Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → ASTRONOMIE

INSTRUMENTE/237: Mit "ESA-Dresden" ins Radiouniversum (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 3/09 - April 2009
Zeitschrift für Astronomie

Mit »ESA-Dresden« ins Radiouniversum

Von Joachim Köppen


Gemeinsam mit seinen Studenten erprobte ein Astrophysiker ein Radioteleskop, das Ingenieure des Dresdner Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA für den Schulunterricht entwickelt hatten. Das von den Beobachtern »ESA-Dresden« genannte Gerät sorgte für Überraschungen: Vertraute Objekte wie Sonne und Mond gaben knifflige Fragen auf.


Im Jahr 2004 erhielten wir - die International Space University in Illkirch bei Straßburg - von der ESA das Angebot, ein für Schulen entwickeltes Radioteleskop im Rahmen unseres Lehrbetriebs zu testen. Das in Sterne und Weltraum 12/2006, S. 74 ff., und im Infokasten rechts beschriebene Instrument arbeitet im Frequenzbereich der Fernsehsatelliten von zehn bis zwölf Gigahertz (GHz), was Wellenlängen um drei Zentimeter entspricht. Das Teleskop besteht aus einem handelsüblichen Offset-Parabolspiegel mit 1,2 Meter Durchmesser, der sich durch ferngesteuerte Antennenrotoren in Azimut und Elevation frei schwenken lässt.

Diesen Teil der Anlage installierten wir auf dem Dach unseres Gebäudes, von wo aus ein ungehinderter Blick in alle Richtungen möglich ist (Bildunterschrift 1). Das von einem normalen Empfangskopf, dem so genannten Low Noise Block (LNB), aufgenommene Signal wird durch ein Koaxialkabel zum eigentlichen Empfänger in einen Innenraum geleitet. Der Empfänger ist ein Messempfänger, der ursprünglich für den Einsatz bei Installation und Wartung von Satellitenempfangsanlagen konstruiert wurde. Er übergibt die Messwerte der Signalstärke digital an einen Computer zur weiteren Verarbeitung.

Die Antennenrotoren werden von einem Kontrollpult aus gesteuert, das über eine Schnittstelle mit einem Computer verbunden ist. Ein vom Fraunhofer-Institut für das Betriebssystem MS Windows entwickeltes Programm ermöglicht einerseits die automatische Registrierung der Signalstärken, andererseits auch die Positionierung der Antenne. Dieses Programm bietet alle für elementare Beobachtungen nötigen Optionen und könnte von einem versierten Benutzer modifiziert und erweitert werden. Dies haben wir bisher noch nicht in Angriff genommen. An den Computer sind keine besonderen Anforderungen zu stellen; wir nutzen ein bereits vor mehreren Jahren ausrangiertes Modell mit Pentium-II-Prozessor! Es kommt schon einmal vor, dass der Computer abstürzt, aber da die Daten ständig auf die Festplatte geschrieben werden, gehen sie nicht verloren.


Aufbau und Inbetriebnahme

Das Teleskop wurde an einem provisorischen Standort von zwei Ingenieuren der ESA aufgebaut und getestet, so dass wir später keinerlei Schwierigkeiten hatten, es auf seinen endgültigen Platz auf dem Dach zu installieren. Jedoch haben wir den Eindruck, dass das selbstständige Zusammensetzen der Montierung, der Antennenrotoren und des Antennenspiegels wegen der gut bebilderten Installationsanleitungen keine Probleme bereiten würde.

Schwierigkeiten ergaben sich lediglich bei der Verlegung des Koaxialkabels und der Steuerleitungen für die Antennenrotoren in unserem Hause, da der Verlauf der vorhandenen Kabelschächte ungünstig war und mit einiger Mühe Löcher gebohrt werden mussten. Außerdem mussten wir wegen der Kabelführung die mitgelieferten Kabel um einige Meter verlängern. All dies erforderte weitaus mehr Überlegungen und Arbeiten als der Aufbau des eigentlichen Teleskops. Die Konstrukteure empfehlen, das Koaxialkabel nicht länger als 30 Meter werden zu lassen, da es das von der Antenne kommende Signal bei der Übertragung dämpft.

Diese Angabe muss allerdings nicht als sehr kritisch betrachtet werden: Das 30 Meter lange Kabel dämpft das Signal um zehn Dezibel (dB), ein üblicher LNB liefert vom leeren Himmel einen Signalpegel am Ausgang von etwa +55 dB μV (siehe Glossar unter Zusatzinformationen), das sind 25 dB über dem Eingangsrauschpegel des Messempfängers. Somit könnte man auch Kabellängen von 60 Metern gerade noch akzeptieren, ehe das Signal im Rauschen des Empfängers untergeht. Bei noch längeren Kabelwegen ließe sich die Dämpfung mit Hilfe eines rauscharmen 10-dB-Vorverstärkers überlisten, der gleich hinter dem LNB anzubringen wäre.

Ein weiteres Problem war der Wind: Auf seinem provisorischen Standort mit noch nicht ausreichender Belastung des Montierungfußes wurde das Teleskop von einer Windböe umgeworfen. Ein erster Augenschein ergab, dass der Spiegel nur eine leichte Delle am Rand davontrug. Erst später wurde durch Beobachtungen der Sonne klar, dass auch der Arm, auf dem der LNB im Brennpunkt gehalten wird, um etwa fünf Grad verbogen war, also die Antenne nicht mehr fokussiert war. Dies herauszufinden und dann zu beheben, bot eine spannende Herausforderung an sich und war lehrreich und interessant für das Studententeam. Es zeigt aber auch, wie wichtig es ist, die technischen Daten des Instruments sorgfältig nachzuprüfen.

An jetzigen Standort beschweren sechs mit Zement gefüllte Plastikeimer den Fuß der Montierung. Sie bilden ein genügend großes Gegengewicht zu allen seither vorgekommenen Windböen und ermöglichen uns noch immer ein leichtes Umsetzen auf einen anderen Standplatz. Bei der Installation an einem festen Standort sollte man die Windbelastung sorgfältig in Rechnung stellen oder sich diesbezüglich an Fachleute wenden.

