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FORSCHUNG/493: Braune Zwerge - Nicht Stern, nicht Planet (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft 2/2014

Braune Zwerge
Nicht Stern, nicht Planet

Von Thomas Bührke



Oft stehen sie im Schatten zugkräftiger Themen wie Schwarze Löcher oder Exoplaneten. Schon der Name ist wenig reißerisch: Braune Zwerge. Doch Viki Joergens und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg haben in diesem Forschungszweig faszinierende Erkenntnisse gewonnen.


In der Milchstraße dürfte es etwa so viele Braune Zwerge wie Planeten geben. Die genaue Zahl kennen die Astronomen nicht, denn diese Himmelskörper sind klein, lichtschwach und daher schwer zu beobachten. Sie haben jedoch unsere bewährten und lieb gewonnenen Definitionen der Begriffe "Stern" und "Planet" gehörig ins Wanken gebracht. Sie entwickeln auf der Oberfläche Flecken wie die Sonne und Wolken wie Planeten. "Das ist eines der wichtigsten Merkmale unseres Forschungsgebietes: Es gibt unzählige Überschneidungen sowohl mit Planeten- als auch mit Sterneigenschaften", erklärt Viki Joergens, die diese Himmelskörper bereits seit mehr als zehn Jahren untersucht.

Den Stein ins Rollen brachte im Jahr 1962 Shiv Kumar, der damals am Goddard Space Flight Center der US-Raumfahrtbehörde NASA als Postdoc arbeitete. Er fragte sich, wie klein ein Stern eigentlich sein kann und welche Eigenschaften Körper haben, die gerade unterhalb dieser Grenze liegen. Die grundlegende Eigenschaft von Sternen besteht darin, dass sie in ihrem Zentralbereich in mehreren Schritten Wasserstoff zu Helium verschmelzen.

Bei diesem Prozess wird Energie frei, die in Form von Wärme einen nach außen gerichteten Druck gegen die zum Zentrum hin wirkende Schwerkraft ausübt. Halten sich beide Drücke die Waage, so ist der Stern stabil. In dieser Phase befindet sich unsere Sonne seit etwa 4,5 Milliarden Jahren.

Damit dieser Zustand überhaupt erreicht wird, muss der Himmelskörper eine bestimmte Mindestmasse besitzen, andernfalls reichen Druck und Temperatur nicht aus, um die Wasserstofffusion zu zünden und aufrechtzuerhalten. Wie die japanischen Theoretiker Chushiro Hayashi und Takenori Nakano schon im Jahr 1963 herausfanden, muss ein Stern dafür mindestens sieben bis acht Prozent der Sonnenmasse besitzen, entsprechend dem 75-Fachen der Masse des Planeten Jupiter.

Doch Körper, die gerade unter dieser Grenze liegen, sollten anfänglich noch genügend heiß sein, um schweren Wasserstoff (Deuterium) zu Helium-3 zu fusionieren und damit Energie zu erzeugen. Allerdings ist der Rohstoff Deuterium nur in geringen Mengen vorhanden, sodass schon nach wenigen Millionen Jahren der Ofen aus ist. Von da an kühlt der Himmelskörper langsam ab. "Am Ende haben alle Braunen Zwerge etwa die Größe von Jupiter", sagt Joergens.

Im Materiekern beginnt das Wasserstoffbrennen

Damit dieses Deuteriumbrennen einsetzen kann, muss der Körper über mindestens die 13-fache Masse von Jupiter verfügen. Nach der gängigen Definition der Internationalen Astronomischen Union stellt dies die untere Massegrenze von Braunen Zwergen dar. Demnach bilden diese Objekte ein Bindeglied zwischen Planeten und Sternen in einem Bereich von etwa 13 bis 75 Jupitermassen.

