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STERN/145: Ehrgeizige Studie untersucht Sternkinderstuben (idw)


Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network - 11.08.2010

Ehrgeizige Studie untersucht Sternkinderstuben


München (Europäische Südsternwarte): Zum Auftakt des VISTA Magellanic Cloud Survey der ESO, einer anspruchsvollen Durchmusterung der Magellanschen Wolken (den beiden nächsten Nachbargalaxien unserer Milchstraße) und ihrer Umgebung, ist Astronomen eine eindrucksvolle Aufnahme des Tarantelnebels in der Großen Magellanschen Wolke gelungen. Die großformatige Ansicht dieser Sternentstehungsregion, aufgenommen im nahen Infrarot mit dem VISTA-Teleskop, zeigt ein detailreiches Bild des Nebels seiner sternreichen Umgebung am Himmel.

Aufnahme des Tarantelnebels aus dem VISTA Magellanic Cloud Survey. - Bild: ESO/M.-R. Cioni/VISTA Magellanic Cloud Survey/Cambridge Astronomical Survey Unit

Aufnahme des Tarantelnebels aus dem VISTA Magellanic Cloud Survey
Bild: ESO/M.-R. Cioni/VISTA Magellanic Cloud Survey/Cambridge Astronomical Survey Unit

"Dieses Bild zeigt eine der am häufigsten untersuchten Sternentstehungsgebiete in unserer kosmischen Nachbarschaft: die spektakuläre Region 30 Doradus, besser bekannt unter dem Namen Tarantelnebel. Im Zentrum dieser Region liegt ein großer Sternhaufen mit der Bezeichnung RMC 136, in dem sich einige der massereichsten Sterne befinden, die bislang beobachet wurden", erläutert Maria-Rosa Cioni von der University of Hertfordshire in Großbritannien, die Leiterin des Teams, das die Studie durchführt.

Das VISTA-Teleskop der ESO [1] ist ein neues Durchmusterungsteleskop am Paranal-Observatorium in Chile (eso0949). VISTA ist mit einer großen Kamera ausgestattet, die im nahinfraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums empfindlich ist. Damit lassen sich bei vielen astronomischen Objekten Unmengen von Details sichtbar machen, die neue Erkenntnisse über den Ablauf astronomischer Phänomene liefern können. Nahinfrarotes Licht hat eine längere Wellenlänge als sichtbares Licht und ist für das menschliche Auge nicht direkt wahrnehmbar. Im Gegensatz zum sichtbaren Licht kann es durch den Staub hindurchdringen, der uns im Universum häufig die Sicht auf dahinter liegende Objekte versperrt. Infrarotlicht ist daher besonders gut geeignet, um Objekte wie junge Sterne zu untersuchen, die noch immer von den Resten der Gas- und Staubwolken umhüllt sind, aus denen sie einst entstanden sind. Eine weitere wichtige Besonderheit von VISTA ist das große Gesichtsfeld der Kamera, das es ermöglicht, mit jeder einzelnen Aufnahme große Himmelsfelder abzubilden.

Die neue Aufnahme stammt aus dem VISTA Magellanic Cloud Survey (VMC, wörtlich die "Durchmusterung der Magellanschen Wolken mit VISTA"). Ziel des Projekts ist es, mit dem VISTA-Teleskop die Himmelsregion zu dokumentieren, in dem sich die zwei nächsten Nachbargalaxien der Milchstraße befinden, die Große und die Kleine Magellansche Wolke. Die riesige Fläche von 184 Quadratgrad entspricht beinahe der tausendfachen Fläche, die der Vollmond am Himmel einnimmt. Auf Basis dieser Beobachtungen werden die Astronomen eine detaillierte Untersuchung der dreidimensionalen Struktur der Magellanschen Wolken und des Verlaufs der Sternentstehung in den beiden Galaxien vornehmen können.

"Die VISTA-Aufnahmen werden es uns ermöglichen, unsere Untersuchungen von den innersten Bereichen des Tarantelnebels bis zu den unzähligen kleineren umliegenden Sternentstehungsgebieten auszudehnen, die eine große Anzahl junger massereicher Sterne enthalten. Mit den neuen Infrarotaufnahmen können wir mitten in die Kokons aus Gas und Staub hineinschauen und zusehen, wie sich solche massereichen Sterne bilden. Gleichzeitig können wir die Wechselwirkung dieser Sternenembryos mit den älteren Sternen in der Gegend analysieren", ergänzt VMC-Teammitglied Chris Evans.

Die Großfeldaufnahme zeigt eine Schar unterschiedlichster Objekte: Das helle Gebiet oberhalb der Bildmitte ist der Tarantelnebel, mit dem Sternhaufen RMC 136 aus massereichen Sternen in seinem Zentrum. Links davon befindet sich der Sternhaufen NGC 2100 und rechts - winzig klein - der Überrest der Supernova SN1987A (eso1032). Unterhalb der Bildmitte liegen weitere Sternentstehungsgebiete, unter anderem NGC 2083 und NGC 2080, auch bekannt als Geisterkopfnebel.

Der VISTA Magellanic Cloud Survey ist eine von sechs großen Durchmusterungen des Südhimmels im Nahinfraroten, die den Großteil der ersten fünf Betriebsjahre von VISTA in Anspruch nehmen werden.


Fußnote:

[1] VISTA, das Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy ("Astronomisches Teleskop für Durchmusterungen im sichtbaren Licht und im Infrarot"), ist das neueste Teleskop am Paranal-Observatorium der ESO im Norden Chiles. VISTA ist das größte Durchmusterungsteleskop der Welt und arbeitet im nahen Infrarot. Mithilfe seines großen Hauptspiegels, seines großen Gesichtsfelds und seiner hochempfindlichen Kamera wird es uns ein vollkommen neues Bild des Südhimmels verschaffen.

VISTA befindet sich auf einem Nebengipfel des Paranal (des Standorts des Very Large Telescope, VLT, der ESO) und profitiert von denselben hervorragenden Beobachtungsbedingungen. VISTAs Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 4,1 Metern. Teleskop und Kamera entsprechen einem Teleobjektiv mit 13.000 mm Brennweite bei Blende 3,25 und einer Digitalkamera mit 67 Megapixeln.


Zusatzinformationen:

Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 14 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts, sowie VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO das European Extremely Large Telescope (E-ELT) für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, mit 42 Metern Spiegeldurchmesser ein Großteleskop der Extraklasse.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.


Weitere Informationen unter:
http://www.eso.org/public/germany/news/eso1033/
Webversion der Pressemitteilung mit weiteren Bildern (auch in höher aufgelösten Versionen und Videos.
http://www.eso.org/public/teles-instr/surveytelescopes/vista.html
- Weitere Informationen über VISTA
http://star.herts.ac.uk/~mcioni/vmc/
- Der VISTA Magellanic Cloind Survey VMC


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network
(Carolin Liefke), 11.08.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2010