Zudem bemerkt man sofort beim Aufbau, dass sich die Antenne überraschend leicht um vielleicht ein oder zwei Grad von der Position auslenken lässt: mit der Hand angestoßen, vollführt sie einige kleine gedämpfte Schwingungen. Somit können Windstöße die Beobachtungen etwas behindern - oder umso spannender gestalten, wie noch zu beschreiben ist.

Der nächste Stolperstein bei der Inbetriebnahme des Radioteleskops ergab sich nach dem Wiedereinschalten nach dem ersten Beobachtungstag: Unsere drei Studenten hatten - wie in der Betriebsanleitung beschrieben - das Positionierungssystem mit Hilfe des starken Signals des Fernsehsatelliten ASTRA-1H kalibriert, was eine etwas langwierige Prozedur war. Nun mussten sie einsehen, dass das Teleskop diese Kalibrierung »vergessen« hatte. Der Grund dafür ist, dass das Steuerprogramm diese Kalibrierung gar nicht auf der Festplatte abspeichert. Das wäre eine der Verbesserungen, die man in die Software einfügen könnte.

Wir entschlossen uns aber, einen anderen Weg zu gehen: Die Positionen der geostationären Satelliten für jede geografische Breite ergeben eine recht einfach zu berechnende Kurve, den so genannten Clarke-Belt. Er wurde nach dem Sciencefiction-Autor Arthur C. Clarke (1917 - 2008) benannt, der das Konzept geostationärer Satelliten im Jahr 1945 erstmals beschrieb. Unsere Methode besteht nun darin, die Positionen möglichst vieler Satelliten anhand ihrer Signale zu messen. Dies wird uns durch den Messempfänger sehr erleichtert, weil er eine Darstellung des Frequenzspektrums des Fernsehbandes ermöglicht, in der man die Satelliten anhand ihrer charakteristischen Sendekanäle erkennen kann. Darüber hinaus kann man sich auch das Fernsehbild ansehen und damit eine eindeutige Identifizierung vornehmen.

Diese Positionsdaten vergleichen wir mit der berechneten Kurve der Positionen (siehe Bildunterschrift 2), und ermitteln so die Abweichungen der von uns ermittelten Koordinaten vom wahren Azimut A wahr beziehungsweise der wahren Elevation Ewahr. Da die Vertikalachse des Teleskops hinreichend genau vertikal ist, können sich die beiden Koordinaten nur um Skalenfaktoren sA beziehungsweise sE sowie Verschiebungen A0 beziehungsweise E 0 unterscheiden:

Awahr = Aunser s A + A0

Ewahr = Eunser s E + E0

Dieses Verfahren hat sich gut bewährt, bei Änderungen der Orientierung des Antennenspiegels oder nachdem eine Windböe den Spiegel etwas verdreht hatte. Innerhalb von einer halben Stunde hatten wir die Satelliten neu vermessen, und auch dabei gleichzeitig überprüft, dass wir auch die schwachen noch finden.


Beobachtungen der Sonne

Kaum war das Positionierungsproblem gelöst, richteten wir das Teleskop auf die Sonne. Ihre Position war mit einem Planetariumsprogramm ermittelt worden, und ein bisschen Umhersuchen ergab ein deutliches Signalmaximum. In den nächsten Minuten sahen wir dann, wie die Signalstärke abnahm, als die Sonne aus der Antennenkeule hinauswanderte. In der Spektraldarstellung unseres Messempfängers konnten wir außerdem sehen, dass die Sonne kein Programm abstrahlt, sondern nur ein weißes Rauschen.

Die ersten Beobachtungen konnten wir auch quantitativ auswerten, wie weiter unten beschrieben. Sie ergaben aber auch, dass das Sonnensignal nicht so stark war wie in den Testbeobachtungen der Konstrukteure, in denen es etwa zehn Dezibel über dem Himmelshintergrund lag. Zudem vermaßen wir die Breite der Antennenkeule, indem wir die Zeit registrierten, welche die Sonne für einen Durchlauf benötigt. Mit der bekannten Geschwindigkeit von ¼ Grad pro Minute, mit der sich die Sonne aufgrund der Erddrehung über den Himmel bewegt, ergab sich eine Breite der Antennenkeule von 3,5 Grad. Dies ist erheblich mehr als die Breite von 1,5 Grad, die für einen Spiegel mit 1,2 Meter Durchmesser zu erwarten ist.

Letztlich erkannten wir dann die Verbiegung des LNB-Arms als Ursache; sie war beim Umkippen der Antenne dermaßen gerade in Richtung auf den Spiegel erfolgt, dass man glauben mochte, das sei von den Konstrukteuren so vorgesehen. Nach dem Geradebiegen des Arms bestimmten wir die Breite der Antennenkeule zu rund 1,5 Grad, und auch das Sonnensignal ging auf den erwarteten Wert hinauf. Nun konnten wir mit quantitativen Sonnenbeobachtungen beginnen, die im Folgenden erklärt werden.

Unser Verfahren beginnt mit der Messung des Signals einer Kalibrationsquelle. Dazu richten wir die Antenne auf das benachbarte Hotel Holiday Inn, das am rechten Bildrand der Abbildung auf Seite 79 (siehe Bildunterschrift 1) sichtbar ist. Auf dieser Position verweilen wir einige Minuten. Wir messen damit die thermische Radioemission einer Quelle mit bekannter Temperatur, also etwa 18 Grad Celsius, was 290 Kelvin entspricht. Da die Hauswand des Hotels so groß ist, dass sie die gesamte Antennenkeule überdeckt, kennen wir somit den Radiofluss am Eingang der gesamten Empfangsanlage.

Es ist übrigens für Studenten eine mitunter überraschende Erkenntnis einzusehen, dass auch sie selbst Radiostrahlung aussenden. Dies zeigt sich, wenn man den LNB im Freien abwechselnd gegen den Himmel und auf sie selbst richtet. Für eine Person ohne technisch-wissenschaftlichen Hintergrund war dieses einfache Experiment weitaus aufschlussreicher als die eigentlichen radioastronomischen Beobachtungen!