Mehr als dreißig Jahre lang suchten die Astronomen vergeblich nach diesen verhinderten Sternen, bis sie 1995 endlich den ersten Vertreter dieser Objektklasse entdeckten. Mittlerweile sind an die 2000 Braune Zwerge bekannt - mit zum Teil überraschenden Eigenschaften. "Eine der aktuellsten Fragen betrifft ihre Geburt", sagt Joergens.

Sterne entstehen, wenn sich im Innern einer großen Wolke aus Gas und Staub einzelne Regionen unter dem Einfluss der Schwerkraft zusammenziehen. Ein solcher Wolkenkern rotiert und bildet eine Scheibe. Die Materie im Zentrum des Wolkenkerns verdichtet sich so lange weiter, bis die Wasserstofffusion einsetzt. Dann ist der junge Stern stabil.

In der ihn noch umgebenden Scheibe kollidieren Staubteilchen miteinander, klumpen zusammen und wachsen schließlich zu Asteroiden und Planeten heran. Auf diese Weise entstanden auch die Erde und der Gasplanet Jupiter. Und entsprechend diesem Szenario sind die Begriffe "Stern" und "Planet" definiert: Ein Stern ist eine stabile Gaskugel, die im Innern durch Kernfusion Energie erzeugt; Planeten können das nicht, sind kleiner und umkreisen ihren Zentralstern. Welchen Entstehungsweg aber wählen Braune Zwerge?

"Da junge Sterne anfangs noch von einer Staubscheibe umgeben sind, lag es nahe, auch bei Braunen Zwergen danach zu suchen", erklärt Viki Joergens. Für dieses Projekt nutzten die Heidelberger Astronomen Herschel, das Weltraumteleskop der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA. Ausgerüstet mit einem 3,5 Meter durchmessenden Hauptspiegel war es das größte jemals ins All geschossene Fernrohr. Es arbeitete von Juni 2009 an für nahezu vier Jahre, dann war das Helium zum Kühlen der Instrumente verbraucht.

Herschel beobachtete ausschließlich im Bereich des mittleren und fernen Infrarots bei Wellenlängen von 70 bis 500 Mikrometern. "Hier lässt sich unter anderem die Wärmestrahlung von kühlem Staub beobachten, wie wir ihn in den Scheiben von Braunen Zwergen erwarten", sagt Joergens.

Eines der drei Instrumente an Bord von Herschel namens PACS war unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik und unter maßgeblicher Beteiligung der Heidelberger Astronomen entstanden. Als Gegenleistung erhielten diese eine garantierte Beobachtungszeit mit PACS. Zusammen mit Kollegen der Universität Texas starteten sie ein Programm zur Suche nach Staubscheiben um Braune Zwerge - und das mit großem Erfolg.

"Bei 36 von 47 sorgfältig ausgewählten Braunen Zwergen fanden wir Infrarotemission, die auf solche Scheiben zurückgeht", sagt Viki Joergens. Und der Initiator des Projekts, Max-Planck-Direktor Thomas Henning, ergänzt: "Uns ist es damit gelungen, die erste Durchmusterung im Ferninfrarotbereich nach solchen Scheiben durchzuführen und deren Massen einzugrenzen."

"Wir finden, dass Scheiben um Braune Zwerge Massen zwischen knapp einer Erdmasse bis zu einer Jupitermasse besitzen", sagt Joergens; Jupiter wiederum hat etwa 300-mal mehr Masse als die Erde. Es wird jedoch nicht das gesamte Scheibenmaterial in den Bau von Planeten umgesetzt. In den Scheiben von Braunen Zwergen können demnach keine großen Gasplaneten wie Jupiter entstehen, kleinere Gesteinsplaneten aber sehr wohl. Entdeckt hat man allerdings noch keinen.

