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GALAXIS/178: Weltraumteleskop Hubble findet extrem weit entfernten Galaxienhaufen (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 4/12 - April 2012
Zeitschrift für Astronomie

Blick in die Forschung: Nachrichten
Weltraumteleskop Hubble findet extrem weit entfernten Galaxienhaufen



Während einer systematischen Suche nach jungen Galaxien im frühen Universum stieß eine Forschergruppe um Michele Trenti an der Universität Cambridge auf fünf benachbarte Welteninseln im nahen Infraroten. Ihr Licht wurde vor rund 13,1 Milliarden Jahren ausgesandt und zeigt heute eine Rotverschiebung um z = 8. Zu dieser Zeit war das Universum rund 600 Millionen Jahre alt, was etwa vier Prozent seines heutigen Alters entspricht. Damals begannen die ersten Sterne damit, einen undurchsichtigen Nebel aus kaltem Wasserstoff um die Galaxien herum durch ihre Strahlung aufzuheizen und zu zerstören, was als »Zeitalter der Reionisation« bekannt ist. Erst dann wurde das Universum für Sternenlicht durchsichtig.

Nach derartigen Galaxien am Rande des Universums hielt das Forscherteam um Trenti im Rahmen des Projekts BoRG (Brightest of Reionising Galaxies) Ausschau und nutzte dafür lang belichtete Aufnahmen im nahen Infraroten. Dafür setzten die Astronomen die Weitfeldkamera-3 (WFC-3) des Weltraumteleskops Hubble ein. Die nun entdeckten fünf Sternsysteme gehören einem Galaxienhaufen an, der wahrscheinlich noch sehr viel mehr Welteninseln birgt. Er befindet sich noch in seiner Entstehungsphase und präsentiert sich uns so, wie er vor rund 13 Milliarden Jahren aussah. Wir können nur seine hellsten Mitglieder nachweisen, in denen sich viele massereiche Sterne gebildet haben, die große Mengen an energiereichem ultraviolettem Licht aussenden. Die Rotverschiebung vergrößerte die Wellenlängen so weit, dass die Sterne für uns im nahen Infraroten leuchten.

Die extrem hellen Galaxien zeigen Regionen im jungen Universum an, in denen sich Galaxienhaufen bilden. Die Ergebnisse von Computersimulationen sowie theoretische Erwägungen lassen erwarten, dass sich die Sternsysteme dicht beieinander befinden. Da die Helligkeiten junger Welteninseln recht eng mit ihren Massen korreliert sind, zeigen die hellsten Flecke die Orte von Galaxienhaufen an.

Diese »Leuchttürme« befinden sich innerhalb von Regionen mit großen Ansammlungen an Dunkler Materie, deren Natur nach wie vor völlig unbekannt ist. Diese sorgt aber mit ihrer Schwerkraft dafür, dass sich in diesen Regionen auch große Mengen an gewöhnlicher Materie ansammeln, aus der dann Sterne und Galaxien entstehen.

Die fünf nun mit Hubble entdeckten Galaxien sind etwa ein Zehntel bis halb so groß wie unser Milchstraßensystem, aber etwa genauso leuchtkräftig. Sie sind so hell, weil sie durch das Verschmelzen mit anderen, kleineren Welteninseln große Mengen an Gasen aufnehmen, wodurch sich zahlreiche Sterne bilden. Eine derartige massenhafte Sternentstehung bezeichnen die Astronomen als Starburst. Die Computersimulationen des Forscherteams weisen darauf hin, dass sich die beobachteten jungen Welteninseln durch diese Verschmelzungen zu riesigen, massereichen elliptischen Galaxien entwickeln werden. Damit stützen diese Beobachtungen das hierarchische Modell der Galaxien-Entwicklung, dass sich also große Galaxien aus kleineren Einheiten durch Verschmelzen bilden - die Großen wachsen also auf Kosten der Kleinen.

arxiv.org/abs/1110.0468v2


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
In diesem Feld mit Hunderten von Galaxien fanden Astronomen um Michele Trenti fünf besonders weit entfernte Welteninseln, die hier mit Kreisen markiert sind. Sie sind am linken Bildrand in Einzelaufnahmen dargestellt. Ihr Licht wurde vor 13,1 Milliarden Jahren ausgesandt.

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Das zu obigem Beitrag zugehörige didaktische Material »Online auf den Spuren von Hubble (und Wirz)« stellt vor, wie Schüler in selbstständiger Arbeit mit Daten des Online-Katalogs SDSS die Hubble-Relation - den linearen Zusammenhang zwischen dem Abstand einer fernen Galaxie und der Rotverschiebung ihres Lichts - überprüfen und den Wert der Hubble-Konstanten abschätzen können.
Mit Hilfe der ID-Nummer 1051374 ist es auf der Seite www.wissenschaft-schulen.de/artikel/ID-Nummer als Download unter dem Link »Zentrales WiS!-Dokument« zugänglich.

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Quelle:
Sterne und Weltraum 4/12 - April 2012, Seite 12
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie), Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2012