Als Nächstes mussten wir das Teleskop auf jene Himmelsposition richten, welche die Sonne in etwa 15 Minuten erreichen würde. Da die Genauigkeit des Positionierungssystems laut Hersteller etwa ein Grad, der scheinbare Durchmesser der Sonne aber nur 0,5 Grad beträgt, kann man sich nicht blind auf Eingabe einer vorhergesagten Position verlassen. Eine Frustration des Beobachters ist praktisch garantiert! Die Genauigkeit der Ausrichtung ist durch die Anzeige in ganzen Graden begrenzt. Vielmehr wird sie aber durch die Genauigkeit des Antennenrotorsystems bestimmt, das zur Orientierung von leichten Amateurantennen konstruiert wurde, und keine solche genauen Positionierungen bieten kann.

Da die vorgesehene analoge Anzeige eine derart genaue Ablesung gar nicht gestattet, sollten wir davon ausgehen, dass mit der digitalen Anzeige im Steuerprogramm das System nahe an den Grenzen der Konstruktion betrieben wird. Untersuchungen der Reproduzierbarkeit der Positionen durch Hin- und Herfahren der Antenne bestätigen dies. So sollte sich ein Nutzer, der die Steuertasten kurz antippt, nicht wundern, wenn sich die Signalstärke mitunter deutlich verändert, obwohl die Positionsangabe unverändert bleibt. Ob dies nur die auf ein Grad gerundete Anzeige oder aber auch der Schlupf der Motoren ist, können wir noch nicht eindeutig sagen. Der Nutzer muss sich aber dessen bewusst sein, denn die digitale Anzeige verführt gerade den Anfänger dazu, die dort abgelesenen Zahlenangaben völlig ernst zu nehmen!

Wir steuern daher zunächst die momentane Position der Sonne an und suchen hier eine Umgebung von ein bis zwei Grad ab, bis wir ein maximales Signal empfangen. Mit den dadurch ermittelten Abweichungen in Azimut und Elevation korrigieren wir die zu erwartende Position, auf die nun die Antenne gerichtet werden kann, und warten auf den Vorübergang der Sonne. Mit etwas Glück steigt dann das Signal auch wieder bis auf den Maximalwert an.

Danach wartet man noch solange, bis das Signal auf das Niveau des Himmelshintergrunds abgefallen ist und konstant wird. Abschließend wird die Antenne wieder zum Kalibrator gefahren und dieser wird einige Minuten lang gemessen. Wie im Diagramm oben ersichtlich (siehe Bildunterschrift 4), dauert ein solcher vollständiger Durchlauf eine halbe Stunde. Nun stehen alle Daten zur Verfügung, um die Temperatur auf der Sonnenoberfläche in physikalischen Einheiten messen zu können.

Die Auswertung vollzieht sich in folgenden Schritten. Zunächst importieren wir die ASCII-Textdatei in das Tabellenkalkulationsprogramm Excel, wo sie sich auch grafisch darstellen lassen. Die Messwerte werden im logarithmischen Maß Dezibel (dB) registriert, so dass wir zunächst alle Werte in lineare Leistungswerte umwandeln müssen. Für die Umwandlung eines in dB registrierten Signals SdB in einen linearen Wert S gilt S = dex(SdB/10), wobei allgemein dex (α) = 10α für beliebige reelle Zahlen α bedeutet.

Da das Rauschen des LNB - wie jede elektronische Schaltung - einen Hintergrundwert HdB zum gemessenen Signal SdB beiträgt, muss dieser von den registrierten Daten abgezogen werden, also zusammen:

S = dex (SdB/10) - dex (HdB/10).

In obigen Beispiel beträgt der Hintergrundwert etwa HdB = +41.7 dBμV.

Somit erhalten wir ein Maß für die wahre Leistung des empfangenen Signals, allerdings in unbestimmten Einheiten. Mit Hilfe der Messung des Kalibratorsignals können wir diese Leistung als Antennentemperatur in Kelvin ausdrücken. Die Antennentemperatur ist als diejenige Temperatur definiert, die ein hypothetischer, die gesamte Antennenkeule ausfüllender Schwarzer Körper aufweisen müsste, um dieselbe Signalstärke hervorzurufen, wie die tatsächlich beobachtete.

Zunächst reduzieren wir das Kalibratorsignal KdB:

K = dex (KdB/10) - dex (HdB/10),

wobei wir wieder annehmen, dass das beim Blick auf den »kalten Himmel« gemessene Hintergrundsignal HdB ausschließlich vom LNB verursacht wird. Wir erhalten dann als Antennentemperatur

TA = 290 Kelvin x S/K.

Im Diagramm unten (Bildunterschrift 6) zeigen wir die mit dieser Methode reduzierten und kalibrierten Daten der Sonnenbeobachtung. Man sieht, dass das Maximum des Sonnensignals - wenn die Sonne durch das Zentrum der Antennenkeule läuft - etwa 3,5-mal höher als die Kalibratortemperatur ist, also rund 1000 Kelvin.

Die Antennentemperatur TA ist lediglich ein Maß für den empfangenen Strahlungsfluss, aber noch nicht die physikalische Temperatur der Sonne. Diese erhält man in einem weiteren Schritt. Da die Sonne nur einen Teil der Antennenkeule ausfüllt, liefert sie ein um das Verhältnis der Flächen kleineres Signal. Der Öffnungswinkel der Antennenkeule ist durch ihre Halbwertsbreite (englisch half power beam width, HPBW) gegeben. Diese können wir aus der Kurvenform des registrierten Sonnensignals ableiten, denn einem Zeitintervall von vier Zeitminuten entspricht ein Winkelgrad. Die registrierte Kurve lässt sich theoretisch recht gut durch eine Gauß-Funktion beschreiben, die wir an die beobachteten Daten anpassten. Sie ist im Diagramm unten (Bildunterschrift 6) blau gekennzeichnet.