Erstaunlicherweise gehorchen Braune Zwerge einem Gesetz, das man bei jungen Sternen gefunden hat: Die Staubscheiben haben stets etwa ein Prozent der Sternmasse. Die Beobachtungen von Viki Joergens zeigen, dass das bis zu einer Zentralmasse von nur zwölf Jupitermassen gilt. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Braune Zwerge also nicht von ihren großen Brüdern. Offenbar entstehen sie auch auf dieselbe Weise und nicht wie Planeten. Wenn diese Relation auch bei unserer Sonne bestanden hat, kann man daraus übrigens schließen, dass nur etwa zehn Prozent des Staubs in Planeten umgesetzt wurde.

Da Braune Zwerge an der unteren Grenze von etwa 13 Jupitermassen offenbar nahtlos in den Bereich der Planeten übergehen, suchten die Heidelberger Max-Planck-Astronomen bei dem masseärmsten Vertreter in den Herschel-Beobachtungen nach einer Scheibe - und fanden einen 530 Lichtjahre entfernten Himmelskörper mit der Bezeichnung OTS44. Die Intensität seiner Ferninfrarotstrahlung muss von einer Scheibe mit mindestens zehn Erdmassen stammen. Außerdem entdeckten die Forscher, dass das nur zwei Millionen Jahre junge Objekt immer noch Materie aus der Scheibe aufsammelt, wie es junge Sterne tun.

Interessanterweise besitzt OTS44 nur etwa zwölf Jupitermassen und liegt damit noch im klassischen Massebereich der Planeten. Das Objekt umkreist aber keinen Stern, sondern bewegt sich frei durchs All - eine Schlüsselinformation für Theorien der Sternentstehung. "Man kann OTS44 entweder als sehr massearmen Braunen Zwerg oder als frei fliegenden Planeten bezeichnen. Für mich besteht hier keinerlei Unterschied, da man die Grenze zwischen Braunen Zwergen und Planeten anhand der Entstehungsgeschichte ziehen sollte", sagt Joergens. Doch die kennt man nicht in allen Fällen.

Die Signatur ändert sich im Laufe der Zeit

Das zeigt ein Fund mit dem Pan-STARRS1-Teleskop auf Hawaii: Ende 2013 entdeckte eine Gruppe von Astronomen, zu der auch Niall Deacon vom Max-Planck-Institut für Astronomie gehört, einen Himmelskörper, der nur etwa siebenmal massereicher als Jupiter ist. Das 80 Lichtjahre entfernte Objekt mit der Katalognummer PSO J318.5-22 ist ohne Mutterstern allein im All unterwegs. Wurde es auch wie ein Stern geboren?

Prozesse, die man aus der Sternentstehung kennt, haben die Wissenschaftler bisher jedoch nicht nachgewiesen. So besteht immer noch die Möglichkeit, dass PSO J318.5-22 als Planet geboren und anschließend aus dem System hinausgeschleudert wurde. Theoretisch kann so etwas durch die Schwerkraftwirkung eines nahe vorbeiziehenden Sterns oder auch durch Instabilitäten in einem jungen System mit mehreren Planeten passieren.

Die wichtige Massenbestimmung eines Braunen Zwergs ist eine besonders tückische Aufgabe und lässt sich nicht mit den altbekannten Regeln der Sternphysik bewerkstelligen. Während es bei einem Stern nämlich zwischen der messbaren Leuchtkraft und seiner Masse während der Phase stabilen Brennens einen eindeutigen Zusammenhang gibt, ist das bei Braunen Zwergen nicht der Fall: Sie entstehen als heiße Gaskugeln und kühlen dann im Laufe der Zeit ab. Dabei werden sie immer lichtschwächer, und ihre spektrale Signatur verändert sich.

Je schwerer ein Brauner Zwerg ist, desto heißer war er bei seiner Geburt. Aus diesem Grund lässt sich aus seiner Temperatur ohne Kenntnis des Alters nicht eindeutig ermitteln, ob es sich um einen jungen massearmen oder einen alten massereichen Braunen Zwerg handelt: Ein eine Milliarde Jahre alter Brauner Zwerg mit 70 Jupitermassen etwa hat dieselbe Temperatur wie ein nur 200 Millionen Jahre alter Körper mit 15 Jupitermassen. Deshalb müssen die Astronomen auf irgendeine Weise das Alter der Braunen Zwerge bestimmen, um dann aus Modellen die Masse abzuleiten.

