahen Bereich ihrer Umlaufbahn aktiv. In Sonnennähe ist es warm genug, so dass mit mineralischen oder anderen dunklen Beimengungen verschmutztes Wassereis effektiv sublimieren kann. Bei weiteren Objekten wie Garradd, 176P/ LINEAR oder 107P/Wilson-Harrington könnte ebenfalls Eis direkt verdampfen. Derzeit wissen wir jedoch zu wenig über diese Objekte, um hier eindeutige Aussagen treffen zu können.

Sind neben Sublimation noch andere Mechanismen für die Aktivität verantwortlich? Bei den meisten aktiven Asteroiden, die eine dünne Koma oder sogar einen Schweif zeigen, stießen die Forscher nicht auf Gas, sondern lediglich auf Staub. Bei diesen Objekten scheidet Sublimation somit als Antriebskraft für die Aktivität aus. Die Astronomen diskutieren daher eine ganze Reihe anderer Prozesse, die aber jeweils nur für einzelne Objekte in Frage kommen. Bislang ist kein universeller Vorgang bekannt, der die Aktivität aller kometenhaften Asteroiden erklären könnte.

Hinsichtlich der Frage nach dem Ursprung der Aktivität ist P/2010 A2 (LINEAR) ein weiteres interessantes Objekt. Dieser Himmelskörper wurde im Jahr 2010 entdeckt und zieht ebenfalls im Hauptgürtel seine Bahn um die Sonne. Er wies einen geraden Schweif aus millimeter- bis metergroßen Teilchen auf, der seitlich von einem 120 bis 140 Meter großen Kern versetzt war und nur lose mit diesem verbunden zu sein schien. Die dem Kern am nächsten liegende Region des Schweifs zeigte ein Muster aus metergroßen Fragmenten, die in zwei sich kreuzenden Bögen angeordnet waren. Anhand der Form und der Orientierung des Schweifs stellten Planetenforscher fest, dass das gesamte Material etwa neun Monate vor seiner Entdeckung innerhalb eines Zeitraums von höchstens einigen Tagen ausgeworfen wurde. Dass hierfür von der Kernoberfläche sublimierende Gase verantwortlich sind, ist eher unwahrscheinlich, da sie zu einer wesentlich länger andauernden Aktivität führen würden.

Stattdessen kommen zwei andere Mechanismen in Frage. So könnte dieses Objekt durch seine Rotation instabil geworden sein, so dass ein oder mehrere Bruchstücke von seiner Oberfläche weggeschleudert wurden. Dynamische Untersuchungen lassen vermuten, dass zumindest die großen Fragmente in einer Ebene ausgeworfen wurden, wie es bei einem derartigen Vorgang zu erwarten wäre. Hierfür könnte ein Prozess verantwortlich sein, der besonders bei kleineren Asteroiden eine Rolle zu spielen scheint: Wird die einfallende Sonnenstrahlung vom Kleinkörper absorbiert und durch dessen Rotation ungleichmäßig über die Tag- und Nachtseite abgestrahlt, so verändert sich über lange Zeiträume seine Rotationsdauer. Kommt es durch diesen als YORP-Effekt bezeichneten Mechanismus zu einer Beschleunigung der Rotation, so kann es passieren, dass die Schwerkraft des Körpers schließlich nicht mehr ausreicht, um die Zentrifugalkraft an seiner Oberfläche auszugleichen. Der Körper wird dann zerrissen, oder es können zumindest Teile von seiner Oberfläche wegfliegen (siehe SuW 9/2005, S. 476).

Benannt ist der YORP-Effekt nach den Wissenschaftlern Iwan Jarkowski, John A. O'Keefe, Wladimir W. Radsiewski und Stephen J. Paddack, wobei der Begriff im Jahr 2000 vom US-Wissenschaftler David P. Rubincam eingeführt wurde. Durch Beobachtungen der Lichtkurven ließ sich der YORP-Effekt an einzelnen Asteroiden bestätigen. Sollte P/2010 A2 tatsächlich durch eine beschleunigte Rotation zerbrochen sein, so wäre dies das erste Mal, dass man einen Kleinkörper kurz nach einem solchen Ereignis beobachtet hat.

Ein weiterer Erklärungsversuch für die Aktivität von P/2010 A2 zieht in Betracht, dass vor Kurzem ein kleinerer, nur wenige Meter großer Himmelskörper auf seiner Oberfläche einschlug und dabei einen Einschlagkrater hinterließ. Aus ihm wären größere Mengen an Staub und Trümmern freigesetzt worden.

Bei P/2010 A2 ließ sich die Ursache für die Aktivität bisher nicht endgültig klären, dagegen wurde bei (596) Scheila ein Einschlag als die wahrscheinlichste Ursache identifiziert (siehe Bild oben). Der 113 Kilometer große aktive Asteroid wurde demnach von einem nur etwa 35 Meter großen Objekt getroffen. Abschätzungen ergeben, dass etwa alle fünf Jahre ein Einschlag eines 10 bis 100 Meter großen Objekts auf einen Hauptgürtelasteroiden vom Durchmesser von (596) Scheila oder größer zu erwarten ist. Solche Ereignisse sollten sich somit öfter beobachten lassen.