Man bemerkt, dass die gemessene Kurve deutlich asymmetrisch ist, was wir auf unseren vom Umfallen etwas deformierten Parabolspiegel zurückführen. Mit einer HPBW von rund 1,5 Grad und einem Sonnendurchmesser von 0,5 Grad erhält man für den Korrekturfaktor (1,5/0,5)² = 9 und somit als Temperatur der Sonne T Sonne = 9 x TA = 9000 Kelvin.

Dies ist nicht die Temperatur der Photosphäre, denn bei der von uns genutzten Beobachtungsfrequenz von zehn Gigahertz ist die Sonnenatmosphäre einigermaßen undurchsichtig, so dass man hier nur bis in den unteren Rand der Übergangschicht von Chromosphäre und Korona blicken kann. Führt man die Beobachtungen sorgfältiger durch - bei obigem Beispiel hatten wir das wahre Maximalsignal der Sonne etwas verpasst - so erhält man den Literaturwert von 11 000 Kelvin. Derartige Messungen sind bei nahezu jedem Wetter möglich, und auf Grund der Flusskalibration mit diesem Instrument ein erreichbares, physikalisch sinnvolles Ziel.


Beobachtungen des Mondes

Der Mond ist nach der Sonne das einzige astronomische Objekt, das sich auf Frequenzen um zehn Gigahertz mit einem 1,2-Meter-Spiegel und der Technik des Satellitenfernsehens beobachten lässt. Sein Signal ist wesentlich schwächer als das der Sonne, die Antennentemperatur beträgt nur etwa 20 Kelvin. Wir wandten mit Erfolg dasselbe Verfahren wie bei der Sonne an: Nach der Flusskalibration sucht man in der Nähe der vorhergesagten Position nach einer leichten, aber systematischen Erhöhung des Signals.

Es handelt sich hier nur um etwa 0,2 dB, wobei die Schwankungen des Signals von Messung zu Messung bis zu 0,3 dB betragen können! Aber mit etwas Erfahrung kann man durch Hin- und Herfahren der Antenne über die Position den Mond lokalisieren. Nun muss man etwas mehr Glück haben, um dann auch den Mond durch die erwartete Position laufen zu sehen. Am besten ist es, den Mond während seiner Kulmination zu erwischen, wenn er sich nahezu parallel zum Horizont bewegt, und das Teleskop nur in der Azimutrichtung bewegt werden muss.

Mit der bereits für die Sonnenbeobachtung geschilderten Analysemethode ergeben sich für die Temperatur der Mondoberfläche Werte um 200 Kelvin, in Übereinstimmung mit Literaturangaben. Bei der Auswertung muss man sehr sorgfältig vorgehen, denn bei dem geringen Signal-Rausch-Verhältnis ist eine zuverlässige Bestimmung des Hintergrundsignals von großer Bedeutung - oder eine gute Herausforderung für Studenten! Der Umgang mit schwachen Signalen im Rauschen und das Erlernen entsprechender Auswertungsmethoden ist eine weit über den technischen Bereich hinaus reichende nützliche Erfahrung.

Das obige Diagramm (siehe Bildunterschrift 7) zeigt zwei aufeinander folgende Mondbeobachtungen, die auch konsistente Ergebnisse lieferten. Allerdings wurde diese schöne Serie durch das Herannahen einer dunklen Regenwolke beendet, die sich ihrerseits als Radioquelle entpuppte, aber nicht in der gleichen Weise wie Sonne und Mond durch die Antennenkeule zog. Hier zeigte sich, dass Mondbeobachtungen einen wirklich klaren Himmel erfordern. Dies stellt eine natürliche Begrenzung der Messempfindlichkeit dar. Hingegen ist die Emission der Sonne immer stark genug, um bei nahezu jedem Wetter ein lohnendes Beobachtungsobjekt zu sein.

Streng genommen ist die beschriebene Analyse nur dann korrekt, wenn die Antennentemperatur groß im Vergleich zum Hintergrund ist, wie es bei der Sonne der Fall ist. Das Hintergrundsignal setzt sich zusammen aus dem Rauschen des LNB, der Drei-Kelvin-Strahlung des kosmischen Hintergrunds und der thermischen Emission der Erdatmosphäre. Dies bedeutet, dass zur erhaltenen Antennentemperatur noch mindestens drei Kelvin hinzugerechnet werden müssen und der Einfluss der Erdatmosphäre korrigiert werden muss.

Da es aber recht aufwändig ist, diese drei Anteile sauber zu trennen (siehe SuW 7/2008, S. 84 - 90), kann man in Anbetracht der Schwierigkeiten, überhaupt gute Beobachtungsdaten vom Mond zu erhalten, durchaus den gemessenen Hintergrund als null Kelvin ansehen. Die Vernachlässigung der drei Kelvin bedeutet einen Fehler in der Antennentemperatur von 14 Prozent, wohingegen die beobachtungsbedingte Unsicherheit bei uns derzeit gewiss größer ist! Aber dies lädt ja dazu ein, die Beobachtungs- und Auswertemethoden zu verfeinern.

Es bleibt noch anzumerken, dass unsere Messungen der Kalibratorquelle, der Sonne und des Mondes konsistent auf eine Systemtemperatur von 170 Kelvin schließen lassen. Das ist um einen Faktor zwei niedriger als der von den Konstrukteuren ermittelte Wert, weil diese nicht berücksichtigten, dass der LNB nur für Radiostrahlung einer einzigen Polarisationsrichtung empfindlich ist. Die von Sonne und Mond stammende thermische Strahlung ist jedoch unpolarisiert, in ihr kommen somit alle möglichen Polarisationsrichtungen gleichermaßen häufig vor. Trifft diese Strahlung auf den LNB, dann nimmt er im zeitlichen Mittel nur die Hälfte der ankommenden Energie aus dem Strahlungsfeld auf, was nur der halben Leistung entspricht.