Bei OTS44 war das möglich, weil er Teil einer Sternentstehungsregion mit bekanntem Alter im südlichen Sternbild Chamäleon ist. Bei PSO J318-22 wiederum konnten die Astronomen die Bewegung im Raum messen. Dabei stellten sie fest, dass er einst zu einer Gruppe junger Sterne gehörte, die vor etwa zwölf bis 21 Millionen Jahren entstanden ist. Auf solch glückliche Umstände können die Forscher aber nicht immer hoffen, was die Interpretation der Beobachtungsdaten erschwert.

Obwohl man in den vergangenen Jahren viele neue Erkenntnisse über Braune Zwerge gesammelt hat, bleiben Fragen zu ihrer Entstehung offen. Alle Beobachtungsergebnisse deuten derzeit zwar darauf hin, dass Braune Zwerge wie Sterne im Zentrum einer kollabierenden Wolke aus Gas und Staub entstehen. Einige Theoretiker meinen jedoch, dass die Wolkenfragmente zu massearm seien, um sich unter der eigenen Schwerkraft zusammenziehen zu können.

So erdachten die Forscher unterschiedliche Erklärungen. Die meisten basieren auf der Annahme, dass Braune Zwerge die Folge einer unsanft unterbrochenen Sternentstehung sind. Das könnte durch dynamische Wechselwirkungen in einer Gruppe gemeinsam geborener Sterne geschehen, wenn eines der Mitglieder aus diesem System hinausgeschleudert wird, bevor es ausgewachsen ist.

Denkbar wäre auch, dass sich in der Umgebung eines entstehenden Sterns ein anderer, sehr heißer Stern befindet. Dieser könnte dann mit seiner intensiven UV-Strahlung die Gaswolke, aus der die Babysonne noch Gas aufsammelt, verdampfen und dem Neuankömmling "Nahrung" entziehen. Nach diesen Szenarien wären Braune Zwerge also im wörtlichen Sinne verhinderte Sterne.

Viki Joergens schließt indes aus den bisherigen Beobachtungsdaten, dass man keinen besonderen Mechanismus für die Entstehung von Braunen Zwergen zu erfinden braucht. In dieser Hinsicht ist auch die Häufigkeit von Doppelsystemen interessant, die sie untersucht. Die Forscherin war eine der Ersten, die bei Braunen Zwergen mit hochauflösender Spektroskopie nach Begleitern suchte. Um diese von der Planetensuche her bekannte Methode anzuwenden, braucht man sehr große Spiegelteleskope.

Mit einem der Acht-Meter-Teleskope des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile begannen Joergens und Kollegen, Braune Zwerge nach Begleitern abzutasten; diese sollten sich im Spektrum durch eine Dopplerverschiebung bemerkbar machen. Die Forscher fanden zwar noch keinen Planeten bei einem Braunen Zwerg, aber unter anderem einen der sehr wenigen Doppel-Braunen-Zwerg, dessen Radialgeschwindigkeitsbahn sie vollständig bestimmten.

Astronomen wissen seit Langem, dass rund zwei Drittel aller Sterne in Doppel- oder Mehrfachsystemen existieren. Bei Braunen Zwergen beträgt dieser Anteil nur zehn bis 20 Prozent, wie unter anderem der Survey von Joergens zeigt. Allerdings scheint der Hang zur Zweisamkeit generell mit sinkender Masse abzunehmen. So haben Heidelberger Astronomen vor einigen Jahren herausgefunden, dass sehr massearme Sterne, sogenannte M-Zwerge, sich nur noch zu 25 Prozent in Doppelsystemen befinden. In diesem Sinne folgen Braune Zwerge dem Trend der Sterne, mit abnehmender Masse das Singledasein zu bevorzugen.