Ein anderer Mechanismus kommt für (3200) Phaeton in Betracht. Er nähert sich bei seinen Umläufen der Sonne so dicht an, dass seine Oberfläche bis zu 700 Grad Celsius heiß wird. Bei derart hohen Temperaturen können Brüche im Gestein entstehen, aus denen Staub und größere Fragmente in den Weltraum freigesetzt werden. Gibt es dort außerdem hydratisierte, also wasserhaltige Minerale, so könnten diese bei derart hohen Temperaturen Wasser freisetzen, das ins All entweicht. Leider ist über die Zusammensetzung von Phaeton bisher nur sehr wenig bekannt, so dass auch die Ursache seiner Aktivität noch unklar ist.

Weitere Prozesse können direkt an Staubteilchen auf den Oberflächen atmosphäreloser Himmelskörper stattfinden. Hierbei führt die Sonnenstrahlung dazu, dass die Partikel von der Oberfläche angehoben werden. Zwei Vorgänge kommen hierfür in Betracht: Die Teilchen könnten durch den vom Sonnenlicht verursachten fotoelektrischen Effekt und durch das Plasma des Sonnenwinds elektrisch aufgeladen und durch elektrostatische Abstoßung von der Oberfläche wegtransportiert werden. Bei einem zweiten Mechanismus könnte der Strahlungsdruck der Sonne Staubteilchen von der Oberfläche abheben und in den Weltraum befördern. Beide Effekte hängen jedoch sehr stark von den Oberflächeneigenschaften der Teilchen ab, worüber bisher nur wenig bekannt ist.

Die Eigenschaften der kometenhaften Asteroiden legen den Schluss nahe, dass sie Übergangsobjekte einer kontinuierlichen Verteilung sind, deren Endglieder die eishaltigen Kometen und die aus Gestein bestehenden Asteroiden bilden. Die aktiven Kleinkörper im Hauptgürtel sind demnach »Eis zwischen den Steinen«.

Ich möchte aber festhalten, dass es sich wahrscheinlich um eine recht heterogene Gruppe von Himmelskörpern handelt, deren Aktivität durch ganz unterschiedliche Mechanismen verursacht wird. Über ihre Häufigkeiten im Asteroidengürtel und ihren Ursprung werden zukünftige Beobachtungsprogramme, die auch schwächere Objekte erfassen als bisher, wichtige neue Erkenntnisse liefern. Es gibt bereits Vorschläge, aktive Asteroiden mit Raumsonden aus der Nähe zu untersuchen, um weitere Aufschlüsse über ihre Oberflächenbeschaffenheit, ihre Zusammensetzung und damit auch über ihren Ursprung zu erhalten.


Harald Krüger arbeitet am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Seine Hauptarbeitsgebiete sind die Erforschung von Kometen und von kosmischem Staub. Er lehrt an der Universität Göttingen.

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Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 33:
Der kometenhafte Asteroid 133P/Elst-Pizarro wurde mit dem 2,2-Meter-Teleskop der Universität von Hawaii aufgenommen. Er setzte ein Band aus Staubteilchen frei (Pfeile).

Abb. S. 34:
Die Bahnen der ersten drei entdeckten aktiven Asteroiden befinden sich im Hauptgürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter.

Abb. S. 35:
Die großen Halbachsen und die Exzentrizitäten der Bahnen der aktiven Asteroiden (rot), der Kometen (blau) und der Hauptgürtelasteroiden (gelb) sind hier gegeneinander abgetragen. Zum Vergleich werden grau die großen Halbachsen der Bahnen von Mars und Jupiter gezeigt. Objekte oberhalb der grünen diagonalen Bögen kreuzen entweder das Aphel der Marsbahn oder das Perihel der Jupiterbahn. Die mittlere graue Linie markiert die 2:1-Bahnresonanz mit Jupiter.

Abb. S. 36 oben:
Der aktive Asteroid P/2010 A2 wurde mit dem Weltraumteleskop Hubble am 29. Januar 2010 aufgenommen. Der helle Fleck am linken Bildrand ist der eigentliche Himmelskörper, die x-förmige Struktur ist ein Staubschweif aus gröberen Partikeln.

Abb. S. 36 unten:
Mit dem One Degree Imager des 3,5-Meter-WIYN-Teleskops in Arizona wurde drei Jahre nach der Entdeckung des Staubschweifs von P/2010 A2 dessen Länge dokumentiert. Er erstreckt sich über mehr als eine Million Kilometer.

Abb. S. 37:
Der aktive Asteroid (596) Scheila zeichnet sich durch einen sehr ausgeprägten und strukturreichen Staubschweif aus. Die Beobachtung gelang am 11. Dezember 2010.


© 2013 Harald Krüger, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Sterne und Weltraum 10/13 - Oktober 2013, Seite 32 - 37
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Redaktion Sterne und Weltraum:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2014