Diesseits und jenseits der Mondbahn

Natürlich versuchte ich mit meinen Studenten auch, das galaktische Zentrum zu beobachten, indem die Antenne über Nacht mehrere Stunden lang auf eine geeignete Himmelsposition gerichtet war. Wir erhielten interessante Schwankungen der Signalstärke, die allerdings in den darauf folgenden Nächten völlig anders aussahen und keinerlei Korrelation mit dem Durchgang einer astronomischen Radioquelle aufwiesen. Offensichtlich registrierten wir hierbei die thermische Emission vorbeiziehender terrestrischer Wolken. Aber die automatische Registrierung der Daten auf dem Computer ermöglichte solche Langzeitbeobachtungen.

Die Software erlaubt es auch, das Teleskop in langsamen Schritten von einer Position zur anderen zu fahren. Dies nutzte Marc Cornwall, um den Himmel in südlicher Richtung systematisch zu kartieren, und so die »Perlenkette« der entlang des Clarke-Belts aufgereihten Fernsehsatelliten nachzuweisen. Ein erster Versuch an einem Nachmittag demonstrierte die Durchführbarkeit, er zeigte allerdings auch, dass die Verweildauer an jeder Position zu kurz war, um die schwächeren Satelliten zu erfassen. Daraufhin unternahm Cornwall eine tiefere Durchmusterung, bei der die Antenne nach Ausführung von jeweils etwa hundert Messungen zur nächsten, um rund ein Grad versetzten Position gefahren wurde.

Dies bewerkstelligte eine nützliche Option der Originalversion der Software automatisch. So konnte sich der Student während der Messungen bequem anderen Aufgaben widmen und für die Prüfungen lernen. Leider reichte die für das Projekt insgesamt vorgesehene Zeit nicht aus, um den westlichen Teil des Clarke-Belts vollständig zu überdecken. Die Grafik oben (Bildunterschrift 8) zeigt die östliche Hälfte - insgesamt etwa 200 Stunden Beobachtungszeit - in einer 3D-Darstellung. Die stärkste Quelle ist der Satellit ASTRA-1H. Da bei jedem Azimut der Himmel in steigender Elevation durchmustert wurde, sieht man bei einzelnen Azimuten aufgrund von regnerischen Tagen ein erhöhtes Hintergrundsignal.


Was zu beachten ist

Im Laufe des Beobachtungsbetriebs zeigten sich einige Besonderheiten des Systems, die man beachten muss, wenn man zuverlässige Ergebnisse erlangen möchte. Zum einen stellte sich heraus, dass sich die Positionsangaben, besonders im Azimut, mit der Zeit ändern, ja manchmal um ein Grad springen, ohne dass die Antennenrotoren betätigt wurden. Insbesondere in den ersten zwei Stunden nach dem Einschalten der Steuerelektronik war dies zu bemerken.

Der Grund liegt einfach darin, dass die Versorgungsspannung für die Sensoren der Antennenrotoren eine leichte Drift aufweist, solange sich das Steuerpult noch nicht auf die Gleichgewichtstemperatur aufgeheizt hat. Das Diagramm rechts (Bildunterschrift 10) stellt eine direkte Messung der Spannung in Abhängigkeit von der Zeit dar. Aus dem Kurvenverlauf folgt, dass die Zeitkonstante der Einstellung der Elektronik auf die Innentemperatur etwa eine halbe Stunde beträgt. Erst nach rund zwei Stunden herrschen stabile Verhältnisse.

Die Schaltung des Kontrollpults zeigt, dass es sich um einen normalen Spannungsstabilisator vom Typ 7806 handelt, der im Laufe der Zeit von den anderen, mehr Leistung verbrauchenden Bauteilen aufgeheizt wird - das Gehäuse wird mit der Zeit auch fühlbar warm. Für einen stabileren und bequemeren Betrieb wird man sicherlich an eine externe Spannungsversorgung der Sensoren denken, oder den Schaltkreis auf einen eigenen, vom übrigen Gehäuse thermisch isolierten Kühlkörper setzen. Im Augenblick begnügen wir uns damit, die gesamte Anlage möglichst zwei Stunden vor Beginn der Beobachtungen anzuschalten, oder - falls das nicht möglich sein sollte - durch Suchen der aktuellen Sonnenposition kleine Korrekturen der Positionsangaben zu machen. Aber es kann sehr viel Verwunderung und Enttäuschung bereiten, wenn man sich nicht über diesen Effekt im Klaren ist!

Der Einfluss des Aufwärmens der Elektronik lässt sich auch beim Empfangssystem nachweisen, hier allerdings nur, wenn man auf stabile quantitative Ergebnisse aus ist. Das Diagramm rechts oben (Bildunterschrift 9) zeigt, dass das Signal der auf den Kalibrator gerichteten Antenne in der ersten Stunde nach Einschalten um etwa 0,5 dB nach oben driftet, und sich dort stabilisiert. Den gleichen Verlauf beobachtet man mit dem Hintergrund, wenn die Antenne auf eine leere Stelle am wolkenfreien Himmel ausgerichtet ist.

Wir haben es hier mit dem Aufwärmen des LNB zu tun, da der erste Transistor am Eingang den Rauschhintergrund im Wesentlichen bestimmt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Man schaltet das Instrument mindestens eine Stunde vor Beobachtung an, wie es auch die Konstrukteure empfehlen. Zudem lässt sich eine zeitliche Variation des Hintergrunds immer noch bei der Datenreduktion berücksichtigen. Bei Beobachtungen eines vollständigen Sonnendurchlaufs verfügt man ohnehin über Messungen des Hintergrunds und des Kalibrationssignals vor und nach dem Maximum!


Was sonst noch so passiert

In unserem nunmehr zweijährigen Betrieb haben wir Vielerlei ausprobiert und oft auch Unerwartetes erlebt. Zum Beispiel beobachteten wir die mittäglichen Sonnendurchgänge, von denen einer eine Registrierkurve ergab, die mit vielen kurzzeitigen Schwankungen nach oben und unten versehen war: An diesem Tag war es so windig, dass die Jalousien klapperten, und demzufolge unsere Antenne von Windstößen immer mal wieder aus der Ruhelage ausgelenkt wurde (Bildunterschrift 11). Man kann sich die Verwunderung der Studentin vorstellen, die von anderen Tagen glattere Messkurven gewohnt war!