Braune Zwerge erscheinen selbst auf Bildern der größten Teleskope immer nur als strukturlose Punkte. Als Sensation gilt daher die erste Oberflächenkarte eines Braunen Zwergs. Er gehört zu einem Doppelsystem, dessen Entdeckung im März 2013 durch den amerikanischen Astronomen Kevin Luhman von der Pennsylvania State University für Aufsehen sorgte. Er befindet sich in einer Entfernung von 6,5 Lichtjahren zur Sonne - damit gibt es nur zwei andere Sternsysteme, die näher sind.

Trotz der Nähe der Luhman 16A und 16B genannten Braunen Zwerge lassen sich auch auf ihren Oberflächen keine Merkmale direkt beobachten. Mit einer trickreichen Technik ist es jedoch zwei internationalen Teams um Ian Crossfield und Beth Biller vom Max-Planck-Institut für Astronomie erstmals gelungen, gewissermaßen eine Wetterkarte eines der beiden Himmelskörper zu erstellen. Trotz der hohen Temperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius bilden sich nämlich in der Atmosphäre Wolken. Freilich nicht aus Wasser wie auf der Erde, sondern aus schweren Elementen wie Eisen und Mineralen.

Crossfield wandte ein Verfahren namens Dopplerimaging an; es funktioniert auf folgende Weise: Zunächst wird das Licht des Braunen Zwergs in seine Spektralfarben aufgespalten. In einem solchen Spektrum tauchen dann Linien auf, die von den in der Atmosphäre enthaltenen Substanzen stammen. Da der Braune Zwerg rotiert, dreht sich stets die eine Hälfte auf uns zu und die andere von uns weg. Das macht sich im Spektrum durch eine Dopplerverschiebung bemerkbar. Außerdem drehen sich Bereiche in Äquatornähe schneller als jene in hohen Breiten, was sich ebenfalls im Spektrum verfolgen lässt. Diese sich wandelnden spektralen Signaturen hat Crossfield mit einem Computerprogramm analysiert und daraus zweidimensionale Oberflächenkarten erstellt. "Es dürfte sich um eine unregelmäßige Wolkendecke handeln - nicht unähnlich derjenigen des Planeten Jupiter", sagt der Wissenschaftler.

Forscher schauen tief in die Atmosphäre

Beth Biller und Kollegen arbeiteten nicht mit einem Spektrografen, sondern registrierten Lichtvariationen der beiden Braunen Zwerge gleichzeitig in sieben verschiedenen Wellenlängenbereichen. Dadurch ging zwar die zweidimensionale Information verloren, dafür konnten die Forscher in die Atmosphäre hineinschauen: Die sieben Wellenlängenbereiche entsprechen aller Wahrscheinlichkeit nach verschiedenen Atmosphärenschichten unterschiedlicher Temperatur.

"Die Wolkenstruktur variiert, je nachdem, wie tief man in die Atmosphäre blickt - wir haben es definitiv mit mehr als einer einzigen Wolkenschicht zu tun", sagt Biller denn auch. Jetzt können Theoretiker ihre Modelle für die Wolkenstruktur von Braunen Zwergen erstmals mit Beobachtungen vergleichen.

Diese neuen faszinierenden Ergebnisse zur Entstehung Brauner Zwerge, zum Wetter in ihren Atmosphären und zu frei fliegenden Planeten eröffnen der Forschung neue Perspektiven. Und nicht zuletzt ist es den Heidelberger Max-Planck-Astronomen auch gelungen, die Braunen Zwerge ein wenig aus dem Schatten der Schwarzen Löcher heraus ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.