Da die »Ausreißer« immer nur ein bis zwei Datenpunkte betrafen, lassen sich auch diese Daten voll verwerten, indem man die Kurve rechnerisch glättet.

Tags darauf, bei strahlendem Sonnenschein, kam die im Diagramm auf Seite 86 oben dargestellte Messkurve (Bildunterschrift 12) zu Stande: Sie zeigt anfangs das erwartete Maximum des Radiosignals der Sonne, aber um etwa 12:35 Uhr MEZ folgte ein weiterer kleiner Hügel. Was war das? In der Nacht zuvor war Neumond gewesen, und zur Mittagszeit war der Mond an eine Position vorgerückt, die ihn genau nach der Sonne durch die Mitte der Antennenkeule führte, wie wir dann mit einem Computerprogramm für die Planetenpositionen nachprüfen konnten!

Im Diagramm auf Seite 86 oben (Bildunterschrift 12) ist in Grau das Mondsignal zehnfach überhöht gezeichnet; die braune Kurve repräsentiert die geglätteten Daten. Man sieht, dass die Antennentemperatur des Neumonds ebenfalls 200 Kelvin beträgt - die Radiostrahlung des Mondes ist nahezu unabhängig von der Mondphase! Leider vereitelte uns der bedeckte Himmel die Beobachtung der Mondfinsternis vom 20. Februar 2008. Es wäre interessant gewesen, die Konstanz der Radiostrahlung des Mondes zu messen.

Abschließend sei noch Ostern 2008 erwähnt, als wir wieder den Mittagsdurchgang der Sonne messen wollten, aber folgende Registrierung erhielten: Das Signal erschien den ganzen Vormittag über genauso stark wie jenes des Kalibrators! Was war geschehen? Es hatte sich Schnee in der nahezu horizontal liegenden Antennenschüssel gesammelt, und da Wasser bei zehn Gigahertz nahezu undurchsichtig ist, war nun der Parabolspiegel mit einer »Kalibratorquelle« von 273 Kelvin angefüllt. Vom Sonnendurchgang war lediglich eine kleine Spitze kurz nach zwölf Uhr zu sehen (Bildunterschrift 13). Die vom Schnee verursachte Absorption schwächte das Signal von den üblichen +50 dBμV auf +47 dBμV ab!


Wozu das Instrument geeignet ist

Unsere Erfahrungen in der Verwendung des Radioteleskops in Lehrveranstaltungen möchte ich hier kurz zusammenfassen. Für kurze Demonstrationen ist das Instrument weniger geeignet, weil die Teilnehmer eine gewisse Vorbereitung und Zeit zum Verständnis des Geräts benötigen. Hier bewährte sich die Verwendung eines wesentlich primitiveren und billigeren Systems, das aus einem leicht transportierbaren 60-Zentimeter-Spiegel mit LNB und einer einfachen Signalanzeige, einem handelsüblichen SatFinder, besteht.

Die Antenne können die Studenten von Hand auf die Sonne ausrichten und das Ansteigen und Abfallen des Signals direkt am SatFinder verfolgen und die Breite der Antennenkeule sowie die Bewegung der Sonne messen.

Im Rahmen von kleineren Nachmittagsworkshops können Studenten mit dem Radioteleskop eigene Beobachtungen durchführen. Dies erfordert jedoch eine recht gründliche Einführung in die Bedienung des Teleskops sowie eine dauernde Betreuung, um die auftauchenden Phänomene richtig deuten zu können. Das Instrument können ein oder zwei Teilnehmer leicht bedienen, den anderen bleibt dann leider nur das passive Zuschauen. Da beispielsweise ein Sonnendurchgang mindestens 30 Minuten erfordert, ist eine solche Veranstaltung auf eine eher kleine Gruppe begrenzt. Ideal ist das Teleskop für einzelne Teilnehmer, die innerhalb einiger Tage bis Wochen ihre Beobachtungsprogramme durchführen. Dadurch kann ein jeder sich mit dem Gerät genügend vertraut machen, und die Teilnehmer können voneinander lernen. Mit solcher Projektarbeit hatten wir zunächst das Instrument in Betrieb genommen und seine Möglichkeiten ausgelotet, um später gezielte Fragestellungen anzugehen. Interessante und zuverlässige Ergebnisse waren die Folge.

Die Stärken dieses Geräts liegen in einer recht genauen Positionierung der Antenne, dem zuverlässigen Messen der Signalintensität und der automatischen Registrierung der Daten. Mit einem solchen Instrument lassen sich echte Ergebnisse erzielen, beispielsweise die wahren Temperaturen auf Sonne und Mond.

Der zeitliche Rahmen für solche Projekte kann weit reichen. Einzelmessungen der Sonne lassen sich innerhalb von wenigen Tagen durchführen. Im Unterschied zur Sonne erfordern Beobachtungen des Mondes sowohl einen wolkenlosen Himmel als auch etwas Erfahrung sowie auch einen Zeitraum von einigen Monaten, um zum Beispiel die Abhängigkeit des registrierten Signals von der Mondphase zu untersuchen.

Untersuchungen der technischen Eigenschaften des Instruments, beispielsweise der Form der Antennenkeule sowie die Messung der Positionierungsgenauigkeit mit Hilfe von Fernsehsatelliten, der Variation der Kalibration in Abhängigkeit von der Außentemperatur und der Fernsehsatelliten können von einem Nachmittag bis hin zu Jahren dauern.

Die Kosten für das vollständige Gerät veranschlagen die Konstrukteure auf 6000 Euro, davon entfallen 3000 Euro auf den Messempfänger und 1200 Euro auf die Antennenrotoren. Die vielfältigen Optionen des Messempfängers haben wir als sehr hilfreich empfunden, wie das Zeigen des Fernsehprogramms und den Spektrumanalysator. Allerdings schlägt dies auf die Kosten, die eine normale öffentliche Schule nicht leichthin ausgeben kann, vor allem für ein Gebiet, das kein zentraler Teil des Lehrplans ist. Hinzu kämen noch die Kosten für die Installation der Anlage auf dem Dach.

Will man allerdings im Rahmen einer kurzen Demonstration die Radiostrahlung der Sonne zeigen und mit einigen Versuchen die Eigenschaften von Zehn-Gigahertz-Strahlung untersuchen, würde die bereits beschriebene primitive Version mit 60-Zentimeter-Parabolantenne völlig ausreichen. Hierbei würden die Gesamtkosten maximal 150 Euro betragen. Weiterführende Informationen hierüber bieten das didaktische Begleitmaterial zu diesem Beitrag, die Literaturhinweise und der Weblink am Schluss dieses Beitrags.

Als Zwischenlösung für eine dauerhaft auf dem Dach installierte und fernbediente Anlage böte sich der Ersatz des Messempfängers durch ein weniger komfortables Gerät an, beispielsweise ein selbst gebauter empfindlicher Leistungsmesser für das Frequenzband von ein bis zwei Gigahertz, auf den die Satellitensignale vom LNB umgesetzt werden. Diese Variante beschreiben Capitolo und Lonc auf ihrer Website, und eine Anleitung zur Umwandlung der analogen in digitale Signale ist auf der Website von Dupont-Bloch zu finden (siehe Weblink unter Literaturhinweise). Die Gesamtkosten würden dann durch die Antennenrotorenanlage bestimmt und ohne Computer weniger als 2000 Euro betragen.

Ein sinnvoller Betrieb des Radioteleskops erfordert vom Betreuer ein hohes Maß an Enthusiasmus und Engagement sowie die Bereitschaft, Zeit für Überlegungen, und Arbeit zu investieren. Für die Mühen wird man jedoch reichlich belohnt - durch vertrauenswürdige Ergebnisse, unvorhergesehene Entdeckungen, Freud' und Leid, die man mit den Teilnehmern teilen kann!


WIS - Wissenschaft in die Schulen

Zu diesem Beitrag stehen unter www.wissenschaft-schulen.de/artikel/857607 didaktische Materialien zur freien Verfügung. Unter dem Titel »Wie die kosmischen Radiowellen in die Schule kommen« wird gezeigt, wie sich das Thema im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasialen Oberstufe behandeln lässt. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad durch. Es wird von der Klaus Tschira Stiftung gGmbH großzügig gefördert.


Literaturhinweise

William Lonc: Radio Astronomy Projects. Radio-Sky Publishing, Ocean View, 2003.

Fielding, J.: Amateur Radio Astronomy, Radio Society of Great Britain, 2006.

Fritzsche, B. et al.: Ein kompaktes Radioteleskop für Schulen. In: Sterne und Weltraum, 12/2006, S. 74 - 77.

Neumann, M. J., Wright, P.: Signale aus dem Kosmos. Radioastronomie für Einsteiger. SuW-Basics 1 »Astronomie für Alle«, Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 2002.

Stein, T., Förster, C.: Kosmologie mit Kaninchendraht und Wasser. In: Sterne und Weltraum 7/2008, S. 84 - 90.

Weblinks zum Thema unter
www. astronomie-heute.de/artikel/980265


ZUSATZINFORMATIONEN:

So funktioniert "ESA-Dresden"

Quelle: B. Fritzsche et al./SuW-Grafik

Quelle: B. Fritzsche et al./SuW-Grafik

Die Grafik zeigt schematisch den Aufbau des Radioteleskops, mit dem die im vorliegenden Beitrag beschriebenen Beobachtungen durchgeführt wurden. Eine 1,2-Meter-Satellitenantenne mit Dreheinheit und robustem Unterbau bildet die Außeneinheit des Radioteleskops, während alle Steuer- und Auswertesysteme in einem Innenraum untergebracht sind.

Im Brennpunkt der Antenne befindet sich ein so genannter Low-Noise-Block (LNB). Seine Aufgabe besteht darin, die von der Antenne im Frequenzbereich um elf Gigahertz aufgefangenen Signale auf niedrigere Frequenzen von etwa ein bis zwei Gigahertz umzusetzen und zu verstärken. In diesem niedrigeren Frequenzbereich lässt sich das Signal über ein Koaxialkabel verlustarm zum Empfänger übertragen.

Ein Personalcomputer kommuniziert über eine Steuereinheit mit der Dreheinheit und positioniert damit die Parabolantenne. Die von der Antenne empfangenen Signale gelangen über einen Messempfänger zur Auswertung in den PC.


GLOSSAR

Antennenkeule: Die Empfindlichkeit einer Antenne für Radiostrahlung hängt von der Richtung ab, aus der die Strahlung einfällt: Strahlung, die aus der Blickrichtung der Antenne kommt, empfängt diese mit maximaler Empfindlichkeit. Strahlung, die unter einem schrägen Winkel einfällt, registriert die Antenne mit geringerer Empfindlichkeit. Der Bereich maximaler Empfindlichkeit wird als Hauptkeule des Antennendiagramms oder kurz als »Antennenkeule« bezeichnet. Ihr räumlicher Öffnungswinkel ist ein Maß für die Winkelauflösung eines Radioteleskops.

Antennentemperatur TA: Sie ist ein Maß für die von einer Antenne aus einem Strahlungsfeld aufgenommenen Leistung. TA hängt von der Winkelausdehnung der Radioquelle sowie vom Strahlungsmechanismus ab (siehe Infografik auf Seite 88 f., SuW 3/2009). Im Allgemeinen weicht TA von der tatsächlichen Temperatur der Quelle ab. Im Spezialfall einer aus allen Richtungen gleich stark empfangenen Schwarzkörperstrahlung ist TA gleich der Temperatur des schwarzen Strahlers.

dBμV: Diese Angabe ist ein logarithmisches Maß für den auf eine Spannung von einem Mikrovolt (1μV) bezogenen Signalpegel. Für eine in Mikrovolt ausgedrückte Signalspannung U gilt: U [dBμV] = 20 lg (U/1μV). Dem im Text erwähnten Signalpegel von 55 dBμV entspricht somit eine Spannung von U = 1055/20 μV = 562 μV = 0,562 mV.