AUF DEN PUNKT GEBRACHT
  • Braune Zwerge nehmen so etwas wie eine Zwitterstellung zwischen Stern und Planet ein. Bei einer Masse unterhalb von 75 Jupitermassen brennt in ihrem Innern kein atomares Feuer.
  • Offenbar entstehen Braune Zwerge in Gas- und Staubwolken und werden daher auf dieselbe Weise geboren wie Sterne.
  • Braune Zwerge lieben das Singledasein. Während rund zwei Drittel aller Sterne in Doppel- oder Mehrfachsystemen existieren, beträgt dieser Anteil bei ihnen nur zehn bis 20 Prozent.
  • Vor Kurzem gelang Max-Planck-Astronomen die erste Oberflächenkartierung eines Braunen Zwergs. Auf dieser Wetterkarte zeigen sich in der Atmosphäre Wolken, allerdings bestehen diese wegen Temperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius nicht aus Wasser, sondern aus schweren Elementen wie Eisen und Mineralen.

GLOSSAR

Dopplereffekt: Wenn sich ein Himmelskörper auf uns zu oder von uns weg bewegt, verschiebt sich sein Lichtspektrum zu kürzeren (blauen) beziehungsweise größeren (roten) Wellenlängen. Beim Schall tritt dasselbe Phänomen auf: Fährt ein Polizeiauto auf uns zu, so klingt der Ton des Martinshorns höher (kürzere Schallwellenlänge), als dann, wenn es sich von uns entfernt.

Spektroskopie: Eine der wichtigsten Methoden, um den physikalischen Zustand und die chemische Zusammensetzung eines fernen Sterns zu bestimmen. Mithilfe einer optischen Vorrichtung (etwa eines Prismas) wird die Strahlung eines Objekts nach ihrer Energie zerlegt. Die Spektrometrie liefert quantitative Daten unter anderem über die Konzentration von Elementen, über Druck sowie elektrische oder magnetische Felder.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 46:
Blick auf einen Braunen Zwerg: Seit mehr als einem halben Jahrhundert beschäftigen diese Bindeglieder zwischen Sternen und Planeten die Astronomen.

Abb. S. 48 oben:
Präsentation im Team: Viki Joergens (stehend) und ihre Kollegen Ian Crossfield, Niall Deacon und Esther Buenzli (von links).

Abb. S. 48 unten:
Kosmos in der Kunst: Das Objekt PSO J318.5-22 (oben) besitzt etwa siebenmal so viel Masse wie der Jupiter und reist einsam, also ohne Heimatstern, durchs All. Die Darstellung von OTS44 (unten) verdeutlicht, dass dieses nur zwei Millionen Jahre junge Objekt in ähnlicher Weise geboren wurde wie ein Stern, nämlich aus einer Gas- und Staubscheibe. Auch jetzt noch fallen beachtliche Materiemengen auf OTS44.

Abb. S. 49:
Größenvergleich: Die Abbildung zeigt maßstäblich die Sonne, einen roten Zwergstern, drei Braune Zwerge sowie Jupiter (von links). Erlischt in einem Braunen Zwerg das Deuteriumbrennen, so zieht er sich weiter zusammen, bis die im Innern frei beweglichen Elektronen einen quantenmechanischen Gegendruck aufbauen und das weitere Schrumpfen des Körpers verhindern. Dies ist etwa bei der Größe des Planeten Jupiter der Fall.

Abb. S. 50 oben:
Befassen sich mit Exoten im All: Viki Joergens, Ian Crossfield, Amelia Bayo, Niall Deacon, Esther Buenzli und Joshua Schlieder (von links) untersuchen die physikalischen Eigenschaften von Braunen Zwergen.

Abb. S. 50 unten:
Panoramakarte einer fremden Welt: Diese Oberflächenansicht des Braunen Zwergs Luhman 16B rekonstruierten Astronomen um Ian Crossfield aus Daten, die sie mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO gewannen.


Dieser Artikel kann als PDF-Datei mit Abbildungen heruntergeladen werden unter:
http://www.mpg.de/8317044/W002_Physik-Astronomie_046-051.pdf

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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin der
Max-Planck-Gesellschaft, Ausgabe 2/2014, Seite 46 - 51
Hrsg.: Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2014