Raumwinkel: Ein Maß dafür, wie groß ausgedehnte Objekte einem Beobachter erscheinen. Der Raumwinkel ist die zweidimensionale Entsprechung zum ebenen Winkel. Zur Definition des Raumwinkels stelle man sich eine Kugel vom Radius 1 vor, in deren Mitte sich der Beobachter befinden möge. Der Raumwinkel ist dann diejenige Fläche, welche die Umrandung eines beobachteten Objekts aus der gedachten Kugel ausstanzt. Analog zur Einheit eines ebenen Winkels (Radiant) ist die Einheit des Raumwinkels (Radiant)2 oder Steradian. Eine den Beobachter umgebende Halbkugel nimmt den Raumwinkel 2 π, eine Vollkugel den Raumwinkel 4 π ein.

Rauschmaß: Der LNB einer Satellitenantenne erzeugt ein störendes Rauschen, das dem zu messenden Nutzsignal überlagert ist. Das Rauschmaß gibt an, wie stark das intern erzeugte Rauschen zur Störung des Nutzsignals beiträgt, und wird in Dezibel (dB) angegeben. Ein Zuwachs von 10 dB entspricht einer zehnfach höheren Leistung. Je kleiner der Wert des Rauschmaßes ist, desto empfindlicher ist der LNB. Durchschnittliche LNBs für den Fernsehempfang erreichen Werte von 0,6 bis 0,8 dB, im günstigsten Fall etwa 0,3 dB.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Bildunterschrift 1:
Das 1,2-Meter-Radioteleskop »ESA-Dresden« erprobte der Autor (links) gemeinsam mit seinen Studenten. Das am rechten Bildrand sichtbare Hotel diente als Kalibrationsquelle.

Bildunterschrift 2:
Die violette Kurve stellt die berechneten Werte für Azimut A und Elevation E geostationärer Satelliten am Beobachtungsort dar. Sie wird solange im Diagramm verschoben, bis sie mit den Messwerten Aunser beziehungsweise Eunser übereinstimmt (Punkte). Die Verschiebung gibt die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Position der Antenne an.

Bildunterschrift 3:
Mit dem auf eine feste Position gerichteten Radioteleskop wird der Durchlauf der Sonne durch die Antennenkeule beobachtet.

Bildunterschrift 4:
Ein am 26. April 2007 registrierter Durchlauf der Sonne ergab den unten dargestellten glockenförmigen Signalverlauf. Links und rechts der Kurve ist jeweils das höckerförmige Signal einer Kalibrationsquelle zu erkennen. Die sehr schmale Spitze links stammt von einem kurzen Einstellen der Sonne zum Nachprüfen der Positionskorrekturen.

Bildunterschrift 5:
So läuft die Sonne durch die im Querschnitt betrachtete Antennenkeule.

Bildunterschrift 6:
Ein Durchlauf der Sonne durch das Blickfeld der Antenne am 26. April 2007 ergab die unten rot dargestellte Kurve. Sie stimmt gut mit dem für ein theoretisches Auflösungsvermögen von 1,41 Grad zu erwartenden Verlauf überein (blaue Kurve).

Bildunterschrift 7:
Am 24. Juni 2007 gelangen zwei Beobachtungen des Mondes. Die hellbraunen Kurven geben das vom Einfluss des Hintergrunds befreite Originalsignal wieder, die braunen Kurven stellen das Signal zehnfach überhöht dar. Den grünen Kurven entsprechen gemittelte Werte. Ab 21:45 Uhr MESZ machte sich die thermische Strahlung einer durchziehenden Regenwolke bemerkbar.

Bildunterschrift 8:
So erscheinen die ASTRA-Satelliten im visuellen Spektralbereich (oben). Ein Radioteleskop kann sie jedoch nicht getrennt erkennen. In der Grafik links ist die Signalstärke der geostationären Satelliten in Abhängigkeit von ihrem Azimut und ihrer Elevation aufgetragen. Das höchste Maximum stammt vom Satelliten ASTRA-1H.

Bildunterschrift 9:
Das Aufwärmen des LNB lässt sich durch die Beobachtung der Kalibrationsquelle (obere Kurve) und des leeren Himmels (untere Kurve) gleichermaßen nachweisen. In der ersten Stunde nach dem Einschalten driftet das registrierte Signal um etwa 0,5 dB nach oben und stabilisiert sich dort.

Bildunterschrift 10:
Die Versorgungsspannung für die Sensoren der Antennenrotoren weist eine leichte Drift auf, solange sich die Elektronik des Steuerpults noch nicht auf die Gleichgewichtstemperatur aufgeheizt hat.

Bildunterschrift 11:
Windböen am 6. Februar 2008 rüttelten an der Antenne und »verwackelten« die Kurve, die das Radiosignal der Sonne beim Durchlauf hinterlässt.

Bildunterschrift 12:
Am 7. Februar 2008 folgte dem Signalverlauf der Sonne (orange) das viel schwächere Maximum des zwölf Stunden alten Mondes. In Grau ist das von ihm empfangene Signal zehnfach überhöht dargestellt und in Braun etwas geglättet. Alle hier gezeigten Kurven sind vom Anteil des Hintergrunds befreit.

Bildunterschrift 13:
Schnee in der Parabolantenne schwächte am 23. März 2008 das Radiosignal der Sonne vom sonst üblichen Wert von rund +50 dBμV auf rund +47 dBμV. In der Zeit von 14 bis 18 Uhr schmolz der Schnee wieder vollständig weg, und die Kurve verlief wie gewohnt.


© 2009 Joachim Köppen, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


*


Quelle:
Sterne und Weltraum 3/09 - April 2009, Seite 78 - 87
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/528-0, Fax: 06221/528-246
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69126 Heidelberg
Tel.: 06221/912 66 00, Fax: 06221/912 67 51
Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2009